Rz. 114
Da der Arbeitnehmer kein Recht zur Selbstbeurlaubung hat (s. hierzu Rz. 40 f.), muss er im Konfliktfall seine Ansprüche mit Klage beim Arbeitsgericht durchsetzen.
Unproblematisch zulässig ist die Leistungsklage auf Urlaubsgewährung für einen bestimmten Zeitraum.
Beispiel
Es wird beantragt, den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger 10 Tage Erholungsurlaub in der Zeit vom 12.9.2024 bis 23.9.2024 zu gewähren.
Die Vollstreckung erfolgt nach § 894 ZPO. Danach gilt die Willenserklärung auf Freistellung für den bestimmten Urlaubszeitraum erst mit Rechtskraft abgegeben. Dies ist regelmäßig zu spät. Ist der Arbeitnehmer dringend auf die Urlaubsgewährung in einem bestimmten Zeitraum angewiesen, verbleibt nur die Möglichkeit der einstweiligen Verfügung.
Rz. 115
Zulässig sind auch Klagen auf Urlaubsgewährung ohne Angabe eines bestimmten Urlaubszeitraums. Dies kommt insbesondere dann in Betracht, wenn (auch) ein Streit über die Höhe des Urlaubsanspruchs besteht.
Im Hinblick auf die Pflicht des Arbeitgebers zur Abgabe der Freistellungserklärung nach § 7 Abs. 1 BUrlG kann der Arbeitnehmer beantragen, den Arbeitgeber zu verurteilen, ihm Urlaub in Höhe einer bestimmten Anzahl von Urlaubstagen zu gewähren. Wird der Antrag allerdings von Bedingungen abhängig gemacht, wie Urlaubsantrag oder Beachtung der gesetzlichen Regelungen nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG oder § 7 Abs. 2 Satz 2 BUrlG, ist dieser bei Vollstreckung nach § 894 ZPO unbestimmt, weil der Bedingungseintritt nicht zuverlässig feststellbar ist. Die Klage nach § 259 ZPO auf Gewährung für zukünftige Urlaubsjahre scheidet aus, weil nach neuem Verständnis des BAG § 259 ZPO voraussetzt, das der geltend gemachte Anspruch bereits entstanden ist.
Rz. 116
Die Vollstreckung eines Antrags ohne Angabe eines bestimmten Zeitraums erfolgt nach § 888 ZPO, auch wenn damit der mögliche Streit über die konkrete Festlegung ins Vollstreckungsrecht verlagert wird.
Rz. 117
Die Praxis wird sich auf die Rechtsprechung des BAG einstellen müssen. Es ist misslich, wenn, wie in der Entscheidung des BAG vom Juni 2017 die Vorinstanz den Klageantrag als zulässig ansieht und zur Sache zugunsten des Arbeitnehmers entscheidet, das BAG dann jedoch die eigentliche Rechtsfrage nicht entscheidet und die Klage als unzulässig abweist.
Rz. 118
Angesichts dieser Rechtsprechung verbleibt die Möglichkeit der Feststellungsklage. Das BAG war bereits in der Vergangenheit bei der Zulässigkeit von Feststellungsklagen großzügig und hat Klagen auf Feststellung, dass dem Arbeitnehmer für das Urlaubsjahr noch eine bestimmte Anzahl von Tagen Erholungsurlaub zustehe, als zulässig angesehen. An dieser Auffassung hält das BAG fest, weil nur so gesichert sei, dass dem Arbeitnehmer das Bestimmungsrecht über die zeitliche Lage des Urlaubs bleibe.
Ein Arbeitgeber ist gut beraten, ein Feststellungsurteil – auch wenn dies nicht vollstreckbar ist – zu beachten. In einem Folgerechtsstreit, z. B. einer einstweiligen Verfügung, hat das Gericht nach § 322 ZPO das rechtskräftige Urteil zu beachten.
Zu beachten ist jedoch, dass vergangenheitsbezogene Feststellungsanträge auch nach Auffassung des BAG nicht zulässig sind. Es müssen die Folgen einer entsprechenden Feststellungsklage für den gegenwärtigen Urlaubsanspruch aufgezeigt werden.
Beispiel
Der Antrag,
"festzustellen, dass der Kläger am 12.2.2024 (Rosenmontag) Dienstbefreiung mit voller Lohnfortzahlung ohne Anrechnung auf den Jahresurlaub hatte"
ist vergangenheitsbezogen.
Der Antrag,
"festzustellen, dass der Kläger für das Jahr 2024 Anspruch auf einen weiteren Urlaubstag hat"
ist gegenwartsbezogen.
Der Antrag, festzustellen, dass dem Kläger für ein in der Vergangenheit liegendes Jahr ein Jahresurlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen Urlaub zusteht, ist daher als vergangenheitsbezogene Feststellungsklage unzulässig.