Dr. Madelaine Isabelle Baade
Zusammenfassung
Der Arbeitsvertrag bildet die rechtliche Grundlage des Rechtsverhältnisses zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Er ist eine Sonderform des Dienstvertrags. Die Abgrenzung zu anderen Dienstverträgen liegt im Wesentlichen darin, dass beim Arbeitsvertrag der Dienstleistende in Bezug auf Art und Tätigkeit, Arbeitsort und Arbeitszeit an die Weisungen des Arbeitgebers gebunden ist. Durch den Arbeitsvertrag werden die wechselseitigen Rechte und Pflichten der Vertragsparteien begründet und geregelt. Das Arbeitsrecht als Sonderrecht stellt zum Schutz des Arbeitnehmers besondere Regeln auf.
In § 611a BGB ist der Arbeitsvertrag gesetzlich definiert. Die Vorschrift nimmt Rückgriff auf die wesentlichen Leitsätze der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung. Auch nach der Neuregelung gilt jedoch, dass es auf eine Gesamtbetrachtung aller Umstände im Einzelfall ankommt. Die allgemeinen Regeln des BGB finden grundsätzlich auf den Arbeitsvertrag Anwendung. In Anbetracht der besonderen Erfordernisse und Gegebenheiten des Arbeitslebens hat sich jedoch das Arbeitsrecht zu einem Sonderrecht entwickelt, welches die allgemeinen Regeln des Zivilrechts, insbesondere den Grundsatz der Vertragsfreiheit, in vielen Bereichen modifiziert oder verdrängt.
1 Arbeitsvertrag und Arbeitsverhältnis
Der Arbeitsvertrag ist ein Dienstvertrag, durch den zwischen den Parteien ein Dienstverhältnis im Sinne des § 611 BGB begründet wird. Nach der Definition in § 611a BGB verpflichtet der Arbeitsvertrag den Arbeitnehmer im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit. Auf dieses Rechtsverhältnis sind grundsätzlich die allgemeinen Regeln des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) anwendbar.
Als Unterfall des Dienstverhältnisses stellt das Arbeitsverhältnis nach der Systematik des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein sogenanntes Dauerschuldverhältnis dar. Anders als z. B. bei dem Modell eines Kaufvertrags ist bei einem Dauerschuldverhältnis der Vertrag nicht auf den einmaligen Austausch einer bestimmten Leistung (Kaufgegenstand) gegen eine bestimmte Gegenleistung (Kaufpreis) angelegt, sondern auf ein über einen bestimmten oder unbestimmten Zeitraum laufendes, sich ständig wiederholendes Geben und Nehmen. Die Eigenart einer derartigen Dauerrechtsbeziehung erfordert eine Reihe spezieller Regelungen, die bei anderen Vertragstypen nicht notwendig sind. Hinzu kommt speziell für den Arbeitsvertrag, dass sich in Anbetracht der besonderen Gegebenheiten und Erfordernisse des Arbeitslebens vielfältige arbeitsrechtliche Sonderregeln entwickelt haben, die das allgemeine Dienstrecht und das allgemeine Vertragsrecht des BGB überlagern und dem Arbeitsverhältnis seinen speziellen Charakter verleihen. Beispielhaft seien nur die Regelungen über die Kündigung der Vertragsbeziehung oder, speziell für das Arbeitsverhältnis, die Regelungen über den Urlaub oder auch die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall erwähnt.
1.1 Abgrenzung zu anderen Vertragsverhältnissen
Da die speziellen arbeitsrechtlichen Sonderregeln nur im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses anwendbar sind, bedarf es im Einzelfall der nicht immer einfachen Abgrenzung des Arbeitsverhältnisses zu anderen Vertragsverhältnissen, speziell zu anderen Erscheinungsformen des Dienstvertrags. Durch die Einfügung von § 611a BGB soll die Kennzeichnung eines Arbeitsverhältnisses und damit auch die Abgrenzung zur vertraglichen Kennzeichnung von Fremdpersonal erleichtert werden. Insbesondere unter dem Stichwort "Freier Mitarbeiter" hat sich eine umfassende Kasuistik entwickelt.
1.1.1 Dienstverhältnis eines freien Mitarbeiters (Grundsätze)
Das Arbeitsverhältnis unterscheidet sich von einem freien Dienstverhältnis durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit, in welchem der zur Dienstleistung Verpflichtete zu dem jeweiligen Dienstberechtigten steht. Während der Arbeitsvertrag gem. § 611a BGB einen Arbeitnehmer im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet, ist gem. § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB selbstständig, wer im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Diese Vorschrift ist zwar nicht unmittelbar auf das Arbeitsrecht anwendbar, bringt aber durch dieses typische Abgrenzungsmerkmal eine allgemeine gesetzgeberische Wertung zum Ausdruck. Arbeitnehmer ist demnach im Umkehrschluss, wer dies nicht kann, sondern seine Dienstleistung gegenüber einem Dritten im Rahmen einer von diesem bestimmten Arbeitsorganisation zu erbringen hat. Eine solche "Eingliederung in die fremde Arbeitsorganisation" findet ihren Ausdruck vorrangig in dem Umstand, dass der Arbeitnehmer hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Inhalt der Ausführung der übernommenen Dienste einem umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt.
Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt aber auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Das Bundesarbeitsgericht betont, dass sich abstrakte, für alle Arbeitsverhältnisse geltende Kriterien nicht aufstellen lassen. Manche Tätigkeiten können sowohl im Rahmen eines Arbe...