2.1 Beschäftigte in Heimarbeit

 

Rz. 5

Gem. § 1 Abs. 1 HAG ist in Heimarbeit beschäftigt, wer Heimarbeiter i. S. v. § 2 Abs. 1 HAG oder Hausgewerbetreibender i. S. v. § 2 Abs. 2 HAG ist.

2.1.1 Heimarbeiter

 

Rz. 6

Gem. § 2 Abs. 1 HAG ist als Heimarbeiter legaldefiniert, wer in selbstgewählter Arbeitsstätte (eigener Wohnung oder selbstgewählter Betriebsstätte) allein oder mit seinen Familienangehörigen im Auftrag von Gewerbebetreibenden oder Zwischenmeistern erwerbsmäßig arbeitet, jedoch die Verwertung der Arbeitsergebnisse dem unmittelbar oder mittelbar auftraggebenden Gewerbebetreibenden überlässt. Die Beschaffung von Roh- und Hilfsstoffen spricht nicht gegen die Eigenschaft als Heimarbeiter gem. § 2 Abs. 1 Satz 2 HAG.

Entscheidend für die rechtliche Einordnung eines Beschäftigten als Heimarbeiter ist nicht die Bezeichnung und das zwischen den Parteien vertraglich vereinbarte, sondern der faktische Inhalt des Rechtsverhältnisses und die praktische Durchführung.[1] Dem Grad der tatsächlich bestehenden wirtschaftlichen Abhängigkeit der betroffenen Person kommt maßgebliche Bedeutung für die Frage der rechtlichen Einstufung eines Vertragsverhältnisses zu.[2] Maßgeblich ist, wie die Aufträge vergeben werden. Kann es sich der Beschäftigte nicht leisten, Aufträge abzulehnen oder Preise nicht zu akzeptieren, weil dies zu einem Verlust weiterer Aufträge führen würde oder liegt eine Tätigkeit für nur grundsätzlich einen Gewerbebetreibenden vor, ist i. d. R. von Heimarbeit auszugehen.

2.1.2 Homeoffice

 

Rz. 7

Heimarbeit ist nicht auf gewerbliche Tätigkeiten beschränkt. Auch qualifizierte Angestelltentätigkeiten können Heimarbeit i. S. v. § 2 Abs. 1 Satz 1 HAG sein, soweit diese unter den Bedingungen von Heimarbeit ausgeführt werden. Insbesondere bei einer Tätigkeit im Homeoffice ist dies möglich. Die Tätigkeit im Homeoffice erfolgt i. d. R. im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses. Denkbar ist neben der Tätigkeit als selbstständiger Unternehmer auf der Grundlage eines Werks- oder Dienstvertrags auch die Qualifizierung als Heimarbeit. Dies kommt in Betracht, wenn es zwar an fachlicher, zeitlicher und örtlicher Weisungsgebundenheit fehlt, die Tätigkeit aber auf Dauer angelegt ist, zum Lebensunterhalt beiträgt und ausschließlich im wirtschaftlichen Interesse des Auftraggebers erfolgt.[1] Je nach Vertragsgestaltung und praktischer Handhabung können auch selbstständige Crowdworker in den Anwendungsbereich des Heimarbeitsgesetzes fallen.[2]

[1] BAG, Urteil v. 14.6.2016, 9 AZR 305/15, NZA 2016, 1453 für den Fall eines Programmierers im Homeoffice, s. auch Deinert, Die heutige Bedeutung des Heimarbeitsgesetzes, RdA 2018, 359.
[2] Martina, NZA 2020, 988; Fausel/Bitsch, NZA 2021, 991; kritisch Fuhltrott/Oltmanns, NJW 2020, 958; zur Einordnung als Arbeitnehmer BAG, Urteil v. 1.12.2020, 9 AZR 102/20, NZA 2021, 552.

2.1.3 Hausgewerbetreibende

 

Rz. 8

Gem. § 2 Abs. 2 HAG ist als Hausgewerbetreibender anzusehen, wer in eigener Arbeitsstätte (eigener Wohnung oder Betriebsstätte) mit nicht mehr als zwei fremden Hilfskräften oder Heimarbeitern im Auftrag von Gewerbebetreibenden oder Zwischenmeistern Waren herstellt, bearbeitet oder verpackt, wobei er selbst wesentlich am Stück mitarbeitet, jedoch die Verwertung der Arbeitsergebnisse dem unmittelbar oder mittelbar auftraggebenden Gewerbebetreibenden überlässt. Die Beschaffung von Roh- und Hilfsstoffen durch den Hausgewerbetreibenden selbst oder eine vorübergehende unmittelbare Arbeit für den Absatzmarkt spricht nicht gegen die Eigenschaft als Hausgewerbetreibender gem. § 2 Abs. 2 Satz 2 HAG. Der Unterschied zwischen Heimarbeitern und Hausgewerbetreibenden besteht nur darin, dass die Hausgewerbetreibenden eine oder zwei fremde Hilfskräfte oder Heimarbeiter beschäftigen, jedoch im Wesentlichen selbst mitarbeiten.

2.2 Gleichgestellte

2.2.1 Gleichgestellte Personen, Verfahren

 

Rz. 9

Gem. § 1 Abs. 2 HAG besteht für Personen, die keine Heimarbeiter oder Hausgewerbetreibenden sind, im Falle einer Schutzbedürftigkeit die Möglichkeit einer Gleichstellung mit in Heimarbeit Beschäftigten. Entscheidend für die Beurteilung der Schutzbedürftigkeit ist der Grad der wirtschaftlichen Abhängigkeit des Betroffenen vom Auftraggeber, § 1 Abs. 2 Satz 2 HAG. Insbesondere ist nach § 1 Abs. 2 Satz 3 HAG die Zahl der fremden Hilfskräfte, die Abhängigkeit von einem oder mehreren Auftraggebern, die Möglichkeit des unmittelbaren Zugangs zum Arbeitsmarkt sowie die Höhe und Art der Eigeninvestitionen und der Umsatz zu berücksichtigen. Die Gleichstellung ist zum einen vorgesehen für Personen, die i. d. R. allein oder mit ihren Familienangehörigen in eigener Wohnung oder selbst gewählter Betriebsstätte eine sich in regelmäßigen Arbeitsvorgängen wiederholende Arbeit im Auftrag eines anderen gegen Entgelt ausüben, ohne dass ihre Tätigkeit als gewerblich anzusehen wäre oder dass der Auftraggeber ein Gewerbebetreibender oder Zwischenmeister ist (§ 1 Abs. 2a HAG). Weiterhin vorgesehen ist eine Gleichstellung für Hausgewerbetreibende, die mit mehr als zwei fremden Hilfskräften ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Personal Office Platin enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge