Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert. unechter Hilfsantrag auf Weiterbeschäftigung. Antrag auf vorläufige Weiterbeschäftigung. unechter Hilfsantrag. Vergleich
Orientierungssatz
1. Der Antrag des Arbeitnehmers, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsrechtsstreits vorläufig weiter zu beschäftigen, ist ein unechter Hilfsantrag. Er erhöht den Gegenstandswert für das Revisionsverfahren nur, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht. Der für die Gerichtsgebühren maßgebende Wert gilt insoweit auch für die Rechtsanwaltsgebühren.
2. Der unechte Hilfsantrag auf vorläufige Weiterbeschäftigung erhöht den Gegenstandswert eines im Revisionsverfahren geschlossenen gerichtlichen Vergleichs nicht, sofern in den Vorinstanzen eine Entscheidung über ihn nicht ergangen ist und die Parteien sich in dieser prozessualen Lage auf eine Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses aufgrund der mit dem Hauptantrag angegriffenen Kündigung verständigt haben.
Normenkette
GKG §§ 42, 45, 42 Abs. 2, § 45 Abs. 4; RVG § 32 Abs. 1
Verfahrensgang
Thüringer LAG (Urteil vom 01.08.2012; Aktenzeichen 4 Sa 135/11) |
ArbG Jena (Urteil vom 10.02.2011; Aktenzeichen 5 Ca 271/10) |
Tenor
Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 22.059,57 Euro, der Mehrwert für den gerichtlichen Vergleich vom 20. Februar 2014 auf 7.353,19 Euro festgesetzt.
Gründe
1. Die Revisionen der Parteien richteten sich gegen ein Urteil des Landesarbeitsgerichts, mit welchem dieses der Klage insofern stattgegeben hatte, als es die Unwirksamkeit der streitgegenständlichen fristlosen Kündigung feststellte, und die Klage im Übrigen – hinsichtlich der begehrten Feststellung der Unwirksamkeit auch einer ordentlichen Kündigung und des unechten Hilfsantrags auf vorläufige Weiterbeschäftigung – abgewiesen hatte.
2. Der Wert des Streitgegenstands im Revisionsverfahren richtet sich – nicht anders als in den Vorinstanzen – allein nach dem Wert des Kündigungsschutzantrags. Dieser beträgt gemäß § 42 Abs. 2 Satz 1 GKG 22.059,57 Euro als das Arbeitsentgelt des Klägers für die Dauer eines Vierteljahres. Der weitere Antrag des Klägers, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsrechtsstreits zu unveränderten Arbeitsbedingungen tatsächlich weiterzubeschäftigen, hat den Streitwert nicht erhöht.
a) Der Antrag auf vorläufige Weiterbeschäftigung ist ein unechter Hilfsantrag. Gemäß § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG wird ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch mit dem Hauptanspruch nur zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht. Dies gilt auch für einen unechten Hilfsantrag (BAG 30. August 2011 – 2 AZR 668/10 (A) – Rn. 4; GMP/Germelmann ArbGG 8. Aufl. § 12 Rn. 118 mwN). Der für die Gerichtsgebühren maßgebende Wert gilt insoweit gemäß § 32 Abs. 1 RVG auch für die Rechtsanwaltsgebühren. Die für die Gerichtsgebühren maßgeblichen Gegenstände und die Gegenstände der anwaltlichen Tätigkeit fallen nicht auseinander.
b) Danach kommt eine Berücksichtigung des Hilfsantrags auf vorläufige Weiterbeschäftigung nicht in Betracht. Über diesen Antrag ist weder von den Vorinstanzen noch vom Bundesarbeitsgericht entschieden worden. Er würde sich in der Revisionsinstanz im Übrigen mit einer Beendigung des Kündigungsrechtsstreits objektiv erledigen und dem Senat – weil durch diese Beendigung auflösend bedingt – schon deshalb nicht zur Entscheidung anfallen.
3. Der Hilfsantrag erhöht im Streitfall auch den Wert des gerichtlichen Vergleichs nicht. Nach § 45 Abs. 4 GKG gilt zwar bei einer Erledigung des Rechtsstreits durch Vergleich Absatz 1 Satz 2 der Bestimmung entsprechend. Durch den Vergleich vom 20. Februar 2014 ist über den Hilfsantrag auf vorläufige Weiterbeschäftigung aber selbst sinngemäß nicht „entschieden” worden. Das Landesarbeitsgericht hatte zuvor über ihn nicht entschieden und die Parteien haben sich in dieser Situation auf eine Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses aufgrund der Kündigung geeinigt. Damit fehlt es selbst an der einer Entscheidung über den Antrag entsprechenden Situation. Ob sich dann, wenn das Landesarbeitsgericht über den Hilfsantrag positiv entschieden hätte, aus § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 GKG etwas anderes ergäbe, kann hier dahinstehen.
Der festgesetzte Mehrwert für den Vergleich in Höhe eines Monatsgehalts berücksichtigt den Streit der Parteien über den Inhalt eines dem Kläger zu erteilenden Arbeitszeugnisses.
Unterschriften
Kreft, Niemann, Rachor
Fundstellen
NJW 2014, 8 |
FA 2014, 351 |
NZA 2014, 1359 |
AP 2015 |
EzA-SD 2014, 16 |
EzA 2014 |
NZA-RR 2014, 6 |
AUR 2014, 441 |
ArbR 2014, 525 |
RVGreport 2015, 117 |
AP-Newsletter 2014, 263 |
RVG prof. 2015, 92 |