1 Zweck
Die Anwesenheitsprämie soll dazu dienen, die Fehlzeiten im Betrieb zu reduzieren. Durch die Anwesenheitsprämie, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer zusätzlich zum vereinbarten Entgelt zugesagt hat, wird versucht, die Grundsätze von Lohn ohne Arbeit zugunsten des Arbeitgebers zu ändern.
2 Rechtliche Wertung
Anwesenheitsprämien werden meist einmal jährlich auf Grundlage einer einzelvertraglichen Regelung oder auch aufgrund betrieblicher Übung gezahlt. Möglich ist auch, dass eine Betriebsvereinbarung oder ein Tarifvertrag entsprechende Zusagen vorsieht.
Muster für Zusage Anwesenheitsprämie
Der Arbeitnehmer erhält für das volle Kalenderjahr eine Anwesenheitsprämie in Höhe von ……. EUR. Die Prämie wird zusammen mit dem Gehalt für den Monat Januar des Folgejahres ausgezahlt.
Neben dieser einmaligen jährlichen Auszahlung der Prämie werden in der Praxis auch laufende Prämienzahlungen zusätzlich zum Monatslohn geleistet.
3 Die Fehlzeiten im Einzelnen
Die Anwesenheitsprämie entfällt oder wird gekürzt, wenn der Arbeitnehmer nicht zur Arbeit erscheint.
Unbestritten zulässig sind Anwesenheitsprämien, die nur in Fällen unberechtigten Fernbleibens von der Arbeit (Arbeitsbummelei) oder bei Verspätung entfallen.
Muster für Kürzungsmöglichkeit bei unberechtigten Fehlzeiten
Bei unberechtigten Fehlzeiten des Arbeitnehmers, für die auch kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht, wird die Anwesenheitsprämie pro Tag um ein Tagesarbeitsentgelt gekürzt.
Umstritten sind dagegen Anwesenheitsprämien aufgrund individualrechtlicher Absprachen, die auch dann entfallen sollen, wenn gesetzlich oder tarifvertraglich eine Entgeltfortzahlung vorgesehen ist. Wichtig ist, dass eine Kürzungsmöglichkeit nur dann besteht, wenn diese vertraglich vereinbart wurde.
3.1 Krankheit
In § 4a EFZG ist geregelt, dass auch Zeiten der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit bei der vereinbarten Kürzung der Höhe von Sondervergütungen berücksichtigt werden können. Allerdings darf die Kürzung für jeden Tag der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit ein Viertel des Arbeitsentgelts, das im Jahresdurchschnitt auf einen Arbeitstag entfällt, nicht überschreiten.
Muster für die Kürzungsmöglichkeit aufgrund Krankheit
Die Anwesenheitsprämie wird für jeden Tag der Arbeitsunfähigkeit aufgrund Krankheit um ¼ des Arbeitsentgelts, das im Jahresdurchschnitt auf einen Arbeitstag entfällt, gekürzt.
Von dieser Regelung werden alle Leistungen erfasst, die der Arbeitgeber zusätzlich zum laufenden Arbeitsentgelt erbringt. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um laufend mit dem "normalen" Arbeitsentgelt, oder nur einmal im Jahr gezahlte Anwesenheitsprämien, Gratifikationen oder sonstige Sondervergütungen handelt.
Der Arbeitgeber kann bei freiwilliger Leistung eines Weihnachtsgeldes solche Arbeitnehmer ausnehmen, die im Bezugszeitraum Fehlzeiten aufweisen; hierbei ist die Grenze des § 4a Satz 2 EFZG zu berücksichtigen.
Die Kürzungsvereinbarung ist an keine Form gebunden, aus Gründen der Rechtssicherheit sollte sie aber im Vorfeld schriftlich vereinbart werden.
Bei Maßnahmen der medizinischen Vorsorge und Rehabilitation (Kuren) nach § 9 EFZG gilt dasselbe wie bei krankheitsbedingten Fehlzeiten.
3.2 Mutterschutz
Fehlzeiten aufgrund der Mutterschutzfristen waren nach der früheren Rechtsprechung des BAG für die Zahlung einer tariflichen Jahresleistungsprämie einer tatsächlichen Arbeitsleistung gleichzusetzen. Diese Auffassung wurde anschließend vom BAG jedoch nicht mehr vertreten. Die Vertragsparteien könnten auch Fehlzeiten, für die ein gesetzlicher Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht, als anspruchsmindernd oder -ausschließend bestimmen. Das Gesetz verlange keine weitergehende Sicherung der schwangeren Arbeitnehmerin. Diese Rechtsprechung ist durch eine Entscheidung des EuGH wieder überholt: Die gebotene Gleichbehandlung von Männern und Frauen untersagt es, dass ein Arbeitgeber Mutterschutzzeiten (Beschäftigungsverbote) bei der Gewährung einer Weihnachtsgratifikation anteilig leistungsmindernd berücksichtigt.
3.3 Urlaubsentgelt
Nach dem Bundesurlaubsgesetz hat der Arbeitnehmer einen unabdingbaren Anspruch auf einen bezahlten Mindesturlaub. Sinn und Zweck der Bezahlung des Urlaubs ist, dem Arbeitnehmer auch während des Urlaubs den Lebensstandard ungeschmälert zu erhalten. In den gesetzlichen Mindesturlaubsanspruch darf deshalb nicht eingegriffen werden. Nimmt der Arbeitnehmer daher bezahlten Mindesturlaub, ist eine Kürzung der Anwesenheitsprämie unzulässig.
Nimmt der Arbeitnehmer jedoch unbezahlten Sonderurlaub, kann dies zu einer Kürzung der Anwesenheitsprämie führen.
Muster für Kürzungsmöglichkeit unbezahlter Sonderurlaub
Für die Dauer von berechtigten Fehlzeiten des Arbeitnehmers ohne Anspruch auf Entgeltfortzahlung (bspw. unbez...