Dass Leistung und Verhalten von Mitarbeitern bewertet wird, ist nicht neu. Ebenso gibt es bereits Beurteilungssysteme, wie z. B. ein 360-Grad-Feedback, in dem verschiedene Personen aus unterschiedlichen Bereichen (Führungskraft, Teamkollege, Kollege, Kunde) eine – meist anonyme – Rückmeldung zu einem Einzelnen geben.
Bezüglich Leistungs- oder Verhaltensbewertungen gelten nun tatsächlich schon heute zu beachtende rechtliche Anforderungen, die aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht resultieren. Ferner können durch ein Feedback-System und die direkten und transparenten Rückmeldungen bei einem ›agilen‹ Performance-Management z. B. das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) und sogar Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates tangiert sein.
2.1 Persönlichkeitsschutz
Zu einem Arbeitsverhältnis gehört es, die Leistung der Mitarbeiter zu betrachten und ggf. auch zu bewerten. Aus seinem Direktionsrecht heraus (§ 106 GewO), darf der Arbeitgeber das Arbeitsergebnis des Arbeitnehmers überprüfen. Wie schon im Kapitel zu den agilen Arbeitsmethoden ausgeführt, stellt sich auch hier die Frage, ob und inwieweit ggf. unzulässige Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht des Mitarbeiters aus Art. 2 GG vorliegen könnten.
Agile Performance-Instrumente sind ggf. stärker durch Feedback als durch starre Beurteilungen geprägt. Bei einem in der Regel subjektiven Feedback fehlt es an einem vergleichbaren festen Maßstab, da es gerade an Beobachtung und Wahrnehmung ausgerichtet ist. Das Fehlen von Kennzahlen macht Leistung auch weniger direkt vergleichbar. Was geschieht beispielsweise, wenn Mitarbeiter A wie sein Kollege, Mitarbeiter B, ebenfalls ›fünf Sterne‹ für seine Vertriebskompetenz bekommen möchte? In diesen Konfliktfällen wird es daher entscheidend darauf ankommen, wie vertraut und fähig Mitarbeiter sind, sich argumentativ auseinanderzusetzen und ob es ihnen gelingt, mit unterschiedlichen Sichtweisen umzugehen und hier Einsichten und Lösungen zu erreichen. Genauso spielt das Vertrauen untereinander eine große Rolle: Je misstrauischer Mitarbeiter gegenüber der Bewertung ihrer Kollegen sind, desto mehr werden sie ggf. Kriterien verlangen, anhand denen sie die Rückmeldung ›überprüfen‹ können. Die vorwiegend subjektiven Rückmeldungen und das Fehlen eindeutig objektiv definierter Beurteilungsmaßstäbe und fester Kriterien können sogar dazu führen, dass sich Mitarbeiter unfair behandelt fühlen.
2.2 Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG)
Erfolgt eine Bewertung zu einem Arbeitsergebnis oder einem Verhalten des Mitarbeiters durch eine Vielzahl anderer Kollegen, kann sich die Frage nach der Rechtskonformität der Bewertung stellen. Es ist daher z. B. wichtig, dass keine Bewertungen abgegeben werden, die gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verstoßen. Nach § 1 AGG sind Arbeitnehmer vor Benachteiligungen geschützt, die aus Gründen der Rasse, der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität erfolgen. Unternehmer haben dafür zu sorgen, dass in ihrem Arbeitsumfeld keine rechtswidrigen Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen vorliegen, die zu einer Benachteiligung im Sinne dieses Gesetzes führen können. Aus dem Gesetz selbst (§ 12 Abs. 1 AGG) ergibt sich, dass der Arbeitgeber gesetzeskonforme Rahmenbedingungen zu gestalten hat, die eine Benachteiligung verhindern und einer solchen sogar vorbeugen. Welche Maßnahmen hier geeignet und erforderlich sein können, wird durch die jeweiligen betrieblichen Umstände bestimmt.
Als stets geeignete Maßnahmen benennt § 12 Abs. 2 Satz 2 AGG Schulungen. Der Umfang der Schulungspflicht wird im Gesetz dabei nicht weiter konkretisiert. Die Prävention durch Information soll jedoch so früh und umfassend wie möglich erfolgen, um Benachteiligungen von Mitarbeitern durch andere Mitarbeiter zu verhindern. Um eine Benachteiligung im Sinne des AGG bei Leistungsbewertungen durch subjektives Feedback auszuschließen, empfiehlt es sich, alle Mitarbeiter vorab entsprechend zu schulen, um sie zu einem rechtskonformen Entgegennehmen und Geben von Feedback zu befähigen.
Nicht nur das Feedback als solches, sondern der gesamte Feedback-Prozess sollte den gesetzlichen Anforderungen des AGG entsprechen. Damit es keinen Anlass für denkbare Benachteiligungen gibt – und auch der Angst vor (negativen) Rückmeldungen vorgebeugt wird –, sollte der Feedback-Prozess möglichst klar geregelt, vermittelt und beschrieben werden. Dazu gehören z. B. die Art und Weise, wie eine Rückmeldung gegeben wird (persönlich, direkt, mittels eines IT-Systems etc.), wozu genau eine Rückmeldung erfolgen soll (Einbezug welcher Fakten und Faktoren etc.) und welche Konsequenzen aus einer Rückmeldung erfolgen dürfen (Sanktion, Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis, Reflexion des eigenen Verhaltens etc.).
Abb. 19: Regelungen zum Feedback (Grafik: Redmann 2017)
Im Prozessfairness zu garantieren, müssen klare R...