5.1 Entgegenstehende dringende betriebliche Gründe
Rz. 9
Der Arbeitgeber ist berechtigt, einem teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer die Teilnahme an einer Aus- oder Weiterbildungsmaßnahme zu verweigern, wenn dringende betriebliche Gründe entgegenstehen.
Mit der Formulierung "dringende betriebliche Gründe" geht der Gesetzgeber über die Formulierung in § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG hinaus. Während dort bereits das Bestehen "betrieblicher Gründe" ausreichend ist, verlangt der Gesetzgeber bei § 10 TzBfG ausdrücklich dringende betriebliche Gründe. Es reichen somit nicht nur sachliche, nachvollziehbare Gründe wie bei § 8 Abs. 4 TzBfG aus, vielmehr müssen im Rahmen des § 10 TzBfG Gründe von erheblicher Bedeutung vorliegen. Es sind deshalb an das Vorliegen dringender betrieblicher Gründe strenge Anforderungen zu stellen. Gleichwohl wird man im Rahmen des § 10 TzBfG auf die in § 8 Abs. 4 TzBfG genannten Beispiele und die von der Rechtsprechung für die Ablehnung eines Urlaubswunsches nach § 7 Abs. 1 BUrlG entwickelten Grundsätze zurückgreifen können.
Dringende betriebliche Gründe sind zu bejahen, wenn eine wesentliche Beeinträchtigung der Organisation, des Arbeitsablaufs oder der Sicherheit gegeben ist, oder die Teilnahme unverhältnismäßige Kosten verursacht. Allerdings wird man das Vorliegen dringender betrieblicher Belange nicht bereits dann bejahen können, wenn die Berücksichtigung des vom teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer geäußerten Teilnahmewunschs zu Störungen im Betriebsablauf führt. Solche treten auch unabhängig von der Teilnahme an Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen ein, etwa in Zeiten von Krankheit oder Urlaub. Denkbar wäre die Bejahung dringender betrieblicher Gründe für den Fall, dass die Arbeitskraft des betreffenden teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmers unabdingbar ist und eine Ersatzkraft bzw. Vertretungskraft nicht vorhanden ist.
Letztlich ist im Rahmen des § 10 TzBfG auf die konkreten Umstände des Einzelfalls abzustellen. Es wird zu berücksichtigen sein, wie lange die begehrte Bildungsmaßnahme dauert und welche konkrete Tätigkeit der betreffende Arbeitnehmer hat. Je kürzer die durch die Maßnahme verursachte Ausfallzeit, desto eher wird ein dringender betrieblicher Grund fehlen.
5.2 Entgegenstehende Wünsche anderer Arbeitnehmer
Rz. 10
Weiter können dem teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer seitens des Arbeitgebers auch Aus- und Weiterbildungswünsche anderer (teilzeit- oder vollzeitbeschäftigter) Arbeitnehmer entgegengehalten werden. Da § 10 TzBfG als besondere Ausprägung des Diskriminierungsverbots nach § 4 Abs. 1 TzBfG auf Gleichbehandlung teilzeit- und vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer zielt, gibt § 10 TzBfG dem teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer folglich auch keinen Anspruch auf Bevorzugung gegenüber vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern. Bei der Auswahl der an der Bildungsmaßnahme teilnehmenden Arbeitnehmer hat der Arbeitgeber seine Entscheidung nach billigem Ermessen nach § 315 Abs. 1 BGB zu treffen. Dabei muss der Arbeitgeber die Beteiligungsrechte des Betriebsrats nach § 98 BetrVG beachten.
Eine Auswahlentscheidung kommt nur dann in Betracht, wenn tatsächlich gleichzeitig mehrere Wünsche nach Aus- und Weiterbildung vorliegen. § 10 TzBfG greift von vornherein nur ein, wenn mehrere Arbeitnehmer sich für dieselbe Veranstaltung bzw. für Veranstaltungen im selben Zeitraum interessiert zeigen. In diesem Fall können dann aus den entgegenstehenden Wünschen anderer Arbeitnehmer auch dringende betriebliche Gründe werden, insbesondere wenn infolge der Berücksichtigung mehrerer Teilnehmer der Arbeitsablauf in erheblichem Umfang gestört würde.