Prof. Dr. jur. Tobias Huep
Bei der vertraglichen Umsetzung und Ausgestaltung eines Auslandseinsatzes ist im ersten Schritt zu prüfen, ob der Auslandseinsatz mit oder ohne Änderungen des bestehenden Arbeitsvertrags durchgeführt werden kann. Keiner Änderung bedarf es, wenn der Auslandseinsatz allein aufgrund des Weisungsrechts des Arbeitgebers möglich ist. Sollte dies nicht der Fall sein, ist eine (einvernehmliche) Vertragsänderung oder -ergänzung nötig.
Anordnung durch Weisungsrecht
Unproblematisch vom Weisungsrecht gedeckt ist der Auslandseinsatz, wenn der Arbeitsvertrag eine ausdrückliche Regelung dazu enthält.
Direktionsrechtsklausel
"Der Arbeitnehmer kann auch an einen Arbeitsort im Ausland eingesetzt werden."
Auch ohne eine solche Klausel werden kurzfristige Auslandseinsätze regelmäßig vom allgemeinen (d. h. nicht ausdrücklich im Vertrag geregelten) Weisungsrecht gedeckt sein. Nach der neueren Rechtsprechung des BAG zeichnet sich zudem eine Tendenz zu großzügigerer Auslegung des Direktionsrechts in Arbeitsverhältnissen ab, in denen Auslandseinsätze angesichts einer zunehmend global vernetzten Weltwirtschaft zur arbeitsrechtlichen Normalität werden. Dem Arbeitsvertrag als solchem ist eine Begrenzung des Weisungsrechts auf Arbeitsorte in der Bundesrepublik Deutschland nicht automatisch zu entnehmen. So umfasst eine unternehmensweite Versetzungsklausel auch die Weisung, ins Ausland zu wechseln. Anderes gilt nur, wenn sich die Beschränkung auf Einsatzorte im Inland ausdrücklich dem Arbeitsvertrag entnehmen lässt. Die Anordnung des Auslandseinsatzes aufgrund des Weisungsrechts muss im Einzelfall nach billigem Ermessen ausgeübt werden (z. B. aufgrund der Schließung eines inländischen Standorts).
Ist die längerfristige Versetzung oder Entsendung ins Ausland vom Direktionsrecht des Arbeitgebers nicht gedeckt, bedarf es einer einvernehmlichen Vertragsänderung.
Einvernehmliche Vertragsänderung – Vertragsmodelle
Bei der vertraglichen Ausgestaltung von Auslandstätigkeiten wird beim "Einvertragsmodell" lediglich der bisherige Arbeitsvertrag um die für den Auslandseinsatz erforderlichen Regelungen erweitert. Die auf einen Auslandseinsatz bezogenen Vertragsklauseln können bereits anfänglich in den Arbeitsvertrag aufgenommen werden. Der Vertrag kann aber auch später einvernehmlich geändert und angepasst werden. Die ergänzenden Klauseln können befristet für die Dauer des Auslandseinsatzes abgeschlossen werden.
Beim "Zweivertragsmodell" (teilweise auch "Mehrvertragsmodell" genannt) wird der bestehende Arbeitsvertrag mit einem Anstellungsvertrag im Ausland oder einem Entsendungsvertrag kombiniert. In diesem werden dann die Rechte und Pflichten während des Auslandseinsatzes unter Beachtung der ausländischen arbeitsrechtlichen Vorgaben geregelt werden. Das Ausgangsarbeitsverhältnis ruht dabei. Trotz dieser rechtlichen Trennung in 2 Arbeitsverhältnisse können Pflichtverletzungen im "aktiven" Arbeitsvertrag auf den ursprünglichen, ruhenden Arbeitsvertrag "durchschlagen". Auch besteht u. U. ein einheitlicher Gerichtsstand für Streitigkeiten aus beiden Arbeitsverhältnissen am Ort der Erbringung der Arbeitsleistung.
Lücken im Entsendevertrag können durch den Rückgriff auf die Regelungen im ursprünglichen Arbeitsvertrag, aber auch durch Rückgriff auf geltende Kollektivvereinbarungen geschlossen werden.
Im Fall eines Betriebsübergangs geht auch das ruhende Arbeitsverhältnis auf den Erwerber über.
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Befristung der Auslandsentsendung
Auch der Entsendungsvertrag kann befristet abgeschlossen werden. Dabei kann es sich um die Befristung einzelner Vertragsbestandteile (beim "Einvertragsmodell") oder um die Vertragsbefristung insgesamt (beim "Zweivertragsmodell") handeln. Dabei ist der Auslandseinsatz allein kein wirksamer Befristungsgrund. Eine wirksame Sachgrundbefristung für den Auslandseinsatz ist z. B. darin zu sehen, dem Arbeitnehmer die Zugehörigkeit zur deutschen Sozialversicherung gemäß § 4 SGB IV zu erhalten. Anerkannt ist auch ein zeitlich begrenzt bestehender Arbeitskräftebedarf im Ausland. Möglich ist auch eine Projektbefristung – dies jedoch nach den allgemeinen Grundsätzen nur, wenn es sich bei den im Rahmen des Projekts zu bewältigenden Aufgaben um eine auf vorübergehende Dauer angelegte und gegenüber den Daueraufgaben des Arbeitgebers abgrenzbare Zusatzaufgabe handelt; auch dafür genügt der reine Auslandsbezug nicht. Möglich sind Befristungen aufgrund eines vorübergehenden Personaltausches, insbesondere zu Aus- und Fortbildungszwecken im Unternehmen oder Konzernverbund.