Der rasante Wandel, der sich in der Gesellschaft und damit auch in unserer Arbeitswelt vollzieht, verlangt von Unternehmen eine immer größere Reaktionsgeschwindigkeit ab. Damit geht eine hohe Kundenorientierung einher und der Anspruch, Kundenwünsche schnell und optimal und am besten direkt zu erfüllen. Und wenn es nicht das eigene Unternehmen anbietet, dann findet der Kunde die Erfüllung eben beim Mitbewerber. Gab es vor einigen Jahren noch feste Erreichbarkeitszeiten, so gibt es heute 24/7-Services, die dem Kunden eine All-time-Versorgung bieten. Allzeitige Erreichbarkeit wirkt sich automatisch auf unsere Arbeitszeiten aus. Mit herkömmlichen ›Nine-to-five‹-Arbeitszeiten oder ähnlich starren Modellen wird es Unternehmen nur schwer gelingen, diesen Ansprüchen an eine kundenorientierte Erreichbarkeit – nämlich immer dann, wenn es notwendig ist – zu genügen.
Zudem ist es schon jetzt so und wird Menschen immer wichtiger werden, dass sie über ihre Zeit möglichst frei verfügen können. Gleichzeitig möchten sich die meisten gleichwohl in einer ›sicheren‹, stabilen Arbeitsbeziehung befinden und wählen nicht den Weg in die Selbstständigkeit. Der starke Wunsch ist, selbst zu entscheiden, von wo aus und wann sie arbeiten und dafür gleichzeitig ein konstant hohes und damit planbares Gehalt zu bekommen. Das ist auch keine Frage einer bestimmten Generation oder eines bestimmten Alters, sondern eher einer Lebensphase.
1.1 Einführung von flexiblen Arbeitszeiten
Aus diesem Grund wächst in Deutschland das Bedürfnis, unsere bestehende Gesetzeslage bezüglich der Arbeitszeiten flexibler zu gestalten. Auch nach der Idee des ›agilen Arbeitens‹ wird Leistung als etwas verstanden, das so schnell wie möglich erbracht werden sollte. Einige Unternehmen legen daher ihre Arbeitszeitmodelle ›neu‹ auf. So hat Trumpf eine agile Jahresarbeitszeit eingeführt. Andere Firmen versuchen eine zeitliche Beweglichkeit mit vielen unterschiedlichen Modellen zu erreichen. VAUDE beispielsweise arbeitet mit ganz individuellen Zeitmodellen für Mitarbeiter. Bei Phoenix Contact war es schon immer möglich, dass Mitarbeiter ›kommen und gehen, wann sie möchten.‹ Das Bemühen, Lösungen für eine sehr bewegliche Arbeitszeit zu finden und zu gestalten, ist sichtbar. Trotzdem gehen noch viele Unternehmen das Thema Arbeitszeitflexibilität zögerlich oder gar nicht an. Ein Grund hierfür könnte möglicherweise sein, dass viele Firmen noch eher in starren Stellen oder Ordnungen denken, statt in flexiblen Bereichen und Aufgaben. Eine solche Einstellung ist wenig hilfreich, um einer Flexibilisierung näherzukommen. Es ähnelt einem Mosaik aus verschiedenen Modellen und Stundenzahlen, um Kapazitäten besser zu planen und starre Strukturen aufzulösen. Alles Facetten, die ein agiles Arbeiten erleichtern.
Dabei sollten Lösungen nicht nur die ›unternehmerische‹ Perspektive, sondern auch die Bedürfnisse der Beschäftigten einbeziehen. Größtmögliche eigene zeitliche Gestaltungsfreiheit ist ein hohes Gut für viele Mitarbeiter – und führt wiederum dazu, dass Firmen, die eine zeitliche Flexibilität ermöglichen können, eher als attraktive Arbeitgeber wahrgenommen werden. So wünschen sich Mitarbeiter einen sicheren Arbeitsplatz und ›märchenhafte Arbeitszeiten‹, die es ihnen erlauben, nur dann zu arbeiten, wenn sie es wollen.
Es wird also zukünftig verstärkt darum gehen, die verschiedenen Anliegen in Einklang zu bringen: auf der einen Seite eine profitable Auslastung und eine verstärkte, fokussierte Kundenorientierung. Auf der anderen Seite Vereinbarkeit von beruflichen und privaten Gegebenheiten sowie Entscheidungshoheit in Sachen Arbeitszeit und Arbeitsort.
Abb. 9: Mosaikteile einer agilen Arbeitszeitgestaltung (Grafik: Redmann 2017)