9.1 Beschwerderecht

Betroffene Beschäftigte haben das Recht, sich wegen einer eingetretenen Benachteiligung bei den zuständigen Stellen des Betriebs zu beschweren.[1] Die Beschwerde ist (vom Arbeitgeber) zu prüfen und das Ergebnis der oder dem Beschwerde führenden Beschäftigten mitzuteilen. Eine besondere Form der Mitteilung schreibt das Gesetz nicht vor; um die Mitteilung des Ergebnisses im Streitfall nachweisen zu können, sollte sie nach Möglichkeit schriftlich erfolgen.

Nach der Gesetzesbegründung soll es für den Betroffenen insbesondere dann, wenn der Arbeitgeber infolge der Beschwerde keine konkreten Maßnahmen ergreift, wichtig sein, die Gründe dafür zu erfahren.[2] Dies würde eine Begründungspflicht des Arbeitgebers voraussetzen, die dem Gesetzeswortlaut allerdings nicht zu entnehmen ist.

Beschäftigte, die meinen, zu Unrecht benachteiligt worden zu sein, haben keinen allgemeinen Auskunftsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber. Abgelehnte Bewerber haben keinen Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Auskunft über die Qualifikationen anderer Bewerber[3] und auf Auskunft darüber, ob am Ende des Bewerbungsverfahrens ein anderer Bewerber eingestellt worden ist.[4] Es ist jedoch nach der Rechtsprechung nicht ausgeschlossen, dass die Verweigerung von Informationen ein Gesichtspunkt sein kann, der als Indiz für eine Diskriminierung heranzuziehen ist.[5]

 
Hinweis

Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes

Entsprechend § 25 Abs. 1 AGG wurde eine Antidiskriminierungsstelle errichtet, die dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zugeordnet ist.[6]

Jeder, der der Ansicht ist, wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt worden zu sein, kann sich an die Antidiskriminierungsstelle des Bundes wenden. Nach § 27 Abs. 2 AGG unterstützt die Antidiskriminierungsstelle des Bundes Personen, die sich gemäß § 27 Abs. 1 AGG an sie wenden, bei der Durchsetzung ihrer Rechte zum Schutz vor Benachteiligung. Außerdem bietet sie Informationen und Orientierungshilfen für Unternehmen im Umgang mit dem AGG.[7]

9.2 Leistungsverweigerungsrecht

Wenn der Arbeitgeber bzw. Dienstvorgesetzte keine ausreichenden Maßnahmen zur Unterbindung einer Belästigung oder sexuellen Belästigung ergreift, sind die betroffenen Beschäftigten nach § 14 AGG berechtigt, die Tätigkeit ohne Verlust des Entgeltanspruchs einzustellen, "soweit dies zu ihrem Schutz erforderlich ist".

Das Risiko der Berechtigung der Einstellung der Arbeit trägt aber der Arbeitnehmer. Deshalb dürfte das Leistungsverweigerungsrecht in der Praxis häufig leerlaufen. Ein Arbeitnehmer riskiert bei Leistungsverweigerung eine Abmahnung[1] und eine darauffolgende außerordentliche Kündigung.[2] Sich darauf zu verlassen, dass das Arbeitsgericht im Rahmen einer Kündigungsschutzklage das Bestehen eines Leistungsverweigerungsrechts bejaht und die Kündigung deshalb für unwirksam erklärt, ist aus Arbeitnehmersicht riskant. Insbesondere auch deshalb, weil Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit des Leistungsverweigerungsrechts eine gewisse Erheblichkeit der Belästigung oder der sexuellen Belästigung ist. Wann diese Schwelle erreicht ist, legt das Gesetz nicht fest. Zweifelhaft ist, ob ein Beschäftigter, der sich diskriminiert fühlt, im Rahmen eines Eilverfahrens durch das Arbeitsgericht klären lassen kann, ob ihm ein Zurückbehaltungsrecht zusteht. Das LAG Köln lehnte einen entsprechenden Feststellungsantrag als unzulässig ab.[3]

9.3 Entschädigung und Schadensersatz

9.3.1 Der Entschädigungsanspruch (§ 15 Abs. 2 AGG)

Als zentrale Rechtsfolge einer Verletzung des Benachteiligungsverbots sieht das Gesetz in § 15 Abs. 2 AGG einen Anspruch auf Entschädigung für immaterielle Schäden des Betroffenen vor, also eine Art Schmerzensgeld. Dieser Anspruch ist unabhängig von einem Verschulden des Arbeitgebers.[1]

Zentrale Bedeutung für die Höhe der Entschädigung hat die Art und Schwere des Verstoßes. Eine Beschränkung des Anspruchs der Höhe nach ist nicht vorgesehen. Die Entschädigung muss "angemessen" sein. Dies entspricht der Regelung des Schmerzensgeldes in § 253 BGB. Entscheidend ist damit letztlich der Beurteilungsspielraum des Gerichts. Es hat alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Zu diesen zählen etwa die Schwere und Art der Benachteiligung, ihre Dauer und Folgen, der Anlass und der Beweggrund des Handelns, der Grad der Verantwortlichkeit des Arbeitgebers, etwa geleistete Wiedergutmachung oder erhaltene Genugtuung und das Vorliegen eines Wiederholungsfalls. Ferner ist der Sanktionszweck der Norm zu berücksichtigen, sodass die Höhe auch danach zu bemessen ist, was zur Erzielung einer abschreckenden Wirkung erforderlich ist. Der Arbeitgeber soll von künftigen Diskriminierungen abgehalten werden, wobei die Entschädi...

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