Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuschuss nach § 4 der 2. BesÜV zur “Ostbesoldung” bei Ausbildung in den alten und neuen Bundesländern
Orientierungssatz
1. Um eine gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßende Ungleichbehandlung zu vermeiden, ist es geboten, das Tatbestandsmerkmal der Befähigungsvoraussetzungen iSv. § 4 Abs. 1 Satz 1 der 2. BesÜV aF dahingehend auszulegen, dass es nicht darauf ankommt, wo der zu den Vorbildungsvoraussetzungen gehörende allgemeine Schulabschluss oder ein als gleichwertig anerkannter Bildungsstand erworben wurde.
2. Ob die Befähigungsvoraussetzungen nach § 4 Abs. 1 Satz 1 der 2. BesÜV aF “im bisherigen Bundesgebiet” erlangt worden sind, ist ausschließlich ortsbezogen zu beurteilen. Werden die Befähigungsvoraussetzungen sowohl im bisherigen Bundesgebiet als auch im Beitrittsgebiet erworben, gelten sie als im bisherigen Bundesgebiet erworben, wenn der dort durchgeführte Teil der fachspezifischen Ausbildung und der Abschlussprüfung zeitlich mindestens die Hälfte der Gesamtausbildung ausmacht.
3. Urlaubstage sind ebenso wie Zeiten der Arbeitsunfähigkeit dem Fortbildungsabschnitt zuzurechnen, in dem sie angefallen sind.
Normenkette
ZPO § 256; GG Art. 3 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 18. Juli 2006 – 6 Sa 1612/05 – aufgehoben.
2. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 8. November 2005 – 3 Ca 6379/05 – wird zurückgewiesen.
3. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über einen ruhegehaltsfähigen Zuschuss nach § 4 der Zweiten Verordnung über besoldungsrechtliche Übergangsregelungen nach Herstellung der Einheit Deutschlands (Zweite Besoldungsübergangsverordnung vom 21. Juni 1991 – 2. BesÜV).
Die 1968 geborene Klägerin absolvierte nach dem Abitur in den neuen Bundesländern eine Ausbildung zur Biologielaborantin. Am 15. Oktober 1990 trat sie bei der Beklagten in den Vorbereitungsdienst für die gehobene berufsgenossenschaftliche Laufbahn ein und wurde nach Maßgabe der Fortbildungs- und Prüfungsordnung der gewerblichen Berufsgenossenschaften und der See-Berufsgenossenschaft (FPO) fortgebildet. Die Fortbildung dauerte vom 15. Oktober 1990 bis zur erfolgreichen Prüfung am 7. Oktober 1993 (= 155,6 Wochen). Mit Schreiben vom 27. September 1990 teilte die Beklagte der Klägerin mit, die praktische Fortbildung werde in der zukünftigen Bezirksverwaltung Dessau erfolgen.
Nach übereinstimmender Erklärung beider Parteien in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht am 18. Juli 2006 wurde die Klägerin in den alten Bundesländern 36 Wochen theoretisch und 26 Wochen praktisch fortgebildet. Die theoretische Fortbildung in den neuen Bundesländern betrug 18 Wochen, die praktische Fortbildung 59 Wochen. Den Gesamturlaub von 17 Wochen während der Dauer der Fortbildung hat die Klägerin auf Veranlassung der Beklagten während der praktischen Ausbildung in der Bezirksverwaltung Dessau in Anspruch genommen.
Nach erfolgreicher Prüfung am 7. Oktober 1993 war die Klägerin zunächst bis zum 31. Oktober 1993 als Tarifangestellte in der Bezirksverwaltung Dortmund tätig. Ab dem 1. November 1993 wurde sie als Dienstordnungsangestellte in der Bezirksverwaltung Dessau eingestellt und für sechs Monate nach Dortmund abgeordnet. Nach § 2 des Dienstvertrags erhält die Klägerin Dienstbezüge, die sich aus der Besoldungsgruppe 9 der Besoldungsordnung A des Bundesbesoldungsgesetzes in Verbindung mit der Zweiten Besoldungsübergangsverordnung vom 21. Juni 1991 in der jeweils gültigen Fassung ergeben. Das sind die nach § 2 Abs. 1 der 2. BesÜV abgesenkten Bezüge.
Mit ihrer am 28. Juli 2005 beim Arbeitsgericht Dessau eingegangenen Klage hat die Klägerin gegenüber der Beklagten einen ruhegehaltsfähigen Zuschuss zur Ergänzung der Dienstbezüge nach § 4 Abs. 1 Satz 1 der 2. BesÜV in Höhe der Differenz zwischen den gemäß § 2 Abs. 1 der 2. BesÜV abgesenkten und den bei gleichem Amt für das bisherige Bundesgebiet geltenden Bezügen geltend gemacht. Sie hat die Auffassung vertreten, ihre Anstellung sei auf Grund der überwiegend in den alten Bundesländern erworbenen Befähigungsvoraussetzungen erfolgt. Dort habe sie insgesamt eine Fortbildungszeit von 62 Wochen absolviert. Von der in den neuen Bundesländern verbrachten Fortbildungszeit von insgesamt 77 Wochen seien 17 Wochen Urlaub in Abzug zu bringen, die sie während der praktischen Fortbildungsabschnitte in der Bezirksverwaltung Dessau in Anspruch genommen habe. Die Ausbildungszeit in den neuen Bundesländern betrage damit insgesamt nur 60 Wochen.
Die Klägerin hat beantragt
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr ab dem 1. Januar 2001 einen ruhegehaltsfähigen Zuschuss nach § 4 der 2. BesÜV in der Fassung bis 24. November 1997 in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen den Bezügen nach § 2 der 2. BesÜV und den bei gleichem Amt für das bisherige Bundesgebiet geltenden Dienstbezügen zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Klägerin habe die überwiegende Ausbildungszeit in den neuen Bundesländern verbracht. Die 17 Wochen Urlaub dürften nicht unberücksichtigt bleiben. Sie seien den 77 Wochen Fortbildung in den neuen Bundesländern hinzuzurechnen.
Das zunächst angerufene Arbeitsgericht Dessau hat sich mit Beschluss vom 8. September 2005 für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht Düsseldorf verwiesen. Dieses hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist begründet.
I. Die Klage ist zulässig. Gemäß § 256 Abs. 1 ZPO kann auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Rechtsverhältnis ist eine aus dem vorgetragenen Sachverhalt abgeleitete rechtliche Beziehung von Personen untereinander oder zu einer Sache. Zwar können Gegenstand einer Feststellungsklage nicht bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses sein. Jedoch kann sich die Feststellungsklage auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken. Die Feststellung muss auf ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis gerichtet sein, das so genau zu bezeichnen ist, dass über seine Identität und damit über den Umfang der Rechtskraft des begehrten Feststellungsanspruchs keinerlei Ungewissheit herrschen kann (BAG 15. Mai 2005 – 5 AZR 566/04 – BAGE 115, 12, 17). Diesen Anforderungen genügt der Feststellungsantrag der Klägerin. Die von ihr begehrte Feststellung ist hinreichend konkret und betrifft nicht nur vergangenheitsbezogene, sondern auch gegenwärtige Ansprüche.
II. Die Klage ist nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf den geltend gemachten Zuschuss.
1. Die Klägerin ist Dienstordnungsangestellte. Nach § 2 des Dienstvertrags erhält die Klägerin Dienstbezüge, die sich aus der Besoldungsgruppe 9 der Besoldungsordnung A des Bundesbesoldungsgesetzes in Verbindung mit der 2. BesÜV vom 21. Juni 1991 in der jeweils gültigen Fassung ergeben.
2. Gemäß § 1 der 2. BesÜV aF gelten für Beamte, die nach Inkrafttreten des Einigungsvertrags in dem in Art. 3 des Einigungsvertrags genannten Gebiet (Beitrittsgebiet) verwendet werden, die Vorschriften des Bundesbesoldungsgesetzes, soweit nicht in der 2. BesÜV etwas anderes bestimmt ist. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 der 2. BesÜV erhalten Beamte, die von ihrer erstmaligen Ernennung an im Beitrittsgebiet verwendet werden, eine gegenüber den für das bisherige Bundesgebiet geltenden Dienstbezügen geringere Besoldung. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 der 2. BesÜV in der bis zum 24. November 1997 geltenden Fassung (aF) erhalten Beamte mit Anspruch auf Besoldung nach § 2 der 2. BesÜV einen ruhegehaltsfähigen Zuschuss zur Ergänzung der Dienstbezüge in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen den Bezügen nach § 2 2. BesÜV und den bei gleichem Amt für das bisherige Bundesgebiet geltenden Dienstbezügen, wenn sie auf Grund der im bisherigen Bundesgebiet erworbenen Befähigungsvoraussetzungen ernannt werden. § 4 der 2. BesÜV wurde zwar durch die am 25. November 1997 in Kraft getretene 4. BesÜVÄndV vom 17. November 1997 (BGBl. I S. 2713) geändert und zu einer “Kann-Vorschrift” umgestaltet. Gem. § 12 der 2. BesÜV ist die bis zum 24. November 1997 geltende Fassung des § 4 der 2. BesÜV aber auf Beamte anzuwenden, die bis zu diesem Zeitpunkt ernannt worden sind. Sie gilt dementsprechend auch für Dienstordnungsangestellte weiter, die bis zu diesem Tag als solche angestellt worden sind. Dies trifft auf die Klägerin zu. Die Gewährung der abgesenkten Bezüge gem. § 73 BBesG iVm. §§ 1, 2 der 2. BesÜV in Höhe von zurzeit 92,5 % der im bisherigen Bundesgebiet geltenden Dienstbezüge begegnet gegenwärtig keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. Senat 21. Dezember 2006 – 6 AZR 429/06 –; BVerfG 13. November 2003 – 2 BvR 1883/99 – ZBR 2004, 100; BVerwG 15. Juni 2006 – 2 C 14.05 – ZBR 2006, 347).
3. Die Klägerin hat ihre Befähigungsvoraussetzungen nicht im bisherigen Bundesgebiet erworben.
a) Der Begriff “Befähigungsvoraussetzungen” in § 4 Abs. 1 Satz 1 der 2. BesÜV aF entstammt dem Laufbahnrecht. Er umfasst grundsätzlich sämtliche Vor- und Ausbildungsvoraussetzungen, welche die spezifisch fachbezogene Vorbildung für die Wahrnehmung der Amtsaufgaben der jeweiligen Laufbahn vermitteln (Senat 21. Dezember 2006 – 6 AZR 429/06 –; BVerwG 15. Juni 2006 – 2 C 14.05 – ZBR 2006, 347). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gehören allerdings allgemeine Schul- und Bildungsabschlüsse aus Gründen der Gleichbehandlung nicht zu der geforderten dienstrechtlichen Vorbildung, weil die fachliche Qualifikation, auf die es insoweit maßgeblich ankommt, regelmäßig durch den Vorbereitungsdienst und – soweit vorgeschrieben – die Laufbahnprüfung erworben wird. Zwischen Angehörigen des öffentlichen Dienstes, die ihren Vorbereitungsdienst und die Laufbahnprüfung im bisherigen Bundesgebiet absolviert, aber im Beitrittsgebiet das Abitur erworben haben, und hinsichtlich ihrer Ausbildung vergleichbaren Bediensteten, die das Abitur in den alten Bundesländern erlangt haben, bestehen im Hinblick auf ihre fachliche Qualifikation keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht, dass sie die Versagung des Zuschusses sachlich rechtfertigen könnten. Um eine gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßende Ungleichbehandlung zu vermeiden, ist es daher geboten, das Tatbestandsmerkmal der Befähigungsvoraussetzungen iSv. § 4 Abs. 1 Satz 1 der 2. BesÜV aF dahingehend auszulegen, dass es nicht darauf ankommt, wo der zu den Vorbildungsvoraussetzungen gehörende allgemeine Schulabschluss oder ein als gleichwertig anerkannter Bildungsstand erworben wurde (BVerfG 19. November 2003 – 2 BvR 538/00 – ZBR 2004, 169). Dadurch werden dem Anwendungsbereich des § 4 der 2. BesÜV aF auch Beamte zugeordnet, die ihre Kindheit und Jugend bis zum Abitur im Beitrittsgebiet verbracht haben und sich nur vorübergehend und unter Beibehaltung ihres Lebensmittelpunkts im Beitrittsgebiet zur Ausbildung in das bisherige Bundesgebiet begeben haben. Die Befähigungsvoraussetzungen im Übrigen, dh. Vorbereitungsdienst und Laufbahnprüfung müssen allerdings im bisherigen Bundesgebiet erworben worden sein (Senat 21. Dezember 2006 – 6 AZR 429/06 –; BVerwG 15. Juni 2006 – 2 C 14.05 – aaO). Es kommt nicht darauf an, ob sich während des Vorbereitungsdienstes die Dienststelle oder der Hauptwohnsitz des Beamten im bisherigen Bundesgebiet oder im Beitrittsgebiet befunden haben.
b) Ob die Befähigungsvoraussetzungen nach § 4 Abs. 1 Satz 1 der 2. BesÜV aF “im bisherigen Bundesgebiet” erlangt worden sind, ist ausschließlich ortsbezogen zu beurteilen.
aa) Maßgeblich ist, ob die als Befähigungsvoraussetzungen bestimmten Ausbildungen und Prüfungen an einem Ort im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland außerhalb der Grenzen der in Art. 3 Einigungsvertrag genannten Länder und Landesteile oder im Ausland durchgeführt wurden (Senat 21. Dezember 2006 – 6 AZR 429/06 –; BVerwG 15. Juni 2006 – 2 C 14.05 – ZBR 2006, 347).
bb) Werden die Befähigungsvoraussetzungen sowohl im bisherigen Bundesgebiet als auch im Beitrittsgebiet erworben, gelten sie als im bisherigen Bundesgebiet erworben, wenn der dort durchgeführte Teil der fachspezifischen Ausbildung und der Abschlussprüfung zeitlich mindestens die Hälfte der Gesamtausbildung ausmacht. Unter dieser Voraussetzung ist die örtliche Zuordnung der Ausbildung zu dem bisherigen Bundesgebiet von einem solchen Gewicht, dass ihr aus Gründen der Gleichbehandlung Rechnung getragen werden muss. Vor dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG wäre es nicht zu rechtfertigen, dass diejenigen, die ihre Befähigungsvoraussetzungen gänzlich in den alten Bundesländern erworben haben, in den Genuss des Zuschusses gelangen, während diejenigen, die Ausbildungs- und Prüfungsteile von nachrangigem Gewicht im Beitrittsgebiet abgelegt haben, davon ausgeschlossen sind (Senat 21. Dezember 2006 – 6 AZR 429/06 –; BVerwG 15. Juni 2006 – 2 C 14.05 – ZBR 2006, 347; 28. September 2007 – 2 B 62.07 –).
c) In Anwendung dieser Rechtsgrundsätze hat das Landesarbeitsgericht der Klage zu Unrecht stattgegeben.
aa) Die Klage ist bereits nicht schlüssig begründet worden. Die Klägerin hat nicht dargelegt, an welchen Orten sie während der gesamten Fortbildungsdauer von rund 156 Wochen ausgebildet worden ist. Ihr Vortrag, sie sei insgesamt 77 Wochen (einschließlich des Urlaubs) Fortbildungsorten in den neuen Bundesländern und 62 in den alten Bundesländern zugewiesen worden, ist unzureichend. Damit ist nur eine Gesamtfortbildungsdauer von 139 Wochen belegt. Wo die Fortbildung in der verbleibenden Zeit von rund 17 Wochen erfolgte, hat die Klägerin nicht dargelegt. Dies war jedoch schon deshalb erforderlich, weil unter Berücksichtigung der in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht am 18. Juli 2006 von den Parteien übereinstimmend abgegebenen Erklärungen nicht klar war, ob in den dort genannten Fortbildungszeiten von insgesamt 77 Wochen in den neuen und 62 Wochen in den alten Bundesländern auch die Urlaubszeiten enthalten waren. Geht man mit der Beklagten davon aus, dass die 17 Wochen Urlaub der Fortbildungszeit von 77 Wochen in den neuen Bundesländern hinzuzurechnen sind, liegt der Ausbildungsschwerpunkt eindeutig in den neuen Bundesländern.
bb) Die Klage ist aber auch nicht begründet, wenn man nur die von der Klägerin vorgetragenen Fortbildungszeiten zugrunde legt. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht von der im Beitrittsgebiet absolvierten Fortbildungszeit den von der Klägerin in Anspruch genommenen Urlaub in Abzug gebracht. Urlaubstage sind ebenso wie Zeiten der Arbeitsunfähigkeit dem Fortbildungsabschnitt zuzurechnen, in dem sie angefallen sind. Während des Urlaubs ist der Angestellte von seinen am jeweiligen Dienstort bestehenden Arbeitspflichten befreit. Der Ort der zu erbringenden Dienstpflichten bestimmt sich dabei nach der zuvor erfolgten Zuweisung. Entsprechendes gilt für die Zeiten der Arbeitsunfähigkeit. Dass während der urlaubs- oder krankheitsbedingten Abwesenheit keine tatsächliche Fortbildung erfolgt, steht dem nicht entgegen. Maßgeblich ist, dass auch während dieser Zeiten eine vorherige örtliche Zuordnung des Fortzubildenden erfolgt ist und die tatsächliche Fortbildung während des Urlaubs bzw. der Arbeitsunfähigkeit nur unterbrochen wird, weil der Angestellte in diesen Fällen auf Grund des erteilten Urlaubs bzw. wegen Arbeitsunfähigkeit von Gesetzes wegen von den Arbeitspflichten befreit ist.
cc) Die gegenteilige Auffassung des Landesarbeitsgerichts würde dem Zufall Tür und Tor öffnen. Wollte man allein auf die Zeiten einer tatsächlich durchgeführten Ausbildung abstellen, müssten die Ausbildungsabschnitte letztlich tag- bzw. stundengenau geprüft werden. Nicht nur Ausfallzeiten wegen Urlaubs, sondern auch Tage und Stunden, die infolge von Feiertagen, Betriebsausflügen, Arztbesuchen usw. ausfallen, müssten herausgerechnet werden. Eine solche Vorgehensweise führt jedoch nicht nur zu Zufallsergebnissen und damit keineswegs zu “gerechteren” Ergebnissen, sondern auch dazu, dass § 4 Abs. 1 Satz 1 der 2. BesÜV aF praktisch kaum mehr handhabbar wäre. Das ist mit dem Regelungsziel einer möglichst klaren Abgrenzung nach Ausbildungsorten nicht zu vereinbaren. Deshalb ist für § 4 Abs. 1 Satz 1 der 2. BesÜV aF der Ort maßgeblich, der dem Angestellten zur Fortbildung zugewiesen wurde, soweit die Zuweisung nicht willkürlich durch Los erfolgt ist (dazu Senat 10. Februar 2005 – 6 AZR 515/04 – ZTR 2005, 445). Das ist vorliegend nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht geschehen. Die Einbeziehung von Urlaubszeiten bei der Berechnung der Dauer der Fortbildungsabschnitte liegt im Übrigen erkennbar auch der bisherigen Rechtsprechung des Senats sowie der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zugrunde (vgl. Senat 21. Dezember 2006 – 6 AZR 429/06 – Rn. 30; BVerwG 15. Juni 2006 – 2 C 14.05 – Rn. 1 und 20, ZBR 2006, 347). Da die Klägerin den überwiegenden Teil ihrer Ausbildung, nämlich 77 Wochen, im Beitrittsgebiet und 62 Wochen in den alten Bundesländern absolvierte, hat sie die Befähigungsvoraussetzungen nicht in den alten Bundesländern erworben und damit nach § 4 Abs. 1 der 2. BesÜV keinen Anspruch auf den begehrten Zuschuss.
dd) Selbst wenn man jedoch der Rechtsauffassung der Klägerin im Ansatz folgend die von der Beklagten vorgenommene Urlaubserteilung während der praktischen Ausbildung in der Bezirksverwaltung Dessau beanstanden wollte, ergäbe sich kein anderes Ergebnis. In diesem Fall wären die Urlaubszeiten nicht – wie die Klägerin meint – von den in den neuen Bundesländern durchgeführten Ausbildungsabschnitten vollständig herauszurechnen. Die Urlaubszeiten müssten vielmehr anteilig auf die Ausbildungsabschnitte in den neuen und alten Bundesländern verteilt werden. Dadurch würden sich die urlaubsbereinigten Ausbildungszeiten in den neuen und alten Bundesländern jeweils proportional verkürzen und damit an dem Ergebnis einer überwiegenden Ausbildung in den neuen Bundesländern nichts ändern.
d) Die von der Beklagten erhobene Rüge, die vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen zur Ausbildungsdauer seien unzutreffend, weil die festgestellte Wochenzahl von insgesamt 139 Wochen nicht den gesamten Ausbildungszeitraum von 156 Wochen abdecke, zwingt schon deshalb nicht zu einer Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht, weil die Klage bereits unter Zugrundelegung der tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts abzuweisen ist. Zudem hat die Klägerin nicht im Wege der Gegenrüge geltend gemacht, in dem Differenzzeitraum zwischen 155,6 und 139 Wochen in den alten Bundesländern fortgebildet worden zu sein. Sie hat in der Revisionsbeantwortung vielmehr nachdrücklich darauf bestanden, den vom Landesarbeitsgericht festgestellten Sachverhalt dem Revisionsverfahren zugrunde zu legen.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Fischermeier, Linck, Laux, Jerchel, Beus
Fundstellen