Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesamtversorgungsobergrenze. vorzeitiges Ausscheiden
Leitsatz (redaktionell)
Eine in der Versorgungsordnung enthaltene Gesamtversorgungsobergrenze ist bei vorzeitig ausgeschiedenen Arbeitnehmern grundsätzlich bereits bei der Berechnung der maßgeblichen fiktiven Vollrente nach § 2 Abs. 1 BetrAVG zu berücksichtigen und nicht erst auf die zeitratierlich gekürzte Betriebsrente anzuwenden.
Normenkette
BetrAVG § 2 Abs. 1, §§ 6, 16 Abs. 1-2, § 17 Abs. 3 S. 3; BetrAVG in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung § 2 Abs. 1; BGB § 187 Abs. 1, §§ 193, 286 Abs. 1-2, § 288 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 11. September 2013 – 12 Sa 440/13 – unter Zurückweisung der Revision im Übrigen teilweise aufgehoben.
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 11. Januar 2013 – 5 Ca 4847/09 – unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert.
Die Beklagten werden unter Klageabweisung im Übrigen verurteilt, an den Kläger über die vom Arbeitsgericht ausgeurteilten Beträge hinaus weitere 660,48 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 12,35 Euro seit dem 1. August 2007, 1. September 2007, 2. Oktober 2007, 1. November 2007, 1. Dezember 2007, 1. Januar 2008, 1. Februar 2008, 1. März 2008, 1. April 2008, 1. Mai 2008, 3. Juni 2008 und 1. Juli 2008, aus jeweils 28,47 Euro seit dem 1. August 2008, 2. September 2008, 1. Oktober 2008, 1. November 2008, 2. Dezember 2008, 1. Januar 2009, 3. Februar 2009, 3. März 2009, 1. April 2009, 1. Mai 2009, 2. Juni 2009 und 1. Juli 2009 sowie aus jeweils 28,44 Euro seit dem 1. August 2009, 1. September 2009, 1. Oktober 2009, 3. November 2009, 1. Dezember 2009 und 1. Januar 2010 als Gesamtschuldner zu zahlen.
Die Kosten der ersten Instanz hat der Kläger, die Kosten der Berufung und der Revision haben der Kläger zu 85 % und die Beklagten zu 15 % zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe des Ausgangsruhegelds des Klägers.
Der im Juni 1947 geborene Kläger war vom 1. Juli 1973 bis zum 31. März 2001 im R-Konzern – zuletzt bei der R E AG – beschäftigt. Ihm wurde ein betriebliches Ruhegeld nach den als Gesamtbetriebsvereinbarung abgeschlossenen „Richtlinien für die Ruhegeld- und Hinterbliebenenversorgung der R Aktiengesellschaft E” vom 9. Februar 1989 (im Folgenden RL 02/89) zugesagt. Die RL 02/89 lauten auszugsweise wie folgt:
„Präambel
Durch die Neuregelung der Ruhegeldrichtlinien für die Mitarbeiter, die vor dem 01.04.1986 schon im Unternehmen beschäftigt waren, sollen die wirtschaftliche Belastung des Unternehmens verringert und die künftige Belastung kalkulierbar gemacht werden. Dies soll insbesondere erreicht werden durch:
- Abbau der Überversorgung,
- Ausgleich der seit 1966 eingetretenen und nicht in den Risikobereich des Unternehmens fallenden Mehrbelastungen,
- Begrenzung des Risikos des Unternehmens aus der Gesamtversorgung für den Fall, daß die Renten aus der Sozialversicherung sinken.
§ 1 Grundlagen der Ruhegeldordnung
(1) Die Mitarbeiter der R Aktiengesellschaft, E, deren Arbeitsverhältnis vor dem 01.04.1986 begonnen hat, erhalten nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen lebenslängliches Ruhegeld und Hinterbliebenenversorgung.
…
§ 2 Voraussetzungen für die Ruhegeldgewährung
(1) Voraussetzungen für die Gewährung von Ruhegeld sind:
1. das Bestehen eines mindestens zehnjährigen ununterbrochenen Arbeitsverhältnisses mit dem Unternehmen
und
2. die Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen
a) der Vollendung des 65. Lebensjahres oder
b) der Inanspruchnahme der vorgezogenen oder flexiblen Altersrente oder
…
Dienstzeiten vor Vollendung des 20. Lebensjahres im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 bleiben unberücksichtigt.
…
§ 4 Höhe des Ruhegeldes
(1) Das Ruhegeld beträgt nach zehnjähriger Dienstzeit 35 v. H. des letzten nach § 5 ruhegeldfähigen Diensteinkommens (ab 20. Lebensjahr gemäß § 2 Abs. 1, letzter Satz).
(2) Für jedes weitere vollendete Jahr, das der Mitarbeiter mehr als zehn Jahre ununterbrochen im Dienst des Unternehmens gestanden hat, steigt das Ruhegeld bis zum vollendeten 25. Dienstjahr um 2 v. H. und von da ab um 1 v. H. des letzten nach § 5 ruhegeldfähigen Diensteinkommens. Die zur Berechnung der Höhe des Ruhegeldes zugrundezulegenden Dienstjahre werden auf volle Dienstjahre aufgerundet, wenn das Arbeitsverhältnis im letzten Dienstjahr wenigstens 183 Kalendertage bestanden hat. Bei der Berechnung der zehnjährigen Dienstzeit im Sinne des Absatzes 1 ist nicht aufzurunden.
(3) Der Höchstbetrag des Ruhegeldes darf 75 v. H. des letzten ruhegeldfähigen Diensteinkommens gemäß § 5 nicht übersteigen.
…
(5) Auf das Ruhegeld werden die Renten nach Maßgabe des § 6 angerechnet.
§ 5 Berechnung des ruhegeldfähigen Diensteinkommens
(1) Für die tariflichen Mitarbeiter wird der Ruhe- bzw. Hinterbliebenengeldberechnung die letzte tarifliche monatliche Tabellenvergütung einschließlich etwaiger persönlicher Zulagen, Familiengeld, Leistungszulagen, Wechselschichtzuschläge und noch bestehender Überstundenpauschalen zugrundegelegt.
(2) Für alle nicht tariflich erfaßten Mitarbeiter ist für die Berechnung des Ruhegeldes bzw. der Hinterbliebenenversorgung die vertraglich festgesetzte außertarifliche Vergütung des letzten Monats vor Versetzung in den Ruhestand maßgebend.
(3) Alle in Abs. 1 und 2 nicht erwähnten Vergütungsbestandteile sind nicht ruhegeldfähig.
…
(5) Die R-Ruhegeld- und Hinterbliebenenversorgung wird für Pensionsfälle ab 1992 höchstens um die Inflationsrate angepaßt, soweit diese zum Zeitpunkt einer Rentenerhöhung unterhalb der Erhöhungen der Nettovergütungen der aktiven R-Mitarbeiter liegt. Übersteigt die Inflationsrate die Erhöhung der Nettovergütungen, verbleibt es bei der Anhebung der Ruhegeld- und Hinterbliebenenversorgung um den Prozentsatz der Erhöhung der Nettovergütungen. Sollte die Erhöhung der Sozialversicherungsrenten gesetzlich von der bruttolohnbezogenen auf die nettolohnbezogene Rentendynamisierung umgestellt werden, tritt im Rahmen der beschriebenen Anpassung an die Stelle der Erhöhung der Nettovergütungen die Erhöhung der Sozialversicherungsrenten.
(6) Die Inflationsrate wird nach der Veränderung des durch das Statistische Bundesamt jährlich ermittelten Preisindexes für die Lebenshaltung von Vier-Personen-Arbeitnehmerhaushalten mit mittlerem Einkommen berechnet. Die Nettovergütung wird auf der Grundlage der Vergütungsgruppe 9, Stufe 16 des jeweiligen Vergütungstarifvertrages (auf der Basis des Manteltarifvertrages vom 21.07.1977/28.09.1982) unter Berücksichtigung der Steuerklasse III/0 abzüglich sämtlicher Steuern und Sozialversicherungsbeiträge (Rentenversicherung, Krankenversicherung, Arbeitslosenversicherung) ermittelt.
(7) Die Anpassung der Ruhegeld- und Hinterbliebenenversorgung erfolgt auf der Basis des bisherigen Ruhebzw. Hinterbliebenengeldes, ohne daß die Erstberechnung des Ruhe- bzw. Hinterbliebenengeldes nachvollzogen wird.
(8) Stichtag für die Anpassung der Betriebsrenten ist jeweils der Zeitpunkt der Anpassung der gesetzlichen Sozialversicherungsrenten.
(9) § 16 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 19.12.1974 bleibt unberührt. Dabei sind zwischenzeitlich nach den vorstehenden Absätzen erfolgte Anhebungen der Betriebsrenten zu berücksichtigen.
§ 6 Anrechnung von Renten und Einkommen aus Tätigkeit
(1) Es ist davon auszugehen, daß der Mitarbeiter durch die Versetzung in den Ruhestand durch das Unternehmen nicht bessergestellt wird, als er sich vorher bei dem Unternehmen bezüglich seines Einkommens im Sinne des § 5 gestanden hat.
(2) Das Ruhegeld wird um die Hälfte derjenigen Beträge vermindert, die dem Mitarbeiter aufgrund jeweils bestehender Gesetze über Renten, Versicherungen, Pensionen und dergleichen zustehen; von der Anrechnung ausgenommen sind lediglich solche Teile dieser Leistungen, die ausschließlich auf eigenen Beitragsleistungen des Mitarbeiters – ohne Arbeitgeberbeteiligung – beruhen.
(3) Bezieht ein in den Ruhestand versetzter Mitarbeiter vor Vollendung seines 65. Lebensjahres Einkommen aus einer selbständigen oder nichtselbständigen Tätigkeit, so
dürfen diese Einkommen, zu dessen wahrheitsgemäßer Angabe der Mitarbeiter verpflichtet ist, und das Ruhegeldzusammen nicht höher sein als die Bezüge im Sinne des § 5 unter Berücksichtigung der Höchstgrenzen nach § 6 Abs. 5. Von der Anrechnung anderweitiger Einkünfte aus selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit auf die betriebliche Rente sind Einkünfte ausgenommen, die gemäß § 1248 RVO bzw. § 25 AVG nicht zu berücksichtigen sind.
…
(5) Das Gesamtmonatseinkommen eines Ruhegeldempfängers (Ruhegeld, gesetzliche Renten und sonstige Einkommen, soweit nicht gemäß Abs. 2 bis 4 von der Anrechnung ausgenommen) darf die nachstehend aufgeführten, nach der Dienstdauer ab vollendetem 20. Lebensjahr berechneten Höchstgrenzen nicht überschreiten; andernfalls erfolgt entsprechende Kürzung.
Höchstgrenzen sind bei 10 Dienstjahren = 63,0 %
bei 11 Dienstjahren = 63,6 %
…
bei 35 Dienstjahren = 78,0 %
der Begrenzungsgrundlage gemäß Abs. 8.
…
(8) Als Begrenzungsgrundlage gilt 1/12 von 13 ruhegeldfähigen monatlichen Diensteinkommen im Sinne von § 5.
(9) Ändert sich die prozentuale Belastung des Einkommens eines aktiven Mitarbeiters durch Steuern und Sozialversicherungsbeiträge gegenüber dem Stand am 01.01.1990 um mehr als 4 Prozentpunkte, so sind die in Abs. 5 Satz 2 festgelegten Begrenzungsprozentsätze entsprechend zu ändern. Bei dieser Rechnung ist das monatliche Tarifgehalt der Vergütungsgruppe 9, Stufe 16, zugrundezulegen.
…
§ 18 Fälligkeit und Ende des Ruhe- bzw. Hinterbliebenengeldes
(1) Ruhe- bzw. Hinterbliebenengeld werden nachträglich am Ende eines jeden Monats gezahlt.
…”
Bei der R E AG galt eine Betriebsvereinbarung zur vorzeitigen Auflösung von Arbeitsverhältnissen vom 30. Juni 2000 – sog. 51er-Regelung – (im Folgenden BV 2000). Nr. 8c der BV 2000 lautet auszugsweise:
„Das betriebliche Ruhegeld wird gemäß § 2 Abs. 1 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 19.12.1974 berechnet. Dabei erfolgt eine Kürzung in dem Verhältnis der Dauer der Betriebszugehörigkeit bei Eintritt in die 51er-Regelung (m) zu der Zeit vom Beginn der Betriebszugehörigkeit bis zur Vollendung des 63. Lebensjahres (n). Bei einem Ausscheiden vor Vollendung des 57,5. Lebensjahres wird die Zeit vom Ausscheiden bis zur Vollendung des 57,5. Lebensjahres zur Hälfte bei der Ermittlung der tatsächlich erbrachten Betriebszugehörigkeit (m) berücksichtigt. …”
Der Kläger, der auf der Grundlage der BV 2000 aus dem Arbeitsverhältnis mit der R E AG ausgeschieden ist, bezieht seit dem 1. Juni 2007 ein Ruhegeld. Dieses belief sich zunächst auf 1.524,62 Euro.
Im Jahr 2006 schlossen nahezu alle mit dem Konzern der Beklagten zu 2. verbundenen Unternehmen mit Wirkung zum 1. Juli 2007 inhaltsgleich formulierte Betriebsvereinbarungen, mit denen die Anpassungsregelungen für das Ruhegeld neu gefasst wurden. Auch für den Kläger sah eine solche Betriebsvereinbarung eine Änderung des § 5 RL 02/89 dahin vor, dass die laufenden Versorgungsleistungen jeweils zum 1. Juli eines jeden Jahrs nur noch um 1 % anzupassen waren. Dementsprechend wurde das Ruhegeld des Klägers zum 1. Juli 2007 auf 1.539,87 Euro, zum 1. Juli 2008 auf 1.555,27 Euro und zum 1. Juli 2009 auf 1.570,82 Euro erhöht. Die Gerichte für Arbeitssachen erkannten in der Folgezeit darauf, dass die Änderung der Anpassungsregelungen unwirksam war (vgl. etwa BAG 28. Juni 2011 – 3 AZR 282/09 – BAGE 138, 197).
Mit der Klage begehrt der Kläger von den Beklagten die Zahlung rückständigen Ruhegelds für die Monate Juni 2007 bis einschließlich Dezember 2009 sowie sich hierauf ergebender Zinsen bis einschließlich 24. August 2012.
Der Kläger hat – soweit für die Revision noch von Bedeutung – die Ansicht vertreten, ihm stünde ein höheres als das von den Beklagten berechnete Ruhegeld zu. Die Berechnung des Ausgangsruhegelds zum 1. Juni 2007 sei unzutreffend. Die in § 6 Abs. 5 RL 02/89 festgelegte Gesamtversorgungsobergrenze sei nicht bereits bei der Berechnung der nach § 2 Abs. 1 BetrAVG iVm. Nr. 8c BV 2000 maßgeblichen fiktiven Vollrente zu berücksichtigen. Vielmehr sei zunächst eine Quotierung des nach § 4 RL 02/89 ermittelten Ruhegelds wegen des vorzeitigen Ausscheidens vorzunehmen und das derart gekürzte Ruhegeld bei der Berechnung des Gesamtmonatseinkommens iSd. § 6 Abs. 5 RL 02/89 in Ansatz zu bringen. Danach ergebe sich ein Ausgangsruhegeld iHv. 1.722,07 Euro, das nach § 5 Abs. 5 und Abs. 6 RL 02/89 zum 1. Juli 2007 um 1,81 %, zum 1. Juli 2008 um 3,28 % und zum 1. Juli 2009 um 0,09 % hätte angepasst werden müssen.
Der Kläger hat, soweit für die Revision noch von Interesse, zuletzt beantragt,
die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an ihn 6.366,17 Euro nebst Zinsen in Höhe von 1.378,80 Euro nebst weiteren Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 6.366,17 Euro seit dem 25. August 2012 zu zahlen.
Die Beklagten haben Klageabweisung beantragt und die Ansicht vertreten, die Berechnung des Ausgangsruhegelds sei zutreffend. Die Gesamtversorgungsobergrenze in § 6 Abs. 5 RL 02/89 sei bereits bei der Berechnung der nach § 2 Abs. 1 BetrAVG iVm. Nr. 8c BV 2000 maßgeblichen fiktiven Vollrente zu berücksichtigen.
Das Arbeitsgericht hat die Beklagten verurteilt, an den Kläger als Gesamtschuldner rückständiges Ruhegeld für die Monate Juli 2008 bis Dezember 2009 iHv. insgesamt 264,54 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus je 19,39 Euro seit dem ersten eines jeden Monats, beginnend mit dem 1. August 2008 und endend mit dem 1. Juli 2009 sowie aus je 5,31 Euro beginnend mit dem 1. August 2009 und endend mit dem 1. Januar 2010 zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers hat teilweise Erfolg. Das Landesarbeitsgericht durfte die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts nicht in vollem Umfang zurückweisen. Die zulässige Klage ist in geringem Umfang über die vom Arbeitsgericht bereits ausgeurteilten Beträge hinaus begründet.
I. Die Beklagten schulden dem Kläger als Gesamtschuldner die Zahlung weiteren rückständigen Ruhegelds für die Monate Juli 2007 bis Dezember 2009 iHv. insgesamt 660,48 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf rückständiges Ruhegeld für die Monate Juli 2007 bis Juni 2008 iHv. jeweils 12,35 Euro, für die Monate Juli 2008 bis Juni 2009 iHv. jeweils 28,47 Euro und für die Monate Juli 2009 bis Dezember 2009 iHv. jeweils 28,44 Euro ab dem Tag nach dessen jeweiliger Fälligkeit. Darüber hinausgehende Ansprüche auf Zahlung rückständigen Ruhegelds stehen dem Kläger nicht zu.
1. Das Ausgangsruhegeld des Klägers ist entgegen seiner Rechtsauffassung zutreffend berechnet. Zum 1. Juni 2007 stand ihm nach den RL 02/89 lediglich ein Ruhegeld iHv. 1.524,62 Euro zu.
a) Das Ausgangsruhegeld des Klägers wurde wie folgt berechnet: Das ruhegeldfähige Einkommen des Klägers belief sich bei seinem Ausscheiden auf 3.964,25 Euro. Nach § 4 Abs. 1 bis Abs. 3 RL 02/89 wurden für 38 anrechnungsfähige Dienstjahre (mögliche Dienstzeit vom 1. Juli 1973 bis zum 1. Juni 2012) 75 % des ruhegeldfähigen Einkommens und damit 2.973,19 Euro zugrunde gelegt. Von diesem Betrag wurden nach § 6 Abs. 2 RL 02/89 50 % der fiktiven auf die Vollendung des 65. Lebensjahrs hochgerechneten Sozialversicherungsrente iHv. 1.447,34 Euro, dh. 723,67 Euro in Abzug gebracht. Danach verblieb ein Betrag iHv. 2.249,52 Euro. Anschließend wurde ermittelt, ob das so errechnete Ruhegeld zusammen mit der Sozialversicherungsrente die sich nach § 6 Abs. 5 und Abs. 8 RL 02/89 ergebende Gesamtversorgungsobergrenze übersteigt. Da sich das fiktive Monatseinkommen des Klägers, bestehend aus dem Ruhegeld iHv. 2.249,52 Euro und der Sozialversicherungsrente iHv. 1.447,34 Euro, auf insgesamt 3.696,86 Euro belief und damit die in § 6 Abs. 5 und Abs. 8 RL 02/89 definierte Obergrenze von 3.349,79 Euro (78 % von 13/12 des ruhegeldfähigen Einkommens iHv. 3.964,25 Euro) um 347,07 Euro überstieg, wurde dieser Differenzbetrag vom errechneten Ruhegeld iHv. 2.249,52 Euro in Abzug gebracht. Das sich danach ergebende Ruhegeld iHv. 1.902,45 Euro wurde wegen des vorzeitigen Ausscheidens des Klägers nach Nr. 8c BV 2000 iVm. § 2 Abs. 1 BetrAVG mit dem ermittelten Quotienten 0,8014 multipliziert und dementsprechend zeitratierlich gekürzt. Dies ergab ein Ausgangsruhegeld iHv. 1.524,62 Euro.
b) Diese Berechnung ist zutreffend. Nach Nr. 8c BV 2000 richtet sich die Berechnung des Ausgangsruhegelds des Klägers grundsätzlich nach § 2 Abs. 1 BetrAVG. Deshalb ist zunächst die dem Kläger nach den RL 02/89 zustehende Leistung, die ihm bei einem Verbleib im Unternehmen bis zum Erreichen der festen Altersgrenze zugestanden hätte, unter Berücksichtigung der Obergrenze in § 6 Abs. 5 und Abs. 8 RL 02/89 zu ermitteln und erst im Anschluss daran die Kürzung wegen seines vorzeitigen Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis nach den Vorgaben der Nr. 8c BV 2000 vorzunehmen.
aa) Die Berechnung des Ruhegelds des vorzeitig – vor dem Eintritt des Versorgungsfalls – aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedenen, die Altersrente nach § 6 BetrAVG vorgezogen in Anspruch nehmenden Klägers richtet sich nach Nr. 8c BV 2000 iVm. § 2 Abs. 1 BetrAVG.
(1) Der Kläger ist vorzeitig, dh. vor Erreichen der festen Altersgrenze von 65 Jahren nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a RL 02/89 aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden und hat das Ruhegeld vorgezogen nach § 6 BetrAVG in Anspruch genommen. Die RL 02/89 enthalten keine Regelungen für die Berechnung der vorgezogen in Anspruch genommenen Altersrente eines vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedenen Arbeitnehmers. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 RL 02/89 setzt die Gewährung von Ruhegeld neben der Vollendung der Wartezeit voraus, dass die Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen der Vollendung des 65. Lebensjahrs, der Inanspruchnahme der vorgezogenen oder flexiblen Altersrente oder einer durch den Rentenversicherungsträger anerkannten Erwerbsunfähigkeit erfolgt. Die Bestimmungen zeigen, dass die RL 02/89 nur die Ansprüche der Arbeitnehmer regeln wollen, deren Arbeitsverhältnis bis zum Eintritt des Versorgungsfalls bestanden hat. § 6 Abs. 1 RL 02/89 bestätigt dies. Die Formulierung „durch die Versetzung in den Ruhestand” lässt erkennen, dass der Regelung ersichtlich die Vorstellung zugrunde liegt, dass der Arbeitnehmer, der Ruhegeld in Anspruch nimmt, bis zu dessen Bezug auch betriebstreu war.
(2) Die Erstberechnung des Ruhegelds des auf der Grundlage der BV 2000 aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedenen Klägers bestimmt sich jedoch nach den Regelungen in Nr. 8c BV 2000. Danach ist das betriebliche Ruhegeld nach § 2 Abs. 1 BetrAVG in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung (im Folgenden BetrAVG aF) zu berechnen, wobei – anders als in § 2 Abs. 1 BetrAVG aF vorgesehen – die Kürzung des fiktiven Ruhegelds nicht bezogen auf die Vollendung des 65. Lebensjahrs als fester Altersgrenze (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a RL 02/89), sondern bezogen auf die Vollendung des 63. Lebensjahrs zu erfolgen hat und bei einem Ausscheiden vor Vollendung des 57,5. Lebensjahrs die Zeit vom Ausscheiden bis zur Vollendung des 57,5. Lebensjahrs zur Hälfte als tatsächliche Betriebszugehörigkeit zu berücksichtigen ist.
bb) Nach den Vorgaben des § 2 Abs. 1 BetrAVG aF hat ein vor Eintritt des Versorgungsfalls mit einer unverfallbaren Anwartschaft aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedener Arbeitnehmer bei Eintritt des Versorgungsfalls einen Anspruch mindestens in Höhe des Teiles der ohne das vorherige Ausscheiden zustehenden Leistung, der dem Verhältnis der Dauer der tatsächlichen Betriebszugehörigkeit zu der bis zum Erreichen der festen Altersgrenze möglichen entspricht. Zur Berechnung der bei Eintritt des Versorgungsfalls zu zahlenden Betriebsrente ist danach zunächst die sog. Vollrente, dh. die Leistung zu ermitteln, die dem Arbeitnehmer bei einem Verbleib im Unternehmen bis zum Erreichen der festen Altersgrenze zugestanden hätte. Demgemäß sind zunächst alle in der Versorgungsordnung vorgegebenen Berechnungsschritte zur Ermittlung der fiktiven Vollrente durchzuführen und erst im Anschluss daran ist die zeitratierliche Kürzung nach § 2 Abs. 1 BetrAVG vorzunehmen (vgl. bereits BAG 21. März 2006 – 3 AZR 374/05 – Rn. 20 ff., BAGE 117, 268). Ist dem Arbeitnehmer eine Gesamtversorgung zugesagt, so hat dies daher grundsätzlich zur Folge, dass eine in der Versorgungsordnung enthaltene Gesamtversorgungsobergrenze bereits bei der Berechnung der maßgeblichen fiktiven Vollversorgung zu berücksichtigen ist. Etwas anderes gilt lediglich dann, wenn die Versorgungsordnung oder eine sonstige, für die Höhe des Altersruhegelds maßgebliche Regelung eine von § 2 Abs. 1 BetrAVG abweichende Berechnung zugunsten der Versorgungsberechtigten (§ 17 Abs. 3 Satz 3 BetrAVG) vorsieht.
cc) Danach ist das Ausgangsruhegeld des Klägers zutreffend berechnet worden. Nr. 8c BV 2000 sieht für die Ermittlung des dem Kläger bei einem Verbleib im Unternehmen bis zum Erreichen der festen Altersgrenze zustehenden – fiktiven – Ruhegelds keine von § 2 Abs. 1 BetrAVG aF abweichende Regelung vor. Die Bestimmung verweist vielmehr insoweit ausdrücklich auf § 2 Abs. 1 BetrAVG aF und ordnet für den vor Vollendung seines 57,5. Lebensjahrs aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedenen Kläger lediglich an, dass die Kürzung des zunächst nach den Vorgaben der RL 02/89 ermittelten fiktiven Ruhegelds – anders als in § 2 Abs. 1 BetrAVG aF vorgesehen – nicht bezogen auf die Vollendung des 65. Lebensjahrs (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a RL 02/89), sondern bezogen auf die Vollendung des 63. Lebensjahrs zu erfolgen hat und die Zeit von seinem Ausscheiden bis zur Vollendung des 57,5. Lebensjahrs zur Hälfte als tatsächliche Betriebszugehörigkeit zu berücksichtigen ist.
dd) Entgegen der Auffassung des Klägers kommt es deshalb nicht darauf an, ob die Gesamtversorgungsobergrenze in § 6 Abs. 5 und Abs. 8 RL 02/89 im Hinblick auf die Bestimmungen in der Präambel der RL 02/89 (auch) darauf ab zielt, eine etwaige Überversorgung zu vermeiden. Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 21. März 2006 (– 3 AZR 374/05 – Rn. 20 ff., BAGE 117, 268) die in früheren Entscheidungen aufgestellte Auslegungsregel, wonach eine Höchstbegrenzungsklausel in einer Versorgungsordnung im Zweifel dahin aus zulegen sei, dass Voll- und Teilrenten zunächst unabhängig von der Höchstbegrenzungsklausel zu berechnen und diese Renten daher erst bei Überschreiten der Höchstgrenzen zu kürzen seien (vgl. BAG 8. Mai 1990 – 3 AZR 341/88 – zu I 2 b der Gründe; 24. Juni 1986 – 3 AZR 630/84 – zu II 2 b der Gründe), ausdrücklich aufgegeben. Sofern die Entscheidung des Senats vom 21. März 2006 (– 3 AZR 374/05 – aaO) dahin zu verstehen sein sollte, dass die Frage, ob eine Gesamtversorgungsobergrenze bereits bei der Ermittlung der fiktiven Vollrente nach § 2 Abs. 1 BetrAVG zu berücksichtigen ist, davon abhängt, welcher Zweck mit der Höchstbegrenzungsklausel verfolgt wird, insbesondere, ob durch diese auch eine Überversorgung verhindert werden soll, hält der Senat hieran nicht weiter fest. Für die Frage, welcher Anteil an einer erreichbaren Vollrente einem vorzeitig ausgeschiedenen Arbeitnehmer zusteht, hat der Zweck der Begrenzungsregelung keine Bedeutung. Die Anwendung der Begrenzungsregelung erst auf die Berechnung der anteiligen Rente des vorzeitig ausgeschiedenen Arbeitnehmers kommt nur in Betracht, wenn eine Versorgungsregelung – anders als hier – dies ausdrücklich vorsieht.
ee) Da sich die Erstberechnung des Ruhegelds des Klägers nach § 2 Abs. 1 BetrAVG iVm. Nr. 8c BV 2000 richtet, kam es nicht darauf an, wie die Regelungen in § 6 Abs. 3 RL 02/89 über die Anrechnung von Einkommen des Versorgungsempfängers aus selbständiger oder nichtselbständiger Tätigkeit auszulegen sind. Diese Regelungen betreffen andere Fallgestaltungen, aus denen keine Auslegungshilfe für die hier zur Entscheidung stehende Problematik gewonnen werden kann.
2. Dem Kläger stehen – ausgehend von einem Ruhegeld zum 1. Juni 2007 iHv. 1.524,62 Euro – gegen die Beklagten jedoch über die vom Arbeitsgericht bereits austitulierten Beträge hinaus noch weitere Ansprüche auf Zahlung restlichen Ruhegelds für die Monate Juli 2007 bis Dezember 2009 iHv. insgesamt 660,48 Euro zu. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass das Ausgangsruhegeld des Klägers iHv. 1.524,62 Euro nicht nach der Betriebsvereinbarung aus dem Jahr 2006, sondern nach § 5 Abs. 5 und Abs. 6 RL 02/89 anzupassen ist. Danach hätte das Ruhegeld des Klägers – unstreitig – zum 1. Juli 2007 um 1,81 % auf 1.552,22 Euro, zum 1. Juli 2008 um 3,28 % auf 1.603,13 Euro und zum 1. Juli 2009 um 0,09 % auf 1.604,57 Euro erhöht werden müssen. Dem Kläger wurde jedoch lediglich ein monatliches Ruhegeld ab dem 1. Juli 2007 iHv. 1.539,87 Euro, ab dem 1. Juli 2008 iHv. 1.555,27 Euro und ab dem 1. Juli 2009 iHv. 1.570,82 Euro gezahlt. Abzüglich der bereits vom Arbeitsgericht zugesprochenen Beträge ergibt sich damit ein Anspruch des Klägers auf weitere Zahlung rückständigen Ruhegelds für die Monate Juli 2007 bis Juni 2008 iHv. jeweils 12,35 Euro, für die Monate Juli 2008 bis Juni 2009 iHv. jeweils 28,47 Euro und für die Monate Juli 2009 bis Dezember 2009 iHv. jeweils 28,44 Euro, mithin insgesamt iHv. 660,48 Euro brutto. Diesen Betrag schulden die Beklagten, wie sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat übereinstimmend erklärt haben, als Gesamtschuldner, § 421 BGB.
3. Der Zinsausspruch beruht auf § 286 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1, § 288 Abs. 1 BGB. Dem Kläger stehen nach § 187 Abs. 1 BGB Verzugszinsen ab dem Tag nach dem Eintritt der Fälligkeit zu (vgl. BAG 8. Oktober 2008 – 5 AZR 715/07 – Rn. 27 mwN). Nach § 18 Abs. 1 RL 02/89 ist das Ruhegeld nachträglich am Ende eines jeden Monats, mithin am Monatsletzten zu zahlen; soweit dieser Tag auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag fällt, verschiebt sich der Zeitpunkt der Fälligkeit nach § 193 BGB auf den nächsten Werktag (BAG 19. November 2014 – 5 AZR 121/13 – Rn. 32 mwN). Entgegen der Ansicht der Beklagten gilt dies auch für die Anpassungen nach § 5 Abs. 5 RL 02/89. Da die Regelungen in § 5 Abs. 5 und Abs. 6 RL 02/89 keine Anpassung nach billigem Ermessen vorsehen, sondern eine Pflicht zur Anpassung um die Inflationsrate oder um den Prozentsatz der Erhöhung der Nettovergütungen der aktiven Beschäftigten im Zeitpunkt der Anpassung der gesetzlichen Renten vorsehen, werden die Ansprüche auf Zahlung der anzupassenden Betriebsrente – anders als nach § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG – nicht erst ab Rechtskraft der Entscheidung, sondern zum jeweiligen Zahlungstermin fällig (BAG 28. Juni 2011 – 3 AZR 282/09 – Rn. 50, BAGE 138, 197).
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1, § 100 ZPO.
Unterschriften
Zwanziger, Spinner, Ahrendt, S. Hopfner, Schepers
Fundstellen