Arbeitszeiten sind auch ein Kernelement in Tarifverträgen. Da hier dann ebenfalls zwingende Regelungen vorliegen, sind Unternehmen und Mitarbeiter, soweit der Tarifvertrag für sie gilt, daran gebunden. Das bedeutet, tarifliche Vorschriften zur Arbeitszeit sind verbindlich im Unternehmen zu beachten. Ausnahmen können sich aber ergeben, sofern in dem betreffenden Tarifvertrag Öffnungsklauseln vorgesehen sind, in deren Rahmen Unternehmen dann ggf. betriebliche Regelungen mit dem Betriebsrat oder mit Arbeitnehmern treffen können.

Agiles Arbeiten gewinnt zunehmend auch an Gewicht bei den Verhandlungen zwischen Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften.[79] Es ist daher davon auszugehen, dass sich flexible bzw. agilitätskompatible Regelungen, z. B. zur Arbeitszeit, zukünftig auch verstärkt in Tarifverträgen wiederfinden werden.[80] Beispielhaft ist der TV MobA in der Metall- und Elektroindustrie zu nennen, der z. B. eine Reduzierung der Ruhezeit von elf auf neun Stunden ermöglicht.[81] Hier ist ein deutlicher Trend erkennbar, der sich wahrscheinlich künftig noch ausweiten wird.[82]

Sofern es tarifliche Bestimmungen gibt, können diese – wie oben schon zu den betrieblichen Regelungen angemerkt – einen besonders rechtssicheren Handlungsrahmen schaffen, der dann einen Spielraum für betriebliches agiles Wirken ermöglicht. Tarifverträge bilden heute schon eine große Varianz an Regelungsmöglichkeiten ab.[83] So reicht die Bandbreite von Wochenarbeitszeiten von z. B. 34 Stunden bei der Deutschen Telekom bis hin zu 40 Stunden im Bauhauptgewerbe.[84] In vielen Tarifverträgen gibt es ›Zeitkorridore‹, die variieren können. So kann beispielsweise in der Metall- und Elektroindustrie zwischen 35 und 40 Stunden pro Woche gearbeitet werden. In anderen Branchen sind darüber hinaus Wochenarbeitszeiten von 50 Stunden möglich als auch Arbeitstage, die bis zu 10 Stunden dauern dürfen.[85] Ähnliches gilt für Überstunden. Innerhalb solcher Bandbreiten können sinnvolle betriebliche Gestaltungen vorgenommen werden.

Anders als bei jeweils individuellen Vereinbarungen bieten kollektive –insbesondere tarifliche – Vereinbarungen eine sehr rechtssichere und damit auch vertrauensvolle Grundlage, die ggf. auch eine optimierte Reaktionsgeschwindigkeit ermöglichen kann und den Verhandlungsaufwand im Einzelfall reduziert.

 

Agiles To-do

  • Klärung des betrieblichen Bedarfs (z. B. Umfang, Auslastung, Erreichbarkeitszeiten)
  • Klärung Wunsch des Mitarbeiters (Reduzierung, befristeter Zeitraum, Hintergrund)
  • Mithilfe von individuellen Vereinbarungen Freiräume schaffen
  • Ausschöpfen der gesetzlichen Möglichkeiten (z. B. durch das TzBfG)
  • Viele bereits bestehende rechtliche Möglichkeiten (Gleitzeit und Vertrauensarbeitszeit) sind schon nutzbar
  • Kollektive Regelungen schaffen schnelle, rechtssichere Lösungen für viele Sachverhalte. Hier können ggf. Handlungsspielräume ausgeweitet werden.
[79] Schröder, Lothar; Urban, Hans-Jürgen, ›Gute Arbeit‹, Ausgabe 2016.
[80] Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft: Die technologische Zukunftsfähigkeit Deutschland auf dem Prüfstand, Walter-Raymond-Stiftung der BDA, Band 56, 2016, GDA-Kommunikation; siehe Interview mit Karl-Heinz Hageni (IG Metall) im Beitrag "Erfahrungen aus agilen Unternehmen".
[81] TV MobA.
[82] Siehe auch Redmann, Britta, Vergütungssysteme gestalten: agil rechtssicher und nicht-monetär, Kapitel 4 ›Tarifverträge als Bedürfnismodelle‹, Interview mit Petra Lindemann, Geschäftsführerin für Tarifpolitik, Arbeitsrecht, Arbeitsmarkt, Bundesarbeitgeberverband Chemie, e. V. (BAVC).
[83] FD ArbR 2016, 384160.
[84] FD-ArbR 2016, 384160.
[85] FD-ArbR 2016, 384160.

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