1.1 Grundlagen
Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz ist gesetzlich nicht normiert. Er wurde von der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte aus § 242 BGB entwickelt und ist inhaltlich durch die Regeln des Art. 3 Abs. 1 und 3 GG geformt. Als Gewohnheitsrecht ist der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz mittlerweile allgemein anerkannt und bildet ein grundlegendes Prinzip des deutschen Arbeitsrechts.
Er verbietet dem Arbeitgeber eine willkürliche Ungleichbehandlung seiner Arbeitnehmer, z. B. in Bezug auf Arbeitsbedingungen, Vergütung, Beförderungen oder andere arbeitsbezogene Aspekte. Solche Ungleichbehandlungen sind nur erlaubt, wenn sie durch sachliche Gründe gerechtfertigt sind.
Der einzelne Arbeitnehmer kann aus dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz Ansprüche herleiten – dies jedoch nur, wenn eine direkte Ableitung von Ansprüchen aus dem Arbeitsvertrag oder anderen, spezielleren Normen ausscheidet.
1.2 Abgrenzung zu gesetzlichen Regelungen
Der Grundsatz der Gleichbehandlung ist in vielen gesetzlichen Regelungen verankert, die allesamt Spezialregelungen zum allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz darstellen und vorrangig anwendbar sind. Daher ist eine Abgrenzung von diesen spezielleren Diskriminierungsverboten notwendig.
Der allgemeine arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz und die besonderen Diskriminierungsverbote haben jeweils ihre eigene Entstehungsgeschichte, Zielrichtungen und Rechtsfolgen. Der besondere Diskriminierungsschutz etwa aus §§ 7, 1 AGG, § 4 TzBfG oder §§ 8, 9 Abs. 1, Nr. 2 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) verbietet Unterscheidungen nur nach bestimmten Merkmalen. Diese Differenzierungsverbote beinhalten haben auch jeweils eigene Maßstäbe zur Rechtfertigung von Ungleichbehandlungen. So sind Vereinbarungen unter Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz zulasten von Leiharbeitnehmern grundsätzlich unwirksam. Beim Geschlecht kommt es hingegen auf die Unverzichtbarkeit der Unterscheidung an, bei der Behinderung darauf, ob sie eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, bei Teilzeit- und befristet Beschäftigten schließlich genügt ein sachlicher Grund.
Die speziellen Diskriminierungsverbote sind durchweg zwingender Natur und daher vertraglich nicht abdingbar, d. h. es kann nicht durch vertragliche Vereinbarungen davon abgewichen werden. Das verhält sich grundlegend anders mit dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, der dispositiv, d. h. vertraglich abdingbar ist.
Greift eine spezialgesetzliche Regelung, so gilt nur diese. Der arbeitsrechtliche Grundsatz ist dann nicht – oder allenfalls unterstützend – anwendbar.
Herleitung der Pflicht zur Gleichbehandlung
Es ist u. a. deshalb in jedem konkreten Anwendungsfall unerlässlich, genau zu bestimmen, woraus sich die Pflicht zur Gleichbehandlung herleitet und ob eine (vorrangige) spezialgesetzliche Regelung vorliegt.
1.2.1 Abgrenzung zum allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 GG
Hintergründe
Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) verpflichtet als Grundrecht in seiner Schutzfunktion den Gesetzgeber und subsidiär auch die Rechtsprechung, bei der Ausgestaltung der Privatrechtsordnung gleichheitswidrige Regelbildungen auszuschließen. In Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip ergibt sich aus diesem allgemeinen Gleichheitssatz die Pflicht des Staates, gravierende soziale Unterschiede soziologisch zutreffend zu erfassen und bei der Regelbildung zu berücksichtigen. Individualansprüche besti...