Eine weitere Beteiligung des Betriebsrates kann sich dann ergeben, sofern die Veränderung des Arbeitsortes den Teil einer Betriebsänderung im Sinne der §§ 111, 112 BetrVG darstellt. Relevant werden diese Bestimmungen aber auch nur für Unternehmen, die mehr als 20 Mitarbeiter beschäftigen und über einen Betriebsrat verfügen. Es gibt keine abschließende gesetzliche Definition einer Betriebsänderung. Allerdings ist im Gesetz selbst in § 111 Satz 3 BetrVG beschrieben, was unter einer Betriebsänderung zu verstehen ist. Umstritten ist, ob die in Satz 3 aufgeführten Tatbestände als ›abschließend‹ zu werten sind. Das BAG hat dies bislang offengelassen. Nach dem Wortlaut des § 111 Satz 1 BetrVG setzt eine Betriebsänderung voraus, dass erhebliche Teile der Belegschaft von Veränderungen betroffen sind. Nach der ständigen Rechtsprechung ist dies allerdings dann bedeutungslos, soweit eine Betriebsänderung im Sinne des § 111 Satz 3 BetrVG vorliegt. Die in Satz 3 Nr. 1–5 aufgeführten Tatbestände konkretisieren die Fälle, in denen von wesentlichen Nachteilen ausgegangen werden kann. Aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt sich, dass bei Vorliegen eines solchen Falles der Eintritt der Nachteile fingiert wird. Ob die gegebene Betriebsänderung dann tatsächlich Nachteile zur Folge hat oder haben kann, kann dahingestellt bleiben: Es gilt die unwiderlegliche Vermutung, dass die im Katalog genannten Fälle wesentliche Nachteile für die Belegschaft mit sich bringen.
Was als ›erheblich‹ angesehen wird, bestimmt sich grundsätzlich nach § 17 KSchG, der hier als Maßstab genommen wird:
Anzahl Mitarbeiter im Unternehmen |
Betroffene Mitarbeiter |
mehr als 20 und weniger als 60 |
Mehr als 5 Mitarbeiter |
Mindestens 60 und weniger als 500 |
10 % der Beschäftigten oder mehr als 25 Mitarbeiter |
Mindestens 500 |
Mindestens 30 Mitarbeiter |
600 und mehr |
Mindestens 5 % der Beschäftigten |
Ein ›agiler Arbeitsortwechsel‹ von Mitarbeitern könnte sich möglicherweise als Änderung auf die Betriebsorganisation auswirken. Dann kann § 111 Satz 3 Nr. 4 BetrVG zur Anwendung kommen. Das BAG hat zur Änderung der Betriebsorganisation aktuell ausgeführt, dass es sich um eine solche handelt, ›wenn der Betriebsaufbau, insbesondere hinsichtlich Zuständigkeiten und Verantwortung, umgewandelt wird. Grundlegend ist die Änderung, wenn sie sich auf den Betriebsablauf in erheblicher Weise auswirkt. Maßgeblich dafür ist der Grad der Veränderung. Es kommt entscheidend darauf an, ob die Änderung einschneidende Auswirkungen auf den Betriebsablauf, die Arbeitsweise oder die Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer hat. Die Änderung muss in ihrer Gesamtschau von erheblicher Bedeutung für den gesamten Betriebsablauf sein.‹ Hier ist also immer der Einzelfall zu prüfen, inwieweit durch die örtliche Veränderung gleichzeitig erhebliche Änderungen im Betriebsablauf entstehen. Dies könnte z. B. dadurch gegeben sein, weil Arbeitsprozesse durch die örtliche Veränderung anders aufgestellt werden müssen oder sich ggf. auch Bearbeitungswege ändern. Nur wenn der Betriebsablauf entscheidend betroffen ist, kann eine Betriebsänderung angenommen werden.
Wird im Einzelfall festgestellt, dass keine Änderung der Betriebsorganisation von erheblicher Bedeutung vorliegt, und geht man davon aus, dass der § 111 Satz 3 BetrVG keine abschließende Aufzählung enthält, müsste eine Betriebsänderung zumindest eine solche sein, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft mit sich bringt. In einem solchen Fall müsste die räumliche Veränderung mit nicht ganz unerheblichen Erschwernissen für die Mitarbeiter verbunden sein. Dies ist oft der Fall, wenn der neue Arbeitsort weitere Anfahrtswege oder Erreichbarkeiten mit sich bringt. Ebenso sollen auch immaterielle Nachteile, wie z. B. Leistungsverdichtung, Qualifikationsverlust oder psychische Belastung, dazu zählen.
Werden entsprechend viele Arbeitsplätze an einen anderen oder ›mobilen‹ Ort oder ins Homeoffice verlagert und wird damit die Zahlengrenze des § 17 KSchG erreicht, wäre das Vorliegen einer Betriebsänderung demnach zu prüfen. Hier käme es dann im Wesentlichen darauf an, inwieweit der jeweilige ›neue Ort‹ als nachteilig angesehen werden könnte. Die Frage wird sein, ob und wie ggf. die oben benannten immateriellen Nachteile vorliegen und zu beurteilen sind. Die Beantwortung dieser Frage wird von der jeweiligen Situation und den konkreten Auswirkungen auf die jeweiligen Mitarbeiter abhängen.
Das Gesetz sieht in § 112 Abs. 1 BetrVG vor, dass bei Vorliegen einer Betriebsänderung Arbeitgeber und Betriebsrat den Abschluss eines Interessenausgleichs versuchen. Das Ziel ist hierbei immer, Einigkeit über das ›Ob, Wann und Wie‹ der Maßnahme zu erreichen. Die Interessen des Arbeitgebers sollen mit denen der Arbeitnehmer an der Erhaltung ihrer Arbeitsplätze und Arbeitsbedingungen mit dem ernsten Willen der Verständigung in Übereinstimmung gebracht werden. Ferner hat vor jeder Betriebsänderung der Arb...