Entscheidungsstichwort (Thema)
Anfechtung. Drohung
Orientierungssatz
1. Die Bindungswirkung eines zurückverweisenden Revisionsurteils betrifft in Bezug auf tragende und damit bindende Begründungen auch das Revisionsgericht selbst, wenn es sich erneut mit der Sache zu befassen hat.
2. In der Ankündigung des Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnis durch Fristablauf enden zu lassen, wenn der Arbeitnehmer nicht zu einer – objektiv unwirksam – befristeten Fortsetzung zu den vom Arbeitgeber vorgeschlagenen Bedingungen bereit sei, liegt keine rechtswidrige Drohung iSv. § 123 Abs. 1 BGB. Ein solches Angebot des Arbeitgebers ist kein Übel, sondern bietet dem Arbeitnehmer die Möglichkeit, seiner Erwerbstätigkeit weiter nachgehen zu können, ohne dass er dies vom Arbeitgeber verlangen könnte.
Normenkette
BGB §§ 123, 141, 144; ZPO § 563 Abs. 2
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision des beklagten Landes gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg – Kammern Freiburg – vom 5. Dezember 2006 – 22 Sa 67/06 – wird zurückgewiesen.
2. Das beklagte Land hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten in der Revision noch über die Wirksamkeit einer von der Klägerin erklärten Anfechtung ihrer zum Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags führenden Willenserklärung.
Die 1967 geborene Klägerin war bei der Streithelferin, einer Universität des beklagten Landes, nach vorangegangener befristeter Beschäftigung im Wintersemester 1999/2000 in der Zeit vom 25. November 2002 bis zum 31. August 2003 als Lektorin für Französisch befristet beschäftigt. Die Befristung war auf die vorübergehende Abwesenheit des Stelleninhabers gestützt. Nachdem dieser sein Arbeitsverhältnis zum Ablauf des 31. August 2003 gekündigt hatte, kam es zwischen der Klägerin und den Leitern des Romanischen Seminars der Streithelferin zu Gesprächen über eine Fortführung des Arbeitsverhältnisses. Von Seiten des Romanischen Seminars wurde bei der Personalverwaltung der Streithelferin ein Antrag auf Weiterbeschäftigung der Klägerin für die Zeit bis zum 30. September 2004 gestellt.
Am 8. August 2003 erschien die Klägerin im Personaldezernat der Streithelferin, um die befristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu vereinbaren. Der Sachbearbeiter, Herr P…, teilte der Klägerin mit, der Personaldezernent, Herr M…, sei für die Angelegenheit zuständig. Es müssten noch einige juristische Fragen geklärt werden. Ob und inwieweit die Klägerin in diese Überlegungen einbezogen war, ist zwischen den Parteien streitig.
Am Vormittag des 12. August 2003 führte der Personaldezernent der Streithelferin mit einer Richterin am Arbeitsgericht Freiburg ein Telefonat über die Möglichkeit, einen Vergleich zu protokollieren. Die Richterin bot einen Protokollierungstermin um 11.00 Uhr desselben Tages an. Daraufhin bat der Personaldezernent die Klägerin telefonisch, zu diesem Termin beim Arbeitsgericht zu erscheinen. Er entwarf unter dem Briefkopf der Klägerin eine Befristungskontrollklage und formulierte einen Vergleichstext vor, der eine befristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum 30. September 2004 vorsah. Auf Wunsch der Klägerin faxte er ihr den Klageentwurf nebst Vergleichstext vor dem Termin zu. Vor Eintritt in den Sitzungssaal unterzeichnete die Klägerin den Entwurf der Klageschrift. Der Personaldezernent wies dabei die Klägerin darauf hin, dass eine Fortsetzung des bis zum 31. August 2003 befristeten Arbeitsverhältnisses und damit auch eine Weiterzahlung des Gehalts nur möglich sei, wenn sie mit dem vorgesehenen Verfahren einverstanden sei und der Vergleich zustande komme.
In dem anschließenden Termin, zu dessen Beginn der Richterin die Klageschrift ausgehändigt wurde und der Personaldezernent anschließend auf deren förmliche Zustellung verzichtete, schlossen die Parteien zum Aktenzeichen – 3 Ca 416/03 – den vom Personaldezernenten vorformulierten Vergleich über die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum 30. September 2004.
In einer E-Mail vom 18. September 2003 teilte die Klägerin der Dekanin des Romanischen Seminars folgendes mit:
“Spektabilis,
Sehr geehrte Frau Dekanin,
ich bin Lektorin am Romanischen Seminar und mein Vertrag sollte ab 1.9.03 verlängert werden – so die Zusage des geschäftsführenden Direktors Prof. Dr. K… und des stellvertretenden geschäftsführenden Direktors Prof. Dr. H… im März/April 2003. Ich war in Kenntnis davon gesetzt worden, dass ein juristisches Abkommen dafür nötig wäre; die Form des Abkommens war nicht präzisiert worden. Trotz mehrmaliger Nachfrage meinerseits habe ich bis zum 6.8.03 nichts näheres erfahren.
Am 6.8.03 habe ich Herrn P… im Rektorat angerufen, worauf er mir einen Termin zur Unterschrift des Vertrags nannte – den 8.8.03.
Am 8.8.03 bin ich erschienen und musste erfahren, dass Herr M… für meinen Vertrag zuständig sei und dass die Weiterbezahlung meiner Bezüge nicht gesichert sei, da noch nichts unterschrieben sei (mein Vertretungsvertrag läuft am 31.8.03 ab). Ich habe darauf hingewiesen, dass ich als alleinerziehende Mutter auf dieses Geld angewiesen bin.
Am Montag, dem 11.8.03 wurde ich von Herrn P… um 17 Uhr angerufen, der mir mitteilte, dass Herr M… sich am nächsten Morgen bei mir melden würde.
Am Dienstagmorgen um 9 Uhr rief mich Herr M… an, um mir zu sagen, dass ich ihn beim Arbeitsgericht um 11 Uhr treffen sollte.
Da ich absolut nicht wusste, was ich da zu unterschreiben hatte, habe ich Herrn M… zurückgerufen, um ihn zu bitten, mir das Schriftstück ins Romanische Seminar zu faxen, damit ich wenigstens den Text vor unserem Treffen lesen kann.
Zwei Texte sind mir um 10.16 gefaxt worden und ich habe überhaupt nicht verstanden, worum es ging – es war einmal eine Klage meinerseits (!) und ein Vergleich vom Arbeitsgericht. Ich musste sofort los, um pünktlich um 11 Uhr bei Arbeitsgericht zu sein. Ich hatte vor, mir diese Schriftstücke erläutern zu lassen. Doch verlangte Herr M…, dass ich vor der Tür diese Klage unterzeichne. Es gäbe keine andere Möglichkeit, mich weiter zu beschäftigen, das heißt mich weiter zu bezahlen.
Ich habe unterschrieben, ich bin ja auf mein Gehalt angewiesen.
Ich möchte aber festhalten, dass ich nie gegen das Land und gegen die Universität klagen wollte und dass ich nie in Kenntnis davon gesetzt worden bin, dass ich es tun müsste.
Dürfte ich Sie darum bitten, dass dies als Aktennotiz in meiner Akte festgehalten wird.
…”.
Mit Schreiben vom 5. November 2003 erklärte die Klägerin gegenüber der Streithelferin die Anfechtung des Vergleichs vom 12. August 2003.
Mit einem beim Arbeitsgericht am 6. November 2003 eingegangenen Schriftsatz vom 5. November 2003 hat die Klägerin die Aufnahme des Verfahrens – 3 Ca 416/03 – beantragt und geltend gemacht, die am 12. August 2003 vereinbarte Befristung des Arbeitsverhältnisses bis zum 30. September 2004 sei unwirksam. Der Vergleich könne auch deshalb keine Wirkung entfalten, weil sie durch eine Drohung des Personaldezernenten M… zum Abschluss des Vergleichs bestimmt worden sei. Aus diesem Grunde sei der Vergleich angefochten worden.
Das Arbeitsgericht hat den Schriftsatz vom 5. November 2003 einem neuen Verfahren mit dem Aktenzeichen – 3 Ca 632/03 – zugeordnet. Im Kammertermin vor dem Arbeitsgericht hat die Klägerin erklärt, die Fortsetzung des ursprünglichen Rechtsstreits – 3 Ca 416/03 – sei nicht beabsichtigt, und die Unwirksamkeit der am 12. August 2003 vereinbarten Befristung geltend gemacht.
Die Klägerin hat beantragt
festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Beschäftigungsverhältnis nicht durch die Befristung auf Grund § 1 des Gerichtsvergleichs vom 12. August 2003 (Aktenzeichen – 3 Ca 416/03 –) mit Ablauf des 30. September 2004 endet.
Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat die Auffassung vertreten, das Arbeitsverhältnis sei auf Grund des gerichtlichen Vergleichs vom 12. August 2003 wirksam bis zum 30. September 2004 befristet worden. Im Übrigen bestehe auf Grund der wirksamen Anfechtung keine vertragliche Beziehung mehr zwischen den Parteien.
Das Arbeitsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die im gerichtlichen Vergleich vereinbarte Befristung bis zum 30. September 2004 sei wirksam. Das Landesarbeitsgericht hat auf die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und der Klage mit der Begründung stattgegeben, die Befristungsvereinbarung sei unwirksam. Auf die vom beklagten Land eingelegte Revision hat der Siebte Senat des Bundesarbeitsgerichts das Urteil des Landesarbeitsgerichts aufgehoben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen (BAG 26. April 2006 – 7 AZR 366/05 – AP TzBfG § 14 Vergleich Nr. 1 = EzA TzBfG § 14 Nr. 29). Zur Begründung hat der Siebte Senat ausgeführt, entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts sei die von der Klägerin erklärte Anfechtung des gerichtlichen Vergleichs vom 12. August 2003 nicht unbeachtlich. Die Anfechtungserklärung sei nicht widerruflich und könne nach ihrem Zugang beim Anfechtungsgegner vom Erklärenden nicht mehr zurückgenommen werden. Sei die Anfechtung wirksam, entfalle die vertragliche Grundlage für das bis zum 30. September 2004 befristete Arbeitsverhältnis. Sei die erklärte Anfechtung dagegen nicht begründet, ende das Arbeitsverhältnis nicht auf Grund der vereinbarten Befristung zum 30. September 2004. Der Vergleich vom 12. August 2003 könne nicht als “gerichtlicher Vergleich” iSd. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG angesehen werden. Die Anfechtung sei nicht nach § 144 Abs. 1 BGB ausgeschlossen. In der Erklärung der Klägerin im Kammertermin vom 23. März 2004, sie beabsichtige, den ursprünglichen Rechtsstreit, in welchem die Anfechtung erklärt worden sei, nicht weiter zu verfolgen, liege keine nach § 144 Abs. 1 BGB beachtliche Bestätigung des Prozessvergleichs, weil zum Zeitpunkt dieser Erklärung dem beklagten Land die Anfechtungserklärung bereits zugegangen gewesen sei. Des Weiteren hätten die Parteien den Vergleich vom 12. August 2003 auch nicht nach § 141 Abs. 1 BGB wirksam bestätigt. Da die Bestätigung nach § 141 Abs. 1 BGB als Neuvornahme des nichtigen Rechtsgeschäfts zu beurteilen sei, müsse die für das ursprüngliche Rechtsgeschäft vorgeschriebene Form beachtet werden. Die Parteien hätten jedoch keine den Erfordernissen des § 126 BGB genügenden Erklärungen abgegeben.
Nach Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht hat die Klägerin im Schriftsatz vom 29. August 2006 Folgendes erklärt:
“Für die Klägerin ist im Kammerverhandlungstermin vom 23. März 2004 vor dem Arbeitsgericht Freiburg zu dem Aktenzeichen 3 Ca 632/03 in der Tat erklärt worden, dass das ursprüngliche Verfahren 3 Ca 416/03, das mit einem Vergleich endete, nicht fortgesetzt werden soll.
Es wird hiermit ausdrücklich klargestellt, dass damit für die Klägerin gleichzeitig erklärt wurde, an dem bisherigen Vorbringen zu der bereits erklärten Anfechtung vom 05. November 2003 nicht weiter festzuhalten.
Rein fürsorglich wird hiermit nochmals ausdrücklich für die Klägerin erklärt, an ihrem bisherigen Vorbringen zu den zur Anfechtung behaupteten Anfechtungsgründen nicht mehr festzuhalten. Es wird demzufolge insbesondere nicht weiter behauptet, aufgrund der Äußerungen des Personaldezernenten zu dem fingierten Gerichtsvergleich gezwungen worden zu sein.”
Das Landesarbeitsgericht hat daraufhin das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und festgestellt, dass das im Gerichtsvergleich vom 12. August 2003 vereinbarte Arbeitsverhältnis nicht auf Grund der Befristung mit Ablauf des 30. September 2004 geendet hat. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt das beklagte Land seinen Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
I. Die Revision des beklagten Landes ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht erkannt, dass das im Vergleich vom 12. August 2003 vereinbarte Arbeitsverhältnis nicht mit Ablauf des 30. September 2004 geendet hat.
1. Auf Grund der Entscheidung des Siebten Senats vom 26. April 2006 (– 7 AZR 366/05 – AP TzBfG § 14 Vergleich Nr. 1 = EzA TzBfG § 14 Nr. 29) steht fest und wird vom beklagten Land auch nicht mehr in Frage gestellt, dass die im gerichtlichen Vergleich vom 12. August 2003 vereinbarte Befristung unwirksam ist. Des Weiteren hat der Siebte Senat für das Landesarbeitsgericht nach § 563 Abs. 2 ZPO bindend angenommen, das Anfechtungsrecht sei nicht nach § 144 Abs. 1 BGB ausgeschlossen und eine Bestätigung nach § 141 Abs. 1 BGB sei nicht wirksam erfolgt. Unabhängig davon, dass der erkennende Senat diese Rechtsauffassung des Siebten Senats teilt, ist er rechtlich hieran gebunden. Die Bindungswirkung eines zurückverweisenden Revisionsurteils betrifft auch das Revisionsgericht selbst, wenn es sich erneut mit der Sache zu befassen hat (BAG 20. März 2003 – 8 AZR 77/02 – AP ZPO § 565 Nr. 23 = EzA ZPO 2002 § 563 Nr. 1, zu II 2a aa der Gründe). Bei den Ausführungen zu § 14 Abs. 1 Nr. 8 TzBfG, § 141 Abs. 1 und § 144 Abs. 1 BGB handelt es sich um tragende und damit bindende Begründungen, weil die Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht hierauf beruht. Ohne die vom Siebten Senat hierzu gegebenen Begründungen hätte es einer Zurückverweisung nicht bedurft.
2. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass die von der Klägerin erklärte Anfechtung ihrer zum Abschluss des Vergleichs vom 12. August 2003 führenden Willenserklärung unwirksam ist und deshalb nicht gem. § 142 Abs. 1 BGB zur Nichtigkeit dieser Willenserklärung geführt hat.
a) Gemäß § 123 Abs. 1 BGB kann derjenige, der widerrechtlich durch Drohung zur Abgabe einer Willenserklärung bestimmt worden ist, die Willenserklärung mit der Nichtigkeitsfolge des § 142 Abs. 1 BGB anfechten. Eine Drohung iSd. § 123 Abs. 1 BGB setzt die Ankündigung eines zukünftigen Übels voraus, dessen Zufügung in irgendeiner Weise als von der Macht des Ankündigenden abhängig hingestellt wird. Der Bedrohte muss einer Zwangslage ausgesetzt sein, die ihm subjektiv das Gefühl gibt, sich nur noch zwischen zwei Übeln entscheiden zu können. Die Widerrechtlichkeit der Drohung kann sich aus der Widerrechtlichkeit des eingesetzten Mittels oder des verfolgten Zwecks ergeben. Bedient sich der Drohende zwar an sich erlaubter Mittel zur Verfolgung eines an sich nicht verbotenen Zwecks, kann sich die Widerrechtlichkeit aus der Inadäquanz, dh. der Unangemessenheit des gewählten Mittels im Verhältnis zum verfolgten Zweck ergeben. Hat der Drohende an der Erreichung des verfolgten Zwecks kein berechtigtes Interesse oder ist die Drohung nach Treu und Glauben nicht mehr als angemessenes Mittel zur Erreichung dieses Zwecks anzusehen, ist die Drohung rechtswidrig (Senat 15. Dezember 2005 – 6 AZR 197/05 – AP BGB § 123 Nr. 66 = EzA BGB 2002 § 123 Nr. 6 mwN).
b) Eine widerrechtliche Drohung durch das beklagte Land liegt nicht vor.
aa) In der Ankündigung des beklagten Landes, das Arbeitsverhältnis durch Fristablauf zum 31. August 2003 enden zu lassen, wenn die Klägerin nicht zu einer befristeten Fortsetzung zu den vom Personaldezernenten der Streithelferin vorgeschlagenen Bedingungen bereit sei, liegt keine rechtswidrige Drohung. Die Klägerin hatte keinen Anspruch auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über den 31. August 2003 hinaus. Wäre das beklagte Land untätig geblieben, hätte das Arbeitsverhältnis durch Fristablauf geendet. Das beklagte Land war nicht verpflichtet, das bis zum 31. August 2003 befristete Arbeitsverhältnis der Klägerin zu verlängern. Das Angebot des beklagten Landes, das Arbeitsverhältnis befristet fortsetzen zu wollen, war daher kein Übel, sondern bot der Klägerin die Möglichkeit, ihrer Erwerbstätigkeit weiter nachgehen zu können, ohne dass sie dies vom beklagten Land hätte beanspruchen können.
Auch dass sich das beklagte Land zur befristeten Verlängerung des Arbeitsverhältnisses sehr unkonventioneller und im Ergebnis nicht erfolgreicher Methoden bediente, führt nicht zur Rechtswirksamkeit der Anfechtung. Die vom beklagten Land angestrebte befristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses war zwar objektiv unwirksam und damit rechtswidrig. Dies begründet entgegen der Auffassung des beklagten Landes jedoch noch nicht eine widerrechtliche Drohung iSv. § 123 Abs. 1 BGB. Unabhängig davon, dass eine unbefristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu keinem Zeitpunkt zur Diskussion stand, ist hier zu berücksichtigen, dass die objektive Rechtswidrigkeit des vom beklagten Land verfolgten Zwecks, dh. die Befristungsabrede, der Klägerin keinen endgültigen Nachteil brachte. Ihr blieb vielmehr die Möglichkeit, die Befristungsvereinbarung gerichtlich überprüfen zu lassen. Durch die Annahme des Verlängerungsangebots hat die Klägerin – wie das vorangegangene Revisionsverfahren vor dem Siebten Senat gezeigt hat – nicht das Recht verloren, die Wirksamkeit der Befristungsvereinbarung gerichtlich überprüfen zu lassen. Hierin liegt der wesentliche Unterschied zu den Fällen, in denen der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nur die Alternative zwischen einer (offenbar rechtswidrigen) Kündigung und einem Aufhebungsvertrag lässt. Schließt der Arbeitnehmer den Aufhebungsvertrag, verliert er den gesetzlichen Kündigungsschutz. Die Wirksamkeit der in einem Aufhebungsvertrag getroffenen Beendigungsvereinbarung unterliegt, anders als die geschlossene Befristungsabrede, grundsätzlich keiner gerichtlichen Kontrolle.
bb) Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich aus dem angezogenen Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 28. Januar 1987 (– 5 AZR 323/86 – AP TVG § 4 Nachwirkung Nr. 16 = EzA TVG § 4 Nachwirkung Nr. 8) kein anderes Ergebnis. In jenem Rechtsstreit war der Arbeitgeber auf Grund eines nachwirkenden Tarifvertrags verpflichtet, Auszubildende nach erfolgreicher Beendigung des Ausbildungsverhältnisses zu den tarifvertraglichen Bedingungen weiterzubeschäftigen. Er konnte die tarifvertragliche Vergütung nur durch Abschluss eines neuen Arbeitsvertrags senken. Soweit der Arbeitgeber in jenem Verfahren dem Auszubildenden offenbar angekündigt hatte, das Ausbildungsverhältnis nach erfolgreichem Abschluss durch Kündigung zu beenden, wenn er nicht mit der niedrigeren Vergütungsgruppe einverstanden sei, hat das Bundesarbeitsgericht eine rechtswidrige Drohung bejaht. Durch den Änderungsvertrag habe sich die bestehende Rechtsposition des Arbeitnehmers verschlechtert, weil dieser bei einem Untätigbleiben des Arbeitgebers ohne Weiteres Anspruch auf die höhere tarifliche Vergütung gehabt hätte. Hierin liegt der wesentliche Unterschied zum vorliegenden Streitfall. Während in jenem Rechtsstreit das Vertragsverhältnis nur durch eine Kündigung des Arbeitgebers beendet worden wäre, bestand für das beklagte Land nicht die Verpflichtung, die Klägerin überhaupt weiter beschäftigen zu müssen. Wäre das beklagte Land untätig geblieben, hätte das Arbeitsverhältnis der Klägerin ohne Weiteres mit Fristablauf zum 31. August 2003 geendet. Das beklagte Land hat der Klägerin mit dem Angebot einer befristeten Weiterbeschäftigung die Chance eröffnet, weiter arbeiten zu können, ohne dass die Klägerin dies hätte verlangen können. Von Arbeitgeberseite sollte damit anders als in der angezogenen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 28. Januar 1987 (– 5 AZR 323/86 – aaO) kein Übel erzwungen werden. Aus dieser Entscheidung lässt sich daher nicht der Schluss ziehen, vorliegend habe das beklagte Land eine widerrechtliche Drohung ausgesprochen.
3. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht nicht geprüft, ob sich aus der von der Klägerin im ersten Rechtszug behaupteten Äußerung des Personaldezernenten der Streithelferin, eine verspätete Anweisung der laufenden Bezüge sei nicht auszuschließen, wenn sie nicht den gerichtlichen Vergleich abschließe, eine rechtswidrige Drohung ergibt. Die Klägerin hat nach Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht im Schriftsatz vom 29. August 2006 erklärt, sie halte an ihrem bisherigen Vorbringen zu den zur Anfechtung behaupteten Anfechtungsgründen nicht mehr fest. Sie behaupte nicht weiter, durch den Personaldezernenten zu dem Vergleichsabschluss gezwungen worden zu sein. Da das beklagte Land diesen Vortrag der Klägerin bestritten und sich nicht zu eigen gemacht hat, liegt kein Geständnis iSv. § 288 ZPO vor. Die Klägerin konnte deshalb diesen Vortrag aufgeben (vgl. BGH 23. November 1977 – IV ZR 131/76 – NJW 1978, 884, 885, zu III der Gründe; 29. September 1989 – V ZR 326/87 – LM BGB § 1191 Nr. 34, zu II 3a der Gründe).
II. Das beklagte Land hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.
Unterschriften
Fischermeier, Dr. Armbrüster, Linck, Stang, Sieberts
Fundstellen
Haufe-Index 1938672 |
DB 2008, 2483 |
HFR 2009, 722 |