Durch die Einführung agiler Arbeitsmethoden kann ggf. der Tatbestand einer Betriebsänderung gem. §§ 111, 112 BetrVG erfüllt sein.

Danach ist ein Unternehmer verpflichtet, den Betriebsrat über geplante Änderungen rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und sich mit ihm zu beraten.[560]

Änderungen könnten sich zum einen dadurch ergeben, dass mit agilem Arbeiten eine neue Methode als auch ›Gruppenarbeit‹ eingeführt wird. Damit läge sowohl eine neue Arbeitsmethode (§ 111 Nr. 5 BetrVG) als auch eine Umgestaltung in der Betriebsorganisation (§ 111 Nr. 4 BetrVG) vor. Beides ist qua Gesetz grundsätzlich als Betriebsänderung anerkannt.

Mit der Umstellung auf agile Arbeitsweisen könnte somit eine Betriebsänderung vorliegen, sofern die erforderliche Größenordnung in der Organisation mit mehr als 20 regelmäßig beschäftigen, wahlberechtigten Arbeitnehmern erreicht ist.

Soweit in einem Unternehmen Systeme, Strukturen oder Methoden eingeführt werden, die eine Vereinheitlichung oder Optimierung von Arbeitsprozessen sowie deren Rationalisierung zum Ziel haben, kann das eine Betriebsänderung auslösen.[561] Es kommt insoweit aber auf die konkreten Maßnahmen und deren Umsetzung an. Insoweit stellt sich die Frage, ob agile Arbeitsweisen eine Arbeitsmethode im Sinne des § 111 Nr. 5 BetrVG darstellen. Das BAG bezeichnet in seiner Rechtsprechung eine ›Arbeitsmethode als die jeweilige Art, eine Arbeit systematisch abzuwickeln. Darunter fallen die Strukturierung des Arbeitsablaufs des einzelnen Arbeitnehmers – wie Handgriffe, Bewegungsabläufe –, die des Arbeitsablaufs zwischen den Arbeitnehmern – wie Einzel- und Gruppenarbeit – und der Einsatz technischer Hilfsmittel – etwa von Maschinen, Werkzeugen und Vorrichtungen.‹[562] Letztendlich geht es hierbei also um Regeln, die hinter mehr oder weniger einzelnen, unselbstständigen Arbeitsvorgängen stehen und genau festlegen, wie, in welcher Weise und mit welchem Mittel die Mitarbeiter ihre Aufgabe zu erfüllen haben.[563]

Die ›Arbeitsmethode‹ erweist sich damit als das auf der Grundlage der personellen, räumlichen, technischen und sonstigen bedeutsamen Gegebenheiten und Möglichkeiten entwickelte Modell des Ablaufs derjenigen Arbeit, die zur Erfüllung der gestellten Aufgabe geleistet werden muss.[564]

Genau das soll jedoch mit agilem Arbeiten nicht bezweckt werden. Hier geht es gerade darum, Freiräume in der Ausgestaltung zuzulassen und zu fördern. Die Mitarbeiter sollen je nach Aufgabe selbst entscheiden, welches Vorgehen sie wie und in welcher Weise für sinnvoll halten. Es geht um kreatives Vorgehen, dass eben genau nicht durch einen vorher festgelegten Ablauf oder bestimmte Schritte definiert ist. Entscheidend wird es daher sein, inwieweit mit einzelnen agilen Methoden oder Formaten sich einschneidende Auswirkungen auf den Betriebsablauf, die Verfahrensweisen oder die Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter Einfluss genommen wird.[565] Komplexität zu reduzieren, Arbeitsschritte iterativ zu gestalten, transparent zu sein, für den Kunden nachhaltige Ergebnisse oder auch eine produktivere Gestaltung können Ziele sein, die nicht automatisch rationellere oder effektivere Ergebnisse hervorbringen. Zudem werden agile Arbeitsweisen in der Regel nicht grundlegende Änderungen zur Verfolgung des arbeitstechnischen Zweckes darstellen. Ob es sich tatsächlich um keine durchgreifende Änderung der Betriebsorganisation handelt oder doch wesentliche Arbeitsschritte wegfallen oder Abläufe gravierend umgestaltet werden, wird jeweils im einzelnen Fall zu ermitteln sein.

Genauso wird der Aspekt der ›Gruppenarbeit‹ im Sinne einer Änderung der Betriebsorganisation zu betrachten sein. Auch hier wird es dann entscheidend darauf ankommen, wie bedeutend die Aufstellung von agilen Teams die gesamte Organisation tatsächlich tangiert.

Je nach Grad der Änderung durch die Einführung von agilen Arbeitsweisen wäre somit ein Interessenausgleich und Sozialplan zu verhandeln.

 

Agiles To-do

  • Ebenso wie in allen anderen Arbeitsformen sind auch bei agilem Arbeiten Mitbestimmungstatbestände zu beachten.
  • Insbesondere können sich diese ergeben aus:
  • betrieblicher Bildung
  • Ordnungsverhalten
  • Anwendung technischer Einrichtungen
  • Arbeitszeiten (Beginn, Lage, Verteilung)
  • Gruppenarbeit/agiles Arbeiten kann durch die Einführung neuer Methoden und Gruppenarbeit eine Betriebsänderung auslösen.
  • Die Frage, ob eine Betriebsänderung vorliegt, ist abhängig von der Auswirkung der Veränderung auf bisherige Abläufe und in bestehenden Organisationsstrukturen.
  • Je nach Umfang und betroffener Anzahl der Mitarbeiter wäre dann ein Interessenausgleich bzw. Sozialplan zu verhandeln.
[560] Richardi, BetrVG/Annuß, 16. Aufl. 2018, BetrVG § 111 Rn. 1–7.
[561] BAG, Beschluss vom 22.03.2016 – 1 ABR 12/14, NZA 2016, 894.
[562] BAG, Beschluss vom 22.03.2016 – 1 ABR 12/14, NZA 2016, 894.
[563] BAG, Beschluss vom 22.03.2016 – 1 ABR 12/14, NZA 2016, 894.
[564] BVerwGE 72, 94, NJW 1986, 1360.
[565] BAG, Beschluss vom 22.03.2016 – 1 ABR 12/14, NZA 2016, 894.

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