André Häusling, Jennifer Rolle
Ein wichtiges Prinzip im agilen Kontext ist das ständige "Inspect and Adapt". Damit wird ein Vorgehen beschrieben, das eine kontinuierliche Verbesserung anstrebt, was in den Retrospektiven zu regelmäßiger Selbstreflexion und im Review zu regelmäßiger Reflexion der Ergebnisse und zur Ableitung von Maßnahmen anregt. Hierfür bietet es sich förmlich an, Key Performance Indicator (KPI), also Kennzahlen, in die Betrachtung einzubeziehen.
Das Transformation Team hat 3 Ebenen, auf die es im Sinne des Inspect and Adapt schauen sollte. So ist erstens das Transformation Team selbst Teil der gesamten Transformation und trägt durch sein Lernen von agiler Denk- und Arbeitsweise zum Fortschritt des gesamten Unternehmens bei. D. h., es sollte seine eigene Team-Performance und Teamarbeit in den Retrospektiven reflektieren und bei Bedarf anpassen. Folgende Kennzahlen können dabei z. B. zur Unterstützung der Selbstreflexion genutzt werden:
- Lead Time
- Cycle Time
- Velocity und Burndown Chart
- Anzahl versprochener, erledigter, in Arbeit befindlicher, über die Planung hinaus erledigter Stories
- Anzahl Impediments
- Lachanfälle im Team
- Pünktlichkeit
- …
Die konkrete Auswahl der Kennzahlen richtet sich danach, wie das Team arbeitet und was im Team Relevanz hat.
Die zweite Ebene, mit der sich das Transformation Team beschäftigen sollte, ist die Erhebung des Fortschritts der agilen Transformation innerhalb des Unternehmens. Die Leitfrage lautet: Nähert sich das Unternehmen dem agilen Zielbild an? Neben den Kennzahlen für die einzelnen Stories könnten z. B. folgende weitere genutzt werden:
- Mitarbeiterfeedback zum Unternehmenszielbild
- Anzahl agil arbeitender Teams
- Anzahl agiler Rollen und im Verhältnis zur Anzahl der Führungskräfte
- Seitenzahl Unternehmenshandbuch
- Anzahl Silos
- Anzahl Hierarchieebenen
- Teilnehmerzahl agile Schulungen
- …
Die konkrete Auswahl der Kennzahlen richtet sich nach dem agilen Zielbild. Aber ein Unternehmen transformiert sich ja nicht zum Selbstzweck. Es geht darum, engagierte Mitarbeiter zu haben und am Markt erfolgreich zu sein. Um also drittens zu reflektieren, ob die Transformation diesen Zielen näherkommt, lohnt es sich ebenfalls, Kennzahlen zu erheben. Dies könnten z. B. folgende sein:
Kundenorientierte Kennzahlen:
- Kundenzufriedenheitsindex
- Einhaltung gemachter Zusagen an den Kunden im Verhältnis zu nichteingehaltenen Versprechen
- Anzahl Anrufe beim Helpdesk
- Anzahl Kundenbeschwerden
- Umsatz
- Anzahl Kunden
Die konkrete Auswahl der Kennzahlen hängt vom Geschäftsmodell und dem Unternehmenszielbild ab.
Mitarbeiterorientierte Kennzahlen:
- Krankenquote
- Happiness-Index
- Fluktuationsquote
- Anzahl selbstgetätigter Seminaranmeldungen
- …
Während die Teamkennzahlen eher Informationen für die Teamretrospektive sind, können die Kennzahlen auf den anderen Ebenen gut genutzt werden, um im Review den Fortschritt der Transformation kenntlich zu machen.
Falls kein Fortschritt gemessen werden kann, kann das den Grund haben, dass die Kennzahlen nicht richtig gewählt wurden. D.h., dass sich tatsächlich nicht das verändert, was man anstrebt, oder man zwar das Richtige tut mit dem richtigen Ergebnis, aber das Ziel falsch formuliert wurde – insofern auch wieder die Kennzahlen nicht passen. Dies sind alles Aspekte, die gut im Review angesprochen und mit einer Einladung zur gemeinsamen Reflexion mit interessierten Kollegen verbunden werden können.
Irrtümer sind erlaubt
Nicht alles wird sofort klappen, wie man es sich vorgestellt hat. Aber das ist gerade ein Beleg dafür, dass man den Prozess nicht einfach managen kann, sondern dass wir es mit einer komplexen Welt zu tun haben. Daher spricht man auch nicht von Fehlern, sondern von Irrtümern. Fehler macht man in einem Thema, bei dem es Richtig und Falsch gibt und der Weg völlig klar ist. In einem komplexen Umfeld gilt es, durch Versuch und Irrtum näherungsweise an die beste Lösung zu gelangen. Es gilt, Thesen aufzustellen und zu validieren. Misserfolge bieten also auch wichtige Erkenntnisse und sind unabdingbar Teil des Lernprozesses. Dies hilft, den Lösungsraum einzugrenzen und neue Experimente zu formulieren.