4.1 Inhalt der Urlaubsbescheinigung

 

Rz. 41

§ 6 Abs. 2 BUrlG verpflichtet den alten Arbeitgeber, dem Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Bescheinigung über den im laufenden Kalenderjahr gewährten oder abgegoltenen Urlaub zu erteilen. Diese Pflicht steht im Zusammenhang mit dem Zweck des § 6 Abs. 1 BUrlG, Doppelansprüche zu vermeiden.

Die Urlaubsbescheinigung muss enthalten:

  • vollständigen Namen, falls nötig auch Geburtsdatum oder Anschrift,
  • Kalenderjahr, für das die Bescheinigung ausgestellt wird,
  • Zeitraum, in dem das Arbeitsverhältnis bestanden hat,
  • Urlaubsanspruch für das Kalenderjahr,
  • Anzahl der für das Kalenderjahr gewährten oder abgegoltenen Tage Urlaub (ohne übertragenen Urlaub aus dem Vorjahr) und
  • Hinweis auf Umfang des Arbeitsverhältnisses, wenn Abweichungen von der 5-Tage-Woche vorliegen,
  • im Falle eines – auch nur konkludenten – Verzichts auf Urlaubsabgeltung zugunsten anderer Leistungen, insbesondere einer (erhöhten) Abfindung: Umfang des Verzichts auf die Urlaubsabgeltung.

Sie ist schriftlich auf einer gesonderten Urkunde zu erteilen und zu unterschreiben (von einem mit der Urlaubserteilung befassten Mitarbeiter).

Warum der Arbeitnehmer ausscheidet, ist egal und hat auch in der Urlaubsbescheinigung nichts zu suchen.

 

Beispiel

Urlaubsbescheinigung für Herrn Alfred B. Neumann

Herr Alfred B. Neumann, geboren am 24.12.1970, war vom 1.1.2024 bis zum 30.4.2024 bei uns in einem Vollzeitarbeitsverhältnis beschäftigt. Er hat für das Jahr 2024 insgesamt 20 Arbeitstage Urlaub von seinem Jahresurlaubsanspruch von 30 Tagen erhalten.

Musterhausen, den 30.4.2024

Max Mustermann, Personalabteilung

4.2 Aushändigung der Urlaubsbescheinigung

 

Rz. 42

Der Arbeitgeber hat die Urlaubsbescheinigung dem Arbeitnehmer mit den Arbeitspapieren am letzten Tag des Arbeitsverhältnisses zur Abholung zur Verfügung zu stellen (Holschuld des Arbeitnehmers). Falls er das nicht einhalten kann, hat er sie später unverzüglich zuzusenden; eine Aufforderung des Arbeitnehmers ist nicht erforderlich. Ein Zurückbehaltungsrecht besteht an der Urlaubsbescheinigung ebenso wie an den übrigen Arbeitspapieren nicht.[1]

Erfüllt der bisherige Arbeitgeber den Anspruch nicht, kann ihn der Arbeitnehmer einklagen. Das Urteil wird nach § 888 ZPO vollstreckt. Ebenso kann er auf eine Berichtigung der Urlaubsbescheinigung klagen.[2]

Auch der Anspruch auf Erteilung der Urlaubsbescheinigung kann Ausschlussfristen unterliegen. In diesem Fall kann der neue Arbeitgeber mangels Vorlage der Urlaubsbescheinigung wiederum zunächst geltend machen, der Urlaub sei vom alten Arbeitgeber erfüllt worden; erklärt der Arbeitnehmer, warum er keine Urlaubsbescheinigung vorlegen kann, trifft den neuen Arbeitgeber eine Erkundigungspflicht beim bisherigen Arbeitgeber. Verweigert dieser Angaben oder hält sie der neue Arbeitgeber oder der Arbeitnehmer für falsch, müssen sie ggf. den alten Arbeitgeber in einem Rechtsstreit als Zeugen benennen. Spätestens dann muss er Angaben machen (zur Beweislastverteilung s. oben Rz. 33).

 

Rz. 43

Erfüllt der Arbeitgeber die Pflicht zur Ausstellung einer Urlaubsbescheinigung nicht, so erhält der Arbeitnehmer beim neuen Arbeitgeber möglicherweise keinen Urlaub mehr (s. oben Rz. 33). In diesem Fall wird zu Recht vertreten, dass der alte Arbeitgeber i. H. d. entgangenen Urlaubs schadensersatzpflichtig ist.[3] Zwar ist der Schaden zunächst ideeller Art, da es letztlich in dem Verlust von bezahlter Freizeit besteht. Da der Urlaub nach neuerem Verständnis auch einen wirtschaftlichen Wert darstellt[4], hat der bisherige Arbeitgeber auch diesen Urlaub – ggf. nachträglich abzugelten. Hinzu können Kosten für eine Stornierung eines bereits gebuchten Urlaubs kommen, wenn dieser allein wegen der unterlassenen Erteilung der Urlaubsbescheinigung nicht angetreten werden konnte, weil der neue Arbeitgeber nur deswegen den Urlaub nicht gewährt hat.

[1] ErfK/Gallner, 24. Aufl. 2024, § 6 BUrlG, Rz. 5.
[2] HK-ArbR/Holthaus, 5. Aufl. 2022, § 6 BUrlG, Rz. 15.
[3] Neumann/Fenski/Kühn, BUrlG, 12. Aufl. 2021, § 6 BUrlG, Rz. 15; GK-BUrlG/Bachmann, 5. Aufl. 1992, § 6 BUrlG, Rz. 41.

4.3 Anspruch des neuen Arbeitgebers auf Aushändigung der Urlaubsbescheinigung

 

Rz. 44

Ob der neue Arbeitgeber gegen den Arbeitnehmer einen Anspruch auf Vorlage der Urlaubsbescheinigung hat, ist umstritten.[1] Darauf kommt es in der Praxis aber nicht an; denn legt der Arbeitnehmer keine Urlaubsbescheinigung vor, kann der neue Arbeitgeber geltend machen, der Urlaub sei bereits erfüllt (s. oben Rz. 33).

Lediglich dann, wenn der Arbeitnehmer behauptet, der alte Arbeitgeber habe keine Urlaubsbescheinigung ausgestellt, hat der neue Arbeitgeber eine Erkundigungspflicht beim alten Arbeitgeber über bereits gewährten Urlaub. Der neue Arbeitgeber ist zur Einholung einer Auskunft beim alten Arbeitgeber berechtigt, wenn Zweifel an der Richtigkeit der Urlaubsbescheinigung bestehen oder keine vorgelegt wird.[2] Ob der alte Arbeitgeber zur Auskunft verpflichtet ist, ist streitig.[3] Die DSGVO steht dem nicht entgegen. Jedenfalls wird man vom neuen Arbeitgeber nicht verlangen können, dass er g...

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