Die Aussperrungsbefugnis der Arbeitgeberseite kann Arbeitnehmer unabhängig davon betreffen, ob sie gewerkschaftlich organisiert sind oder nicht. Alle Arbeitnehmergruppen können im beschriebenen Rahmen der Verhältnismäßigkeit rechtmäßig ausgesperrt werden. Eine selektive Aussperrung, die sich nur gegen Mitglieder der streikleitenden Gewerkschaft richtete, während nichtorganisierte Arbeitnehmer weiterbeschäftigt würden, wäre als rechtswidrige Maßregelung nach § 612a BGB in Verbindung mit der positiven Koalitionsfreiheit des Art. 9 Abs. 3 Satz 2 GG sogar rechtswidrig. Sie verstieße gegen das Recht der abhängig Beschäftigten, sich, ohne Nachteile befürchten zu müssen, einer Gewerkschaft anschließen und sich in deren Rahmen koalitionsgemäß betätigen zu können, ohne Nachteile befürchten zu müssen.
Der Kreis der Arbeitnehmer, die ausgesperrt werden können, ist jedenfalls dann nicht begrenzt, wenn nur suspendierend ausgesperrt wird, also nur bei an sich unbestritten fortbestehendem Arbeitsverhältnis vorübergehend Beschäftigung und Bezahlung verweigert werden. Erkrankte Arbeitnehmer können ebenso ausgesperrt werden wie schwerbehinderte Menschen oder Schwangere oder auch Mitglieder des Betriebsrats. Nicht der einzelne Arbeitnehmer mit dem ihm individuell zustehenden Bestands- und Sozialschutz wird ausgesperrt und darf ausgesperrt werden, sondern die Belegschaft oder ein nach objektiven Kriterien beschriebener Teil von ihr.
Hält man ausnahmsweise eine lösende Aussperrung für zulässig, ist eine solche Aussperrung gegenüber solchen Personen unstatthaft, die unter besonderem gesetzlichen Kündigungsschutz stehen, wie schwerbehinderte Menschen, Schwangere sowie Betriebsrats- und Personalratsmitglieder. Die in den einschlägigen Schutzgesetzen enthaltenen Kündigungsverbote lassen keine einseitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber zu. Auch für schwerbehinderte Menschen gilt nichts anderes. § 91 Abs. 6 SGB IX, nach dem schwerbehinderte Menschen, denen lediglich aus Anlass eines Streiks oder einer Aussperrung fristlos gekündigt worden ist, nach Beendigung des Streiks oder der Aussperrung wieder einzustellen sind, ist nach allgemeiner Auffassung aber längst gegenstandslos. Grundlage dieser aus dem Schwerbeschädigtengesetz vom 18.6.1953 unverändert übernommenen Bestimmung war das Arbeitskampfrecht, wie es damals noch galt: Streik wie Aussperrung waren damals nur nach gebündelten Kündigungen möglich. Seit die Rechtsordnung beginnend mit der Grundsatzentscheidung des BAG vom 28.1.1955 Streik und Aussperrung, die nur noch die Hauptpflichten suspendieren, während fortbestehendem Arbeitsverhältnis zulässt, bedarf es solcher Kündigungen nicht mehr. Sie müssen deshalb auch nicht in besonderer Weise privilegiert werden. Sie sind vielmehr ebenso wie die in ihrer Wirkung einer Kündigung gleichstehende lösende Aussperrung gegenüber besonders bestandsgeschützten Arbeitnehmern generell unzulässig.