Rz. 45

Der Beschäftigte kann vom Arbeitgeber – anstelle einer vollständigen Freistellung – auch eine lediglich teilweise Freistellung von der Arbeitsleistung verlangen. Bei einer teilweisen Freistellung muss er mit der Ankündigung der Pflegezeit auch die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit angeben.

 

Rz. 46

Nimmt der Beschäftigte nur eine teilweise Freistellung in Anspruch, sieht das PflegeZG vor, dass Arbeitgeber und Beschäftigter eine schriftliche Vereinbarung über die Verringerung und die Verteilung der Arbeitszeit zu treffen haben. Für die Vereinbarung ist die Schriftform wegen der Warn- und Beweisfunktion, d. h. im Interesse der Rechtssicherheit zwingend.[1]

 

Rz. 47

Der Arbeitgeber hat den (Teilzeit-)Wünschen des Beschäftigten zu entsprechen, es sei denn, dringende betriebliche Belange stehen entgegen (§ 3 Abs. 4 PflegeZG). Der gesetzliche Begriff der "entgegenstehenden dringenden betrieblichen Gründe" ist im Gesetz nicht näher erläutert. Das können Interessen jeglicher Art sein. Sie sind zu berücksichtigen, wenn sie "betrieblich" sind, sich also auf die Verhältnisse des Betriebs beziehen.[2] Im Gegensatz zu § 8 Abs. 4 TzBfG genügen für die Ablehnung eines Anspruchs auf Verringerung der wöchentlichen Arbeitszeit nach § 3 Abs. 4 PflegeZG nicht nur betriebliche Gründe. Sie müssen vielmehr "dringend", d. h. von besonderem Gewicht sein. Bloße Störungen im Betriebsablauf genügen dafür nicht. Diese treten regelmäßig beim Fehlen eines Mitarbeiters auf. Sie sind hinzunehmen und durch entsprechenden Vorhalt von Personal auszugleichen. Andererseits sind dringende betriebliche Gründe nicht nur anzunehmen, wenn dem Arbeitgeber durch die Arbeitsbefreiung zum gewünschten Termin ein Schaden entsteht.

Die Regelung ist insoweit dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) nachgebildet.[3] Nach der Gesetzesbegründung ist davon auszugehen, dass Beschäftigte und Arbeitgeber regelmäßig eine einvernehmliche Lösung über die Arbeitszeitgestaltung erzielen.[4] Dringende betriebliche Gründe sollen dem grundsätzlich bestehenden Anspruch auf Pflegeteilzeit nach der gesetzlichen Konzeption also nur im Ausnahmefall entgegenstehen. Der Arbeitgeber kann eine Reduzierung der Arbeitszeit zur Pflege von nahen Angehörigen nur ablehnen, wenn sich die Teilzeitarbeit in keiner Weise mit den betrieblichen Belangen in Übereinstimmung bringen lässt. Der Arbeitgeber muss alle Möglichkeiten der betrieblichen Umorganisation prüfen und im Streitfall für ein Gericht überzeugend darlegen, dass eine Reduzierung der bisherigen Arbeitszeit anstelle des vom PflegeZG ohne Einschränkung vorgesehenen Totalausfalls für die Dauer der Pflegezeit nicht durchführbar ist.[5] Gleiches gilt für die Dauer der Pflegezeit, die vom Arbeitnehmer gewünschte Verteilung sowie die Lage der Arbeitszeit.

 
Hinweis

Im Bereich des öffentlichen Dienstes bzw. bei Anwendung des TVöD/TV-L kommt neben dem Teilzeitanspruch aus § 3 Abs. 4 PflegeZG ein Anspruch aus § 11 Abs. 1 Satz 1 lit. b TVöD/TV-L (Teilzeitbeschäftigung zur Pflege eines nach ärztlichem Gutachten pflegebedürftigen Angehörigen) in Betracht.

[1] ErfK/Gallner/Bubach, 24. Aufl. 2024, § 3 PflegeZG, Rz. 4. Zweifelnd Küttner/Poeche, Personalbuch 2023, 30. Aufl. 2023, Pflegezeit, Rz. 33. A.A. LAG München, Urteil v. 20.4.2016, 11 Sa 698/15, welches eine konstitutive Wirkung des Schriftformerfordernisses ablehnt.
[3] Zur Elternteilzeit vgl. BAG, Urteil v. 15.12.2009, 9 AZR 72/09, Rz. 45 ff., NZA 2010, 447.
[4] BT-Drucks. 16/7439 S. 92 zu § 3 Abs. 4.
[5] So zur Vorbildnorm des § 15 Abs. 7 BErzGG, BAG, Urteil v. 19.4.2005, 9 AZR 233/04.

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