Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschlußverfahren zum Kündigungsschutz
Leitsatz (amtlich)
1. Das Beschlußverfahren zum Kündigungsschutz gem. § 126 InsO ist auch dann zulässig, wenn die Kündigung der im Antrag bezeichneten Arbeitnehmer schon vor Einleitung des Verfahrens erfolgt ist.
2. Die gerichtliche Prüfung im Beschlußverfahren erstreckt sich auch auf die Kündigungsbefugnis des vorläufigen Insolvenzverwalters.
Normenkette
BGB § 613a; InsO §§ 22, 126-128; KSchG § 1
Verfahrensgang
ArbG Lörrach (Zwischenurteil vom 22.09.1999; Aktenzeichen 5 BV 2/99) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerden der Beteiligten zu 2 und 8 wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Lörrach vom 22. September 1999 – 5 BV 2/99 – hinsichtlich der Beteiligten zu 2 und 8 aufgehoben.
Die Sache wird insoweit zur anderweiten Anhörung und Entscheidung – auch über die Kosten der Rechtsbeschwerden – an das Arbeitsgericht zurückverwiesen.
Im übrigen werden die Rechtsbeschwerden zurückgewiesen.
Von Rechts wegen!
Gründe
A. Die Beteiligten streiten darüber, ob die von dem Antragsteller ausgesprochenen Kündigungen sozial gerechtfertigt und nicht wegen eines Betriebsüberganges erfolgt sind.
Die L GmbH (im folgenden: Schuldnerin) in W betrieb ein Tief- und Rohrleitungsbauunternehmen mit den Sparten Rohrleitungen, Kabelverlegung, Rohrvortrieb, Betonbohren, Betonsägen und Mietservice. Gesellschafter und Geschäftsführer waren S L, Si L und Sie L. Die Schuldnerin beschäftigte ca. 140 Arbeitnehmer, verteilt auf die Betriebsstätten W (zuletzt 82 Arbeitnehmer), B (38 Arbeitnehmer) und H (20 Arbeitnehmer). Das gesamte Personal wurde je nach Bedarf auch für Baustellen der Betriebsstätte W eingesetzt. Organisation, Einsatzplanung der Maschinen und kaufmännische Verwaltung erfolgten überwiegend von W aus. Ein Betriebsrat bestand bei der Schuldnerin nicht.
Die Schuldnerin verfügte nicht über eigenes Anlagevermögen. Dieses mietete sie im wesentlichen von der L KG. Deren Komplementär war S L, Kommanditisten waren zuletzt Si L und Sie L. Auch das Betriebsgelände in W hatte die Schuldnerin von der L KG gepachtet. Einen eigenen Baubetrieb unterhielt die L KG nicht.
Am 4. Februar 1999 beantragte die Schuldnerin die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Mit Beschluß vom selben Tage bestellte das Amtsgericht den Antragsteller zum vorläufigen Insolvenzverwalter. Ein allgemeines Verfügungsverbot für die Schuldnerin wurde nicht angeordnet. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Schuldnerin noch mehrere Aufträge, die sie zT selbst, spätestens bis Juni 1999, zu Ende führte. Löhne und Gehälter zahlte sie während des Eröffnungsverfahrens nicht mehr. Ende März 1999 verfügte sie noch über liquide Mittel in Höhe von 4.000,00 DM.
Nach Massenentlassungsanzeigen an die Arbeitsämter Lörrach, Leipzig und Jena kündigte der Antragsteller die Arbeitsverhältnisse der Beteiligten zu 2 bis 12 und 14 mit Schreiben vom 24. März 1999. Eine Sozialauswahl führte er nicht durch. Den Arbeitnehmern mit besonderem Kündigungsschutz kündigte er zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Die Kündigung gegenüber dem schwerbehinderten Beteiligten zu 13 erfolgte mit Schreiben vom 28. April 1999. Die Beteiligten zu 2 bis 14 haben Kündigungsschutzklage erhoben. Die Beteiligte zu 11 hat ihre Klage zwischenzeitlich zurückgenommen.
Das Amtsgericht eröffnete mit Beschluß vom 1. April 1999 das Insolvenzverfahren und bestellte den Antragsteller zum Insolvenzverwalter. Dieser zeigte Masseunzulänglichkeit an. Der Gläubigerausschuß genehmigte noch am 1. April 1999 die vom Antragsteller behauptete Stillegung des Betriebs der Schuldnerin. Am 7. April 1999 wurde im Handelsregister die Auflösung der Schuldnerin eingetragen.
Anfang April 1999 beendeten der Antragsteller und die L KG die bestehenden Pacht- und Mietverhältnisse. Die für die Beendigung der Baustellen benötigten Betriebsmittel standen dem Antragsteller weiterhin zur Verfügung und wurden nach Auftragserledigung zurückgegeben. Die Mietverhältnisse für einen Lagerplatz der Stadt W und für die Bauhöfe und Verwaltungsgebäude der anderen Betriebsstätten wurden ebenfalls beendet.
Die Beteiligte zu 15 wurde am 23. März 1999 in das Handelsregister eingetragen. Ihre Komplementärin ist die L Verwaltungsgesellschaft mbH. Kommanditisten sind Si L, Sie L und B L. Die Kommanditisten sind zugleich Gesellschafter und – mit Ausnahme von B L – Geschäftsführer der Komplementärin. Wie die Schuldnerin betreibt die Beteiligte zu 15 ein Tief- und Rohrleitungsbauunternehmen, jedoch nur mit den Sparten Rohrleitungen und Kabelverlegung. Kabelpflugarbeiten werden nicht ausgeführt, weil keine Fräse zur Verfügung steht.
Die Beteiligte zu 15 übernahm zum 1. April 1999 zunächst 29 Arbeitnehmer der Schuldnerin. Von den insgesamt 12 Bauleitern, drei Gruppenführern und 27 Polieren übernahm sie ausschließlich Mitarbeiter aus der Betriebsstätte W, nämlich drei von sechs Bauleitern und neun von 15 Polieren. Im Juli 1999 waren bei ihr unter Einschluß von fünf Auszubildenden insgesamt 46 Arbeitnehmer beschäftigt, von denen nur vier zuvor nicht bei der Schuldnerin tätig waren. Sie mietete die untere Etage des Betriebsgebäudes der Schuldnerin in W ab dem 1. Juni 1999 von einer Firma I, die das Grundstück zwischenzeitlich von der L KG erworben hatte. In den übrigen Räumen sind nunmehr andere Unternehmen tätig.
Das bewegliche Anlagevermögen der L KG – mit Ausnahme der Fahrzeuge –, das die Schuldnerin nutzte, wird nunmehr in einem Umfang von 25 % des Gesamtwertes von der Beteiligten zu 15 genutzt. Das übrige bewegliche Anlagevermögen ist von der L KG bereits veräußert worden bzw. soll noch veräußert werden. Ein Nutzungsentgelt zahlte die Beteiligte zu 15, die die von ihr genutzten Betriebsmittel auch erwerben möchte, bisher nicht. Sie verwendet die Fahrzeuge und Gerätschaften der Schuldnerin mit deren Farbe und Logo. Der Antragsteller nahm einige geleaste Gegenstände zur Insolvenzmasse und veräußerte sie anderweitig.
Von den im Februar 1999 bei der Schuldnerin bestehenden 36 Aufträgen führte die Beteiligte zu 15 drei Aufträge zu Ende. Sie übernahm zudem drei zuvor von den Auftraggebern gegenüber der Schuldnerin gekündigte Verträge.
Der Antragsteller hat mit dem am 28. Mai 1999 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz die Feststellung begehrt, daß die Kündigungen der Beteiligten zu 2 bis 14 sozial gerechtfertigt und nicht wegen eines Betriebsüberganges erfolgt sind. Er hat behauptet, die Gesellschafter und Geschäftsführer der Schuldnerin hätten vor dem 24. März 1999 die Ansicht vertreten, der Betrieb könne nicht fortgeführt werden. Diese Ansicht habe er geteilt und deshalb allen Arbeitnehmern, mit Ausnahme derjenigen mit besonderem Kündigungsschutz, mit Schreiben vom 24. März 1999 gekündigt.
Der Antragsteller hat zuletzt beantragt
festzustellen, daß die Kündigungen der Arbeitsverhältnisse der Beteiligten zu 2 bis 10 und 12 bis 14 durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt, sozial gerechtfertigt und nicht wegen eines Betriebsüberganges erfolgt sind.
Die Rechtsbeschwerdeführer (Beteiligte zu 2 und 8) haben den Antrag für unzulässig gehalten, weil das Beschlußverfahren erst nach Ausspruch der Kündigungen eingeleitet worden sei. Eine Betriebsstillegung sei ernsthaft nicht vor den Kündigungen beschlossen worden, zumal die Zustimmung des Gläubigerausschusses erst am 1. April 1999 erfolgt sei. Auch seien nicht alle Arbeitsverhältnisse gekündigt worden. Die Kündigungen seien nur vorsorglich erfolgt. Jedenfalls liege ein Betriebsübergang auf die Beteiligte zu 15 vor. Diese sei in demselben Geschäftsfeld tätig und habe die Aufträge der Schuldnerin im wesentlichen nahtlos übernommen. Mehr als die Hälfte des Personals in W werde von ihr seit dem 1. April 1999 weiterbeschäftigt, darunter auch die Bauleiter und Vorarbeiter. Die meisten Mitarbeiter hätten von der Übernahme zunächst gar nichts bemerkt. Auch hinsichtlich der Betriebsmittel und Verfahrensweise sei kein Unterschied festzustellen.
Das Arbeitsgericht hat das Verfahren hinsichtlich der Beteiligten zu 11 nach einseitiger Erledigungserklärung des Antragstellers eingestellt und dem Antrag im übrigen stattgegeben. Mit ihren vom Arbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerden beantragen die Beteiligten zu 2 und 8 weiterhin Zurückweisung des Antrags. Die Beteiligten zu 1 und 15 begehren die Zurückweisung der Rechtsbeschwerden.
B. Die zulässigen Rechtsbeschwerden sind hinsichtlich der Beteiligten zu 2 und 8 begründet. Die Kündigungen sind zwar nicht wegen eines Betriebsüberganges auf die Beteiligte zu 15 erfolgt. Es kann jedoch noch nicht festgestellt werden, daß die Kündigungen der Rechtsbeschwerdeführer durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt und sozial gerechtfertigt sind. Das führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses hinsichtlich der Beteiligten zu 2 und 8 und zur Zurückverweisung an das Arbeitsgericht(§§ 96 Abs. 1 Satz 2 ArbGG iVm. §§ 564 Abs. 1, 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die Sache ist noch nicht zur Entscheidung reif(§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO).
I. Das Arbeitsgericht hat seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet:
Das erforderliche Rechtsschutzinteresse sei gegeben. Der Antrag nach § 126 InsO könne auch noch nach Ausspruch der Kündigungen gestellt werden. Die ausgesprochenen Kündigungen seien durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt und sozial gerechtfertigt. Es liege eine unternehmerische Entscheidung zur Stillegung des Betriebes vor. Diese sei zwar nicht schriftlich gefaßt worden, dokumentiere sich aber in den Massenentlassungsanzeigen an die Arbeitsämter Lörrach, Jena und Leipzig und in den Kündigungen aller Arbeitsverhältnisse. Das Bestreiten mit Nichtwissen sei nicht zulässig gewesen. Die Stillegungsentscheidung sei wirksam. Der Gläubigerausschuß habe sie rückwirkend genehmigen können. Die Kündigungen seien nicht wegen eines Betriebsübergangs erfolgt. Tragender Grund sei die Betriebsstillegung gewesen. Im übrigen sei ein Betriebsübergang auf die Beteiligte zu 15 frühestens am 1. April 1999 erfolgt. Maßgeblich sei aber der Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungen. Die Wirksamkeit der Kündigungen aus anderen Gründen sei in dem Beschlußverfahren nach § 126 InsO nicht zu prüfen.
II. Die Rechtsbeschwerden sind gemäß §§ 122 Abs. 3 Satz 2, 126 Abs. 2 Satz 2 InsO statthaft. Der Senat ist an die Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 72 Abs. 3 ArbGG gebunden(vgl. BAG 16. April 1997 – 4 AZR 653/95 – AP ArbGG 1979 § 72 Nr. 35 = EzA ZPO § 554 Nr. 6, zu I der Gründe). Beide Rechtsbeschwerden sind mit Begründung innerhalb der Monatsfrist des § 122 Abs. 3 Satz 3 InsO eingegangen. Ausreichend war der Eingang per Fax(Senat 19. Mai 1999 – 8 AZB 8/99 – AP ZPO § 518 Nr. 72 = EzA ZPO § 518 Nr. 40, zu II 1 der Gründe).
III. Im Rechtsbeschwerdeverfahren sind nur noch der Antragsteller und die Beteiligten zu 2, 8 und 15 beteiligt.
1. Beteiligt sind im Beschlußverfahren die durch das materielle Recht unmittelbar Betroffenen. Das sind im Verfahren nach § 126 InsO gemäß § 126 Abs. 2 Satz 1 InsO der Insolvenzverwalter, der Betriebsrat und die im Antrag bezeichneten Arbeitnehmer, soweit sie nicht ihr Einverständnis mit der Kündigung kundgetan haben(ErfK/Ascheid § 126 InsO Rn. 6; Lakies RdA 1997, 145, 153; ders. BB 1999, 206, 209; Berscheid in Kölner Schrift zur Insolvenzordnung 1997 S 1043 ff. Rn. 123; Caspers Personalabbau und Betriebsänderung im Insolvenzverfahren Rn. 252; Däubler/Kittner/Klebe-Däubler BetrVG 7. Aufl. Anhang zu §§ 111 – 113, § 126 InsO Rn. 11; FK-InsO/Eisenbeis 2. Aufl. § 126 Rn. 7; Eisenbeis/Mues Arbeitsrecht in der Insolvenz Rn. 672 ff.; Ettwig Betriebsbedingte Kündigung in der Insolvenz S 129; Giesen ZIP 1998, 46, 52; Grunsky FS Lüke S 191, 196, 199; HK-InsO/Irschlinger § 126 Rn. 15 f.; Nerlich/Römermann/Hamacher InsO § 126 Rn. 17 f.; Kübler/Prütting/Moll InsO Bd. 1 § 126 Rn. 47, 48 f.; Müller DZWIR 1999, 221, 227 f.; ders. Smid InsO § 126 Rn. 19 ff.; KR-Weigand 5. Aufl. §§ 125 bis 128 InsO Rn. 55; Zwanziger Das Arbeitsrecht der Insolvenzordnung § 126 Rn. 9 f.). Gemäß § 128 Abs. 1 Satz 2 InsO ist auch der (mögliche) Erwerber des Betriebs Beteiligter. Das Arbeitsgericht hat hiernach zu Recht die Beteiligten zu 1 bis 15 am Verfahren beteiligt.
2. Nur die Beteiligten zu 2 und 8 haben gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Rechtsbeschwerde eingelegt. Diese wirkt nicht zugunsten der übrigen Arbeitnehmer, die keine Rechtsbeschwerde eingelegt haben.
a) Jeder der beteiligten Arbeitnehmer kann selbständig Rechtsbeschwerde einlegen. Tut er das nicht, erlangt der Beschluß des Arbeitsgerichts insoweit Rechtskraft. Auch Beschlüsse im Beschlußverfahren sind der Rechtskraft fähig(vgl. nur BAG 20. März 1996 – 7 ABR 41/95 – BAGE 82, 291, 294 = AP BetrVG 1972 § 19 Nr. 32 mit Anm. Krause, zu B II 1 der Gründe; Kübler/Prütting/Moll aaO § 127 Rn. 10; Germelmann/Matthes/Prütting ArbGG 3. Aufl. § 84 Rn. 20). Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut von § 85 Abs. 1 Satz 1 ArbGG, in dem ausdrücklich von „rechtskräftigen” Beschlüssen die Rede ist(vgl. Grunsky Anm. AP ArbGG 1979 § 80 Nr. 2). Die Wirksamkeit der Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines bestimmten Arbeitnehmers betrifft einen abgrenzbaren, der Rechtskraft selbständig fähigen Teil des Beschlusses.
b) Für das Beschlußverfahren nach § 126 InsO folgt das Erfordernis der Einlegung der Rechtsbeschwerde durch jeden beschwerten Arbeitnehmer daraus, daß Arbeitnehmer nur dann an dem Verfahren beteiligt sind, wenn sie sich nicht mit der Kündigung oder der Änderung der Arbeitsbedingungen einverstanden erklären(§ 126 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 InsO). Die Beteiligtenstellung hängt also von dem individuellen Verhalten eines jeden Arbeitnehmers ab(Grunsky aaO S 199; Nerlich/Römermann/Hamacher aaO § 126 Rn. 52). Dieser kann sich beispielsweise noch im Beschlußverfahren mit der Kündigung einverstanden erklären. Insoweit ist nur streitig, ob er allein dadurch(so Nerlich/Römermann/Hamacher aaO § 126 Rn. 23) oder durch ein in dem Einverständnis zu sehendes prozessuales Anerkenntnis(vgl. Caspers aaO Rn. 252; Kübler/Prütting/Moll aaO § 126 Rn. 48) oder durch einen Prozeßvergleich(Grunsky aaO; vgl. auch Irschlinger aaO § 126 Rn. 16) seine Beteiligtenstellung verliert. Jedenfalls kann der einzelne Arbeitnehmer über den Streitgegenstand verfügen. Dementsprechend kann das Beschlußverfahren bezüglich der einzelnen Arbeitnehmer unterschiedlich ausgehen(vgl. Lakies RdA 1997, 145, 152; ErfK/Ascheid § 126 Rn. 10), sei es daß ein Fehler bei der nach § 126 Abs. 1 Satz 2 InsO zu prüfenden Sozialauswahl oder ein Teilbetriebsübergang vorliegt, von dem nur ein Teil der Arbeitnehmer betroffen ist. Ob der Begriff „einfache Streitgenossen”(vgl. nur Müller NZA 1998, 1315, 1320) zutreffend gewählt ist, kann dahinstehen(vgl. auch Schaub DB 1999, 217, 222: lediglich „Sammelverfahren”). Im übrigen bestimmt der Insolvenzverwalter als Antragsteller, welche Arbeitnehmer in das Verfahren einzubeziehen sind. Das Arbeitsgericht kann nicht alle Arbeitnehmer, die in ihren Rechten materiell betroffen sein könnten, ohne Antrag beteiligen(vgl. Stahlhacke/Preis/Vossen Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis 7. Aufl. Rn. 1343).
c) Ob das Arbeitsgericht das Beschlußverfahren wegen der Beteiligten zu 11 zu Recht eingestellt hat, ist danach unerheblich. Die Rechtsbeschwerdeführer können nicht mit Erfolg beantragen, den Antrag des Antragstellers – insgesamt – zurückzuweisen. Ihr Antrag kann sich lediglich auf die eigene Beteiligung erstrecken.
IV. Die Rechtsbeschwerden sind in dem bezeichneten Umfang begründet.
1. Der Antrag des Insolvenzverwalters ist zulässig.
a) Zutreffend hat das Arbeitsgericht entschieden, daß das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis besteht, auch wenn die Kündigungen bereits vor Einleitung des Beschlußverfahrens ausgesprochen worden sind. Der von Lakies(RdA 1997, 145, 154 f.) vertretenen gegenteiligen Auffassung, daß sich die Bindungswirkung nach § 127 InsO nur auf solche Kündigungen erstrecke, die nach Einleitung des Beschlußverfahrens ausgesprochen worden seien, kann nicht gefolgt werden. Wie das Arbeitsgericht richtig ausgeführt hat, ist es unter dem Gesichtspunkt der zeitlichen Verzögerung nicht praxisgerecht, wenn zunächst das Beschlußverfahren und erst nach dessen Rechtskraft die Kündigungen ausgesprochen werden(vgl. Caspers aaO Rn. 277; Grunsky/Moll Arbeitsrecht und Insolvenz Rn. 402; Nerlich/Römermann/Hamacher aaO § 126 Rn. 3). Wird im Beschlußverfahren gemäß § 126 InsO nach Ausspruch der Kündigungen für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Kündigungen auf den Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungen abgestellt, ergibt sich auch nicht der von Lakies (aaO) angenommene Wertungswiderspruch. § 127 Abs. 2 InsO, wonach das Klageverfahren auf Antrag des Insolvenzverwalters auszusetzen ist, wenn der Arbeitnehmer schon vor „Rechtskraft” der Entscheidung Klage erhoben hat, ermöglicht gerade auch Kündigungen vor Einleitung des Beschlußverfahrens(ErfK/Ascheid § 127 InsO Rn. 3; Zwanziger aaO § 126 Rn. 1; ders. BB 1997, 626, 628; Caspers aaO Rn. 277; Däubler/Kittner/Klebe-Däubler aaO § 126 InsO Rn. 32; Eisenbeis aaO § 127 Rn. 5; Grunsky/Moll aaO Rn. 401; Nerlich/Römermann/Hamacher aaO § 127 Rn. 14; Hess/Weis InVo 1996, 309, 314; Hess/Weis/Wienberg Insolvenzarbeitsrecht Rn. 1166; Irschlinger aaO § 127 Rn. 4 f.; Lohkemper KTS 1996, 1, 15; Löwisch RdA 1997, 80, 85; Kübler/Prütting/Moll aaO § 127 Rn. 6; Müller in Smid aaO § 127 Rn. 4; Schrader NZA 1997, 70, 77; Stahlhacke/Preis/Vossen aaO Rn. 1350; Warrikoff BB 1994, 2338, 2343; KR-Weigand aaO Rn. 57; vgl. auch Berscheid Arbeitsverhältnisse in der Insolvenz Rn. 747, der diese Möglichkeit als selbstverständlich voraussetzt).
b) Der Zulässigkeit steht nicht entgegen, daß der Antragsteller keinen Versuch unternommen hat, sich mit der Belegschaft über ein freiwilliges Ausscheiden zu einigen(so Däubler/Kittner/Klebe-Däubler aaO § 126 InsO Rn. 6). Der Insolvenzverwalter kann in betriebsratslosen Betrieben sofort den Antrag nach § 126 InsO stellen(Grunsky/Moll aaO Rn. 374; Schrader aaO S 76; Warrikoff aaO S 2342; Nerlich/Römermann/Hamacher aaO § 126 Rn. 7 Fn. 7).
2. Inwieweit der Antrag in der Sache gerechtfertigt ist, kann noch nicht abschließend beurteilt werden.
a) Das Arbeitsgericht hat nicht geprüft, ob der Antragsteller als vorläufiger Insolvenzverwalter zum Ausspruch der Kündigungen berechtigt war. Hierbei handelt es sich nicht um einen sonstigen Unwirksamkeitsgrund, der im Beschlußverfahren nach § 126 InsO nicht zu prüfen ist. Vielmehr kann der Antrag nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck des Gesetzes nur dann begründet sein, wenn er von dem kündigungsberechtigten Insolvenzverwalter gestellt wird. Wäre die Kündigung schon mangels Kündigungsberechtigung unheilbar unwirksam, bräuchte sie nicht mehr auf ihre soziale Rechtfertigung überprüft zu werden. Das gilt für beabsichtigte ebenso wie für bereits ausgesprochene Kündigungen. Das Arbeitsgericht wird deshalb der Kündigungsberechtigung des Antragstellers und der Frage der Wirksamkeit der Kündigungen unter diesem Gesichtspunkt nachgehen müssen.
b) Die Kündigungen der Rechtsbeschwerdeführer sind nicht wegen eines Betriebsüberganges erfolgt.
aa) Wegen eines Betriebsübergangs wird die Kündigung nur dann ausgesprochen, wenn der Betriebsübergang die überwiegende Ursache der Kündigung bildet. Der Betriebsübergang muß Beweggrund für die Kündigung gewesen sein. Dabei ist ausschließlich auf die Verhältnisse im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Kündigung, also bei Zugang der Kündigung abzustellen. Ein bevorstehender Betriebsübergang kann nur dann zur Unwirksamkeit der Kündigung gemäß § 613 a Abs. 4 BGB führen, wenn die den Betriebsübergang ausmachenden Tatsachen im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bereits feststehen oder zumindest greifbare Formen angenommen haben(BAG 26. August 1999 – 8 AZR 827/98 – AP BGB § 613 a Nr. 197 = EzA BGB § 613 a Nr. 187, zu I 1 der Gründe, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).
bb) Ein Betriebsübergang liegt vor, wenn ein neuer Rechtsträger die wirtschaftliche Einheit unter Wahrung von deren Identität fortführt. Ob ein im wesentlichen unveränderter Fortbestand der organisierten Gesamtheit „Betrieb” bei dem neuen Inhaber anzunehmen ist, richtet sich nach den Umständen des konkreten Falles. Zu den maßgeblichen Tatsachen hierfür zählen insbesondere die Art des betreffenden Betriebs, der Übergang der materiellen Betriebsmittel wie Gebäude und bewegliche Güter sowie deren Wert und Bedeutung, die Übernahme der immateriellen Betriebsmittel und der vorhandenen Organisation, der Grad der Ähnlichkeit mit der Betriebstätigkeit des bisherigen Inhabers, die Weiterbeschäftigung der Hauptbelegschaft, der Übergang von Kundschaft und Lieferantenbeziehungen und die Dauer einer eventuellen Unterbrechung der Betriebstätigkeit. Der Übergang durch Rechtsgeschäft erfaßt alle Fälle einer Fortführung der wirtschaftlichen Einheit im Rahmen vertraglicher oder sonst rechtsgeschäftlicher Beziehungen, ohne daß unmittelbare Vertragsbeziehungen zwischen dem bisherigen Inhaber und dem Erwerber bestehen müssen(ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. zuletzt 25. Mai 2000 – 8 AZR 416/99 – zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu II 1 a der Gründe).
cc) Die Voraussetzungen für einen Übergang der Arbeitsverhältnisse der Rechtsbeschwerdeführer gemäß § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB aufgrund eines Übergangs eines Betriebs oder Teilbetriebs, in dem sie beschäftigt waren, auf die Beteiligte zu 15 lagen nach den unstreitigen Tatsachen und den Behauptungen der Rechtsbeschwerdeführer weder im Zeitpunkt der Kündigungen vor noch hatten sie greifbare Formen angenommen. Dabei kann dahinstehen, ob es sich bei der hier allein maßgeblichen Betriebsstätte W um einen Betrieb, gegebenenfalls mit Teilbetrieben, oder um einen Teilbetrieb eines aus den drei Betriebsstätten W, H und B bestehenden Betriebes handelt.
Die Beteiligte zu 15 führt die Tätigkeit der Schuldnerin in wesentlich eingeschränktem Umfang und nur noch mit einem Teilzweck fort. Von den ursprünglich betriebenen Sparten des Tief- und Rohrleitungsbaus Rohrleitungen, Kabelverlegung, Rohrvortrieb, Betonbohren und Betonservice sowie dem Mietservice ist die Beteiligte zu 15 nur in den ersten beiden Sparten tätig. Anlagevermögen bzw. Betriebsmittel, die bereits von der Schuldnerin genutzt wurden, verwendet sie nur in einem Umfang von 25 %, was, bezogen auf das gesamte Unternehmen der Schuldnerin, dem Prozentsatz des übernommenen Personals entspricht. Das bedeutet, daß die Beteiligte zu 15, den Betrieb oder Teilbetrieb W allenfalls zur Hälfte übernommen hat.
Aus den von der Beteiligten zu 15 übernommenen Aufträgen kann nicht auf einen Betriebsübergang geschlossen werden. Die übernommenen sechs Aufträge waren überwiegend befristet angelegt. Allein der Rahmenvertrag Gasversorgung H läßt sich als auf Dauer angelegt ansehen. Selbst wenn auch der ARGE-Vertrag betreffend den Truppenübungsplatz M so gewertet wird, ist dies nur ein Teil der 36 im Februar 1999 für alle Betriebsstätten der Schuldnerin bestehenden Aufträge.
Die Wahrung der Identität ergibt sich nicht aus der Übernahme von Personal. Die Beteiligte zu 15 hat die Hauptbelegschaft nicht übernommen. Sie beschäftigt nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Arbeitsgerichts nur etwa die Hälfte der zuletzt noch in W tätigen Arbeitnehmer weiter. Es ist nicht ersichtlich, daß diese übernommenen Arbeitnehmer eine prägende Bedeutung für den Betrieb gehabt hätten. Allein die Weiterbeschäftigung der Hälfte der Bauleiter und Poliere genügt nicht.
Zwar spricht die überwiegende Identität der Geschäftsleitung sowie die weitere Verwendung des Firmenlogos für einen Betriebsübergang. Dem steht jedoch entgegen, daß die Schuldnerin mit einem Teil der Arbeitnehmer bis Juni 1999 parallel weitergearbeitet hat. Insoweit hat noch eine arbeitsfähige betriebliche Organisation weiterbestanden. Deswegen hat die Beteiligte zu 15 keinen rationalisierten Betrieb übernommen(vgl. Senat 18. Juli 1996 – 8 AZR 127/94 – BAGE 83, 302, 305 f., zu I 2 der Gründe), sondern die Geschäfte mit einem kleineren, mit weniger Personal neu organisierten Betrieb im Sinne einer bloßen Funktionsnachfolge fortgeführt(vgl. Senat 23. September 1999 – 8 AZR 616/98 – nv., zu II 2 c der Gründe).
dd) Demgegenüber ist auch nicht ersichtlich, daß es sich bei dem übernommenen Teil der Betriebsstätte W um einen Teilbetrieb im Sinne von § 613 a BGB handelte. Dafür gibt es keine Anhaltspunkte. Die Rechtsbeschwerdeführer machen das selbst nicht geltend. Nach dem im Beschlußverfahren geltenden eingeschränkten Amtsermittlungsgrundsatz(Müller DZWIR 1999, 221, 224 f.; Lakies aaO 152) ist es nicht Aufgabe der Arbeitsgerichte, ohne ausreichenden Sachvortrag der Beteiligten von sich aus Überlegungen dazu anzustellen, ob ein nicht vorgetragener Sachverhalt geeignet wäre, eine ausreichende Begründung für die mit dem Antrag verfolgten Ansprüche zu liefern. Das Arbeitsgericht hatte deshalb keinen Anlaß zu weiteren Ermittlungen. Darüber hinaus hätten die Rechtsbeschwerdeführer auch tatsächliche Anhaltspunkte dafür liefern müssen, daß sie einem so bestimmten Betriebsteil angehörten. Der Übergang eines Arbeitsverhältnisses setzt voraus, daß der Arbeitnehmer dem übertragenen Betriebsteil angehört(Senat 11. September 1997 – 8 AZR 555/95 – BAGE 86, 271, 277, zu B 3 a der Gründe).
c) Ob die Kündigungen in dem maßgeblichen Zeitpunkt des Zugangs sozial gerechtfertigt waren, kann nicht abschließend beurteilt werden.
aa) Unbedenklich ist, daß der Antragsteller entsprechend dem Wortlaut von § 126 Abs. 1 Satz 1 InsO die Feststellung der sozialen Rechtfertigung der Kündigungen „durch dringende betriebliche Erfordernisse” beantragt. Müller(in Smid aaO § 126 Rn. 3; NZA 1998, 1315, 1319) hält diesen Zusatz für eine unzulässige Tatsachenfeststellung und in der Sache für überflüssig. Darauf kommt es nach dem klaren Gesetzeswortlaut jedoch nicht an. Der Zusatz weist vielmehr auf die Bindungswirkung nach § 127 Abs. 1 InsO hin und dient daher der Klarstellung.
bb) Der Antragsteller hat bisher nicht ausreichend vorgetragen, daß die Kündigungen durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne von § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG bedingt sind.
Ein dringendes betriebliches Erfordernis kann insbesondere in dem ernstlichen und endgültigen Entschluß des Unternehmers liegen, die Betriebs- und Produktionsgemeinschaft zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmern für einen seiner Dauer nach unbestimmten, wirtschaftlich nicht unerheblichen Zeitraum aufzuheben(BAG 11. März 1998 – 2 AZR 414/97 – AP BetrVG 1972 § 111 Nr. 43 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 99, zu II 1 b der Gründe). Die Arbeitsgerichte haben voll nachzuprüfen, ob eine derartige unternehmerische Entscheidung zur Betriebsstillegung tatsächlich vorliegt, wirksam getroffen wurde und durch ihre Umsetzung das Beschäftigungsbedürfnis für einzelne Arbeitnehmer entfallen ist. Ob das der Fall ist, kann derzeit nicht festgestellt werden.
Zunächst sind die näheren Umstände zu klären, wann die Entscheidung zur Stillegung von wem getroffen worden ist. Gegebenenfalls sind als Indizien die Massenentlassungsanzeigen und der Ausspruch aller Kündigungen zu würdigen. Dazu empfiehlt es sich, die entsprechenden Bescheide der Arbeitsämter heranzuziehen. Sie können als ein Indiz für die getroffene Stillegungsentscheidung gewertet werden. Allerdings durften die Arbeitnehmer die Tatsache der Kündigung aller Arbeitnehmer mit Nichtwissen bestreiten. Nach § 138 Abs. 4 ZPO ist eine Erklärung mit Nichtwissen nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind(BGH 7. Oktober 1998 – VIII ZR 100/97 – NJW 1999, 53 f., zu II 3 der Gründe mwN). Eine Erkundigungspflicht bestand entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts nicht. Diese setzt voraus, daß andere Personen unter ihrer Anleitung, Aufsicht oder Verantwortung tätig geworden sind(BGH aaO mwN). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Weiter nachgehen muß das Arbeitsgericht auch der Behauptung, von dem Antragsteller seien neue Aufträge angenommen worden. Allerdings steht die Annahme von Neuaufträgen einer Stillegungsentscheidung nicht entgegen(vgl. nur BAG 19. Juni 1991 – 2 AZR 127/91 – AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 53 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 70, zu II 1 der Gründe), sofern es sich nur um eine Beschäftigung während der Kündigungsfrist der Arbeitnehmer handelt.
Der vorläufige Insolvenzverwalter ist für den Fall, daß ein Verfügungsverbot von dem Insolvenzgericht nicht erlassen wurde, nach § 22 Abs. 2 InsO nur eingeschränkt zu Verfügungen berechtigt. Er hat die Aufgabe der Sicherung des Vermögens. Das Insolvenzgericht muß in jedem Einzelfall die Pflichten des vorläufigen Verwalters, dessen Stellung dem des Sequesters entspricht, festlegen. Diese dürfen keinesfalls weitergehen als die des vorläufigen Verwalters mit Verfügungsverbot(Kirchhof ZInsO 1999, 365; Vallender DZWIR 1999, 265, 267). Von dem gesetzlichen Regelfall ist die Entscheidung zur Betriebsstillegung keinesfalls abgedeckt, zumal der vorläufige Verwalter selbst im Falle eines Verfügungsverbots hierzu nur mit Zustimmung des Insolvenzgerichts befugt ist(§ 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 InsO). Zwar kommt es bei juristischen Personen nicht darauf an, ob ein formell gültiger Beschluß des zuständigen Organs vorliegt(BAG 11. März 1998 aaO, zu II 1 c der Gründe). Hier geht es aber um die materielle Berechtigung, eine solche Entscheidung zu treffen und durchzuführen. Bestehen dafür bestimmte Voraussetzungen, kann erst nach deren Vorliegen gekündigt werden(vgl. Knorr/Bichlmeier/Kremhelmer Handbuch des Kündigungsrechts 4. Aufl. Kap. 13 Rn. 29; Kittner/Däubler/Zwanziger-Kittner KSchR § 1 KSchG Rn. 321). Die Genehmigung durch den Gläubigerausschuß nach § 158 InsO betrifft nur die Zeit zwischen Eröffnung des Insolvenzverfahrens und Berichtstermin(Kübler/Prütting/Onusseit aaO Bd. 2 § 158 Rn. 5). Das Arbeitsgericht muß deshalb erneut prüfen, ob der Antragsteller oder die Schuldnerin im März 1999 eine Stillegungsentscheidung treffen konnte und ob eine Zustimmung bzw. generelle Ermächtigung des Insolvenzgerichts vorliegt.
Auf eine fehlerhafte oder unterbliebene Sozialauswahl können die Rechtsbeschwerdeführer die Unwirksamkeit ihrer Kündigungen nicht stützen. Die Rechtsbeschwerdeführer hätten aufgrund der ihnen nach § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG materiell obliegenden Darlegungs- und Beweislast Fehler des Antragstellers aufzeigen müssen. Das Unterbleiben der Sozialauswahl indiziert wegen der Behauptung des Antragstellers, allen Arbeitnehmern gekündigt zu haben, die ungenügende Berücksichtigung sozialer Gesichtspunkte nicht (Senat 24. Februar 2000 – 8 AZR 167/99 – zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen). Vielmehr hätten die Rechtsbeschwerdeführer ungekündigte Arbeitnehmer konkret benennen müssen, die sozial stärker sind.
Liegt eine Betriebsstillegung vor, so ist eine Betriebsänderung gemäß § 111 BetrVG gegeben. Die Schuldnerin beschäftigte allein in der Betriebsstätte W mehr als die erforderlichen 20 Arbeitnehmer. Unerheblich ist daher, ob in betriebsratslosen Betrieben auch unterhalb der Grenze des § 111 Satz 1 BetrVG das Beschlußverfahren nach § 126 InsO durchgeführt werden kann(so Lakies aaO § 151; aA Kübler/Prütting/Moll aaO § 126 Rn. 11; Zwanziger aaO § 126 Rn. 3).
Unterschriften
Ascheid, Dr. Wittek, Mikosch, R. Iskra, Heydenreich
Fundstellen
BAGE, 197 |
DB 2000, 2021 |
EWiR 2000, 1165 |
FA 2000, 291 |
JR 2001, 132 |
KTS 2000, 659 |
NZA 2000, 1180 |
SAE 2002, 60 |
ZAP-Ost 2000, 592 |
ZIP 2000, 1588 |
AP, 0 |
DZWir 2001, 144 |
NZI 2000, 495 |
NZI 2001, 73 |
ZInsO 2000, 664 |
www.judicialis.de 2000 |