Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsratswahl. Bestellung eines Wahlvorstandes
Leitsatz (amtlich)
- Die gerichtliche Bestellung eines Wahlvorstandes für die erstmalige Wahl eines Betriebsrats nach § 17 Abs. 3 BetrVG setzt jedenfalls grundsätzlich voraus, daß zuvor eine ordnungsgemäße Einladung zu einer Betriebsversammlung nach § 17 Abs. 2 BetrVG erfolgt ist. Von dieser Voraussetzung kann nicht schon dann abgesehen werden, wenn der Arbeitgeber sich weigert, eine ihm obliegende, zur Bewirkung der Einladung notwendige Mitwirkungshandlung vorzunehmen.
- Der Arbeitgeber ist verpflichtet, allen regelmäßig auswärts beschäftigten Arbeitnehmern eine Einladung zu einer Betriebsversammlung zum Zweck der Wahl eines Wahlvorstandes für die erstmalige Wahl eines Betriebsrats zukommen zu lassen.
Normenkette
BetrVG § 17 Abs. 2-3; WO BetrVG § 26
Verfahrensgang
LAG Hamburg (Beschluss vom 28.02.1991; Aktenzeichen 7 TaBV 9/90) |
ArbG Hamburg (Beschluss vom 09.08.1990; Aktenzeichen 2 BV 12/90) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 28. Februar 1991 – 7 TaBV 9/90 – wird zurückgewiesen.
Von Rechts wegen !
Tatbestand
A. Die antragstellende Gewerkschaft betreibt die gerichtliche Bestellung eines Wahlvorstandes für die erstmalige Wahl eines Betriebsrats im Betrieb der zu 2) beteiligten Arbeitgeberin.
Die Arbeitgeberin befaßt sich mit gewerbsmäßiger Arbeitnehmerüberlassung und beschäftigt etwa 400 Arbeitnehmer, die sie weit überwiegend als Leiharbeitnehmer bei ihren Kunden (Entleihern) einsetzt. Den Personaleinsatz der Leiharbeitnehmer koordiniert sie durch vier Büros im Großraum Hamburg. Der im Betrieb der Arbeitgeberin vertretenen antragstellenden Gewerkschaft ist nicht bekannt, welche und wieviele Leiharbeitnehmer der Arbeitgeberin welchen Entleihern jeweils zur Erbringung von Arbeitsleistungen gewerbsmäßig überlassen werden.
Bei der Arbeitgeberin besteht kein Betriebsrat. Die antragstellende Gewerkschaft wandte sich mit ihrem Schreiben vom 19. März 1990 an die Arbeitgeberin und bat um ein Gespräch mit dem Ziel, eine Betriebsversammlung herbeizuführen, auf der die Arbeitnehmer einen Wahlvorstand für die erstmalige Wahl eines Betriebsrates wählen sollten. Die Arbeitgeberin kam der Bitte um ein solches Gespräch nicht nach. Daraufhin fertigte die Antragstellerin Einladungsschreiben zu einer Betriebsversammlung zur Wahl eines Wahlvorstandes für den 29. Mai 1990 und übersandte sie der Arbeitgeberin mit ihrem Schreiben vom 25. April 1990. Darin bat sie, die Einladung mit der nächsten Lohnabrechnung an alle Arbeitnehmer der Arbeitgeberin zu verteilen oder aber ihr, der antragstellenden Gewerkschaft, die Privatanschriften aller Arbeitnehmer zur Verfügung zu stellen, damit die Einladungen versandt werden könnten. Die Arbeitgeberin antwortete der Antragstellerin hierauf unter dem 11. Mai 1990:
“Ich bitte um Verständnis dafür, daß wir eine Übergabe der persönlichen Daten und Adressen der bei uns beschäftigten Mitarbeiter nicht vornehmen können, da hiergegen ganz erhebliche datenschutzrechtliche Bedenken bestehen.
Ihrer Bitte, eine Einladung zu einer Betriebsversammlung mit der Gehaltsabrechnung zu versenden, möchten wir nicht nähertreten. Außerdem können wir die Einladung zu einer Betriebsversammlung am 29.05.1990 nicht, wie von Ihnen vorgeschlagen, mit der Maiabrechnung verschicken, da diese erst nach dem genannten Termin fertig sein wird. Die Abrechnung für April wurde unseren Mitarbeitern bereits ausgehändigt.”
Am 22. Juni 1990 machte die antragstellende Gewerkschaft das vorliegende Beschlußverfahren anhängig. Sie hat geltend gemacht, die Voraussetzungen für eine gerichtliche Bestellung eines Wahlvorstandes zur erstmaligen Wahl eines Betriebsrats bei der Arbeitgeberin lägen vor. Zwar setze § 17 Abs. 3 BetrVG für die Bestellung eines Wahlvorstandes durch das Gericht voraus, daß eine Betriebsversammlung “trotz Einladung” nicht zustande gekommen sei. Auf das Tatbestandsmerkmal “trotz Einladung” komme es jedoch im vorliegenden Fall nicht an, weil die Antragstellerin alles ihr Mögliche unternommen habe, um eine Betriebsversammlung einzuberufen. Der Aushang einer Einladung am Schwarzen Brett scheide aus, weil die Arbeitnehmer der Arbeitgeberin weitgehend nicht in den Betriebsräumen der Arbeitgeberin tätig seien, sondern bei dritten Unternehmen. Ein Gespräch über die Herbeiführung einer Betriebsversammlung habe die Arbeitgeberin ebenso verweigert wie die Verteilung der für den 29. Mai 1990 vorbereiteten Einladungen. Die antragstellende Gewerkschaft könne auch nicht die Arbeitnehmer unter ihren Privatanschriften zu einer solchen Betriebsversammlung einladen, weil sie ihr nicht bekannt seien und sich die Arbeitgeberin weigere, die Privatanschriften ihrer Arbeitnehmer an die antragstellende Gewerkschaft herauszugeben. Nach Sinn und Zweck des Betriebsverfassungsgesetzes solle aber möglichst in jedem Betrieb ein Betriebsrat bestehen. Jedenfalls wenn – wie hier – ein Verstoß der Arbeitgeberin gegen das Verbot der Behinderung einer Betriebsratswahl nach § 20 BetrVG vorliege und gerade dies den Grund darstelle, weshalb keine Einladung zu einer Betriebsversammlung habe vorgenommen werden könne, müsse § 17 Abs. 3 BetrVG gesetzes- und verfassungskonform so ausgelegt werden, daß das Arbeitsgericht auch ohne vorherige Einladung einen Wahlvorstand bestellen dürfe.
Die antragstellende Gewerkschaft hat als Mitglieder bzw. Ersatzmitglieder des Wahlvorstandes Arbeitnehmer der beteiligten Arbeitgeberin und Gewerkschaftssekretäre vorgeschlagen.
Sie hat beantragt,
im Betrieb der Beteiligten zu 2) einen Wahlvorstand, bestehend aus drei ordentlichen und zwei Ersatzmitgliedern, zu bestellen.
Die Arbeitgeberin hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie hat entgegnet: Die Voraussetzungen für die Bestellung eines Wahlvorstandes durch das Arbeitsgericht lägen nicht vor. Die gerichtliche Bestellung eines Wahlvorstandes für die Wahl eines Betriebsrates sei nur subsidiär möglich und setze voraus, daß es trotz ordnungsgemäßer Einladung zu einer Betriebsversammlung nicht zur Bestellung eines Wahlvorstandes durch die Belegschaft gekommen sei. Es sei der antragstellenden Gewerkschaft auch nicht unmöglich, ordnungsgemäß zu einer Betriebsversammlung einzuladen. Zum einen bestehe die Möglichkeit, daß sie, die Arbeitgeberin, nach vorheriger Absprache von der antragstellenden Gewerkschaft gefertigte Einladungen mit den Gehaltsabrechnungen an ihre Arbeitnehmer weiterleite. Zum anderen zeige ein von der antragstellenden Gewerkschaft während des vorliegenden Verfahrens anhängig gemachtes weiteres Beschlußverfahren mit dem Ziel einer einstweiligen Verfügung auf Bekanntgabe der Anschriften aller Arbeitnehmer, daß die Antragstellerin selbst davon ausgehe, ihr stünden weitere Mittel zur Verfügung, um eine ordnungsgemäße Einladung zu einer solchen Betriebsversammlung zu ermöglichen. Schließlich könne die antragstellende Gewerkschaft die Einladungen zur Betriebsversammlung auch anläßlich einer Betriebsfeier, die für die gesamte Belegschaft regelmäßig veranstaltet werde, verteilen lassen.
Das Arbeitsgericht hat einen aus drei Mitgliedern und einem Ersatzmitglied bestehenden Wahlvorstand bestellt und den Antrag hinsichtlich eines Wahlvorstandsmitgliedes (Herrn H.) zurückgewiesen. Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin hat das Landesarbeitsgericht den Antrag zurückgewiesen. Die Anschlußeschwerde der Antragstellerin hat es zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragstellerin ihren Antrag mit der Maßgabe weiter, daß nunmehr zu Wahlvorstandsmitgliedern bestellt werden sollen:
- Frau Petra M
- Herr H
- Frau Gabriele A
Die Arbeitgeberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
B. Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat den Antrag auf gerichtliche Bestellung eines Wahlvorstandes für die erstmalige Wahl eines Betriebsrats bei der Arbeitgeberin zu Recht als unbegründet zurückgewiesen.
I. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im wesentlichen damit begründet, daß die gerichtliche Bestellung eines Wahlvorstandes ausscheide, wenn zu einer Betriebsversammlung nicht oder nicht ordnungsgemäß eingeladen worden sei. Weil es an einer ordnungsgemäßen Einladung zu einer Betriebsversammlung fehle, sei das Gericht nach dem eindeutigen Wortlaut des § 17 Abs. 3 BetrVG gehindert, einen Wahlvorstand zu bestellen. Hieran ändere nichts, daß die antragstellende Gewerkschaft alles ihr Mögliche getan habe, damit es zu einer ordnungsgemäßen Einladung zur Betriebsversammlung mit dem Ziel einer Bestellung eines Wahlvorstandes komme.
II. Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts halten der Prüfung in der Rechtsbeschwerde stand.
1. Nach § 17 Abs. 3 BetrVG bestellt das Arbeitsgericht auf Antrag von mindestens drei wahlberechtigten Arbeitnehmern oder einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft einen Wahlvorstand für die Wahl eines Betriebsrates, wenn trotz Einladung keine Betriebsversammlung stattfindet oder wenn die Betriebsversammlung keinen Wahlvorstand wählt. Diese Voraussetzungen sind hier insoweit nicht erfüllt, als nicht zu einer solchen Betriebsversammlung eingeladen worden ist.
2. Auf eine ordnungsgemäße Einladung zu einer solchen Betriebsversammlung kann nicht schon dann verzichtet werden, wenn der Arbeitgeber seine erforderliche Mitwirkung am Zustandekommen einer ordnungsgemäßen Einladung verweigert.
a) Wie das Beschwerdegericht zutreffend erkannt hat, dient das Merkmal “trotz Einladung” in § 17 Abs. 3 BetrVG dem Schutz der Interessen der Gesamtbelegschaft gegenüber den Initiatoren einer Betriebsratswahl in einem betriebsratslosen Betrieb. Dies wird durch einen vergleich mit der Rechtslage deutlich, wie sie vor der Reform des Betriebsverfassungsgesetzes im Jahre 1972 bestanden hat. § 16 Satz 2 BetrVG 1952 setzte für die gerichtliche Bestellung eines Wahlvorstandes lediglich voraus, daß – aus welchen Gründen auch immer – keine Betriebsversammlung stattgefunden hatte oder in einer Betriebsversammlung kein Wahlvorstand gewählt worden war. Das Bundesarbeitsgericht hatte diese Vorschrift dahin ausgelegt, daß nicht einmal ein vergeblicher Versuch der Einberufung vorausgegangen sein müsse (BAGE 10, 154, 159 = AP Nr. 2 zu § 16 BetrVG, zu 2 f der Gründe). Dadurch hatten die Initiatoren eines erstmals zu wählenden Betriebsrats die Möglichkeit, unter Übergehung der Belegschaft des Betriebs diejenigen Personen zu Mitgliedern des Wahlvorstandes bestellen zu lassen, die ihren Vorstellungen entsprachen. Wenn der Gesetzgeber bei der Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes im Jahre 1972 in die dem § 16 Satz 2 BetrVG 1952 entsprechende Vorschrift des § 17 Abs. 3 BetrVG 1972 das Tatbestandsmerkmal “trotz Einladung” aufgenommen hat, so kann dies nur bedeuten, daß damit allen betroffenen Arbeitnehmern wenigstens die Möglichkeit eröffnet werden sollte, ihre eigenen kollektiven Interessen durch eine Beteiligung an der Initiative zur Bildung eines Betriebsrates selbst wahrzunehmen, bevor es zur gerichtlichen Bestellung eines Wahlvorstandes kommt. Die Arbeitnehmer des Betriebs können zwar nach der gesetzlichen Regelung die Initiatoren rechtlich nicht hindern, die Wahl eines Betriebsrats zu betreiben; denn eine gerichtliche Bestellung des Wahlvorstands ist auch möglich, wenn die Betriebsversammlung zwar stattfindet, auf ihr jedoch kein Wahlvorstand gewählt wird. Durch das Erfordernis der ordnungsgemäßen Einladung wird jedoch der Vorrang der Belegschaft des Betriebes gesichert, selbst einen Wahlvorstand nach ihren Vorstellungen einzusetzen.
Wird von der Versammlung kein Wahlvorstand gewählt, so können die Gründe hierfür den Initiatoren der Betriebsratswahl auch Anlaß geben, nochmals zu überdenken, ob sie die Errichtung eines Betriebsrates weiterbetreiben wollen.
b) Die gerichtliche Bestellung des Wahlvorstandes nach § 17 Abs. 3 BetrVG 1972 ist mithin ein Notbehelf, auf den nur dann zurückgegriffen werden kann, wenn die Initiatoren einer Betriebsratswahl allen Arbeitnehmern wenigstens die Chance eingeräumt haben, einen demokratisch legitimierten Wahlvorstand zu wählen, und wenn dies gleichwohl nicht erfolgt ist (vgl. schon BAG Beschluß vom 19. März 1974 – 1 ABR 87/73 – AP Nr. 1 zu § 17 BetrVG 1972, zu II 4 der Gründe). Auch in der Literatur wird überwiegend die Auffassung vertreten, die gerichtliche Bestellung eines Wahlvorstandes für die erstmalige Wahl eines Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 BetrVG sei nicht möglich, wenn überhaupt keine Einladung zu einer Betriebsversammlung ergangen ist (vgl. Kreutz in GK-BetrVG, Bd. I, 4. Aufl. 1987, § 17 Rz 32, 33, 36; Fitting/ Auffarth/Kaiser/Heither, BetrVG, 16. Aufl. 1990, § 17 Rz 19; Galperin/Löwisch, BetrVG, Bd. I, 6. Aufl. 1982, § 17 Rz 12; Dietz/Richardi, BetrVG, 6. Aufl. 1981, § 17 Rz 28; Stege/Weinspach, BetrVG, 6. Aufl. 1990, § 17 Rz 4).
c) Der genannte Schutzzweck, dem das gesetzliche Erfordernis der vorherigen Einladung zu einer Betriebsversammlung dient, verbietet es, hierauf schon dann zu verzichten, wenn der Arbeitgeber eine ihm obliegende, für die Übermittlung der Einladung notwendige Mitwirkungshandlung verweigert. Zwar will der Gesetzgeber mit der Regelung des § 17 Abs. 3 BetrVG erreichen, daß möglichst in jedem betriebsratsfähigen Betrieb ein Betriebsrat gewählt wird (vgl. schon BAG Beschluß vom 19. März 1974, aaO). Dieses gesetzgeberische Ziel könnte aber einen Verzicht auf das Erfordernis der vorherigen Einladung zu einer Betriebsversammlung allenfalls dann rechtfertigen, wenn einer solchen Einladung Hindernisse entgegenstehen, deren Beseitigung dem die gerichtliche Bestellung eines Wahlvorstandes Betreibenden nicht möglich oder doch wenigstens nicht zumutbar ist. Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben.
In der Regel bedarf es zur Durchführung einer ordnungsgemäßen Einladung zu einer Betriebsversammlung mehr oder weniger der Mitwirkung durch den Arbeitgeber, sei es, daß er Anschläge oder Aushänge (“Schwarzes Brett”), die sich an alle Arbeitnehmer richten, in seinen Betriebsräumen zu dulden hat, sei es, daß er in anderer Weise durch Handeln daran mitwirken muß, daß eine ordnungsgemäß Einladung vorgenommen werden kann. Dabei kann offen bleiben, ob der Arbeitgeber betriebsverfassungsrechtlich auch verpflichtet ist, einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft oder den (mindestens) drei Arbeitnehmern, die zu einer Betriebsversammlung nach § 17 Abs. 2 BetrVG einladen wollen, die Namen und Anschriften der Arbeitnehmer zu übermitteln, die üblicherweise nicht im Betrieb erreichbar sind, sondern auswärts arbeiten, und ob gegen eine solche Verpflichtung des Arbeitgebers etwa datenschutzrechtliche Bedenken bestehen. Jedenfalls können die Initiatoren einer Betriebsratswahl vom Arbeitgeber verlangen, allen Arbeitnehmern, die aufgrund ihrer typischen Tätigkeit in der Regel nicht in den Räumen des Betriebes arbeiten oder erreichbar sind, eine Einladung zur Betriebsversammlung zum Zwecke der Bestellung eines Wahlvorstandes auf seine Kosten (vgl. § 20 Abs. 3 Satz 1 BetrVG) zukommen zu lassen. Es handelt sich hierbei um eine notwendige Mitwirkungshandlung des Arbeitgebers, ohne die in Fällen wie dem vorliegenden eine ordnungsgemäße Einladung zu einer Betriebsversammlung nach § 17 Abs. 2 BetrVG gar nicht möglich wäre und die Vorschrift deshalb leerlaufen würde. Damit wird einem Arbeitgeber grundsätzlich nichts anderes angesonnen, als er im Laute eines Wahlverfahrens, an welchem sogenannte Auswärtsbeschäftigte beteiligt sind, ohnehin zu leisten hat. Nach § 26 Abs. 2 WO BetrVG erhalten Wahlberechtigte, von denen dem Wahlvorstand bekannt ist, daß sie zum Zeitpunkt der Wahl nach der Eigenart ihres Beschäftigungsverhältnisses voraussichtlich nicht im Betrieb anwesend sein werden (insbesondere in Heimarbeit Beschäftigte und Außenarbeiter), die erforderlichen Wahlunterlagen, ohne daß es eines Verlangens des Wahlberechtigten bedarf. Andere Beschäftigte erhalten diese Wahlunterlagen auf Verlangen übermittelt, wenn sie im Zeitpunkt der Wahl wegen Abwesenheit vom Betrieb verhindert sind, ihre Stimme persönlich abzugeben (§ 26 Abs. 1 WO BetrVG). In beiden Fällen muß es der Arbeitgeber hinnehmen, daß die Wahlunterlagen auf seine Kosten versandt werden. Das ist aber qualitativ nichts wesentlich anderes als seine Verpflichtung, allen seinen auswärts tatigen Arbeitnehmern eine Einladung zu einer Versammlung nach § 17 Abs. 2 BetrVG zukommen zu lassen.
Zur Durchsetzung dieser Verpflichtung des Arbeitgebers müssen sich die Initiatoren einer Betriebsratswahl nach § 17 Abs. 2 BetrVG notfalls der Hilfe der Arbeitsgerichts bedienen. Aufgrund eines entsprechenden gerichtlichen Titels können sie den Arbeitgeber insoweit auch im Wege der Zwangsvollstreckung in Anspruch nehmen und auf diese Weise eine ordnungsgemäße Einladung der außerhalb des Betriebes tätigen Arbeitnehmer bewirken.
3. Ob ausnahmsweise die Bestellung eines Wahlvorstandes zum Zwecke der erstmaligen Wahl eines Betriebsrates durch das Arbeitsgericht auch ohne (ordnungsgemäße) Einladung durch die Initiatoren möglich ist, wenn der Arbeitgeber einem entsprechenden rechtskräftigen gerichtlichen Titel auch im Wege der Zwangsvollstreckung nicht Folge leistet, kann dahinstehen, weil ein solcher Fall hier nicht vorliegt.
4. Nach alledem erweist sich die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin als nicht begründet. Zu einer Betriebsversammlung nach § 17 Abs. 2 BetrVG ist im vorliegenden Fall nicht eingeladen worden, so daß es an den Voraussetzungen für die gerichtliche Bestellung eines Wahlvorstandes fehlt.
Unterschriften
Dr. Seidensticker, Dr. Steckhan, Schliemann, Ruppert, Metzinger
Fundstellen
Haufe-Index 838618 |
BAGE, 12 |
JR 1993, 88 |
RdA 1992, 284 |