1 Allgemeines
In arbeitsrechtlichen Streitigkeiten kann ausnahmsweise die Durchführung eines Schiedsverfahrens durch den Ausschluss der Arbeitsgerichtsbarkeit im Allgemeinen oder für den Einzelfall von den Parteien eines Tarifvertrages vereinbart werden (Schiedsvertrag). Im Übrigen sind Schiedsverträge in arbeitsgerichtlichen Streitigkeiten grundsätzlich unzulässig.
2 Zuständigkeit des Schiedsgerichts
Nach § 4 ArbGG kann die Arbeitsgerichtsbarkeit in bestimmten, abschließend aufgezählten Fällen ausgeschlossen werden; eine Klage vor dem Arbeitsgericht ist dann unzulässig. Es entscheidet dann ein Schiedsgericht nach § 102 Abs. 1 ArbGG i. V. m. § 101 ArbGG in folgenden Fällen:
- Bürgerlich-rechtliche Streitigkeiten zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder Streitigkeiten über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen, für die die Tarifvertragsparteien einen Schiedsvertrag geschlossen haben (Gesamtschiedsvereinbarung), und
- bürgerlich-rechtliche Streitigkeiten aus einem Arbeitsverhältnis, das sich nach einem Tarifvertrag bestimmt, wenn der persönliche Geltungsbereich des Tarifvertrages überwiegend Bühnenkünstler, Filmschaffende, Artisten oder Kapitäne und Besatzungsmitglieder i. S. v. § 2, § 3 SeemG umfasst, wobei diese Vereinbarung nur für tarifgebundene Personen gilt, und es eine tarifliche Schiedsvertragsregelung gibt (Einzelschiedsvereinbarung). Nach § 101 Abs. 2 Satz 3 ArbGG kann die tarifvertragliche Einzelschiedsvereinbarung durch eine vertragliche Regelung der nicht tarifgebundenen Parteien des Arbeitsvertrages für das individuelle Arbeitsverhältnis übernommen werden, wenn dies ausdrücklich und schriftlich vereinbart wurde.
Streitgegenständlich beziehen sich die Schiedsvereinbarungen ausschließlich auf bürgerliche Rechtsstreitigkeiten. Für Eilverfahren sind ausschließlich die Arbeitsgerichte zuständig. Auch Rechtsbehelfe der Zwangsvollstreckung (Vollstreckungsabwehrklage, Drittwiderspruchsklage) unterliegen als stattliches Hoheitsrecht nicht einer Schiedsvereinbarung.
3 Schiedseinrede
Wird eine Klage vor dem Arbeitsgericht eingereicht, ist sie dann unzulässig, wenn sich der Beklagte bis zur Verhandlung der Hauptsache (vor Antragstellung im Verhandlungstermin) auf den Schiedsvertrag beruft (sog. Schiedseinrede). Es besteht damit die Möglichkeit, dass zunächst der Gütetermin mit dem Ziel einer Einigung abgewartet werden kann, soweit eine Einigung scheitert, kann später immer noch die Einrede erhoben werden. Der Beklagte kann sich jedoch in den 4 Fällen des § 102 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 ArbGG nicht auf das Bestehen eines Schiedsvertrages berufen:
- Die Streitparteien haben selbst die Mitglieder des Schiedsgerichts zu ernennen, wobei der Kläger dieser Pflicht nachgekommen ist, jedoch der Beklagte die Ernennung nicht innerhalb einer Frist von einer Woche nach der Aufforderung des Klägers vorgenommen hat.
- Nicht die Streitparteien, sondern die Parteien des Schiedsvertrages haben die Mitglieder des Schiedsgerichts zu ernennen, wobei das Schiedsgericht nicht gebildet ist und die Parteien des Schiedsvertrages die vom Vorsitzenden des Arbeitsgerichts gesetzte Frist zur Bildung des Schiedsgerichts haben fruchtlos verstreichen lassen.
- Das nach dem Schiedsvertrag gebildete Schiedsgericht verzögert die Durchführung des Verfahrens und lässt die vom Vorsitzenden des Arbeitsgerichts gesetzte Frist zur Durchführung des Verfahrens fruchtlos verstreichen.
- Das Schiedsgericht zeigt den Parteien des streitigen Rechtsverhältnisses an, dass die Abgabe eines Schiedsspruches unmöglich ist.
4 Verfahren
Die Durchführung eines Schiedsverfahrens für arbeitsrechtliche Streitigkeiten bestimmt sich nach §§ 103 bis 109 ArbGG. Die Vorschriften der ZPO über das schiedsrichterliche Verfahren finden in Arbeitssachen keine Anwendung.
5 Aufhebungsklage
Wird ein Schiedsverfahren durchgeführt, kann das Arbeitsgericht nur noch wegen der Aufhebung des Schiedsspruchs angerufen werden. Die möglichen Begründungen für diese Klage vor dem Arbeitsgericht sind in § 110 ArbGG abschließend festgelegt:
- Das schiedsrichterliche Verfahren ist unzulässig. Das ist z. B. dann der Fall, wenn das Schiedsgericht nicht ordnungsgemäß besetzt war, das Schiedsgericht sachlich oder örtlich unzuständig war oder überhaupt kein Schiedsvertrag bestand. Die Vorschrift entspricht § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b ZPO.
- Der Schiedsspruch beruht auf der Verletzung einer Rechtsnorm, d. h. eine Rechtsnorm wurde nicht oder nicht richtig angewendet (vgl. § 546 ZPO). Der Inhalt des Schiedsspruchs muss auf dieser Rechtsverletzung "beruhen", d. h. für den Inhalt des Schiedsspruchs ursächlich sein.
- Es liegen die Voraussetzungen vor, unter denen gegen ein gerichtliches Urteil die Restitutionsklage nach § 580 Nr. 1 bis Nr. 6 ZPO zulässig wäre. Dies ist z. B. der Fall, wenn dem Klagegegner ein falscher Parteieid (Meineid oder fahrlässiger Falscheid) vorwerfbar ist...