8.1 Geschlechtsneutrale Stellenausschreibung

Jede Stellenausschreibung[1] ist grundsätzlich geschlechtsneutral abzufassen, sofern nicht das Geschlecht aufgrund besonderer Umstände eine wesentliche und entscheidende Anforderung darstellt.

Darüber hinaus darf ein Arbeitsplatz auch nicht im Hinblick auf ein anderes nach § 1 AGG geschütztes Merkmal unter Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 AGG ausgeschrieben werden. § 11 AGG sieht insoweit ein umfassendes Neutralitätsgebot für Ausschreibungen vor.

Weiterhin zulässig ist es, von den Bewerbern bestimmte für die Ausübung der betreffenden Tätigkeit erforderliche Erfahrungen und Qualifikationen zu verlangen.[2] Zwar kann dies dazu führen, dass bestimmte Merkmalsträger diese nicht erfüllen können. Wenn die Stelle jedoch besondere Erfahrungen und Qualifikationen erfordert, ist dies gerechtfertigt.

 
Wichtig

Ausschreibungen durch Dritte

Bedient sich der Arbeitgeber zur Stellenausschreibung eines Dritten und verletzt dieser die Pflicht zur geschlechtsneutralen Stellenausschreibung, so ist dem Arbeitgeber dieses Verhalten nach der Rechtsprechung in der Regel zuzurechnen.[3] Den Arbeitgeber trifft im Fall der Fremdausschreibung die Sorgfaltspflicht, die Ordnungsmäßigkeit der Ausschreibung zu überwachen. Dies gilt nicht nur im Fall der Einschaltung eines Personalberatungsunternehmens, sondern auch dann, wenn der Arbeitgeber sich zur Ausschreibung der Hilfe der Bundesagentur für Arbeit bedient.

Dies gilt allerdings nicht, wenn ein privates Internet-Portal eine diskriminierungsfreie Stellenanzeige ohne Veranlassung des Arbeitgebers übernimmt, diese aber diskriminierend verkürzt.[4]

[2] BAG, Urteil v. 18.3.2010, 8 AZR 77/09 zur Ausschreibung einer Stelle als Gleichstellungsbeauftragter.
[4] So LAG Hamm, Urteil v. 24.4.2008, 11 Sa 95/08 für eine vom Internetportal meinestadt.de von der Homepage der Agentur für Arbeit übernommene Stellenanzeige.

8.2 Allgemeine Schutzpflichten und Schulungs- bzw. Präventionsmaßnahmen

Die Generalklausel des § 12 Abs. 1 AGG verpflichtet den Arbeitgeber, konkrete geeignete Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten vor Benachteiligungen durch Arbeitskollegen oder Dritte, wie etwa Kunden, zu treffen.[1] Was "erforderlich" ist, ist nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen, nicht nach der subjektiven Einschätzung auf Arbeitgeber- oder Arbeitnehmerseite. Welche Maßnahmen geboten sind, kann je nach der Größe des Betriebs unterschiedlich zu beurteilen sein. Die Verpflichtung kann aber immer nur so weit gehen, wie der Arbeitgeber rechtlich und tatsächlich zur Pflichterfüllung in diesem Bereich in der Lage ist.

Zu denken ist sowohl an organisatorische Maßnahmen als auch an eine Aufklärung über die Problematik der Benachteiligung. Eine "geeignete Maßnahme" sind auf jeden Fall entsprechende Schulungen der Beschäftigten. Hat der Arbeitgeber seine Beschäftigten nämlich in geeigneter Weise zum Zweck der Verhinderung von Benachteiligung geschult, so gilt dies als Erfüllung seiner allgemeinen Schutzpflichten.[2] Dabei kann die Schulung der Beschäftigten an den betrieblichen Erfordernissen ausgerichtet sein. Denkbar ist z. B.

  • die Durchführung von Seminaren für die Mitarbeiter der Personalabteilung,
  • die Organisation und Durchführung von Work-Shops mit Rollenspielen für diejenigen, die Bewerbungsgespräche führen,
  • das Einstellen eines E-Learning-Moduls in das Intranet,
  • die Bereitstellung von schriftlichen Unterlagen, Broschüren o. Ä.

Als weitere allgemeine Präventionsmaßnahmen[3] kommen in Betracht:

  • die Festlegung konkreter Verfahrensregeln für das Vorgehen im Fall der Benachteiligung, Belästigung und sexuellen Belästigung von Beschäftigten im Betrieb bzw. Unternehmen, insbesondere hinsichtlich der Behandlung der Beschwerden von Betroffenen und der Ahndung von Verstößen (z. B. durch Abschluss einer entsprechenden Betriebsvereinbarung).

     
    Achtung

    Mitbestimmung prüfen

    Wenn der Arbeitgeber in einem Verhaltenskodex ("Code Of Ethics") das Verhalten der Arbeitnehmer und die betriebliche Ordnung regeln will, hat der Betriebsrat zwar grundsätzlich nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG mitzubestimmen.[4]

    Gibt es jedoch bereits eine gesetzliche Regelung über den durch den Verhaltenskodex betroffenen Gegenstand, ist eine Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Eingangssatz BetrVG ausgeschlossen. Dies gilt z. B. für die Bestimmungen der §§ 1, 3, 7 und 12 AGG, die das Verbot "unwillkommener sexueller Zudringlichkeiten oder Körperkontakte, Gesten und Aussagen sexuellen Inhalts" inhaltlich regeln. Nach der Auffassung des BAG enthalten die Bestimmungen des AGG insoweit eine abschließende gesetzliche Regelung.[5] Der Arbeitgeber ist gesetzlich verpflichtet, das Verbot durchzusetzen. Die Betriebspartner können diese Pflicht weder abmildern noch relativieren.

Präventionsmaßnahmen können auch sein:

  • Der Hinweis an Führungskräfte auf ihre Verantwortung für den Schutz der Beschäftigten vor Benachteiligung, Belästigung und sexueller Belästigung innerh...

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