Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung
Tenor
Der Beschwerde des Prozeßbevollmächtigten des Klägers, Rechtsanwalt … vom 10.02.1995 gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Weiden vom 03.02.1995 wegen Versagung der Prozeßkostenhilfe für den Kläger wird nicht abgeholfen.
Gründe
Die beantragte Prozeßkostenhilfe war zu versagen, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (§ 114 ZPO).
Der Kläger, der seit 23.03.1994 bei der Beklagten beschäftigt war, begehrt Prozeßkostenhilfe im Kündigungsschutzverfahren gegen eine fristlose Kündigung vom 06.04.1994, zugegangen am gleichen Tag, mit Klageeinreichung vom 30.12.1994.
Obwohl das Kündigungsschutzgesetz im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung kommt und die Drei-Wochen-Frist des § 4 KSchG damit nicht heranziehbar ist, hat der Kläger durch die verspätete Klageerhebung erst nach mehr als acht Monaten nach Zugang der Kündigung sein Recht zur Geltendmachung der Unwirksamkeit der Kündigung verwirkt (§ 242 BGB).
Die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze der Verwirkung erfassen auch das Recht, die Unwirksamkeit der Kündigung zu verfolgen (BAG AP Nr. 1, 3 zu § 242 BGB – Verwirkung). Die Geltendmachung dieses Rechts verstößt gegen Treu und Glauben, wenn bis zu seiner Ausübung eine längere Zeit vergangen ist (Zeitmoment), der Kündigende nach dem Verhalten des Gekündigten davon ausgehen durfte, daß Ansprüche nicht mehr gestellt würden (Vertrauensmoment) und der Kündigende sich darauf eingestellt hat und ihm daher nicht mehr zuzumuten ist, sich auf die nunmehr geltend gemachten Ansprüche einzulassen (Umstandsmoment).
Aus den gesetzlichen Bestimmungen der §§ 4, 13 KSchG, § 18 SchwbG, § 9 Abs. 1 MSchG, § 626 Abs. 2 BGB folgt, daß dem Zeitmoment bei einer Kündigung besondere Relevanz zukommt. Der Arbeitgeber kann erwarten, daß ein Arbeitnehmer, der eine Kündigungsschutzklage geltend machen will, dies alsbald tut, mag er an eine Klagefrist auch nicht gebunden sein. Deshalb darf der Arbeitnehmer nicht beliebig lange Zeit mit der nicht fristgebundenen Geltendmachung der Kündigungsschutzklage zuwarten. Wenn Streit über die Auflösung oder den Fortbestand eines Arbeitsverhältnisses vorliegt, ist rasche Klärung geboten; dies gilt insbesondere bei einer fristlosen Kündigung, da es sich hierbei –von den Kündigungsgründen her betrachtet– um eine härtere Auseinandersetzung handelt als bei einer ordentlichen Kündigung. Der Arbeitnehmer ist daher nach Treu und Glauben verpflichtet, seine Kündigungsschutzansprüche in angemessener Frist vorzutragen und evtl. Klage zu erheben. Unter Berücksichtigung dieser Aspekte ist im vorliegenden Fall das zur Verwirkung erforderliche Zeitmoment gegeben, da der Kläger mit der Einreichung der Klage mehr als acht Monate abgewartet hat. Unter Heranziehung der vom Gesetzgeber statuierten Fristen sind diese um ein Vielfaches überschritten.
Die Beklagte konnte desweiteren davon ausgehen, daß Kündigungsschutzansprüche von Seiten des Klägers nicht mehr geltend gemacht werden, so daß auch das erforderliche Vertrauensmoment gegeben ist. Der Kläger hatte zwar mit der Beklagten zwischen dem Zugang der Kündigung am 06. April 1994 und der Klageeinreichung am 30.12.1994 arbeitsrechtliche Auseinandersetzungen, die sich aber nicht auf die fristlose Kündigung vom 06.04.1994 bezogen. Es ging dabei lediglich um die Zahl der erbrachten Arbeitsstunden sowie um Vorstellungskosten. Da nur diese Gesichtspunkte in die Auseinandersetzung einbezogen waren, konnte die Beklagte gerade auch deshalb darauf vertrauen, nicht mehr mit einem Kündigungsschutzverfahren bezüglich der Kündigung vom 06.04.1994 konfrontiert zu werden. Der Kläger hat somit in der abgelaufenen Zeit bis zur Klageerhebung gegenüber der Beklagten in keiner Weise zu erkennen gegeben, daß er die Kündigung nicht als wirksam anerkennen wolle. Das Untätigbleiben in einer derartigen Situation, die auf eine rasche Klärung drängt, stellt ein Verhalten des Klägers dar, aus dem die Beklagte berechtigterweise darauf schließen konnte, daß das Recht, die Unwirksamkeit der Kündigung zu verfolgen, nicht mehr geltend gemacht wird.
Die Beklagte konnte sich nach dieser langen Zeit auf diese Situation auch einstellen (Umstandsmoment) und es war ihr daher nicht mehr zuzumuten, sich auf das nunmehr geltend gemachte Kündigungsschutzverfahren einzulassen.
Aus diesen Gründen war die nachgesuchte Prozeßkostenhilfe zu versagen.
Unterschriften
Der Vorsitzende: Dr. Schmid Richter am Arbeitsgericht
Fundstellen