Rz. 60

 

Beispiel

Ein Tarifvertrag enthält folgende Regelung:

"Angestellte, die ohne Erlaubnis während des Urlaubs gegen Entgelt arbeiten, verlieren hierdurch den Anspruch auf die Urlaubsvergütung für die Tage der Erwerbstätigkeit."

Lösung

Die tarifliche Regelung kann nur insoweit angewendet werden, als sie Urlaub betrifft, der über den gesetzlichen Mindesturlaub der §§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG hinausgeht. Denn durch § 1 BUrlG ist nicht nur bestimmt, dass der Arbeitnehmer von seinen Arbeitspflichten für die Dauer des Urlaubs aufgrund des Urlaubsanspruchs freigestellt wird, sondern auch sichergestellt, dass der dem Arbeitnehmer zustehende Arbeitslohn trotz Nichtleistung der Arbeit während der Urlaubszeit weiterzuzahlen ist. Aus § 11 Abs. 1 BUrlG ist letztendlich nur zu entnehmen, wie für die Urlaubszeit, insbesondere bei ungleichmäßigen Bezügen, die Vergütung zu berechnen ist.[1] Diese Berechnungsregel enthält die gesetzliche Grenze für die Auslegung des Begriffs "bezahlt" i. S. v. § 1 BUrlG.

Von § 11 Abs. 1 BUrlG abweichende tarifliche Regelungen sind deshalb nur zulässig, wenn gewährleistet ist, dass für den gesetzlichen Mindesturlaub der Entgeltanspruch des Arbeitnehmers in dem durch § 11 Abs. 1 BUrlG gegebenen Rahmen erhalten bleibt. Die Tarifvertragsparteien sind deshalb nach § 13 BUrlG insbesondere nicht befugt, durch tarifliche Regelungen den für den Urlaubszeitraum nach dem BUrlG fortzuzahlenden Lohn einem Arbeitnehmer völlig zu versagen.[2]

Eine solche Befugnis ist auch nicht etwa aus § 8 BUrlG herzuleiten.[3] Nach dieser Bestimmung darf der Arbeitnehmer keine dem Urlaubszweck widersprechende Erwerbstätigkeit leisten. Hierdurch ist dem Arbeitnehmer eine gesetzlich bedingte Pflicht aus seinem Arbeitsverhältnis auferlegt, während des Urlaubs jedenfalls urlaubszweckwidrige Tätigkeiten gegen Entgelt zu unterlassen. Das gilt unabhängig davon, ob sie in einem Arbeits- oder einem anderen Vertragsverhältnis ausgeübt werden. Aus § 8 BUrlG kann aber keine Berechtigung des Arbeitgebers hergeleitet werden, das Urlaubsentgelt im Umfang des gesetzlichen Urlaubsanspruchs aus diesem Anlass zu kürzen. Ebenso wenig entfällt der Anspruch auf Zahlung des Urlaubsentgelts in einem solchen Fall von selbst.[4]

Im Übrigen bestehen gegen eine Tarifbestimmung keine rechtlichen Bedenken, soweit sie Urlaubsansprüche betrifft, die über den gesetzlichen Urlaub hinaus tariflich geregelt sind. Die Tarifvertragsparteien sind nicht gehindert, in diesem Rahmen Urlaubsansprüche an Bedingungen oder Vorbehalte zu knüpfen oder sie auch inhaltlich abweichend vom gesetzlichen Urlaubsanspruch auszugestalten. Die Tarifvertragsparteien können deshalb für einen tariflichen Urlaubsanspruch den Wegfall des Entgeltanspruchs vorsehen, wenn wie hier der Arbeitnehmer ohne Zustimmung des Arbeitgebers während des Urlaubs erwerbstätig wird.[5]

[3] Ebenso HK-BUrlG/Hohmeister, 3. Aufl. 2013, § 13 BUrlG, Rz. 132.
[4] BAG, Urteil v. 25.2.1988, 8 AZR 596/85, NZA 1988, 607; s. im Einzelnen Steuerer, § 8, Rz. 12 f.
[5] BAG, Urteil v. 25.2.1988, 8 AZR 596/85, NZA 1988, 607.

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