BMF, Schreiben v. 14.6.2017, IV C 1 - S 1980-1/16/10010 :001
Bestimmung des anwendbaren Teilfreistellungssatzes
Nach Abstimmung mit den obersten Finanzbehörden der Länder beantworte ich Ihre Fragen zur Bestimmung der Teilfreistellungssätze nach § 20 des Investmentsteuergesetz in der am 1.1.2018 geltenden Fassung (im Weiteren mit „InvStG” abgekürzt) wie folgt:
1. Voraussetzungen eines Aktienfonds und eines Mischfonds (§ 2 Absatz 6 und 7 InvStG)
Ein Investmentfonds qualifiziert als Aktienfonds, wenn er gemäß seinen Anlagebedingungen fortlaufend mindestens 51 Prozent seines Wertes in Kapitalbeteiligungen i.S. des § 2 Absatz 8 InvStG investiert (Aktienfonds-Kapitalbeteiligungsquote). Ein Mischfonds liegt hingegen vor, wenn der Investmentfonds nach seinen Anlagebedingungen zumindest 25 Prozent seines Wertes in Kapitalbeteiligungen anlegt (Mischfonds-Kapitalbeteiligungsquote). Beschränken die Anlagebedingungen den Kreis der erwerbbaren Vermögensgegenstände auf einen Teil der in § 2 Absatz 8 InvStG genannten Kapitalbeteiligungen (z.B. börsengehandelte Kapitalgesellschaftsanteile), ist diese gegenüber den gesetzlichen Vorgaben weitergehende Einschränkung unschädlich. Demgegenüber erfüllen Investmentfonds, die nach den Anlagebedingungen die Wertentwicklung von Kapitalbeteiligungen (auch) synthetisch mittels Finanzderivaten (z.B. Aktien-Swaps) abbilden können, nicht die Voraussetzungen des § 2 Absatz 6 oder 7 InvStG, es sei denn, die Anlagebedingungen sehen (ergänzend) eine Mindestbeteiligungsquote von 51 Prozent unmittelbar in Kapitalbeteiligungen vor. Für Zwecke des § 2 Absatz 6 und 7 InvStG ist allerdings unbeachtlich, ob der Investmentfonds das Wertänderungsrisiko aus den gehaltenen Kapitalbeteiligungen absichert. Denn Sicherungsgeschäfte haben keine Auswirkung auf die steuerliche Belastung der laufenden Einnahmen aus Kapitalbeteiligungen.
Die gesetzliche Einstufung als Aktien- oder Mischfonds lehnt sich primär an die in den Anlagebedingungen vorgesehenen Anlagevorgaben an. Der Investmentfonds hat jedoch auf Grund des gesetzlich gegebenen Kriteriums der „fortlaufenden Anlage” die durchgehende Erfüllung (d.h. grundsätzlich an jedem Tag des Geschäftsjahres) dieser Vermögenszusammensetzung anzustreben. Ein wesentlicher Verstoß gegen diese Vorgaben für die Vermögenszusammensetzung führt folglich zum Verlust des Status als Aktien- oder Mischfonds. Unbeachtlich ist hingegen ein kurzfristiges Unterschreiten der Vermögensgrenzen des § 2 Absatz 6 oder 7 InvStG auf Grund von Wertveränderungen der gehaltenen Vermögensgegenstände oder einer unbeabsichtigten oder unverschuldeten fehlerhaften Einstufung eines Vermögensgegenstands als Kapitalbeteiligung. Eine passive Grenzverletzung führt daher nicht zum Verlust des Status eines Aktien- oder Mischfonds, wenn der Investmentfonds unverzüglich nach Kenntnis der Grenzverletzung ihm mögliche und zumutbare Maßnahmen unternimmt, um die für ihn erforderliche Kapitalbeteiligungsquote wiederherzustellen.
Ein wesentlicher Verstoß gegen die Vorgaben zur Vermögenszusammensetzung ist nach § 153 Absatz 2 AO der zuständigen Finanzbehörde anzuzeigen. Den Anlegern hat der Investmentfonds in öffentlich zugänglicher Weise mitzuteilen, wenn sich der Teilfreistellungssatz i.S. des § 20 InvStG ändert (z.B. durch einen Hinweis auf der Internetseite des Investmentfonds). Darüber hinaus ist der Investmentfonds verpflichtet, unverzüglich seine früheren und nun nicht mehr zutreffenden Angaben gegenüber Entrichtungspflichtigen oder Finanzinformationsdienstleistern (z.B. WM-Datenservice) zum anwendbaren Teilfreistellungssatz zu korrigieren.
Bei ausländischen Investmentfonds i.S. des § 2 Absatz 3 InvStG wird es nicht beanstandet, wenn die Anlagebedingungen i.S. des § 2 Absatz 12 InvStG lediglich eine „überwiegende” (d.h. mehr als fünfzigprozentige) Anlage in Kapitalbeteiligungen vorsehen.
Die gesetzlich vorgegebene Zielsetzung der „fortlaufenden Anlage” in Kapitalbeteiligungen wird auch innerhalb von sechs Monaten nach Neuauflage oder während der Abwicklung eines Investmentfonds erfüllt, sofern der Investmentfonds innerhalb dieses Zeitraums noch nicht oder nicht mehr die vorausgesetzte tatsächliche Vermögenszusammensetzung des § 2 Absatz 6 oder 7 InvStG erreicht.
Bei der Ermittlung des anteilig auf Kapitalbeteiligungen entfallenden Vermögens eines Investmentfonds ist auf den Wert der von dem Investmentfonds gehaltenen Vermögensgegenstände (Aktiva) abzustellen (Aktivvermögen). Ziel-(Spezial-)Investmentanteile gehen mit ihrem Nettoinventarwert in das Aktivvermögen ein. Die Bezugnahme auf das Aktivvermögen ergibt sich aus der systematischen Verknüpfung mit § 20 Absatz 1 und 2 InvStG. Die hierin vorgesehene Teilfreistellung von Investmenterträgen auf Anlegerebene berücksichtigt typisierend eine steuerliche Vorbelastung von zumindest 25 Prozent (bei Mischfonds) und 51 Prozent (bei Aktienfonds) des Aktivvermögens.
Bei OGAW i.S. des § 1 Absatz 2 KAGB, die nach § 199 KAGB für gemeinschaftliche Rechnung der Anleger kurzfristi...