Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung TV-L (Vergütung von Wegezeiten)
Leitsatz (redaktionell)
Auch beim Springereinsatz sind Wegezeiten eines Wachpolizisten zwischen Wohnung und Einsatzort nicht vergütungspflichtig.
Normenkette
BGB § 611a Abs. 2; TV-L § 37 Abs. 1
Verfahrensgang
LAG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 09.01.2020; Aktenzeichen 11 Sa 567/19) |
ArbG Berlin (Urteil vom 31.01.2019; Aktenzeichen 58 Ca 12524/17) |
Tenor
1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 9. Januar 2020 - 11 Sa 567/19 - wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten der Revision hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
Rz. 1
Die Parteien streiten in der Revision über die Verpflichtung des beklagten Landes, Wegezeiten zu vergüten.
Rz. 2
Die Klägerin ist beim beklagten Land als Wachpolizistin im Zentralen Objektschutz tätig. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme der TV-L Anwendung. Die Klägerin ist seit dem 21. März 2018 als Springerin an wechselnden Schutzobjekten eingesetzt.
Rz. 3
Die Wachpolizisten müssen den Dienst in angelegter Uniform nebst persönlicher Schutzausrüstung (iF PSA) und streifenfertiger Dienstwaffe antreten. Auf der dunklen Oberbekleidung der Uniform ist in weißer Schrift der Schriftzug „POLIZEI“ aufgebracht. Es ist den Wachpolizisten freigestellt, ob sie den Weg zum und vom Dienst in Uniform zurücklegen. Die Dienstwaffe ist nach einer Geschäftsanweisung des beklagten Landes über den Umgang mit Faustfeuerwaffen im streifenfertigen Zustand zu führen. Wachpolizisten ist es gestattet, die Dienstwaffe mit nach Hause zu nehmen, sofern dort eine geeignete Aufbewahrungsmöglichkeit besteht. Auf dem Weg zum und vom Dienst ist es den Wachpolizisten freigestellt, die Dienstwaffe mit oder ohne Dienstkleidung zu tragen. Der Klägerin stehen an den jeweiligen Einsatzorten keine Umkleidemöglichkeiten und kein Spind zur Verfügung. Dienstliche Waffenschließfächer werden der Klägerin an wechselnden Orten zur Verfügung gestellt. Die Klägerin verwahrt die Dienstwaffe zu Hause und legt diese, ebenso wie die Uniform nebst PSA dort an und ab.
Rz. 4
Mit ihrer Klage hat die Klägerin - soweit diese in die Revision gelangt ist - die Feststellung der Vergütungspflicht für die von ihr aufgewandten Wegezeiten von ihrer Wohnung zu den jeweils zugewiesenen Schutzobjekten seit dem 25. Juni 2015 verlangt. Sie hat gemeint, die Wegezeiten, die von ihr in auffälliger Dienstkleidung unter Mitführen der Dienstwaffe zurückgelegt werden, seien zu vergütende Arbeitszeit.
Rz. 5
Die Klägerin hat - soweit für die Revision von Bedeutung - zuletzt sinngemäß beantragt
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festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, die von der Klägerin in der Zeit vom 25. Juni 2015 bis zum 31. Juli 2016 zusätzlich erbrachte Arbeitszeit in näher bestimmtem Umfang an den Tagen, an denen sie tatsächlich gearbeitet hat, durch Zurücklegen der Wegezeiten in Dienstkleidung unter Mitführung der Dienstwaffe zwischen ihrer Wohnung im M, B und dem ihr jeweils zugewiesenen, näher bezeichneten Einsatzort |
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sowie die von der Klägerin in der Zeit vom 1. August 2016 bis zum 20. März 2018 zusätzlich erbrachte Arbeitszeit in näher bestimmtem Umfang an den Tagen, an denen sie tatsächlich gearbeitet hat, durch Zurücklegen der Wegezeiten in Dienstkleidung unter Mitführung der Dienstwaffe zwischen ihrer Wohnung im Z, L und dem ihr jeweils zugewiesenen, näher bezeichneten Einsatzort |
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sowie die von der Klägerin in der Zeit vom 1. Mai 2018 bis zum 31. Mai 2018 zusätzlich erbrachte Arbeitszeit an den Tagen, an denen sie tatsächlich gearbeitet hat, durch Zurücklegen der Wegezeiten in Dienstkleidung unter Mitführung der Dienstwaffe zwischen ihrer Wohnung im Z, L und der Dienststelle R Straße, B im Umfang von 32 Minuten und zusätzlichen neun Minuten für den Weg von der R Straße, B in die Fstraße, B |
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sowie die von der Klägerin in der Zeit vom 1. Juni 2018 bis zum 30. März 2019 zusätzlich erbrachte Arbeitszeit an den Tagen, an denen sie tatsächlich gearbeitet hat, durch Zurücklegen der Wegezeiten in Dienstkleidung unter Mitführung der Dienstwaffe zwischen ihrer Wohnung im Z, L und der Fstraße, B im Umfang von 39 Minuten |
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sowie die von der Klägerin seit dem 31. März 2019 zusätzlich erbrachte Arbeitszeit an den Tagen, an denen sie tatsächlich gearbeitet hat, durch Zurücklegen der Wegezeiten in Dienstkleidung unter Mitführung der Dienstwaffe zwischen ihrer Wohnung im Z, L und dem Parkplatz im Kweg, B im Umfang von 26 Minuten und zusätzlichen 19 Minuten für den Weg vom Parkplatz im Kweg, B zum S, B |
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je einfacher Wegstrecke zu vergüten. |
Rz. 6
Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt.
Rz. 7
Das Arbeitsgericht hat das beklagte Land zu einer Zeitgutschrift auf dem für die Klägerin geführten Arbeitszeitkonto verurteilt, im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Soweit für die Revision von Bedeutung, hat das Landesarbeitsgericht die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende erstinstanzliche Urteil in Bezug auf die Feststellung der Vergütungspflicht von Wegezeiten zurückgewiesen. Die Klägerin verfolgt mit ihrer Revision die Feststellung der Vergütungspflicht der Wegezeiten zwischen Wohnsitz und Einsatzort weiter.
Entscheidungsgründe
Rz. 8
Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht die Feststellung der Vergütungspflicht von Wegezeiten zwischen Wohnung und Einsatzort abgelehnt.
Rz. 9
I. Der Feststellungsantrag der Klägerin ist in der zuletzt gestellten Fassung nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässig. Dies hat der Senat in einem Parallelverfahren entschieden, worauf zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird (BAG 13. Oktober 2021 - 5 AZR 270/20 - Rn. 12). Der vorliegende Sachverhalt entspricht insoweit demjenigen des vorgenannten Verfahrens.
Rz. 10
II. Der Antrag auf Feststellung der Vergütungspflicht von Wegezeiten ist unbegründet. Die Wegezeiten zwischen Wohnung und Einsatzort sind keine vergütungspflichtigen Arbeitszeiten iSv. § 611 Abs. 1 BGB bzw. seit dem 1. April 2017 iSv. § 611a Abs. 2 BGB. Dies hat der Senat in einem Parallelverfahren entschieden, worauf zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird (BAG 13. Oktober 2021 - 5 AZR 295/20 - Rn. 42 ff.). Der vorliegende Sachverhalt entspricht insoweit demjenigen des vorgenannten Verfahrens. Auch während ihres Einsatzes als Springerin zur Bewachung verschiedener Schutzobjekte kann die Klägerin in Bezug auf den Arbeitsweg nicht mit einem Außendienstmitarbeiter verglichen werden. Das wirtschaftliche Ziel der von ihr in dieser Zeit ausgeübten Gesamttätigkeit ist nicht darauf gerichtet gewesen, verschiedene Einsatzobjekte aufzusuchen. Die Anfahrt dient allein dem Erreichen des Schutzobjekts und zählt nicht zur geschuldeten Tätigkeit eines Wachpolizisten. Diese beinhaltet allein die Bewachung von Schutzobjekten (vgl. BAG 31. März 2021 - 5 AZR 148/20 - Rn. 21). Dies gilt auch, soweit die Klägerin für die Zeit vom 1. Mai 2018 bis zum 31. Mai 2018 die Feststellung einer Vergütungspflicht der zusätzlich zum Aufsuchen der Dienststelle in der R Straße, B aufgewandten Zeit begehrt, von der aus sie sodann gemeinsam mit ihren Arbeitskollegen mit einem Dienst-Shuttlefahrzeug zum Schutzobjekt gefahren ist. Denn die Klägerin hat nicht dargelegt, dass der Umweg zur Dienststelle in der R Straße auf einer Weisung des beklagten Landes beruht oder der Dienstantritt bereits dort erfolgt. Daher ist auch dieser Weg nicht allein fremdnützig, mithin nicht vergütungspflichtig.
Rz. 11
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
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Linck |
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Volk |
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Jungbluth |
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Zorn |
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Fundstellen
Dokument-Index HI15080426 |