7.1 Grundsatz des BUrlG

 

Rz. 21

Eine gesetzliche Regelung, wonach Bruchteile von Urlaubstagen abzurunden sind, gibt es nicht.[1] Allerdings enthält § 5 Abs. 2 BUrlG eine (Aufrundungs-)Regelung für Teilurlaubsansprüche, nach der ein Anspruch auf Urlaub für einen ganzen Tag begründet wird, wenn der dem Arbeitnehmer zustehende Bruchteil mindestens die Hälfte eines Urlaubstags umfasst. Früher wurde ohne nähere Begründung angenommen, dass § 5 Abs. 2 BUrlG und die dieselbe Frage regelnden Rundungsbestimmungen in Tarifverträgen allgemein und nicht nur beim Teilurlaub für die Aufrundung von in Bruchteilen errechneten Urlaubsansprüchen heranzuziehen waren.[2] Zwischenzeitlich geht das BAG jedoch davon aus, dass sich diese Rundungsregeln auf Fälle des Teilurlaubs beschränken.[3] Aus der Spezialregelung des § 5 Abs. 2 BUrlG kann auch die Regelung eines Ausschlusstatbestands, nach dem Bruchteile eines Urlaubstags einem Arbeitnehmer nicht zustehen, wenn sie die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 2 BUrlG nicht erreichen, also weniger als einen halben Tag betragen, nicht entnommen werden.[4] Nach der neueren Rechtsprechung des 9. Senats kommt ohne eine gesonderte Rundungsvorschrift eine Rundung von Bruchteilen von Urlaubstagen nicht in Betracht.[5]

Ergeben sich bei der Berechnung der Urlaubsdauer Bruchteile von Arbeitstagen, hat der Arbeitnehmer deshalb Anspruch auf Gewährung genau in diesem Umfang.[6] Für den Tarifurlaub kann durch tarifliche Regelung und bei einem betrieblichen Treueurlaub durch Betriebsvereinbarung allerdings eine über die gesetzliche Regelung hinausgehende Aufrundungsregel vereinbart werden.[7]

[1] Boecken/Düwell/Diller/Hanau/Düwell, Gesamtes Arbeitsrecht, 2. Aufl. 2023, § 3 BUrlG, Rz. 20.
[5] BAG, Urteil v. 8.5.2018, 9 AZR, 578/17; BAG, Urteil v. 23.1.2018, 9 AZR 200/17.
[6] Boecken/Düwell/Diller/Hanau/Düwell, Gesamtes Arbeitsrecht, 2. Aufl. 2023, § 3 BUrlG, Rz. 20. Zu der gesetzlichen Rundungsregel des § 5 Abs. 2 BUrlG bei Teilurlaub s. Arnold, § 5, Rz. 31-35.

7.2 TVöD/TV-L

 

Rz. 22

Der für den Bereich des Bundes und der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände geltende TVöD und der für die Länder[1] geltende Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) sehen für den Fall, dass bei der Berechnung des Urlaubs ein Bruchteil verbleibt, der mindestens einen halben Urlaubstag ergibt, vor, dass dieser auf einen vollen Urlaubstag aufgerundet wird; Bruchteile von weniger als einem halben Urlaubstag bleiben nach § 26 Abs. 1 Satz 6 2. Halbsatz TVöD/TV-L unberücksichtigt, d. h. sie werden abgerundet. Dies betrifft sowohl den Teilurlaub als auch den Vollurlaub. Beim Vollurlaub ist die tarifliche Regelung, soweit die Voraussetzungen für eine Aufrundung vorliegen, für den Arbeitnehmer günstiger als das BUrlG (s. Rz. 21). Soweit es zu einer Abrundung kommt, ist die Regelung ungünstiger. Falls durch die Abrundung allerdings der gesetzliche Mindesturlaub beeinträchtigt wird, muss sie unterbleiben, da von § 3 Abs. 1 BUrlG nicht zu Ungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden darf, § 13 Abs. 1 BUrlG.[2] Beim Teilurlaub entspricht die Aufrundung § 5 Abs. 2 BUrlG.[3] Die Abrundung ist hier für den Arbeitnehmer ungünstiger als die gesetzliche Regelung. Eine Abweichung von § 5 Abs. 2 BUrlG für den Bereich des übergesetzlichen Urlaubs durch Tarifvertrag ist nach § 13 Abs. 1 BUrlG zulässig.[4]

 

Rz. 23

Beginnt oder endet das Arbeitsverhältnis im Laufe eines Jahres, erhält der Arbeitnehmer für jeden vollen Monat des Arbeitsverhältnisses ein Zwölftel des tariflichen Urlaubsanspruchs. Die tarifvertragliche Zwölftelregelung des § 26 Abs. 2 Buchst. b TVöD/TV-L gilt für Fälle, in denen das Arbeitsverhältnis nicht das ganze Jahr besteht, also erst nach dem 1. Januar beginnt und/oder vor dem 31. Dezember endet. Sie geht über die gesetzliche Regelung hinaus. Insofern kann bei Anwendung der TVöD/TV-L-Regelung der Urlaubsanspruch unter den Mindesturlaubsanspruch des BUrlG sinken, wenn das Arbeitsverhältnis noch in der ersten Jahreshälfte beginnt. In diesem Fall darf die TVöD/TV-L-Regelung nicht angewandt werden, sondern es gilt der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch nach dem BUrlG.[5] Auch wenn das Arbeitsverhältnis in der zweiten Jahreshälfte endet und die tarifliche Zwölftelungsregelung dazu führen würde, dass der Urlaubsanspruch unter den gesetzlichen Mindesturlaubsanspruch des BUrlG absinkt, ist sie nicht anzuwenden. Die Regelung des TVöD/TV-L ist damit nur anwendbar, wenn sie tarifliche Urlaubsansprüche betrifft, die die gesetzlichen (Mindest-)Urlaubsansprüche nicht berühren. Deshalb ist in jedem Fall eine Vergleichsberechnung zwischen BUrlG und TVöD/TV-L anzustellen.

 

Rz. 24

 

Beispiel

  1. Ein Arbeitnehmer mit einem tariflichen ...

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