Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitszeit auf Schiffen. Arbeiter und Angestellte
Leitsatz (amtlich)
Bei Angestellten, die als Besatzungen auf See- und Binnenfahrzeugen im Bereich des Bundesministers der Verteidigung beschäftigt werden, ist für die Anwendung der tariflichen Überstundenregelung (§ 17 BAT) die wöchentliche Arbeitszeit maßgebend, wie sie sich aus der Zahl der Tage, an denen in der Kalenderwoche gearbeitet wird, auf der Grundlage der für den jeweiligen Tag maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit ergibt (Nr. 5 Abs. 1 SR 2e II BAT). Dies kann dazu führen, daß auf Zweiwachenschiffen die mit der Vergütung abgegoltene wöchentliche Arbeitszeit bis zu 54 Stunden beträgt. Diese Regelung verstößt im Vergleich zu der entsprechenden – günstigeren – Bestimmung für Arbeiter, die auf diesen Schiffen beschäftigt sind (Nr. 9 Abs. 1 SR 2b MTB II), nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.
Normenkette
BAT §§ 2, 15, 17, 26; SR 2e II BAT; MTB II § 2; SR 2b MTB II; GG Art. 3, 9, 12, 14
Verfahrensgang
LAG Schleswig-Holstein (Urteil vom 04.12.1991; Aktenzeichen 5 Sa 392/91) |
ArbG Kiel (Urteil vom 20.06.1991; Aktenzeichen 2d Ca 760/91) |
Tenor
- Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 4. Dezember 1991 – 5 Sa 392/91 – wird zurückgewiesen.
- Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten um Überstundenvergütung.
Der Kläger ist Inhaber des Patents CMa. Er ist als zweiter Maschinist auf einem Zweiwachenschiff der Bundesmarine im Bereich der Marinewaffenschule Eckernförde beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien sind der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und die Sonderregelungen für Angestellte, die als Besatzungen auf See- und Binnenfahrzeugen im Bereich des Bundesministers der Verteidigung beschäftigt werden (SR 2e II BAT), anzuwenden. Nr. 4 SR 2e II BAT lautet:
Nr. 5 SR 2e II BAT lautet:
“Nr. 5 zu § 17 – Überstunden –
Überstunden sind
- bei Hafendiensttagen…
bei Seediensttagen… auf Zwei- und Einwachenschiffen die über neun Stunden täglich hinaus geleisteten Arbeitsstunden.
Für die Anwendung des § 17 ist die wöchentliche Arbeitszeit maßgebend, wie sie sich nach der Zahl der Tage, an denen in der Kalenderwoche – an Hafendiensttagen dienstplanmäßig – gearbeitet wird, auf der Grundlage der für den jeweiligen Tag nach Unterabsatz 1 Buchst. a oder b maßgebenden regelmäßigen täglichen Arbeitszeit ergibt, soweit die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit (§ 15 Abs. 1) wenigstens erreicht wird. Zeiten, die nach Nr. 5 Abs. 2 auszugleichen sind, bleiben unberücksichtigt.
Fallen in einer Kalenderwoche nur Seediensttage oder Hafen- und Seediensttage an, gelten zusätzlich von der sich aus Unterabsatz 2 ergebenden wöchentlichen Arbeitszeit für die Vergütungsberechnung zwei Arbeitsstunden als Überstunden, soweit die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit (§ 15 Abs. 1) um mindestens zwei Stunden überschritten ist.”
Für Arbeiter, die auf demselben Schiff tätig sind, auf dem auch der Kläger seinen Dienst versieht, gilt der Manteltarifvertrag für Arbeiter des Bundes (MTB II) sowie die hierzu vereinbarten Sonderregelungen für Besatzungen von Binnen- und Seefahrzeugen und von schwimmenden Geräten im Bereich des Bundesministers der Verteidigung (SR 2b MTB II). Nr. 9 SR 2b MTB II lautet:
“Zu § 19 – Mehrarbeitsstunden und Überstunden –
Bei Seediensttagen werden die über acht Stunden täglich hinaus geleisteten Stunden als Überstunden vergütet.
Bei Hafendiensttagen …
Für die Anwendung des § 19 ist die sich nach Unterabsatz 1 oder Unterabsatz 2 ergebende wöchentliche Arbeitszeit maßgebend.
Fallen in einer Kalenderwoche Hafen- und Seediensttage an, gelten die
…
auf Zwei- und Einwachenschiffen über 52 Stunden
hinaus geleisteten Arbeitsstunden als Überstunden.
Arbeiter und Angestellte leisten auf Zweiwachenschiffen unterschiedliche Arbeit. Angestellte üben gehobene Tätigkeiten der Beaufsichtigung aus, Arbeiter leisten ausführend mechanische Dienste. Durch die unterschiedlichen Arbeits- und Überstundenregelungen kann es vorkommen, daß Arbeiter, die auf demselben Schiff wie der Kläger tätig sind, monatlich zwischen 1.300,-- DM und 1.500,-- DM brutto mehr verdienen als der Kläger.
Der Kläger, der in die Vergütungsgruppe VIb BAT eingruppiert ist, verlangt Überstundenvergütung in unstreitiger Höhe von 2.341,10 DM für insgesamt 102,5 Stunden, an denen er in der Zeit von August 1990 bis März 1991 wöchentlich über 38,5 Stunden hinaus gearbeitet hat.
Er hat die Auffassung vertreten, die Regelungen der Nr. 4 Abs. 1 und 2 sowie Nr. 5 Abs. 1 SR 2e II BAT verstießen gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Sie benachteiligten die Angestellten gegenüber den Arbeitern, weil bei diesen alle über 38,5 Stunden in der Woche hinausgehenden Arbeitsstunden Überstunden seien, während bei den Angestellten eine Wochenarbeitszeit bis zu 54 Stunden durch die Vergütung als abgegolten gelte. Da Arbeiter durch diese unterschiedliche Behandlung mehr verdienen könnten als Angestellte, werde das historisch gewachsene Privileg der Angestellten gegenüber den Lohnempfängern ins Gegenteil verkehrt. Darin liege auch ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 Abs. 1 GG und eine Verletzung der Berufsausübungsfreiheit des Art. 12 GG sowie von Art. 14 GG. Durch die Unwirksamkeit dieser Tarifnormen entstehe eine planwidrige Lücke, die zu seinen Gunsten durch die entsprechende Anwendung der SR 2b MTB II zu schließen sei.
Der Kläger hat beantragt,
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
Sie hat die Ansicht vertreten, das Klagebegehren des Klägers sei nicht begründet, weil die Regelung der Überstundenvergütung nach SR 2e II BAT aufgrund der unterschiedlichen Tätigkeiten von Arbeitern und Angestellten nicht gleichheitswidrig sei. Die Unterschiedlichen Vorschriften über die Vergütung von Mehrarbeit und Überstunden seien jeweils Teil einer Gesamtregelung. Entscheidend sei, daß die Tarifvertragsparteien für Angestellte viel differenziertere Eingruppierungsmerkmale zugrunde gelegt und so den zu erwartenden Arbeitsanfall berücksichtigt hätten.
Arbeits- und Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Die Beklagte bittet um Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Kläger habe keinen Anspruch auf die geltend gemachte Überstundenvergütung. Für die Tätigkeit des Klägers ergebe sich der Umfang der Überstundenvergütung allein aus der Sonderregelung 2e II BAT. Diese verstoße auch nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG. Soweit nach der Sonderregelung 2b MTB II für Arbeiter, die auf demselben Schiff wie der Kläger Dienst tun, sich eine günstigere Überstundenvergütung ergebe, bleibe es den Tarifvertragsparteien unbenommen, wegen der Besonderheiten des Arbeitsverhältnisses eines Angestellten das arbeitsvertragliche Synallagma zwischen Tätigkeit und Vergütung und die Wertigkeit der jeweiligen Hauptpflichten sowie deren Leistungsumfang unterschiedlich zu regeln. Da dies durch eine detaillierte tarifliche Eingruppierungsregelung geschehen sei, sei zu vermuten, daß die Tarifvertragsparteien zwischen den finanziellen Interessen der Angestellten und der Arbeiter einen sachgerechten Ausgleich gefunden hätten. Diese Vermutung sei zwar dadurch erschüttert, daß die Gesamtvergütung der Arbeiter höher sei als die der Angestellten. Auch hätten die Angestellten nicht an den tariflichen Arbeitszeitverkürzungen teilgenommen. Gleichwohl seien die Gerichte für Arbeitssachen nicht befugt, durch Schaffung angemessener Regelungen im Wege richterlicher Rechtsfortbildung in die Tarifautonomie einzugreifen.
Diese Ausführungen des Landesarbeitsgerichts sind jedenfalls im Ergebnis revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
II. Dem Kläger steht, soweit er Arbeitsstunden leistet, die über die im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit von durchschnittlich 38,5 Stunden wöchentlich (§ 15 Abs. 1 BAT) dienstplanmäßig festgesetzten Arbeitsstunden hinausgehen, weder für den Zeitraum von August 1990 bis März 1991 noch danach und zukünftig ein Anspruch auf Vergütung von Überstunden zu. Weder ist, wie der Kläger meint, die SR 2b MTB II entsprechend anzuwenden, noch richtet sich sein Anspruch nach der Grundnorm des § 17 Abs. 1 BAT, die bei Nichtigkeit der SR 2e II BAT in Betracht zu ziehen wäre. Für den Kläger gilt die SR 2e II BAT.
1. Der Kläger unterfällt dem Geltungsbereich dieser Sonderregelung. Er ist als zweiter Maschinist auf einem Zweiwachenschiff der Bundesmarine angestellt und damit als Angestellter im Bereich des Bundesministers der Verteidigung auf einem Schiff beschäftigtes Besatzungsmitglied (vgl. dazu BAG Urteil vom 15. September 1988 – 6 AZR 455/86 – ZTR 1989, 76). Im Geltungsbereich der Sonderregelung 2e II BAT werden die allgemeinen Regelungen über die regelmäßige Arbeitszeit (§ 15 Abs. 1 BAT) und die Vergütung von Überstunden (§ 17 BAT) durch Nr. 4 Abs. 1 Buchst. b und Nr. 5 Abs. 1 SR 2e II BAT dahin abgeändert, daß für Seediensttage auf Zweiwachenschiffen die regelmäßige Arbeitszeit neun Stunden täglich beträgt und für die Anwendung des § 17 BAT auf der Grundlage dieser täglichen Arbeitszeit die wöchentliche Arbeitszeit maßgebend ist, die sich aus der Zahl der Arbeitstage in der Kalenderwoche ergibt. Damit beträgt die wöchentliche regelmäßige Arbeitszeit bei einer Seedienstwoche oder einer Woche mit Hafen- und Seediensttagen 54 Stunden, die durch die Vergütung nach § 26 BAT als abgegolten gilt (Nr. 4 Abs. 2 SR 2e II BAT). Erst die darüber hinaus geleisteten Arbeitsstunden sind gemäß Nr. 4 Abs. 8 SR 2e II BAT und Nr. 5 Abs. 1 Unterabs. 2 SR 2e II BAT als Überstunden zu vergüten.
Derartige Arbeitsstunden hat der Kläger aber mit seiner Klage nicht geltend gemacht. Er verlangt vielmehr eine Überstundenvergütung für die über die regelmäßige Arbeitszeit von durchschnittlich 38,5 Stunden wöchentlich nach § 15 Abs. 1 BAT hinaus- geleisteten 15,5 Arbeitsstunden bei einer Seedienstwoche bzw. einer Woche mit Hafen- und Seediensttagen. Diese Arbeitsstunden sind jedoch, wie dargelegt, keine Überstunden im Sinne der Sonderregelung 2e II BAT. Es handelt sich vielmehr um die regelmäßige verlängerte Arbeitszeit, die mit der Vergütung nach § 26 BAT als abgegolten gilt.
2. Entgegen der Auffassung des Klägers verstößt diese tarifliche Regelung über die verlängerte regelmäßige Arbeitszeit und die Überstundenvergütung bei einer Seedienstwoche bzw. einer Woche mit Hafen- und Seediensttagen, soweit nach ihr weniger Stunden als Überstunden vergütet werden als nach der SR 2b MTB II, nicht gegen den Gleichheitssatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG.
a) Die Tarifvertragsparteien haben im Rahmen der ihnen durch Art. 9 Abs. 3 GG eingeräumten Tarifautonomie die Befugnis, für ihre Mitglieder die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen zu regeln. Hierbei steht ihnen grundsätzlich ein weiter Regelungsspielraum zur Verfügung. Allerdings bestehen bei der tariflichen Normsetzung verfassungsrechtliche Grenzen der Regelungsbefugnis. Die Tarifvertragsparteien haben insbesondere den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zu beachten, der es verbietet, in einem Tarifvertrag gleiche Sachverhalte unterschiedlich zu behandeln (BAGE 1, 258, 260 ff. = AP Nr. 4 zu Art. 3 GG.; BAGE 29, 122 = AP Nr. 111 zu Art. 3 GG; BAGE 50, 137, 141 ff. = AP Nr. 136 zu Art. 3 GG und zuletzt Urteil des Senats vom 30. Juli 1992 – 6 AZR 11/92 – zur Veröffentlichung vorgesehen). Demgemäß ist dieses Grundrecht vor allem dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solchem Gewicht bestehen, daß sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen könnten. Ungleichbehandlung und rechtfertigender Grund müssen in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen (BVerfGE 55, 72, 88; 72, 141, 150; 82, 126, 146). Dies gilt auch, wenn – wie hier – dieselben Tarifvertragsparteien in getrennten Tarifverträgen unterschiedliche Arbeitsbedingungen für Arbeiter und Angestellte festgelegt haben (vgl. BVerfGE 62, 256; 82, 126 = AP Nr. 16 und 28 zu § 622 BGB). In diesen Fällen ist eine gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßende Ungleichbehandlung dann anzunehmen, wenn sich für die vorgenommene Differenzierung kein vernünftiger, aus der Natur der Sache sich ergebender oder sonstwie einleuchtender Grund ergibt und somit eine am Gerechtigkeitsgedanken orientierte Betrachtungsweise die Regelung als willkürlich erscheinen läßt (BVerfGE 1, 14, 52; 33, 367, 384; 71, 39, 58).
b) Die Arbeitsbedingungen nach der Sonderregelung 2b MTB II für Arbeiter sind hinsichtlich der regelmäßigen Arbeitszeit und der Überstundenvergütung günstiger als die der Angestellten. Nach Nr. 9 Abs. 1 SR 2b MTB II werden bei Seediensttagen die über acht Stunden täglich hinaus geleisteten Stunden als Überstunden vergütet. Bei Hafen- und Seediensttagen in einer Kalenderwoche auf Zweiwachenschiffen gelten die über 52 Stunden hinaus geleisteten Arbeitsstunden als Überstunden. Da es keine der Nr. 4 Abs. 2 SR 2e II BAT entsprechende Abgeltungsregelung gibt, werden somit bei Seediensttagen alle über acht Stunden täglich, bei Hafen- und Seediensttagen alle über 52 Stunden wöchentlich hinausgehenden Arbeitsstunden als Überstunden vergütet.
c) Die unterschiedliche Regelung der Überstundenvergütung bei Arbeitern und Angestellten ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Schlechterstellung der Angestellten gegenüber den Arbeitern beruht nicht auf einer pauschalen Differenzierung zwischen beiden Gruppen von Arbeitnehmern, sondern auf einer gruppenspezifisch ausgestalteten unterschiedlichen Regelung der jeweiligen Arbeitsbedingungen. Den Tarifvertragsparteien bleibt es unbenommen, wegen der Besonderheiten des zu regelnden Arbeitsverhältnisses das arbeitsvertragliche Synallagma zwischen Arbeitsleistung und Vergütung und die Wertigkeit der Hauptpflichten sowie deren Leistungsumfang bei Angestellten und Arbeitern unterschiedlich zu regeln (vgl. dazu auch BAG Urteil vom 15. September 1988, aaO). Damit können sie auch die Dauer der täglichen Arbeitszeit unterschiedlich regeln. Ihre Grenzen findet diese Regelungsbefugnis nur in höherrangigen Vorschriften, insbesondere in den Normen der Arbeitszeitordnung. In diesem Rahmen steht es ihnen aber auch frei, den Inhalt der beiderseitigen arbeitsvertraglichen Leistungspflichten, die Wertigkeit der jeweiligen Hauptpflichten und den Leistungsumfang durch die Faktoren ausgeübte Tätigkeit, Entgelt für diese Tätigkeit und Dauer der Arbeitszeit zur Erzielung des Entgelts für die vereinbarte Tätigkeit festzulegen. Das schließt auch die Möglichkeit ein, für einzelne Tätigkeitsgruppen nicht nur bei der Höhe der Vergütung, sondern auch bei der Dauer der Arbeitszeit und der Vergütung der Überstunden zu unterscheiden. Im Rahmen dieser Regelungsbefugnis brauchen die Tarifvertragsparteien nicht die zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Lösung zu wählen, sofern ein sachlich vertretbarer Grund vorliegt (BVerfGE 3, 58, 135; 33, 44, 51; 54, 11, 25 f.; 71, 39, 58; 75, 108, 157). Behandeln die Tarifvertragsparteien Gruppen unterschiedlich, müssen zwischen diesen Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können. Ungleichbehandlung und rechtfertigender Grund müssen in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen (BVerfGE 82, 126, 146 = AP Nr. 28 zu § 622 BGB).
d) Die unterschiedlichen Überstundenregelungen für Angestellte und Arbeiter können nicht losgelöst von den sonstigen Tarifbestimmungen, insbesondere den Eingruppierungsregelungen, gesehen werden. Dabei zeigt sich, daß die Tarifvertragsparteien die Vergütungsordnung für Angestellte im nautischen und schiffsmaschinentechnischen Dienst sowie im Funkdienst auf Hilfsschiffen, schwimmenden Geräten und Binnenwasserfahrzeugen sowie nautische Angestellte in Landdienststellen oder als Kreuzkartenberichtiger im Bereich des Bundesministers für Verteidigung (vgl. Anl. 1a Teil III Abschn. G zum BAT) nach Patenten und Schiffraumklassen, teilweise nach einzelnen Schiffen differenzieren und anhand dieser Kriterien eine Vergütungsgruppenzuteilung vornehmen. Diese detaillierte tarifliche Eingruppierungsregelung zeigt, daß die Tarifvertragsparteien die Arbeitsbedingungen auf den einzelnen Schiffen oder Schiffsklassen berücksichtigt haben und damit auch den zu erwartenden Arbeitsanfall für die verschiedenen Angestelltengruppen auf den einzelnen Schiffen und Schiffsklassen in ihre Wertung miteinbezogen haben. Hieraus ergibt sich, daß sie die lange Arbeitszeit eines Maschinisten bei der Einordnung der einschlägigen Fallgruppen in die Vergütungsgruppen bedacht haben.
Für Arbeiter ist zu berücksichtigen, daß die Regelungen für die Eingruppierung des Seeschiffspersonals ebenfalls detailliert getroffen worden sind, wie den Einreihungsmerkmalen in dem Sonderverzeichnis für Besatzungen von Binnen- und Seefahrzeugen und von schwimmenden Geräten im Bereich des Bundesministers der Verteidigung (SV 2b) zu entnehmen ist. Vorgesehen sind die Lohngruppen 2 bis 8, in denen insbesondere auf Tätigkeiten, Funktionen und persönliche Qualifikationen abgestellt ist. Für Motorenwärter z. B. ist in den Vergütungsgruppen 3 bis 6 sowie 8 jeweils eine Fallgruppe vorgesehen.
Für beide Arbeitnehmergruppen haben die Tarifvertragsparteien also festgelegt, welchen Wert sie den auszuübenden Tätigkeiten beimessen. Ergänzt wird diese Bewertung durch die betragsmäßige Festlegung der zu zahlenden Löhne und Gehälter. Bei dieser Sach- und Rechtslage ist die Differenzierung zwischen der tariflichen Überstundenregelung zwischen Angestellten und Arbeitern, die auf den gleichen Schiffen tätig sind, sachlich gerechtfertigt. Wenn die Tarifvertragsparteien beaufsichtigende Tätigkeiten arbeitszeitmäßig und vergütungsmäßig anders bewerten als körperliche Arbeiten, so liegt das innerhalb ihrer Regelungsmacht. Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn beide Arbeitnehmergruppen tatsächlich die gleiche Tätigkeit verrichten würden. Dies ist vom Kläger jedoch nicht dargetan worden.
3. Die Arbeitszeit- und Überstundenvergütungsregelung verstößt nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG. Sie versperrt dem Kläger nicht den Zugang zu dem von ihm gewählten Beruf und stellt auch keinen Eingriff in das verfassungsrechtlich gewährleistete Recht auf Berufsausübung dar. Ein Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 GG scheidet bereits deshalb aus, weil diese Bestimmung durch das sachnähere Grundrecht des Art. 12 Abs. 1 GG verdrängt wird (BVerfGE 84, 133, 157 = AP Nr. 70 zu Art. 12 GG).
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Dr. Peifer, Dr. Jobs, Dr. Armbrüster, Fohrmann, Rose
Fundstellen
Haufe-Index 846768 |
BAGE, 115 |
NZA 1993, 708 |
AP, 0 |