4.3.1 Allgemeines
Rz. 65
Keinen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot stellt es dar, wenn die Ungleichbehandlung aus sachlichen Gründen gerechtfertigt ist.
Der Rechtfertigungsgrund des Sachgrunds gilt auch für Differenzierungen beim Arbeitsentgelt und anderen teilbaren Leistungen.
§ 4 Abs. 2 Satz 2 TzBfG muss im Zusammenhang mit Abs. 2 Satz 1 und als dessen Konkretisierung gelesen werden.
Rz. 66
Die Darlegungs- und Beweislast für die Umstände, aus denen sich die Ungleichbehandlung des befristet Beschäftigten ergibt, trifft diesen. Die Beweiserleichterung des § 22 AGG kommt dem Arbeitnehmer nicht zugute. Dagegen liegt die Darlegungs- und Beweislast für das objektive Vorliegen eines diesen Anforderungen genügenden Sachgrunds beim Arbeitgeber (BAG, Urteil v. 16.1.2003, 6 AZR 222/01).
4.3.2 Beispiele
Rz. 67
In § 4 Abs. 2 Satz 3 TzBfG wird klargestellt, dass bei Beschäftigungsbedingungen, deren Gewährung von einer bestimmten Dauer des Bestehens des Arbeitsverhältnisses abhängt (z. B. der Anspruch auf vollen Jahresurlaub von einer 6-monatigen Wartezeit, tarifliche Entgelt- oder Urlaubsansprüche von zurückliegenden Beschäftigungszeiten) für befristet Beschäftigte dieselben Zeiten wie für unbefristet beschäftigte Arbeitnehmer zu berücksichtigen sind. Eine Regelung, die Arbeitnehmer, die von demselben Arbeitgeber innerhalb eines Kalenderjahres in mehreren befristeten Arbeitsverhältnissen beschäftigt wurden, von einer Zuwendung ausschließen, ist unzulässig (BAG, Urteil v. 20.9.2006, 10 AZR 715/05).
Rz. 68
Der Ausschluss befristet Beschäftigter von Zusatzleistungen ist allerdings zulässig, wenn bei nur kurzzeitigen Arbeitsverhältnissen die anteilige Gewährung nur zu sehr geringfügigen Beträgen führt, die in keinem angemessenen Verhältnis zum Zweck der Leistung stehen.
Rz. 69
Nach Auffassung des LAG Niedersachsen ist der Ausschluss befristet Beschäftigter von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung, die nach dem Inhalt der Versorgungsordnung den Mitarbeitern/innen zusätzlich zu den Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung einen Schutz gegen die wirtschaftlichen Folgen nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsprozess bieten sollen, sachlich nicht gerechtfertigt (LAG Niedersachsen, Urteil v. 5.9.2019, 4 Sa 5/19).
Rz. 70
Befristet Beschäftigte dürfen im Rahmen von Sozialplänen unterschiedlich behandelt, insbesondere auch von Leistungen ausgeschlossen werden. Das ist auch unionsrechtlich unproblematisch (EuGH, Urteil v. 11.4.2019, C-29/18 und C-44/18, [Cobra Servicios Auxiliares]). Der Sozialplan bezweckt gemäß § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen. Dabei hat die Sozialplanabfindung Überbrückungsfunktion, § 112 Abs. 5 Satz 2 BetrVG (BAG, Urteil v. 9.2.2014, 1 AZR 102/13). Die Überbrückungsfunktion stellt grundsätzlich einen sachlichen Grund für eine unterschiedliche Behandlung befristet und unbefristet Beschäftigter dar. Wenn der befristete Arbeitsvertrag planmäßig vor oder zeitgleich mit dem Termin der Betriebsänderung ausläuft, ist ein Ausschluss befristet Beschäftigter von der Sozialplanabfindung unproblematisch zulässig. Das Arbeitsverhältnis hätte auch ohne Betriebsänderung geendet. Würde der befristete Arbeitsvertrag ohne die Betriebsänderung erst nach diesem Zeitpunkt ablaufen, wäre ein Ausschluss befristet Beschäftigter von einer Sozialplanabfindung dagegen unzulässig. Aufgrund des Zwecks "Überbrückungsfunktion" könnte die Sozialplanabfindung je nach fiktiver Restlaufzeit des befristeten Arbeitsvertrags unterschiedlich bemessen werden. Es ist auch zulässig, Abfindungsansprüche aus Sozialplänen an bestimmte Betriebszugehörigkeitszeiten zu knüpfen. Selbst wenn der befristet Beschäftigte diese Zeiten erfüllt, kann er unter Umständen ausgenommen werden, weil er nicht denselben Bestandsschutz genießt wie der dauerhaft Beschäftigte und deshalb vom Nachteilsausgleich ausgenommen werden darf.
Rz. 71
Werden Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen in befristeten Arbeitsverhältnissen von kürzerer Dauer als einem Schuljahr beschäftigt und erhalten sie für die sich an das Befristungsende anschließende unterrichtsfreie Zeit keine Vergütung mehr, werden sie hinsichtlich des nach Kalendermonaten bemessen...