rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Gleichbehandlung. geschlechtsspezifische Stellenausschreibung. überwiegendes Unternehmensinteresse. Frauenverband
Leitsatz (amtlich)
Der Beklagte war als Frauenverband berechtigt, die Stelle der Geschäftsführerin in der weiblichen Form auszuschreiben und bei der Bewerbung ausschließlich Frauen zu berücksichtigen, weil für ihn die Anknüpfung an das Geschlecht unverzichtbar ist und gem. § 611a BGB die unterschiedliche Behandlung der Geschlechter rechtfertigt. Ein Anspruch auf Entschädigung gem § 611a II oder III BGB scheidet damit aus.
Normenkette
BGB § 611a
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Der Streitwert wird auf DM 12.000,– festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger verlangt von der Beklagten Auskunft und Entschädigung gem. § 611 a BGB.
Im Mai 2000 schrieb der Beklagte die Stelle einer Geschäftsführerin mit den Aufgaben: Leitung der Geschäftsstelle und Mitarbeiterführung, Personalwesen, Finanz- und Zuschußwesen, Immobilienverwaltung und Mitgestaltung von Projekten aus. Der Beklagte ist mit 180.000 Mitgliedern einer der großen Frauenverbände. Mitglied können nur katholische Frauen werden. Er beschäftigt in der Geschäftsstelle ausschließlich weibliche Beschäftigte. Nach § 14 der Satzung des Beklagten ist für die Geschäftsführerin eine Frau vorgesehen, die gleichzeitig Mitglied des Vereinsvorstands ist.
Der Kläger hat am 09.05.2000 die juristische Ausbildung mit dem zweiten Staatsexamen abgeschlossen und bewarb sich unter anderem unter Vorlage einer vollständigen Bewerbungsmappe bei der Beklagten auf die Geschäftsführungsposition. Mit Schreiben vom 23.06.2000 teilte die Beklagte dem Kläger mit, daß sie sich für eine andere Bewerberin entschieden habe.
Der Kläger verlangt mit seiner Klage eine Entschädigung gem. § 611 a BGB mit der Begründung, er sei wegen seines Geschlechts benachteiligt worden. Die Aufgaben der Geschäftsführung, so wie sie sich aus der Stellenausschreibung und der Satzung ergäben, könnten genauso gut von einem Mann erfüllt werden. Für seine Benachteiligung aufgrund des Geschlechts spreche bereits die in der Stellenausschreibung von dem Beklagten gewählte weibliche Form. Als Entschädigung für die Diskriminierung sei ein Betrag in der dreifachen Höhe der für die Stelle vorgesehenen Vergütung angemessen.
Der Kläger beantragt:
1) Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft zu geben über die Höhe des monatlichen Bruttogehalts der ausgeschriebenen Stelle, auf die sich der Kläger beworben hat.
2) Die Beklagte wird verurteilt, den sich aus Ziffer I ergebenden Betrag dreifach nebst 8,42 % Zinsen hieraus seit Klageerhebung an den Kläger zu zahlen.
Die Beklagte beantragt:
Klageabweisung.
Der Beklagte macht geltend, er sei befugt, die Stelle der Geschäftsführerin ausschließlich mit einer Frau zu besetzen. Dies folge aus dem Ziel und Leitbild des Verbandes, der in der Frauenbewegung wurzelt. Dementsprechend schreibe die Satzung dem Vorstand vor, eine Frau einzustellen. Die geschlechtsspezifische Ausschreibung sei daher gerechtfertigt. Darüber hinaus bestehe auch deswegen kein Anspruch für den Kläger, weil die Bewerbung weder ernsthaft gewesen sei, noch der Kläger sich für die Stelle geeignet habe. Der Kläger habe noch nicht einmal seine Zugehörigkeit zur katholischen Kirche in der Bewerbung genannt und habe schon deshalb von vornherein keine Chance gehabt.
Für den weiteren Sach- und Rechtsvortrag wird auf die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen und die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der Beklagte war berechtigt, die Stelle der Geschäftsführerin in der weiblichen Form auszuschreiben und bei der Bewerbung ausschließlich Frauen zu berücksichtigen, weil für ihn die Anknüpfung an das Geschlecht unverzichtbar ist und gem. § 611 a I 2 BGB die unterschiedliche Behandlung der Geschlechter rechtfertigt. Ein Anspruch auf Entschädigung gem. § 611 a II oder III BGB scheidet damit aus.
Nach § 611a I 1 BGB darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei der Einstellung nicht wegen seines Geschlechts benachteiligen. Diese Norm konkretisiert die gem. Art. 3 GG im Wege der Drittwirkung bestehende Verpflichtung des Arbeitgebers zur Gleichbehandlung und setzt Europarecht in innerdeutsches Recht um.
Aufgrund des Vortrags der Parteien steht fest, daß der Beklagte bei der Besetzung der Stelle der Geschäftsführerin entsprechend seiner Satzung ausschließlich eine Frau einstellen wollte und dementsprechend Frauen und Männer nicht gleichbehandelt hat.
Zulässig ist eine Differenzierung zwischen Männern und Frauen, wenn dies aus funktionellen oder biologischen Gründen notwendig ist. § 611a I 2 BGB erlaubt eine geschlechtsbezogene Unterscheidung nur dann, wenn die Differenzierung sich an der auszuübenden Tätigkeit orientiert und ein bestimmtes Geschlecht unverzichtbare Voraussetzung für diese Tätigkeit ist. Eine unverzichtbare Voraussetzung in diesem Sinne stellt höhere Anforderungen an das G...