4.1 Beschränkte Steuerpflicht im Inland
Grenzpendler sind Arbeitnehmer, die in einem Nachbarstaat wohnen, in der Bundesrepublik Deutschland arbeiten und täglich an ihren ausländischen Wohnort zurückkehren. Demzufolge begründen Grenzpendler im Inland weder einen Wohnsitz noch einen gewöhnlichen Aufenthalt.
Grenzpendler unterliegen den allgemeinen Regeln in Bezug auf die Steuerpflicht. Grenzpendler sind Personen, die ihre Einkünfte fast ausschließlich im Inland erzielen, mangels Wohnsitz in Deutschland aber nur beschränkt steuerpflichtig sind.
4.2 Antrag auf unbeschränkte Steuerpflicht
Natürliche Personen können gem. § 1 Abs. 3 EStG auf Antrag – bereits im Lohnsteuerabzugsverfahren – als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt werden, wenn sie nahezu ihre gesamten Einkünfte in Deutschland erzielen und im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Hierdurch besteht die Möglichkeit, die familienbezogenen Steuervergünstigungen (z. B. Steuerklasse III) zu erhalten. Für den Antrag auf Behandlung als unbeschränkt einkommensteuerpflichtiger Arbeitnehmer im Lohnsteuerabzugsverfahren ist von EU-/EWR-Staatsangehörigen die "Anlage Grenzpendler EU/EWR" zu verwenden.
4.2.1 Antragsvoraussetzungen
Im Einzelnen setzt ein Antrag auf fiktive unbeschränkte Steuerpflicht voraus, dass
- die Einkünfte des Grenzpendlers mindestens zu 90 % der deutschen Einkommensteuer unterliegen,
- die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte den Grundfreibetrag nicht überschreiten, im Kalenderjahr 2024 höchstens 11.604 EUR (2023: höchstens 10.908 EUR), wobei sich dieser Betrag nach Maßgabe der Ländergruppeneinteilung auf 3/4, 1/2 bzw. 1/4 verringern kann, und
- die Höhe der nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte durch eine Bescheinigung der zuständigen ausländischen Steuerbehörde nachgewiesen wird. Dabei bleiben steuerbefreite Einkünfte im Wohnsitzstaat dann unberücksichtigt, wenn sie auch im Inland steuerfrei wären.
4.2.2 Rechtsfolgen
Liegen die oben genannten Voraussetzungen vor, kann der Grenzpendler einen Antrag auf unbeschränkte Steuerpflicht stellen mit der Folge, dass die in der Bundesrepublik Deutschland erzielten Einkünfte in eine Veranlagung für diesen Grenzpendler einbezogen werden, innerhalb derer persönliche und familienbezogene Entlastungsmechanismen zum Tragen kommen und damit eine leistungsgerechtere Besteuerung sichergestellt wird. Dies gilt z. B. für den Kinderfreibetrag und den Freibetrag für Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsbedarf des Kindes, die für Auslandskinder jedoch nach den Verhältnissen des Wohnsitzstaats gekürzt werden können (Viertelregelung).
4.3 Weitere Vergünstigungen für EU-/EWR-Staatsangehörige
Handelt es sich bei dem Grenzpendler um einen EU-/EWR-Staatsangehörigen, dann ergeben sich nach § 1a Abs. 1 EStG weitere Verbesserungen. So wird auch der in einem EU-/EWR-Staat lebende Ehegatte/Lebenspartner des EU- bzw. EWR-Grenzpendlers in die steuerliche Betrachtung miteinbezogen. Dies gilt auch dann, wenn der Ehegatte/Lebenspartner kein EU-/EWR-Staatsangehöriger ist. Entscheidend ist lediglich, dass der Grenzpendler die EU-/EWR-Staatsangehörigkeit besitzt und sein Ehegatte/Lebenspartner in einem EU-/EWR-Staat lebt, also dort wohnt oder sich dort gewöhnlich aufhält. In diesen Fällen kann eine Ehegattenveranlagung durchgeführt werden, in die sämtliche Einkünfte der Ehegatten/Lebenspartner einbezogen werden und der Splittingtarif zur Anwendung kommt. Darüber hinaus können ggf. Unterhaltsleistungen an den geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehegatten/Lebenspartner als Sonderausgaben abziehbar sein. Das Gleiche gilt für Versorgungsleistungen, die an einen Empfänger mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in einem EU-/EWR-Staat gezahlt werden. Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende wirkt sich auf Grenzpendler jedoch nicht aus.