OFD Frankfurt, Verfügung v. 2.11.1999, S 2227 A - 3 - St II 34
1. Einleitung
Aufwendungen für Studienreisen und Fachtagungen sind vom Grundsatz her nur dann als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abzugsfähig, wenn die Teilnahme ausschließlich oder überwiegend beruflich oder betrieblich veranlaßt und die Verfolgung privater Interessen nahezu ausgeschlossen ist. Insbesondere bei Auslandsgruppenreisen und Auslandsfachtagungen treten meist Schwierigkeiten auf, ein – für die sachgerechte Beurteilung erforderliches – eindeutiges Bild über deren Veranlassung zu erhalten.
Die wichtigsten Grundsätze zur steuerlichen Behandlung derartiger Aufwendungen sind inR 117 a zu § 12 EStR 1998 und inH 117 a EStH 1998 dargestellt. Abschnitt 35 der Lohnsteuerrichtlinien 1996 ist mit der Ausgabe der Lohnsteuerrichtlinien 1999 weggefallen und derzeit unbesetzt.
Nach der Rechtsprechung des BFH ist die Reise für den Werbungskosten-/Betriebsausgabenabzug stets als Einheit zu beurteilen. Lediglich dann, wenn objektive Merkmale eine zutreffende und leicht nachprüfbare Trennung des beruflichen/betrieblichen und des privaten Teils der Reise ermöglichen und der berufliche/betriebliche Teil nicht von untergeordneter Bedeutung ist, können Teile der Aufwendungen steuerlich berücksichtigt werden (Grundsatzurteile des Großen Senats des BFH vom 19.10.1970, GrS 2/70, BStBl 1971 II S. 17 und vom 27.11.1978, GrS 8/77, BStBl 1979 II S. 213).
Für die Würdigung glaubhaft vorgetragener Sachverhalte ist es unerläßlich, vor einer Entscheidung insbesondere das vollständige Reiseprogramm anzufordern und auch die Namen und Anschriften der übrigen Teilnehmer zu ermitteln.
2. Allgemeines
Problematisch ist es, die berufliche/betriebliche Veranlassung einer Reise nachzuweisen und zu verhindern, daß Steuerpflichtige durch eine mehr oder weniger zufällige oder bewußt herbeigeführte Verbindung zwischen beruflichen und privaten Interessen Reiseaufwendungen nur deshalb zum Teil in einen einkommensteuerlich relevanten Bereich verlagern können, weil sie einen entsprechenden Beruf haben, während andere Steuerpflichtige gleichartige Aufwendungen aus dem versteuerten Einkommen decken müssen. Derartige gemischte Aufwendungen sind nach der Intention des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG (Wahrung der steuerlichen Gerechtigkeit) insgesamt den Kosten der privaten Lebensführung zuzurechnen, wenn und soweit die beruflichen/betrieblichen Aufwendungen nicht nach objektiven Maßstäben und in nachprüfbarer Form getrennt zu ermitteln sind.
Für den Nachweis der beruflichen/betrieblichen Veranlassung einer Reise sind Ausführungen allgemeiner Art (allgemeine berufliche Bildung, allgemeine Informationsgewinnung) nicht ausreichend. Der Große Senat des BFH hat in seinem Beschluß vom 27.11.1978, a.a.O., ausgeführt, welche objektiven Kriterien für die Beurteilung eines Sachverhaltes bedeutsam sind. Die Abgrenzung und Entscheidung darüber, ob (private) Lebenshaltungskosten oder berufliche/betriebliche Aufwendungen vorliegen, kann bei Auslandsgruppenreisen nur unter Würdigung aller Umstände im Einzelfall erfolgen, wobei die Rechtsprechung zu einer eher restriktiven Beurteilung der Abzugsmöglichkeit tendiert.
Folgende Kriterien sind dabei im Einzelfall zu überprüfen:
- Reiseprogramm muß auf die besonderen beruflichen/betrieblichen Bedürfnisse und Gegebenheiten des Teilnehmers zugeschnitten sein,
- homogener Teilnehmerkreis,
- Organisator der Reise,
- Reiseziel bzw. Reiseroute, Beförderungsmittel,
- Zeitpunkt der Reise,
- Tageseinteilung, Gestaltung an Wochenenden/Feiertagen,
- Teilnahmepflicht am Programm,
- Freistellung von der üblichen Arbeit, Kostenerstattung.
Diese Kriterien finden bei Auslandstagungen/-kongressen sinngemäß Anwendung.
3. Einzelkriterien
3.1 Reiseprogramm muß auf die besonderen beruflichen/betrieblichen Bedürfnisse und Gegebenheiten des Teilnehmers zugeschnitten sein
An den Nachweis der beruflichen/betrieblichen Veranlassung einer Auslandsgruppenreise sind nach der Rechtsprechung des BFH strenge Anforderungen zu stellen. Bereits daraus ist zu folgern, daß es nicht ausreicht, wenn die Teilnehmer nur ein allgemeinberufliches Interesse kundtun, da die Förderung der allgemeinen beruflichen Bildung Teil der Allgemeinbildung ist. Vielmehr sollte das Reiseprogramm auf die besonderen beruflichen Bedürfnisse und Gegebenheiten des Teilnehmers zugeschnitten sein und der Reise offensichtlich ein unmittelbar beruflicher Anlaß oder ein konkreter Bezug zur beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen zugrunde liegen.
BFH-Urteil vom 21.10.1996, VI R 39/96, BFH/NV 1997 S. 469.
Keine Werbungskosten bei der Indienreise einer Pastorin.
3.2 Homogener Teilnehmerkreis
Der Teilnehmerkreis einer vorrangig Studienzwecken dienenden Gruppenreise muß im wesentlichen gleichartig sein. Dies trägt dem Erfordernis Rechnung, daß das Programm auf die besonderen beruflichen/betrieblichen Bedürfnisse der Teilnehmer zugeschnitten sein muß. Die Teilnahme des Ehegatten oder anderer Angehöriger spricht regelmäßig gegen eine berufliche/betriebliche V...