Rz. 6
Nicht jede Erwerbstätigkeit ist während des Urlaubs des Arbeitnehmers verboten, sondern nur die dem Urlaubszweck zuwiderlaufende.
Urlaubszweck ist nach h. M. die Erholung des Arbeitnehmers im Sinne körperlicher, geistiger und seelischer Regeneration. Damit ist eine Erwerbstätigkeit urlaubszweckwidrig, bei der die selbstbestimmte Erholung nicht mehr gewährleistet ist.
Wann dies der Fall ist, lässt sich nur anhand des konkreten Einzelfalls ermitteln, wobei die Vorgabe selbstbestimmter Erholung berücksichtigt werden muss. Dabei kommt es auf Art und zeitlichen Umfang sowie das sich daraus ergebende Maß der körperlichen, geistigen und seelischen Beanspruchung des Arbeitnehmers im Verhältnis zur Beanspruchung im beurlaubten Arbeitsverhältnis an.
Verboten ist eine entgeltliche Tätigkeit, die von ihrem zeitlichen Umfang und der Belastung her gesehen dem Umfang und der Belastung der Arbeitsleistung im beurlaubten Arbeitsverhältnis entspricht. Schließlich versucht die Norm dem entgegenzuwirken, dass der Arbeitnehmer, um weiteren Verdienst zu erhalten, das vom Gesetz mit der Urlaubsgewährung angestrebte Ziel der selbstbestimmten Erholung aufgibt. Dagegen wird eine bloß stundenweise zu verrichtende Tätigkeit an manchen Urlaubstagen schon vom Zeitumfang her gesehen nicht urlaubszweckwidrig sein.
Auch das Alter des Arbeitnehmers kann eine Rolle spielen: Eine für einen älteren und unter gesundheitlichen Beeinträchtigungen leidenden Arbeitnehmer urlaubszweckwidrige Erwerbstätigkeit kann für einen jungen gesunden Arbeitnehmer unschädlich sein.
Rz. 7
Ausgleichstätigkeiten, d. h. Tätigkeiten, die zu einer anderen Belastung führen, als die im beurlaubten Arbeitsverhältnis geschuldete, widersprechen grundsätzlich nicht dem Urlaubszweck. So wird z. B. eine körperliche Tätigkeit in der Landwirtschaft als Erntehelfer im Urlaub für einen Büroangestellten nicht urlaubszweckwidrig angesehen. Eine solche Tätigkeit kann durchaus die seelischen und geistigen Kräfte wieder auffrischen. Erwerbstätigkeiten, die den Charakter eines sog. Aktivurlaubs haben, sind auch nicht als urlaubszweckwidrig anzusehen. Eine Auffrischung der Kräfte kann im Übrigen auch bei besonderer positiver Bestätigung der Urlaubstätigkeit eintreten. Es widerspricht zudem nicht dem Urlaubszweck, wenn ein angestellter Jurist in seinem Urlaub an einem Fachaufsatz oder einem Kommentar arbeitet oder gelegentlich Seminare oder Vorträge zu speziellen Themen hält. Eine nicht urlaubszweckwidrige Ausgleichstätigkeit in obigem Sinn liegt jedoch nicht mehr vor, wenn ein Büroangestellter während seines Urlaubs andauernde und schwere körperliche Arbeit in einem Baubetrieb leistet.