Entscheidungsstichwort (Thema)
Forderung. Keine Lohnfortzahlung bei unzulänglicher Schutzkleidung
Leitsatz (redaktionell)
1. Arbeitet ein Fliesenleger bei Betonverlegearbeiten auf einer Baustelle ohne Knieschutz, so daß auf die Haut gelangte Betonflüssigkeit die Knie verätzt, stellt dies im Ergebnis ein Verschulden gegen sich selbst dar, das zum Verlust des Anspruchs auf Lohnfortzahlung führen muß.
2. Berufung beim LArbG München eingelegt, 4 Sa 18/89.
Normenkette
LFZG § 1 Abs. 1
Tenor
1.) Die Klage wird abgewiesen.
2.) Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3.) Der Wert des Streitgegenstandes wird auf DM 3.618,40 festgesetzt.
Tatbestand
Zwischen den Parteien besteht Streit um die Frage, ob die Beklagte an den Kläger einen Lohnbruttobetrag in Höhe von 3.618,40 DM nach den Grundsätzen des Lohnfortzahlungsrechts zu zahlen hat.
Der Kläger begann am 07. März 1988 seine Tätigkeit im Dienste der Beklagten als Fliesenleger; der durchschnittliche Bruttostundenlohn hat 17,32 DM betragen.
Der Kläger ist ausgebildeter Fliesenleger und hat am 05.07.1977 in Deggendorf vor dem Prüfungsausschuß der Handwerkskammer die Gesellenprüfung im Fliesenlegerhandwerk bestanden.
In der Zeit vom 07.03. bis zum 11.03.1988 hat der Kläger die Arbeitsleistung für die Beklagte erbracht. Alsdann kam es beim Arbeitseinsatz des Klägers auf einer Baustelle in München zu einer Verletzung der Knie des Klägers. Der Kläger hatte Betonverlegearbeiten zu verrichten. Die Einzelheiten des Arbeitsunfalles sind zwischen den Parteien streitig.
Ab dem 14. März 1988 bis zum 07. April 1988 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt. Zunächst wurde der Kläger ausweislich der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 14.03.1988 für die Zeit vom 14. bis zum 18.03.1988 krankgeschrieben und durch zwei Folgebescheinigungen für die Zeit bis zum 25.03. sowie bis zum 08.04.1988.
Als der Kläger am 08.04.1988 wieder gesund war, wollte er seine Arbeit aufnehmen. Ob die Beklagte die Arbeitsaufnahme verweigert hat, ist zwischen den Parteien streitig. Das Arbeitsverhältnis wurde zum 15.04.1988 beendet.
Der Prozeß soll klären, ob der Kläger gegen die Beklagte für die Zeit seiner Erkrankung gemäß § 1 Abs. 1 Lohnfortzahlungsgesetz einen Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle hat.
Der Kläger trägt vor, er habe für die Zeit seiner Erkrankung bis zum 04.04.1988 die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen der Beklagten vorgelegt und es sei nicht zutreffend, daß er sich die Verletzung an den Knien und die hierdurch bedingte Arbeitsunfähigkeit grob fahrlässig oder gar vorsätzlich zugezogen habe. Es sei ihm nicht bekannt gewesen, daß er auf der Baustelle in München Estrichverlegearbeiten durchführen hätte müssen; fernerhin bringt er vor, die erste Woche der Arbeitsunfähigkeit sei nicht durch die Knieverletzung bedingt gewesen, sondern durch eine Störung an der Leiste. Der Kläger gesteht zu, daß er seine Knieschützer auf der Baustelle in München nicht zu Hand gehabt habe; ein Arbeitskollege von ihm habe gemeint, er könne ein zweites Paar Knieschützer aus dem Auto holen und anschließend habe er festgestellt, daß sich kein zweites Paar Knieschützer im Auto des Arbeitskollegen befunden habe. Deshalb habe er sich – so das klägerische Vorbringen – durch Styropor vor der Estrichflüssigkeit geschützt.
Der Kläger bestreitet, daß durch das Tragen von Knieschützern das Eindringen der Betonflüssigkeit verhindert werde; es sei vielmehr so, daß auch beim Tragen von Knieschützern die Flüssigkeit auf die Haut im Bereich des Knies gelangen und so Verätzungen hervorrufen könne. Ein die Lohnfortzahlung ausschließendes grobes Verschulden könne nur dann angenommen werden, wenn die Krankheit auf einem gröblichem Verstoß gegen das von einem verständigen Menschen im eigenen Interesse zu erwartende Verhalten zurückzuführen sei; der Kläger verweist insofern auf die ständige Rechtsprechung zu § 1 des Lohnfortzahlungsgesetzes. Es genüge keinesfalls jede fahrlässige Herbeiführung der Arbeitsunfähigkeit, sondern es wäre ein unverständiges und leichtfertiges Verhalten verlangt. Gerade dieses liege aber bei seiner Knieverletzung nicht vor, weil er sich durch das Anlegen von Styropor-Platten zu schützen versucht habe und fernerhin Knieschützer nicht eine absolute Garantie für Verletzungsfreiheit bei Betonverlegearbeiten bieten würden. Der versuchte Ersatz der Knieschützer durch die Styroporplatten sei ein Beweis dafür, daß er sich gegen eine Verletzung und somit gegen eine Arbeitsunfähigkeit habe schützen wollen.
Bezüglich des weiteren Vorbringens des Klägers wird auf seine Ausführungen in den Schriftsätzen vom 24.06.1988, 20.09.1988 sowie vom 11.11.1988 bezug genommen.
Der Kläger stellte zuletzt folgenden Antrag:
Die Beklagte wird verurteilt, an ihn einen Lohnbetrag in Höhe von 3.618,40 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit der Klage zu zahlen.
Die Beklagte stellt den Antrag:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beklagte begründet ihren Klageabweisungsantrag damit, der Kläger habe auf der Baustelle in München Estri...