3.1 Anspruchsberechtigter Personenkreis
Rz. 12
Nach dem Wortlaut der Regelung des § 11 Abs. 1 TVöD gilt die Norm für "Beschäftigte"; auf den Umfang der Beschäftigung (Vollzeit- oder Teilzeit) kommt es nicht an. Damit haben die Tarifvertragsparteien die Konsequenzen aus der Rechtsprechung des BAG gezogen, wonach die in § 15b BAT vorgesehene Beschränkung auf Vollzeitbeschäftigte unwirksam war (BAG, Urteil v. 18.3.2003, 9 AZR 126/02). Tarifvertragliche Regelungen, die gegen das Verbot der unterschiedlichen Behandlung von Voll- und Teilzeitkräften nach § 4 TzBfG verstoßen, sind nichtig (BAG, Beschluss v. 29.8.1989, 3 AZR 370/88). Das heißt: Auch bereits in Teilzeit beschäftigte Arbeitnehmer können also eine (weitere) Reduzierung ihrer Arbeitszeit verlangen, auch geringfügig Beschäftigte ("Minijobber") nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV.
Unerheblich ist auch, ob ein Beschäftigter befristet oder unbefristet beschäftigt ist. D.h. auch Arbeitnehmer mit lediglich befristetem Arbeitsvertrag können von der Möglichkeit der Arbeitszeitreduzierung Gebrauch machen, wenn die sonstigen tariflichen Voraussetzungen gegeben sind.
Lediglich kurzfristig Beschäftigte (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV), für die nach § 1 Abs. 2m TVöD der Tarifvertrag nicht gilt, sind nicht anspruchsberechtigt, was in der Praxis aber irrelevant ist.
3.2 Betreuung oder Pflege eines Kindes
Rz. 13
Der/die Beschäftigte muss nach § 11 Abs. 1a TVöD/TV-L/TV-H zum Zeitpunkt der Antragstellung mindestens ein Kind unter 18 Jahren tatsächlich betreuen oder pflegen.
Der Teilzeitanspruch besteht nicht nur bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres des Kindes. Es ist lediglich erforderlich, dass der Antrag auf Verringerung der Arbeitszeit gestellt wird, bevor das Kind das 18. Lebensjahr vollendet. Grundsätzlich geht die tarifliche Regelung nämlich davon aus, dass die Teilzeit unbefristet gilt, wenn die Voraussetzungen des § 11 TVöD/TV-L/TV-H vorliegen.
Rz. 14
§ 11 TVöD/TV-L/TV-H verlangt nicht zwingend, dass es sich um ein eigenes, leibliches Kind des Beschäftigten handeln muss.
Der Begriff "Kind" wird nicht näher definiert. Insoweit ist auf die Regelungen des Einkommensteuerrechts (§§ 32, 63 EStG) bzw. des Kindergeldrechts (§ 2 BKGG) abzustellen. Kinder sind danach
- eheliche Kinder,
- für ehelich erklärte Kinder,
- an Kindes Statt angenommene Kinder,
- nichteheliche Kinder,
- Stiefkinder,
- Pflegekinder,
- unter Umständen auch Enkel und Geschwister der Beschäftigten.
3.3 Betreuung oder Pflege eines sonstigen Angehörigen
Rz. 15
Nach § 11 Abs. 1b TVöD/TV-L/TV-H besteht die Antragsberechtigung auch, wenn der Angestellte einen nach ärztlichem Gutachten pflegebedürftigen sonstigen Angehörigen tatsächlich pflegt. Der Begriff des "Angehörigen" wird im Tarifvertrag nicht definiert. Zu den Angehörigen gehören insbesondere
- die oben in Rz. 14 genannten Kinder, wenn sie das 18. Lebensjahr vollendet haben
- der Ehegatte,
- die Eltern,
- die Großeltern,
- die Schwiegereltern,
- Geschwister, Schwäger, Schwägerin und deren Kinder.
Lebensgefährten sind keine Angehörigen i. S. v. § 11 TVöD/TV-L/TV-H, es sei denn, es handelt sich um Lebenspartner i. S. d. Lebenspartnerschaftsgesetzes.
3.4 Betreuung oder Pflege
Rz. 16
Das "Kind" bzw. der "sonstige Angehörige" muss vom Beschäftigten tatsächlich betreut oder gepflegt werden.
3.4.1 Tatsächliche Betreuung
Rz. 17
Was unter "tatsächlicher Betreuung" zu verstehen ist, ist zweifelhaft. Die Anforderungen dürfen nicht zu eng gesteckt werden, da tariflicher Regelfall auch die Betreuung eines 17-jährigen Kindes ist. Ein 17-jähriges "Kind" muss aber nicht (mehr) im engeren Sinne betreut werden. Der/die Jugendliche wird häufig nicht einmal den Tag zu Hause verbringen. Demnach muss wohl auch die bloße Haushaltsführung als Betreuung gelten.
3.4.2 Pflegebedürftigkeit
Rz. 18
Der Begriff der Pflegebedürftigkeit wird in § 11 TVöD/TV-L/TV-H nicht definiert. Pflegebedürftig sind nach § 14 SGB XI Personen, die gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten aufweisen und deshalb der Hilfe durch andere bedürfen. Es muss sich um Personen handeln, die körperliche, kognitive oder psychische Beeinträchtigungen oder gesundheitlich bedingte Belastungen oder Anforderungen nicht selbständig kompensieren oder bewältigen können. Die Pflegebedürftigkeit muss auf Dauer, voraussichtlich fü...