Mit der Einführung von agilen Arbeitsweisen könnten zwingende Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates betroffen sein. Zu denken wäre an:
- Mitbestimmung bei betrieblicher Bildung (§ 98 Abs. 1 BetrVG)
- Aufstellen von Verhaltensregeln (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG)
- Anwendung von technischen Einrichtungen (§ 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG
- Beginn und Ende der jeweiligen Arbeitszeit (§ 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG)
- Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit (§ 87 Abs. 1 Nr. 13 BetrVG)
- Betriebsänderung (§ 111 BetrVG)
2.3.1 Betriebliche Bildung
Der Arbeitgeber ist nach § 106 GewO grundsätzlich berechtigt, den Arbeitnehmer anzuweisen, an Schulungen teilzunehmen, soweit diese der Ausübung der vertraglich geschuldeten Tätigkeit förderlich sind.
Sofern Unternehmen agile Methoden einführen und Mitarbeiter darin schulen, ist an die Rechte des Betriebsrates aus den §§ 96 ff. BetrVG zu denken.
Das BAG sagt dazu Folgendes:
Zitat
›Nach § 98 Abs. 1 BetrVG hat der Betriebsrat bei der Durchführung von Maßnahmen der betrieblichen Berufsbildung mitzubestimmen. Der Begriff der betrieblichen Berufsbildung ist weit auszulegen. Er umfasst alle Maßnahmen der Berufsbildung im Sinne des § 1 BBiG und damit u. a. solche der Berufsausbildung, der beruflichen Fortbildung und der beruflichen Umschulung. Hierzu gehören alle Maßnahmen, die über die – mitbestimmungsfreie – Unterrichtung des Arbeitnehmers über seine Aufgaben und Verantwortung, die Art seiner Tätigkeit und ihrer Einordnung in den Arbeitsablauf des Betriebs sowie über die Unfall- und Gesundheitsgefahren und die Maßnahmen und Einrichtungen zur Abwendung dieser Gefahren im Sinne des § 81 BetrVG hinausgehen, indem sie dem Arbeitnehmer gezielt Kenntnisse und Erfahrungen vermitteln, die ihn zur Ausübung einer bestimmten Tätigkeit erst befähigen. Maßnahmen der betrieblichen Berufsbildung sind auch Lehrgänge, die dem Arbeitnehmer die für die Ausfüllung seines Arbeitsplatzes und seiner beruflichen Tätigkeit notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten verschaffen sollen. Das Mitbestimmungsrecht besteht nur bei Maßnahmen der betrieblichen Berufsbildung. Das ist funktional zu verstehen. Eine Berufsbildungsmaßnahme ist eine betriebliche, wenn der Arbeitgeber Träger bzw. Veranstalter der Bildungsmaßnahme ist und die Berufsbildungsmaßnahme für bei ihm angestellte Arbeitnehmer durchgeführt wird. Dabei muss die Maßnahme regelmäßig für die ›eigenen‹ Arbeitnehmer durchgeführt werden; zumindest müssen sie bei der Beteiligung Vorrang haben.‹
2.3.2 Ordnungsverhalten
Grundsätzlich darf der Arbeitgeber im Rahmen seiner aus Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 14 Abs. 1 GG sich ableitenden Organisationsbefugnis die Ordnung und damit das Verhalten von Mitarbeitern bestimmen.
Reines Arbeitsverhalten von Mitarbeitern, das in der Erfüllung der Arbeitspflicht liegt, ist mitbestimmungsfrei. Ebenso sind arbeitstechnische Fragen, wie der Betrieb sein Unternehmensziel erreicht, nicht von der Mitbestimmung umfasst.
Agile Arbeitsmethoden, soweit sie das Arbeitsverhalten betreffen, sind mitbestimmungsfrei.
Es kann sich aber ein Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG ergeben, soweit mit den Methoden und Kommunikationsvorgaben Regeln verbunden sind, die das Ordnungsverhalten der Mitarbeiter im Betrieb betreffen. Gegenstand des Mitbestimmungsrechts ist das betriebliche Zusammenleben und Zusammenwirken der Arbeitnehmer. Zwar kann ein Unternehmer dieses aufgrund seines Direktionsrechts durch das Aufstellen von Verhaltensregeln oder sonstige Maßnahmen beeinflussen und koordinieren, allerdings ist der Betriebsrat hieran zu beteiligen. Die soziale Ordnung des Betriebes, wie sich Mitarbeiter untereinander zu verhalten haben, ist mitbestimmungspflichtig. Wirkt sich eine Maßnahme zugleich auf das Ordnungs- und das Arbeitsverhalten aus, so kommt es darauf an, welcher Regelungszweck überwiegt. Für die Einordnung, ob eine Maßnahme als mitbestimmungsfreies Arbeitsverhalten anzusehen ist, kommt es auf den objektiv vorliegenden Regelungszweck an. Die Vorstellung oder Absicht des Arbeitgebers ist dabei nicht relevant.
Möglicherweise können z. B. die Regelungen des Umgangs durch vorgegebene ›agile‹ Werte oder ›agile‹ Verhaltensleitlinien mitbestimmungspflichtige Verhaltensregeln darstellen. Regelungen zur Ausgestaltung agilen Arbeitens müssen aber nicht automatisch ein mitbestimmungspflichtiges Ordnungsverhalten im Sinne von § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG darstellen. Denn Vorgaben zur ...