1 Funktion im Lohnsteuerabzugsverfahren

1.1 Pflichten des Arbeitgebers

Neben dem Arbeitnehmer als Schuldner der Lohnsteuer kommt dem Arbeitgeber eine zentrale Bedeutung für den Lohnsteuerabzug zu: Er ist derjenige, der die Lohnsteuer vom Arbeitslohn einzubehalten und an sein Betriebsstättenfinanzamt abzuführen hat.

Jeder inländische Arbeitgeber verfügt zumindest über eine lohnsteuerliche Betriebsstätte, für die der für den Lohnsteuerabzug maßgebende Arbeitslohn ermittelt wird und nach der sich die Zuständigkeit des Betriebsstättenfinanzamts bestimmt.

Die Pflichten des Arbeitgebers im Rahmen des Lohnsteuerabzugs sind ebenso vielfältig wie umfassend und führen mitunter zu schwierigen Abgrenzungsfragen. Um unkalkulierbare Risiken zu vermeiden, können der Arbeitgeber sowie der Arbeitnehmer beim Betriebsstättenfinanzamt eine Anrufungsauskunft einholen. Diese Auskunft gibt Rechtssicherheit und Vertrauensschutz, der jedoch auf das Lohnsteuerabzugsverfahren beschränkt ist.

1.2 Einbehaltungs- und Abführungspflicht

Während der Arbeitnehmer die auf seine steuerpflichtigen Einkünfte (regelmäßig Arbeitslohn bzw. Gehalt) aus nichtselbstständiger Arbeit zu erhebende Lohnsteuer schuldet[1], ist für die ordnungsgemäße Erhebung der Lohnsteuer der Arbeitgeber verantwortlich.

Der Arbeitgeber hat die Lohnsteuer für Rechnung des Arbeitnehmers bei jeder Lohnzahlung vom Arbeitslohn einzubehalten und an sein Betriebsstättenfinanzamt abzuführen.[2]

Die Verpflichtung zur Einbehaltung der Lohnsteuer trifft regelmäßig nur den inländischen Arbeitgeber, denn ausländische Arbeitgeber unterliegen grundsätzlich nicht der deutschen Steuerhoheit. Eine Ausnahme hiervon macht § 38 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, indem er im Inland tätige ausländische Arbeitnehmerverleiher inländischen Arbeitgebern gleichstellt. Im Übrigen gehört zu den inländischen Arbeitgebern auch der "wirtschaftliche" Arbeitgeber, der in Fällen der internationalen Arbeitnehmerentsendung ins Inland den Arbeitslohn wirtschaftlich trägt.[3]

Der Arbeitgeber hat die im Zusammenhang mit der Einbehaltung und Abführung der Lohnsteuer auferlegten Pflichten unentgeltlich zu erfüllen. Der damit verbundene organisatorische und personelle Aufwand kann dem Arbeitgeber nicht aus öffentlichen Mitteln erstattet werden. Hiergegen bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken.[4]

1.3 Vorrang des Lohnsteuerabzugs

Die gesetzliche Verpflichtung des Arbeitgebers zur Einbehaltung der Lohnsteuer hat Vorrang vor allen übrigen, insbesondere vertraglichen Verpflichtungen des Arbeitgebers. Reichen z. B. die finanziellen Mittel des Arbeitgebers nicht aus, um neben der Auszahlung der (Netto-)Löhne und Gehälter, die einzubehaltende Lohnsteuer an das Finanzamt abzuführen, muss eine anteilige Kürzung der Löhne bzw. Gehälter der Belegschaft erfolgen. Von diesen gekürzten Beträgen ist die einzubehaltende Lohnsteuer zu berechnen. Darüber hinaus ist es auch nicht möglich, den Arbeitgeber von der Verpflichtung zur Einbehaltung der Lohnsteuer zu befreien.

Ausnahme für Betreiber von Handelsschiffen

Eine Ausnahme gilt für Arbeitgeber, die Handelsschiffe unter "europäischer Flagge" betreiben.[1] Solche Arbeitgeber müssen die Lohnsteuer für die Beschäftigten, die Seeleute bzw. Besatzungsmitglieder zwar beim Finanzamt anmelden, brauchen den Betrag aber nicht an das Finanzamt abzuführen (100-%-iger Lohnsteuereinbehalt). Für Reeder entfällt damit ein Teil der Personalkosten für die in Deutschland einkommensteuerpflichtig beschäftigten Seeleute.[2] Seit dem Lohnzahlungszeitraum Juni 2016 konnten Arbeitgeber, die eigene oder gecharterte Handelsschiffe betrieben haben, den 100-%-igen Lohnsteuereinbehalt für 5 Jahre vornehmen. Die Vorgabe der EU ist auch in innerstaatliches Recht umgesetzt worden.[3]

[1]

S. Schifffahrt.

[3] Viertes Corona Steuerhilfegesetz v. 19.6.2022, BGBl 2022 I S. 911.

1.3.1 Duldungspflicht des Arbeitnehmers

Eine Stundung von Lohnsteuer ist ebenso wenig möglich wie deren Erlass.[1] Infolgedessen ist der Arbeitnehmer verpflichtet, den Lohnsteuerabzug durch den Arbeitgeber zu dulden.[2]

Der Arbeitnehmer kann – abgesehen von einer Nettolohnvereinbarung[3] – vom Arbeitgeber nicht verlangen, den Bruttolohn ungekürzt ausgezahlt zu erhalten. Dies gilt auch in den Fällen, in denen der Arbeitslohn ganz oder teilweise aus Sachbezügen besteht, nach deren Wert sich die Höhe der einzubehaltenden Lohnsteuer bestimmt. Reicht nämlich der Barlohn nicht aus, um hieraus die Lohnsteuer auf Sachbezüge zu entrichten, muss der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber den Differenzbetrag ausgleichen. Kommt der Arbeitnehmer dieser Verpflichtung nicht nach, ist der Arbeitgeber verpflichtet, einen Teil der Sachbezüge zurückzubehalten und daraus die Lohnsteuer zu bezahlen. Ist dies nicht möglich, trifft den Arbeitgeber die Verpflichtung, dies dem Betriebsstättenfinanzamt unverzüglich anzuzeigen.[4]

2 Arbeitgeber

2.1 Definition

Weder das Einkommensteuergesetz (EStG) noch die Loh...

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