Aufgrund seines Charakters als Dauerschuldverhältnis ist das Arbeitsverhältnis durch eine ganze Reihe von sog. Nebenpflichten geprägt, deren Beachtung der Arbeitsvertrag beiden Parteien über die Erfüllung der wechselseitigen Hauptpflichten hinaus abverlangt. Bei diesen Nebenpflichten handelt es sich weniger um einen klar abgegrenzten Katalog, als vielmehr um ein Bündel von Verpflichtungen, dessen Inhalt sich nach dem Gepräge des konkreten Vertragsverhältnisses bestimmt. Es liegt auf der Hand, dass sich die im Einzelfall zu beachtenden Nebenpflichten eines Angestellten in gehobener Position mit entsprechender Verantwortung gänzlich anders darstellen als die eines gewerblichen, mit einfachen Tätigkeiten betrauten Arbeitnehmers. Im Laufe der Zeit haben sich allerdings einige typische Pflichtenkreise auf Arbeitnehmer- und auf Arbeitgeberseite herausgebildet.

2.1 Nebenpflichten des Arbeitnehmers

Als zentrale Nebenpflicht auf Arbeitnehmerseite ist die sog. Treuepflicht zu nennen, wobei diese allerdings ihrerseits als eine abstrakte Generalpflicht verstanden werden muss, aus der sich je nach den Gegebenheiten des Einzelfalles höchst unterschiedliche Einzelpflichten ableiten. Zu nennen sind z. B.: Pflicht zum sorgsamen Umgang mit dem Eigentum des Arbeitgebers, Verschwiegenheitspflicht im Hinblick auf Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, Wettbewerbsverbot im bestehenden Arbeitsverhältnis.[1]

Daneben treffen den Arbeitnehmer auch ohne gesonderte vertragliche oder gesetzliche Grundlage Mitteilungs- oder Anzeigepflichten. So ist z. B. anerkannt, dass der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber drohende Schäden anzuzeigen hat.[2] Darüber hinaus hat ein wegen geringfügiger Beschäftigung versicherungsfreier Arbeitnehmer dem Arbeitgeber die Aufnahme einer weiteren Beschäftigung mitzuteilen, weil sich hieraus Beitrags- und Meldepflichten ergeben, sofern dadurch Versicherungspflicht eintritt.[3] Eine vertragliche Mitteilungspflicht hat auch eine Arbeitnehmerin, die dem Arbeitgeber das Bestehen einer Schwangerschaft und den voraussichtlichen Entbindungstermin[4] mitgeteilt hat, wenn die Schwangerschaft vorzeitig endet.[5]

Die größte Bedeutung der dem Arbeitnehmer obliegenden arbeitsvertraglichen Nebenpflichten liegt darin, dass aus ihrer Verletzung im Einzelfall ein Recht zur ordentlichen oder gar außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses erwachsen kann. Angesprochen ist insoweit das weite Feld der Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen. Teilweise spielt auch der Aspekt des Schadensersatzes eine Rolle, der im Arbeitsleben gegenüber den allgemeinen zivilrechtlichen Regeln des Schadensersatzrechts einige wesentliche Einschränkungen erfahren hat.

2.2 Nebenpflichten auf Arbeitgeberseite

Als Nebenpflichten auf Arbeitgeberseite sind zu nennen:

  • Gleichbehandlungspflicht

    Einzelheiten zu dieser Nebenpflicht des Arbeitgebers finden sich unter: Arbeitsrechtliche Grundsätze, Gleichbehandlungsgrundsatz.

  • Beschäftigungspflicht

    Die allgemeine Pflicht zur tatsächlichen Beschäftigung des Arbeitnehmers hat eine augenfällige Ausprägung im sog. Weiterbeschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers gefunden.

  • Fürsorgepflicht

    Eine Verletzung der dem Arbeitgeber obliegenden Nebenpflichten spielt regelmäßig nicht unter dem Gesichtspunkt der Kündigung des Arbeitsverhältnisses, sondern vielmehr im Hinblick auf Kompensationsansprüche des betroffenen Arbeitnehmers (Gleichstellung mit anderen Arbeitnehmern/Schadensersatz) eine Rolle.

2.3 Rücksichtnahme- und Fürsorgepflicht des Arbeitgebers

Als Gegenstück zur Treuepflicht des Arbeitnehmers obliegt dem Arbeitgeber eine Rücksichtnahme- und Fürsorgepflicht. Auch diese ist zu verstehen als Inbegriff der dem Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer obliegenden vertraglichen Nebenpflichten.

Die Rücksichtnahmepflicht resultiert aus § 241 Abs. 2 BGB und verpflichtet die Parteien eines Schuldverhältnisses zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils. So kann die Rücksichtnahmepflicht des Arbeitgebers gebieten, dass er im Rahmen seines Direktionsrechts einem Arbeitnehmer, der aus Gründen in seiner Person (z. B. krankheitsbedingt) nicht mehr alle vertraglich vereinbarten Tätigkeiten verrichten kann, eine andere Tätigkeit zuweist, die ihm seine Leistungserbringung wieder ermöglicht. Allerdings setzt dies voraus, dass der Arbeitnehmer initiativ die Umsetzung auf einen seinem Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz verlangt und dem Arbeitgeber mitteilt, wie er sich seine weitere, die aufgetretenen Leistungshindernisse ausräumende Beschäftigung vorstellt. Nur unter dieser Prämisse hat der Arbeitgeber im Rahmen seiner Rücksichtnahmeverpflichtung sein Direktionsrecht neu auszuüben, soweit ihm die Zuweisung einer anderen Tätigkeit zumutbar und rechtlich möglich ist.[1]

Im Rahmen seiner allgemeinen Fürsorgepflicht muss der Arbeitgeber bei Ausübung seiner Rechte das Wohl und die berechtigten Interessen der Arbeitnehmer berücksichtigen und unter Umständen besondere...

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