Entscheidungsstichwort (Thema)
Anfechtung einer Betriebsratswahl. Frist zur Einreichung von Wahlvorschlägen. Nachträgliche Ergänzung der Vorschlagsliste. Prüfungs- und Unterrichtungspflicht des Wahlvorstands
Orientierungssatz
1. Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 WO erfolgt die Wahl des Betriebsrats aufgrund von Vorschlagslisten, wenn mehr als drei Betriebsratsmitglieder zu wählen sind. Die Vorschlagslisten sind gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 WO von den Wahlberechtigten vor Ablauf von zwei Wochen seit Erlass des Wahlausschreibens beim Wahlvorstand einzureichen. Die Frist, die sich nach § 41 WO entsprechend §§ 186 bis 193 BGB berechnet, steht nicht zur Disposition des Wahlvorstands. Es ist dem Wahlvorstand jedoch gestattet, die Möglichkeit zur Einreichung von Wahlvorschlägen am letzten Tag der Frist auf das Ende der Arbeitszeit im Betrieb oder auf das Ende der Dienststunden des Wahlvorstands zu begrenzen, wenn dieser Zeitpunkt nicht vor dem Ende der Arbeitszeit der Mehrheit der Arbeitnehmer liegt.
2. Eine Vorschlagsliste ist nach § 8 Abs. 1 Nr. 3 WO ungültig, wenn sie bei der Einreichung nicht die erforderliche Anzahl von Stützunterschriften aufweist. Wird der Wahlvorschlag um weitere Kandidaten ergänzt, nachdem bereits Stützunterschriften angebracht wurden, führt dies auch dann zur Ungültigkeit des Wahlvorschlags, wenn zwar nach der Ergänzung der Vorschlagsliste noch die nach § 14 Abs. 4 BetrVG erforderliche Anzahl von Stützunterschriften geleistet wurden, aber aus der Vorschlagsliste nicht zweifelsfrei hervorgeht, welche Kandidaten nachträglich auf die Liste gesetzt wurden.
3. Der Wahlvorstand ist nach § 7 Abs. 2 WO nicht verpflichtet, eine Prüfung des Wahlvorschlags durch Befragung der die Vorschlagsliste Unterzeichnenden darauf vorzunehmen, ob nach der Leistung von Stützunterschriften noch weitere Wahlbewerber in den Wahlvorschlag aufgenommen wurden. Der Wahlvorstand genügt seiner Pflicht grundsätzlich, wenn er die eingereichten Listen auf „erkennbare” Mängel überprüft, um eine Anfechtbarkeit der Wahl durch den Ausschluss objektiv ungültiger Vorschlagslisten zu vermeiden. Es ist dem Wahlvorstand aber gestattet, das ordnungsgemäße Zustandekommen aller Vorschlagslisten stichprobenartig durch weitere Nachforschungen auf ihre Gültigkeit hin zu überprüfen, soweit die Nachforschungen unverzüglich und nicht nur bezogen auf eine bestimmte Liste angestellt werden.
Normenkette
BetrVG § 19 Abs. 1-2; Erste Verordnung zur Durchführung des Betriebsverfassungsgesetzes vom 11. Dezember 2001 (WO) § 6 Abs. 1; Erste Verordnung zur Durchführung des Betriebsverfassungsgesetzes vom 11. Dezember 2001 (WO) § 7 Abs. 2; Erste Verordnung zur Durchführung des Betriebsverfassungsgesetzes vom 11. Dezember 2001 (WO) § 8 Abs. 1 Nr. 3
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde der zu 1., 2., 6. und 7. beteiligten Antragsteller wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 27. August 2015 – 3 TaBV 29/14 – aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Anhörung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
A. Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit der am 25./26. März 2014 durchgeführten Betriebsratswahl.
Die Antragsteller zu 1., 2., 6. und 7. sind wahlberechtigte Arbeitnehmer der zu 11. beteiligten Arbeitgeberin. Der Beteiligte zu 10. ist der am 25./26. März 2014 gewählte, aus neun Mitgliedern bestehende Betriebsrat.
Am 7. Februar 2014 hatte der Wahlvorstand ein Wahlausschreiben erlassen. Dieses lautet auszugsweise:
„Die Betriebsratswahl findet am 25.03. und 26.03.2014 von 05.30 bis 06.30 Uhr und von 13.30 bis 14.30 Uhr im Versammlungsraum Gebäude 09 (ehem. Speisesaal) statt.
…
Die wahlberechtigten Arbeitnehmer/innen werden hiermit aufgefordert, vor Ablauf von zwei Wochen, spätestens bis zum 21.02.2014, 14.00 Uhr, Vorschlagslisten beim Wahlvorstand, Büro Herr K oder Büro Frau W einzureichen. Nur fristgerecht eingereichte Vorschlagslisten werden berücksichtigt.
Weitere Hinweise:
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3. |
Die Vorschlagslisten müssen von mindestens 16 Arbeitnehmer/innen unterzeichnet sein (§ 14 Abs. 4 BetrVG) [Stützunterschriften]. Einer der Bewerber für die Betriebsratswahl soll als Listenvertreter bezeichnet sein. |
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9. |
Die Stimmabgabe ist an die Vorschlagslisten gebunden. Die Bekanntgabe der gültigen Vorschlagsliste(n) erfolgt, sofern keine Nachfrist nach § 9 WO erforderlich wird, im Zeitraum vom 24.02. – 10.03.2014 an den bekannten Informationstafeln des Wahlvorstands bis zum Abschluss der Stimmabgabe. |
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13. |
Vorschlagslisten, Einsprüche und sonstige Erklärungen sind beim Wahlvorstand (Betriebsadresse) abzugeben (Büro Frau W). |
14. |
Die Auszählung der Stimmen ist öffentlich und erfolgt am 26.03.2014, 14.30 Uhr im Beratungsraum 09.02 neben Büro Finanzen/Controlling im Gebäude 09. |
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Betriebsadresse des Wahlvorstands: Büro Frau W” |
Im Betrieb der Arbeitgeberin arbeiteten im März 2014 327 wahlberechtigte Arbeitnehmer. Die Schichtwechsel der im Drei-Schicht-System beschäftigten Arbeitnehmer finden um 06:00 Uhr, 14:00 Uhr und 22:00 Uhr statt. Außerdem werden Arbeitnehmer in der Zeit von 06:00 Uhr bis 14:30 Uhr einschichtig eingesetzt. Die Arbeitszeit der etwa 25 Beschäftigten in der Verwaltung endet nicht vor 15:00 Uhr.
Am 21. Februar 2014 um 10:54 Uhr ging beim Wahlvorstand die Wahlvorschlagsliste „C” ein. Am 21. Februar 2014 um 13:10 Uhr reichte der Antragsteller zu 1. die Vorschlagsliste „P” nebst einer Liste mit 63 Stützunterschriften beim Wahlvorstand ein. Die Wahlvorschlagsliste „P” endet mit der Eintragung des Antragstellers zu 6. – D (Nr. 21) –, der in der Liste „Unterstützungsunterschriften für die Vorschlagsliste zur Betriebsratswahl” zugleich unter der Nr. 48 eine Stützunterschrift geleistet hatte. Nach seiner Stützunterschrift folgen weitere 15 Stützunterschriften (Nr. 49 – 63).
Mit Schreiben vom 26. Februar 2014 teilte der Wahlvorstand dem Antragsteller zu 1. mit, seine Prüfung des Wahlvorschlags „P” am 24. und 25. Februar 2014 habe ergeben, dass die Vorschlagsliste ungültig sei. Nach der Leistung von Stützunterschriften seien noch Wahlbewerber in die Vorschlagsliste aufgenommen worden.
Die Betriebsratswahl wurde am 25. und 26. März 2014 allein mit der Vorschlagsliste „C” durchgeführt. Das Wahlergebnis wurde am 1. April 2014 durch Aushang bekannt gegeben.
Mit der beim Arbeitsgericht am 11. April 2014 eingegangenen Antragsschrift, die keinen ausdrücklichen Antrag enthält, haben ursprünglich neun wahlberechtigte Arbeitnehmer, ua. die Antragsteller zu 1., 2., 6. und 7., das vorliegende Verfahren „wegen Anfechtung der Betriebsratswahl” eingeleitet und mehrere Verstöße gegen Wahlvorschriften gerügt. Sie haben geltend gemacht, der Abgabetermin für Wahlvorschläge hätte nicht auf 14:00 Uhr am 21. Februar 2014 festgesetzt werden dürfen. Die Abgabefrist habe vielmehr erst um 24:00 Uhr geendet. Außerdem habe der Wahlvorstand seiner Pflicht zur unverzüglichen Prüfung der Vorschlagsliste „P” nicht genügt. Bei Vornahme einer unverzüglichen Prüfung und Unterrichtung des Listenvertreters hätten am 21. Februar 2014 bis 24:00 Uhr noch mindestens 16 Stützunterschriften für eine ordnungsgemäße Liste gesammelt werden können.
Die Wahl sei auch deshalb anfechtbar, weil der an beiden Wahltagen zur Verfügung stehende Zeitraum zur Stimmabgabe von 05:30 Uhr bis 06:30 Uhr sowie von 13:30 Uhr bis 14:30 Uhr zu kurz bemessen gewesen sei. Zudem seien entgegen § 3 Abs. 2 Nr. 10 und Nr. 12 der Ersten Verordnung zur Durchführung des Betriebsverfassungsgesetzes vom 11. Dezember 2001 (WO) in dem Wahlausschreiben vom 7. Februar 2014 weder die Orte genannt, an denen die Wahlvorschläge bis zum Abschluss der Stimmabgabe aushingen, noch sei angegeben, wo Einsprüche, Wahlvorschläge und sonstige Erklärungen gegenüber dem Wahlvorstand abzugeben gewesen seien. Ferner habe der Wahlvorstand nicht den Ort und Zeitpunkt der Öffnung der im Wege der Briefwahl eingereichten Freiumschläge bekannt gegeben.
Die Antragsteller haben beantragt
festzustellen, dass die am 25./26. März 2014 im Betrieb der Beteiligten zu 11. durchgeführte Wahl des Beteiligten zu 10. unwirksam ist.
Der Betriebsrat und die Arbeitgeberin haben die Abweisung des Antrags beantragt.
Das Arbeitsgericht hat den Antrag abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Antragsteller hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgen die Antragsteller ihren Antrag weiter. Der Betriebsrat und die Arbeitgeberin beantragen die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde.
Entscheidungsgründe
B. Die Rechtsbeschwerde der Antragsteller ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht. Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts kann der Antrag nicht abgewiesen werden.
I. Mit dem Antrag „festzustellen, dass die am 25./26. März 2014 im Betrieb der Beteiligten zu 11. durchgeführte Wahl des Beteiligten zu 10. unwirksam ist”, haben die Antragsteller die Wahl nach § 19 Abs. 1 BetrVG angefochten, auch wenn sie nach dem Antragswortlaut nicht den gebotenen Gestaltungsantrag, die Wahl für unwirksam zu erklären, sondern einen Feststellungsantrag formuliert haben. Der Antrag ist entsprechend auszulegen (vgl. BAG 21. März 2017 – 7 ABR 19/15 – Rn. 10 mwN, BAGE 158, 256). Die Antragsteller haben in der Anhörung vor dem Senat bestätigt, dass die Nichtigkeit der Wahl nicht geltend gemacht wird.
II. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, der Wahlanfechtungsantrag sei unbegründet, ist nicht frei von Rechtsfehlern.
1. Nach § 19 Abs. 1 BetrVG kann die Wahl des Betriebsrats beim Arbeitsgericht angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte. Zur Anfechtung berechtigt sind nach § 19 Abs. 2 Satz 1 BetrVG mindestens drei Wahlberechtigte, eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft oder der Arbeitgeber. Die Wahlanfechtung ist nach § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Bekanntgabe des Wahlergebnisses an gerechnet, zulässig.
2. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die formellen Voraussetzungen einer Wahlanfechtung nach § 19 Abs. 2 BetrVG erfüllt sind.
a) Die zuletzt noch verbliebenen vier Antragsteller sind wahlberechtigte Arbeitnehmer des Betriebs und damit nach § 19 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 BetrVG zur Wahlanfechtung berechtigt.
b) Die zweiwöchige Anfechtungsfrist ist eingehalten. Der Wahlvorstand hat das Wahlergebnis am 1. April 2014 bekannt gegeben. Die am 11. April 2014 beim Arbeitsgericht eingegangene Antragsschrift hat daher die Frist des § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG gewahrt. Dem steht nicht entgegen, dass in der Antragsschrift kein ausdrücklicher Antrag formuliert ist. Die Auslegung der Antragsschrift ergibt, dass mit dieser die Wahl angefochten werden sollte. Die Antragsteller haben eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass sie sich gegen die im Betrieb der Arbeitgeberin am 25./26. März 2014 durchgeführte Wahl wenden und die Anfechtung insbesondere auf eine zu kurz bemessene Frist zur Einreichung von Wahlvorschlägen in dem Wahlausschreiben und auf einen Verstoß des Wahlvorstands gegen die Pflicht zur unverzüglichen Prüfung von Wahlvorschlägen stützen wollten. Da die in der Antragsschrift geltend gemachten Anfechtungsgründe bei ihrem Vorliegen zur Unwirksamkeit der Wahl insgesamt führen würden, bestand entgegen der Auffassung des Betriebsrats und der Arbeitgeberin kein Zweifel daran, dass die Antragsteller damit die Wahl insgesamt angefochten und nicht etwa eine Korrektur des Wahlergebnisses angestrebt haben.
3. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, bei der Wahl sei nicht gegen wesentliche Wahlvorschriften verstoßen worden, hält mit der gegebenen Begründung nicht in allen Punkten einer rechtsbeschwerderechtlichen Überprüfung stand. Das Landesarbeitsgericht ist auf einer unzureichenden Tatsachengrundlage zu dem Ergebnis gelangt, die Frist von zwei Wochen für die Einreichung von Wahlvorschlägen nach § 6 Abs. 1 Satz 2 WO sei gewahrt.
a) Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 WO erfolgt die Wahl aufgrund von Vorschlagslisten, wenn – wie hier – mehr als drei Betriebsratsmitglieder zu wählen sind. Die Vorschlagslisten sind gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 WO von den Wahlberechtigten vor Ablauf von zwei Wochen seit Erlass des Wahlausschreibens beim Wahlvorstand einzureichen. Für die Berechnung der Frist finden nach § 41 WO die §§ 186 bis 193 BGB entsprechende Anwendung. Da für den Beginn der Frist der Erlass des Wahlausschreibens maßgebend ist, wird nach § 187 Abs. 1 BGB bei der Berechnung der Frist der Tag, an dem das Wahlausschreiben erlassen wurde, nicht mitgerechnet. Die Frist endet damit nach § 188 Abs. 2 BGB mit dem Ablauf des Tages der letzten Woche, welcher durch seine Benennung dem Tag entspricht, an dem das Wahlausschreiben erlassen wurde. In dem Wahlausschreiben hat der Wahlvorstand nach § 3 Abs. 2 Nr. 8 WO anzugeben, dass Wahlvorschläge vor Ablauf von zwei Wochen seit dem Erlass des Wahlausschreibens beim Wahlvorstand in Form von Vorschlagslisten einzureichen sind. Dabei ist der letzte Tag der Frist anzugeben. Die vorgeschriebene Angabe des letzten Tages der Frist ist nur eine zusätzliche Klarstellung. Sie soll dem Wahlvorstand keinen Spielraum einräumen (BAG 9. Dezember 1992 – 7 ABR 27/92 – zu B II der Gründe; vgl. zu § 6 Abs. 2 Nr. 8 BPersVWO BVerwG 17. Juli 1980 – 6 P 4.80 –).
b) Der Wahlvorstand kann die Möglichkeit zur Einreichung von Wahlvorschlägen am letzten Tag der Frist auf das Ende der Arbeitszeit im Betrieb oder auf das Ende der Dienststunden des Wahlvorstands begrenzen, wenn dieser Zeitpunkt nicht vor dem Ende der Arbeitszeit der Mehrheit der Arbeitnehmer liegt (vgl. zur Frist für Einsprüche gegen die Wählerliste nach § 4 WO BAG 4. Oktober 1977 – 1 ABR 37/77 – zu III 2 c der Gründe; zur Frist für Einsprüche gegen die Wählerliste nach § 6 Abs. 1 WO DrittelbG vgl. BAG 15. Dezember 2011 – 7 ABR 56/10 – Rn. 28). Dem steht nicht entgegen, dass die gesetzliche Frist des § 6 WO nicht zur Disposition des Wahlvorstands steht.
aa) Der Wahlvorstand kann keine andere als die gesetzlich vorgesehene Frist zur Einreichung von Wahlvorschlägen festlegen. Dies gilt nicht nur für den letzten Tag der Frist (BAG 9. Dezember 1992 – 7 ABR 27/92 – zu B II der Gründe), sondern auch für die Uhrzeit des Fristablaufs (vgl. etwa Jacobs GK-BetrVG 11. Aufl. § 6 WO Rn. 5, § 4 WO Rn. 5; Boemke BB 2009, 2758 f.; vgl. auch BVerwG 17. Juli 1980 – 6 P 4.80 – zu § 6 Abs. 2 Nr. 8 BPersVWO). Die WO gewährt dem Wahlvorstand insoweit keinen Spielraum. Hätte der Verordnungsgeber dem Wahlvorstand die Befugnis einräumen wollen, die Uhrzeit des Fristablaufs im Hinblick auf die betrieblichen Gegebenheiten abweichend vom gesetzlich vorgesehenen Fristende zu bestimmen, so hätte er in § 3 Abs. 2 Nr. 8 WO – ähnlich wie in § 3 Abs. 2 Nr. 11 WO – angeordnet, die Uhrzeit in dem Wahlausschreiben anzugeben (vgl. BVerwG 17. Juli 1980 – 6 P 4.80 – zu § 6 Abs. 2 Nr. 8 BPersVWO).
bb) Diese gesetzlichen Vorgaben hindern den Wahlvorstand jedoch nicht, in dem Wahlausschreiben den Zeitpunkt anzugeben, bis zu dem ihm am letzten Tag der Frist Wahlvorschläge zugehen können. Damit verkürzt der Wahlvorstand nicht die Frist zur Einreichung von Wahlvorschlägen, sondern gibt bekannt, bis zu welchem Zeitpunkt ein fristgerechter Zugang der Vorschlagslisten bei ihm bewirkt werden kann.
(1) Auf den Zugang von Wahlvorschlägen beim Wahlvorstand finden die allgemeinen Grundsätze für den Zugang von Willenserklärungen Anwendung. Wird ein Wahlvorschlag an der angegebenen Adresse des Wahlvorstands einem Wahlvorstandsmitglied übergeben, geht er dem Wahlvorstand im Zeitpunkt der Übergabe zu. Wird der Wahlvorschlag an der Betriebsadresse des Wahlvorstands in dessen Briefkasten oder sonstige Zugangsvorrichtung eingeworfen, geht er nicht ohne weiteres im Zeitpunkt des Einwurfs zu (so wohl aber zur BPersVWO BVerwG 17. Juli 1980 – 6 P 4.80 –), sondern erst dann, wenn unter Zugrundelegung gewöhnlicher Verhältnisse für den Wahlvorstand die Möglichkeit besteht, von dem Wahlvorschlag Kenntnis zu nehmen (vgl. zum Zugang von Willenserklärungen: BAG 26. März 2015 – 2 AZR 483/14 – Rn. 37; BGH 11. April 2002 – I ZR 306/99 – zu II der Gründe).
(2) Die Angabe in dem Wahlausschreiben, dass die Wahlvorschläge bis zum Ende der Arbeitszeit in dem Betrieb oder der Dienststunden des Wahlvorstands eingereicht werden müssen, trägt daher den allgemeinen Regelungen über den (rechtzeitigen) Zugang von Willenserklärungen Rechnung (vgl. zu § 4 WO BAG 4. Oktober 1977 – 1 ABR 37/77 – zu III 2 c der Gründe; ähnlich Jacobs GK-BetrVG 11. Aufl. § 6 WO Rn. 5, § 4 WO Rn. 5; Boemke BB 2009, 2758 f.).
Wird ein Wahlvorschlag erst später in den Briefkasten des Wahlvorstands eingeworfen, besteht für den Wahlvorstand unter Zugrundelegung gewöhnlicher Verhältnisse erst am Folgetag die Möglichkeit, von dem Wahlvorschlag Kenntnis zu nehmen, denn es ist von ihm nicht zu erwarten, dass er sich über das Ende der betrieblichen Arbeitszeit bzw. der Arbeitszeit der Mehrheit der Arbeitnehmer hinaus bis 24:00 Uhr im Betrieb aufhält, um einen Zugang von Wahlvorschlägen zu ermöglichen. Hierzu ist der Wahlvorstand nicht verpflichtet.
(a) Das Amt des Wahlvorstandsmitglieds ist ein Ehrenamt. Die Tätigkeit des Wahlvorstands findet grundsätzlich während der Arbeitszeit statt. Zwar haben Wahlvorstandsmitglieder, die betriebsbedingt außerhalb ihrer persönlichen Arbeitszeit erforderliche Wahlvorstandstätigkeit leisten, in entsprechender Anwendung von § 37 Abs. 3 BetrVG einen Anspruch auf Freizeitausgleich (BAG 26. April 1995 – 7 AZR 874/94 – zu I 1 der Gründe, BAGE 80, 54). Das begründet allerdings nicht die Pflicht, sich am letzten Tag der Frist zur Einreichung von Wahlvorschlägen über die Arbeitszeit der Mehrheit der Arbeitnehmer hinaus bis 24:00 Uhr im Betrieb aufzuhalten.
(b) Gegenteiliges folgt auch nicht aus der Pflicht des Wahlvorstands, eingereichte Wahlvorschläge unverzüglich zu prüfen (§ 7 Abs. 2 WO). Daraus ergibt sich zwar, dass der Wahlvorstand am letzten Tag der Einreichungsfrist Vorkehrungen treffen muss, um kurzfristig zusammentreten und eingehende Wahlvorschläge prüfen zu können, damit ggf. vorhandene Mängel noch rechtzeitig behoben werden können (BAG 18. Juli 2012 – 7 ABR 21/11 – Rn. 26; 21. Januar 2009 – 7 ABR 65/07 – Rn. 25; 25. Mai 2005 – 7 ABR 39/04 – zu B II 2 a der Gründe, BAGE 115, 34). Das bedeutet aber nicht, dass er sich hierzu über das Ende der Arbeitszeit der Mehrzahl der Arbeitnehmer hinaus im Betrieb aufhalten muss. Dies gilt auch in einem Betrieb, der im Schichtdienst „rund um die Uhr” arbeitet. Von den Mitgliedern des Wahlvorstands kann auch am letzten Tag der Einreichungsfrist nicht erwartet werden, dass sie länger tätig werden als die Mehrheit der Arbeitnehmer des Betriebs, ggf. bis 24:00 Uhr. Die wahlberechtigten Arbeitnehmer können sich aufgrund der Angaben in dem Wahlausschreiben auf das Ende der Dienstzeit der Mehrheit der Arbeitnehmer und des Wahlvorstands einstellen.
cc) Das voraussichtliche Ende der Arbeitszeit der Mehrzahl der Arbeitnehmer des Betriebs am Tag des Fristablaufs ist vom Wahlvorstand bei Erlass des Wahlausschreibens zu prognostizieren.
c) Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die vom Wahlvorstand festgesetzte Frist für die Einreichung von Vorschlagslisten auf 14:00 Uhr am 21. Februar 2014 liege nicht vor dem Ende der Arbeitszeit der Mehrzahl der Arbeitnehmer des Betriebs, hält einer rechtsbeschwerderechtlichen Überprüfung nicht stand. Die bislang getroffenen Feststellungen tragen diese Bewertung nicht.
aa) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, da im Produktionsbereich des Betriebs im Drei-Schicht-System mit ca. 50 Arbeitnehmern pro Schicht gearbeitet werde, Schichtwechsel und damit das Ende der Arbeitszeit für die Beschäftigten der jeweiligen Schicht um 06:00 Uhr, 14:00 Uhr und 22:00 Uhr sei und für die etwa 25 Beschäftigten in der Verwaltung die Arbeitszeit nicht vor 15:00 Uhr ende, habe am 21. Februar 2014 lediglich die Arbeitszeit der 25 Arbeitnehmer der Verwaltung und von ca. 50 Beschäftigten der Spätschicht nach 14:00 Uhr geendet. Die Arbeitszeit des überwiegenden Teils der insgesamt 327 wahlberechtigten Arbeitnehmer sei daher nicht betroffen.
bb) Gegen diese Würdigung haben die Antragsteller mit der Rechtsbeschwerde zwar keine Verfahrensrügen erhoben. Die Berechnung des Landesarbeitsgerichts ist jedoch nicht nachvollziehbar. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts waren seinerzeit in dem Betrieb insgesamt 327 wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt. Nach den weiteren Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist davon auszugehen, dass am 21. Februar 2014 die Arbeitszeit von ca. 50 in der vorangegangenen Nachtschicht (20./21. Februar 2014) tätigen Arbeitnehmern und von ca. 50 Arbeitnehmern der Frühschicht bis 14:00 Uhr endete, nicht jedoch die Arbeitszeit von ca. 50 Arbeitnehmern der Spätschicht und der ca. 25 in der Verwaltung beschäftigten Arbeitnehmer. Damit hat das Landesarbeitsgericht lediglich Feststellungen zum Ende der Arbeitszeit von ca. 175 der insgesamt 327 wahlberechtigten Arbeitnehmer am 21. Februar 2014 getroffen. Feststellungen zu den restlichen ca. 152 Arbeitnehmern fehlen. Es kann daher nicht beurteilt werden, ob und aufgrund welcher Umstände der Wahlvorstand bei Erlass des Wahlausschreibens am 7. Februar 2014 annehmen durfte, dass die Arbeitszeit der Mehrzahl der Arbeitnehmer des Betriebs am 21. Februar 2014, dem letzten Tag der Frist zur Einreichung von Wahlvorschlägen, spätestens um 14:00 Uhr enden würde.
III. Der Rechtsfehler führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Der Senat kann nicht abschließend entscheiden, ob der Wahlanfechtungsantrag begründet ist.
1. Der Senat kann auch unter Berücksichtigung der von dem Geschäftsführer der Arbeitgeberin bei der Anhörung vor dem Senat mitgeteilten, von den Beteiligten unstreitig gestellten Angaben zur tatsächlichen Beschäftigungssituation am 21. Februar 2014 nicht beurteilen, ob der Wahlvorstand bei Erlass des Wahlausschreibens prognostizieren durfte, dass die Arbeitszeit der Mehrzahl der Arbeitnehmer am 21. Februar 2014 spätestens um 14:00 Uhr enden würde. Nach diesen Angaben arbeiteten am 21. Februar 2014 in der Frühschicht 55 Arbeitnehmer, in der Spätschicht 39 und in der folgenden Nachtschicht 48 Arbeitnehmer; an diesem Tag waren 65 Personen in der Zeit zwischen 06:00 Uhr und 14:30 Uhr einschichtig beschäftigt, 52 Arbeitnehmer hatten eine Freischicht, 16 Arbeitnehmer waren arbeitsunfähig erkrankt, 23 Arbeitnehmer befanden sich im Urlaub, 11 Arbeitnehmer waren aus sonstigen Gründen freigestellt und 7 Arbeitnehmer waren wegen Weiterbildungsmaßnahmen abwesend. Diese Angaben lassen zum einen nicht erkennen, ob der Wahlvorstand diese Daten bereits zum Zeitpunkt des Erlasses des Wahlausschreibens am 7. Februar 2014 für den 21. Februar 2014 prognostizieren konnte. Zum anderen fließen in die Berechnung nur diejenigen Arbeitnehmer ein, die an diesem Tag ihre Arbeit voraussichtlich beenden, nicht aber diejenigen, deren Nachtschicht am Tag des Fristablaufs erst beginnt, da deren Arbeitszeit erst am nächsten Tag endet. Arbeitnehmer der Freischicht fließen ebenfalls nicht in die Berechnung ein, weil sie an dem letzten Tag der Einreichungsfrist nicht arbeiten. Unberücksichtigt bleiben daher auch diejenigen, deren Abwesenheit am 21. Februar 2014 zB wegen Urlaub, Krankheit, Weiterbildung oder Freistellung bei Erlass des Wahlausschreibens absehbar war. Hierzu wird das Landesarbeitsgericht die gebotenen Feststellungen zu treffen haben.
2. Eine Zurückverweisung erübrigt sich nicht deshalb, weil eine fehlerhafte Festsetzung der Uhrzeit, bis zu der Wahlvorschläge eingereicht werden konnten, keine Auswirkungen auf das Wahlergebnis haben konnte. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass weitere – ordnungsgemäße – Wahlvorschläge eingereicht worden wären, wenn der Wahlvorstand die Uhrzeit für den Zugang der Vorschlagslisten am 21. Februar 2014 nicht auf 14:00 Uhr, sondern auf einen späteren Zeitpunkt festgelegt hätte.
3. Die Zurückverweisung ist auch nicht deshalb entbehrlich, weil dem Anfechtungsantrag für den Fall, dass der Wahlvorstand die Frist für den Zugang von Wahlvorschlägen zu Recht auf 21. Februar 2014, 14:00 Uhr festgelegt hätte, aus anderen Gründen stattzugeben wäre. Die Wahl ist nicht wegen anderer Verstöße gegen Wahlvorschriften anfechtbar.
a) Die Wahl wäre nicht wegen Verletzung der nach § 7 Abs. 2 WO bestehenden Pflicht des Wahlvorstands zur unverzüglichen Prüfung der am 21. Februar 2014 um 13:10 Uhr eingegangenen Vorschlagsliste „P” unwirksam. Selbst wenn der Wahlvorstand gegen die Pflicht zur unverzüglichen Prüfung der Vorschlagsliste verstoßen haben sollte, konnte sich dies wegen der Kürze der verbleibenden Zeit zur Einreichung einer fehlerfreien Vorschlagsliste nicht auf das Wahlergebnis auswirken.
aa) Nach § 7 Abs. 2 Satz 2 WO hat der Wahlvorstand die eingereichten Vorschlagslisten unverzüglich, möglichst binnen einer Frist von zwei Arbeitstagen nach ihrem Eingang, zu prüfen und bei Ungültigkeit oder Beanstandung einer Liste den Listenvertreter unverzüglich schriftlich unter Angabe der Gründe zu unterrichten. Unverzüglich im Sinne dieser Bestimmung bedeutet ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die im Gesetz genannte Frist von zwei Arbeitstagen ist, wie sich aus der Formulierung „möglichst” ergibt, keine starre Frist. Ob der Wahlvorstand unverzüglich gehandelt hat, ist unter Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalls und unter Berücksichtigung des Zwecks der Regelung zu beurteilen. Die Pflicht zur unverzüglichen Prüfung der Vorschlagslisten und zur unverzüglichen Unterrichtung des Listenvertreters über die Ungültigkeit der Liste dient dazu, es dem Einreicher einer Liste zu ermöglichen, innerhalb der Einreichungsfrist eine gültige Vorschlagsliste nachzureichen. Dementsprechend hat der Wahlvorstand am letzten Tag der Einreichungsfrist Vorkehrungen zu treffen, um kurzfristig zusammenzutreten und eingehende Wahlvorschläge prüfen zu können. Auch wenn die Einreicher grundsätzlich das Risiko tragen, dass ein möglicherweise zur Ungültigkeit führender Mangel des Wahlvorschlags nicht innerhalb der Frist behoben werden kann, entbindet dies den Wahlvorstand nicht von der Pflicht, die Prüfung der Vorschlagslisten möglichst rasch durchzuführen, damit eventuell vorhandene Mängel noch rechtzeitig behoben werden können (BAG 18. Juli 2012 – 7 ABR 21/11 – Rn. 26; 21. Januar 2009 – 7 ABR 65/07 – Rn. 25; 25. Mai 2005 – 7 ABR 39/04 – zu B II 2 a der Gründe, BAGE 115, 34).
bb) Selbst wenn der Wahlvorstand sofort nach Einreichung der Liste „P” am 21. Februar 2014 um 13:10 Uhr zusammengetreten wäre, um die Prüfung nach § 7 Abs. 2 WO vorzunehmen, hätte dies das Wahlergebnis nicht ändern können. Das Landesarbeitsgericht hat es zu Recht als nicht möglich erachtet, dass die verbleibende Zeit von 50 Minuten ausgereicht hätte, um den Mangel zu beheben. In dieser Zeit hätte der Wahlvorstand die Vorschlagsliste prüfen sowie den Listenvertreter von dem Mangel schriftlich unterrichten müssen und es hätte eine neu erstellte Vorschlagsliste mit der erforderlichen Anzahl von mindestens 16 Stützunterschriften, die noch einzuholen gewesen wären, beim Wahlvorstand eingereicht werden müssen. Dies hat das Landesarbeitsgericht zu Recht für ausgeschlossen gehalten.
b) Die Wahl ist auch nicht deshalb anfechtbar, weil der Wahlvorstand die Vorschlagsliste „P” nicht zur Wahl zugelassen hat. Die Vorschlagsliste ist nach § 8 Abs. 1 Nr. 3 WO ungültig, da der Kandidat D unter Nr. 21 als Wahlbewerber aufgenommen wurde, nachdem bereits Stützunterschriften geleistet worden waren, und die Ergänzung der Liste nicht kenntlich gemacht wurde.
aa) Nach § 8 Abs. 1 Nr. 3 WO ist eine Vorschlagsliste ungültig, wenn sie bei der Einreichung nicht die erforderliche Anzahl von Stützunterschriften aufweist. Ein Wahlvorschlag ist ein Vorschlag aller, die ihn unterzeichnet haben. Wird er, nachdem bereits Stützunterschriften angebracht wurden, geändert, führt dies zur Ungültigkeit des Wahlvorschlags. Dies gilt nicht nur für den Fall, dass nachträglich Kandidaten gestrichen (BAG 15. Dezember 1972 – 1 ABR 8/72 – zu II B 1 der Gründe, BAGE 24, 480) oder hinzugefügt werden und die danach gesammelten Stützunterschriften das Quorum nach § 14 Abs. 4 BetrVG nicht erfüllen (vgl. BAG 21. Januar 2009 – 7 ABR 65/07 – Rn. 23). Ein Wahlvorschlag ist auch dann insgesamt ungültig, wenn ein Kandidat auf die Vorschlagsliste gesetzt wird, nachdem bereits Stützunterschriften geleistet wurden und die nach Abschluss der Wahlbewerberliste angebrachten Stützunterschriften zwar das Quorum des § 14 Abs. 4 BetrVG erfüllen, aus der Vorschlagsliste aber nicht zweifelsfrei hervorgeht, welche Kandidaten nachträglich auf die Liste gesetzt und nicht von den ursprünglichen Unterzeichnern unterstützt wurden. Die Einreichung von Wahlvorschlägen ist Teil des innerbetrieblichen Willensbildungsprozesses. Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich spätere Unterstützer von der Person und Anzahl der bereits vorhandenen Unterstützer beeinflussen lassen, ist ein unbeeinträchtigter Willensbildungsprozess nicht mehr möglich, wenn späteren Unterzeichnern gegenüber der Eindruck erweckt wird, die Liste in der Gestalt, wie sie ihnen präsentiert wird, werde bereits von einer bestimmten Anzahl von Personen oder bestimmten Personen unterstützt (offengelassen von BAG 18. Juli 2012 – 7 ABR 21/11 – Rn. 40 f.).
Entgegen der Auffassung der Antragsteller gebietet § 6 Abs. 5 Satz 3 WO, der die Streichung von Stützunterschriften bei Mehrfachunterzeichnungen von Vorschlagslisten durch den Wahlvorstand anordnet, kein anderes Ergebnis. Bei einer Unterzeichnung mehrerer Vorschlagslisten haben die Unterzeichnenden den vollständigen Wahlvorschlag jedenfalls im Zeitpunkt der Unterzeichnung unterstützt. Im Gegensatz dazu kann bei der nachträglichen Ergänzung der Vorschlagsliste ein Mangel in der Willensbildung nicht ausgeschlossen werden. Auch aus der Entscheidung des Senats vom 6. November 2013 (– 7 ABR 65/11 –) ergibt sich nichts anderes, soweit der Senat die Unterschrift eines Wahlbewerbers dort zugleich als Stützunterschrift gewertet hat. In diesem Fall stand nur dieser Wahlbewerber auf der Vorschlagsliste, so dass sich das Problem der Ergänzung der Liste nicht stellte (BAG 6. November 2013 – 7 ABR 65/11 – Rn. 24).
bb) Danach ist die Vorschlagsliste „P” ungültig, da unter Nr. 21 der Kandidat D hinzugefügt wurde, nachdem bereits Stützunterschriften für die zuvor gelisteten Kandidaten geleistet worden waren. Zwar wurden anschließend 16 weitere Stützunterschriften (Nr. 48 bis 63 der Unterstützerliste) erbracht. Dies genügte zwar für das nach § 14 Abs. 4 BetrVG erforderliche Quorum. Die Vorschlagsliste ist aber dennoch ungültig, weil aus ihr nicht hervorgeht, welche Kandidaten nachträglich auf die Liste gesetzt wurden und deshalb von den ursprünglichen Unterzeichnern nicht unterstützt worden sein konnten.
cc) Der Wahlvorstand durfte diesen Mangel der Liste „P” berücksichtigen, obwohl der Mangel nach der äußeren Gestaltung der Unterlagen nicht erkennbar war, sondern erst aufgrund zusätzlicher eigener Nachforschungen des Wahlvorstands festgestellt wurde. Der Wahlvorstand ist nach § 7 Abs. 2 Satz 2 WO zwar nicht verpflichtet, eine Prüfung des Wahlvorschlags durch Befragung der die Vorschlagsliste Unterzeichnenden darauf vorzunehmen, ob nach der Leistung von Stützunterschriften noch weitere Wahlbewerber in den Wahlvorschlag aufgenommen wurden. Er ist dazu jedoch berechtigt.
(1) Der Wahlvorstand genügt seiner Pflicht nach § 7 Abs. 2 WO grundsätzlich, wenn er die eingereichten Vorschlagslisten auf „erkennbare” Ungültigkeitsgründe überprüft. Zu prüfen sind alle Umstände, die geeignet sind, die Gültigkeit eines Wahlvorschlags in Frage zu stellen und die der Wahlvorstand aufgrund der äußeren Gestaltung der eingereichten Urkunde unschwer erkennen kann. Eine kursorische, also oberflächliche Prüfung der Vorschlagsliste genügt den von der Wahlordnung aufgestellten Anforderungen nicht (vgl. BAG 15. Mai 2013 – 7 ABR 40/11 – Rn. 18 mwN, BAGE 145, 120; 18. Juli 2012 – 7 ABR 21/11 – Rn. 26; 21. Januar 2009 – 7 ABR 65/07 – Rn. 27). Der Wahlvorstand ist gehalten, allen erkennbaren Problemen hinsichtlich der Gültigkeit von Wahlvorschlägen nachzugehen (vgl. BAG 18. Juli 2012 – 7 ABR 21/11 – Rn. 27), um eine Anfechtbarkeit der Wahl durch den Ausschluss objektiv ungültiger Vorschlagslisten zu vermeiden. Damit erfüllt der Wahlvorstand die Mindestanforderungen für die Prüfung. § 7 Abs. 2 Satz 2 WO untersagt es ihm allerdings nicht, Wahlvorschläge durch weitere Nachforschungen auf ihre Gültigkeit hin zu überprüfen. Um den Zweck der Prüfung zu erreichen, macht es keinen Unterschied, ob der Wahlvorstand von möglichen Mängeln der Vorschlagsliste Kenntnis erhält, weil sich etwa Unterstützer an ihn wenden und ihm über Fehler beim Zustandekommen der Vorschlagsliste berichten, oder ob er hiervon durch eigene Nachfragen bei Unterstützern erfährt. Deshalb ist es dem Wahlvorstand gestattet, das ordnungsgemäße Zustandekommen aller Vorschlagslisten stichprobenartig nach pflichtgemäßem Ermessen zu überprüfen. Der Rahmen für derartige Nachforschungen des Wahlvorstands wird vor allem in zeitlicher Hinsicht dadurch begrenzt, dass die Prüfung der Wahlvorschläge unverzüglich zu erfolgen hat und der Wahlvorstand bei Ungültigkeit oder Beanstandung einer Liste den/die Listenvertreter/in unverzüglich schriftlich unter Angabe der Gründe zu unterrichten hat. Außerdem würde der Wahlvorstand sein Prüfungsermessen überschreiten, wenn er ohne nachvollziehbaren Grund Nachforschungen nur bezogen auf eine bestimmte Liste anstellen, also nach „zweierlei Maß” prüfen würde.
(2) Danach war der Wahlvorstand berechtigt, durch Befragung von Unterstützern der Liste „P” zu überprüfen, ob nach der Leistung von Stützunterschriften noch Wahlbewerber in die Vorschlagsliste aufgenommen wurden. Anhaltspunkte dafür, dass der Wahlvorstand die Liste „P” benachteiligt bzw. die Liste „C” bei den zusätzlichen Nachforschungen bevorzugt hätte, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Dagegen spricht, dass der Vorsitzende des Wahlvorstands in der Anhörung beim Arbeitsgericht vom 15. August 2014 unbestritten zu Protokoll erklärt hat, er nehme seit 1998 die Aufgaben eines Wahlvorstands wahr und habe seither immer bei Unterstützern nachgefragt, ob die Liste der Wahlbewerber schon vollständig und abgeschlossen gewesen sei, bevor sie ihre Unterschriften geleistet hätten. Er halte sich dabei immer strikt an den Leitfaden der Gewerkschaft über Betriebsratswahlen.
c) Die Betriebsratswahl ist nicht deshalb anfechtbar, weil der Wahlvorstand die Vorschlagsliste „C” zu der Wahl zugelassen hat. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat der Wahlvorstand bei der Prüfung der 17 Wahlbewerber umfassenden Liste „C” keinen Verstoß gegen § 7 Abs. 2 Satz 2 und § 8 Abs. 1 Nr. 3 WO angenommen. Die Antragsteller haben ihre Rüge, dass auch bei dieser Liste Stützunterschriften vor Abschluss der Wahlbewerberliste gesammelt worden seien, in der Rechtsbeschwerde nicht mehr aufgegriffen.
d) Der Wahlvorstand hat nicht dadurch gegen § 3 Abs. 2 Nr. 10 WO verstoßen, dass als Ort, an dem die Wahlvorschläge bis zum Abschluss der Stimmabgabe ausgehängt wurden, die „bekannten Informationstafeln des Wahlvorstands” genannt wurde. Diese Angabe ist hinreichend konkret. Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts handelt es sich hierbei um der Belegschaft bekannte Aushangsorte des Betriebsrats im Verwaltungsgebäude und im Aufenthaltsraum des Produktionsgebäudes sowie der Wandtafeln im Bereich des Prüfwesens, im Rohstoff- und Mischungslager und im Bereich der Technik.
e) Die Wahl ist nicht deshalb unwirksam, weil die Betriebsadresse des Wahlvorstands im Wahlausschreiben unzureichend angegeben wäre (§ 3 Abs. 2 Nr. 12 WO). Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und daher für den Senat bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts war das als Betriebsadresse genannte „Büro Frau W” den Wahlberechtigten hinlänglich bekannt, und – unter Berücksichtigung der Betriebsgröße – ohne nähere Bezeichnung der Gebäude- und Raumnummer ausreichend. Eine Angabe der Stunden, in denen das mit der Entgegennahme von Einsprüchen, Vorschlagslisten etc. betraute Mitglied des Wahlvorstands anzutreffen ist, wird zwar im Schrifttum empfohlen (vgl. Fitting 28. Aufl. § 3 WO Rn. 25; Forst in Richardi BetrVG 16. Aufl. § 3 WO Rn. 15). Ihr Fehlen begründet aber keinen Mangel des Wahlausschreibens.
f) Bei der Wahl wurde auch nicht gegen § 12 Abs. 5 Satz 2 WO verstoßen, wonach die Wahlurne nach der Stimmabgabe zu versiegeln ist, wenn die Stimmabgabe unterbrochen wird, insbesondere, wenn sie an mehreren Tagen erfolgt. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts wurden die Wahlurnen während der an zwei Tagen durchgeführten Wahl nach der jeweiligen Stimmabgabe ordnungsgemäß versiegelt, so dass ein unberechtigtes Öffnen bzw. ein unberechtigter Zugriff auf die Stimmzettel ausgeschlossen war.
g) Ein Anfechtungsgrund ergibt sich auch nicht daraus, dass zu wenig Zeit für die persönliche Stimmabgabe zur Verfügung stand. Die Zeitspanne für die persönliche Stimmabgabe muss so bemessen sein, dass den wahlberechtigten Arbeitnehmern die Ausübung ihres Wahlrechts angemessen möglich ist (vgl. etwa Fitting 28. Aufl. § 3 WO Rn. 21). Dies war nach der rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstandenden Würdigung des Landesarbeitsgerichts während der Öffnungszeiten des Wahllokals am 25. und am 26. März 2014 jeweils zwischen 05:30 Uhr und 06:30 Uhr sowie zwischen 13:30 Uhr und 14:30 Uhr hinreichend möglich. Die Zeiten wurden unter Berücksichtigung der Schichtwechsel bestimmt. Soweit die Antragsteller in der Rechtsbeschwerde vorbringen, die Rahmenbedingungen (Wegezeiten, Gestaltung der Arbeitszeit und konkrete Übergabe- und Einweisungszeiten etc.) hätten aufgeklärt werden müssen, handelt es sich um eine unzulässige Verfahrensrüge. Wird eine Verletzung der Amtsaufklärungspflicht durch das Beschwerdegericht gerügt, muss in der Rechtsbeschwerdebegründung dargelegt werden, welche weiteren Tatsachen in den Vorinstanzen hätten ermittelt und welche weiteren Beweismittel hätten herangezogen werden können und inwiefern sich dem Beschwerdegericht eine weitere Aufklärung des Sachverhalts hätte aufdrängen müssen (BAG 16. Mai 2007 – 7 ABR 45/06 – Rn. 12 mwN, BAGE 122, 293). Hieran fehlt es.
h) Entgegen der Auffassung der Antragsteller folgt keine zur Anfechtung berechtigende Verletzung des Grundsatzes der Öffentlichkeit der Wahl daraus, dass der Wahlvorstand Zeit und Ort der Öffnung der im Rahmen der Briefwahl eingegangenen Freiumschläge nicht ausdrücklich mitgeteilt hatte. Angesichts der im Wahlausschreiben enthaltenen Angaben zu den Öffnungszeiten des einzigen Wahllokals zur persönlichen Stimmabgabe war dies nicht erforderlich. Da der Wahlvorstand die Freiumschläge nach § 26 Abs. 1 WO „unmittelbar vor Abschluss der Stimmabgabe” öffnet, besteht kein Zweifel, an welchem Ort und zu welcher Zeit dies zu geschehen hat. Etwas anderes ergibt sich nicht aus der von den Antragstellern angeführten Entscheidung des Senats vom 10. Juli 2013 (– 7 ABR 83/11 –). Diese betraf eine vom Wahlvorstand angeordnete ausschließlich schriftliche Stimmabgabe nach § 11 Abs. 2 SchwbVWO. Da es dort keine persönliche Stimmabgabe geben konnte, deren Ort, Tag und Zeit nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 13 SchwbVWO im Wahlausschreiben mitzuteilen gewesen wäre, musste der Wahlvorstand Ort und Zeit der in § 12 Abs. 1 SchwbVWO geregelten Behandlung der schriftlich abgegebenen Stimmen bekannt geben, um dem Erfordernis der Öffentlichkeit zu genügen (BAG 10. Juli 2013 – 7 ABR 83/11 – Rn. 20).
Unterschriften
Gräfl, M. Rennpferdt, Kiel, Kley, Busch
Fundstellen
FA 2018, 269 |
NZA 2018, 797 |
AP 2018 |
EzA-SD 2018, 11 |
EzA 2018 |
ArbR 2018, 350 |