Entscheidungsstichwort (Thema)
Befristeter Arbeitsvertrag - Arbeitsbeschaffungsmaßnahme - Trägerwechsel bei Kindertageseinrichtungen
Leitsatz (redaktionell)
Die Befristung eines Arbeitsverhältnisses aufgrund der Gewährung einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme ist unwirksam, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zur Beendigung seines bisherigen Beschäftigungsverhältnisses veranlaßt hat und ihn im Rahmen der Arbeitsbeschaffungsmaßnahme zur Erledigung unaufschiebbarer Daueraufgaben einsetzt, die er auf andere Arbeitnehmer nicht übertragen kann.
Normenkette
AFG § 93; BGB § 620; KTEinrG SN § 7 Abs. 2, 4, 1, § 8 Abs. 2, § 13 Abs. 4-5, § 12 Abs. 2, § 14 Abs. 5, § 13 Abs. 2, § 20 Abs. 5
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um den Fortbestand ihres Arbeitsverhältnisses.
Die 1949 geborene Klägerin ist Kindergärtnerin. Sie war aufgrund eines mit dem Rat des Kreises L geschlossenen Arbeitsvertrages vom 28. März 1967 als Kindergärtnerin in einem Kindergarten in der beklagten Gemeinde tätig.
Träger des Kindergartens war zuletzt bis zum 30. Juni 1991 der Landkreis L . Nach § 8 Abs. 2 des am 1. Juli 1991 in Kraft getretenen Gesetzes über Kindertageseinrichtungen - SäKitaG - vom 3. Juli 1991 (GVBl. S. 237) hat die beklagte Gemeinde die Trägerschaft für diesen Kindergarten zum 1. Juli 1991 übernommen und zunächst im bisherigen Umfang mit zwei Vollzeitbeschäftigten und zwei Teilzeitkräften fortgeführt.
Im Hinblick auf den bevorstehenden Trägerwechsel und die damit verbundenen Belastungen verlangten die betroffenen Gemeinden und auch die Beklagte vom Landkreis eine finanzielle Unterstützung. Auf Veranlassung des Landrates des Landkreises L stellte das zuständige Arbeitsamt den Gemeinden finanzielle Hilfen durch die Gewährung von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) für das pädagogische Personal von Kindertageseinrichtungen in Aussicht.
Daraufhin setzte sich die Beklagte mit der Klägerin in Verbindung. Unter Hinweis auf die mit dem Landrat geführten Gespräche teilte sie ihr mit, eine Weiterbeschäftigung als Leiterin des Kindergartens komme nur nach vorheriger Auflösung des bestehenden und erneute Begründung eines wegen der ABM befristeten Arbeitsverhältnisses in Betracht. Infolgedessen vereinbarte die Klägerin am 24. Juni 1991 mit dem Landkreis die Auflösung ihres Arbeitsverhältnisses zum 30. Juni 1991; gleichzeitig schlossen die Parteien einen für die Zeit vom 1. Juli 1991 bis 30. Juni 1993 befristeten Arbeitsvertrag nach Maßgabe der SR 2y BAT. Die Klägerin wurde wie bisher als Kindergartenleiterin beschäftigt; ihr Bruttoentgelt betrug zuletzt 3.481,41 DM.
Am Tage des Vertragsabschlusses beantragte die beklagte Gemeinde bei dem zuständigen Arbeitsamt die Zuweisung der Klägerin im Rahmen einer ABM. Durch Bescheid vom 26. Juni 1991 erhielt sie eine vorläufige und mit Bescheid vom 10. Juli 1991 eine endgültige Förderungszusage und Zuweisung der Klägerin bei einem Förderungssatz von 100 %. Der Bewilligung der ABM lag ein Erlaß des Präsidenten der Bundesanstalt für Arbeit vom 3. Juli 1991 zugrunde. Danach konnte eine Förderung von ABM bei Einrichtungen zur Tagesbetreuung von Kindern bei einem Trägerwechsel auf eine Gemeinde bis zum Erlaß einer landesgesetzlichen Finanzierungsregelung gewährt werden.
Die Klägerin war bei der beklagten Gemeinde als Kindergartenleiterin vom 1. Juli 1991 bis 30. Juni 1993 tätig. Ihr wurde nach Ablauf ihres Arbeitsvertrages eine Weiterbeschäftigung zu unveränderten Arbeitsbedingungen für eine Arbeitszeit von vier Stunden täglich angeboten. Dieses Angebot hat sie abgelehnt.
Nach Ansicht der Klägerin könne sich die Beklagte zur Wirksamkeit der Befristung nicht auf die Finanzierung des Arbeitsverhältnisses durch eine ABM berufen. Das Arbeitsverhältnis sei bereits vor der Beantragung der ABM begründet worden. Die Finanzierungsschwierigkeiten der Beklagten bei der Erfüllung kommunaler Pflichtaufgaben seien nicht geeignet, die Befristung zu rechtfertigen.
Die Klägerin hat beantragt,
1. festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der
Parteien nicht zum 30. Juni 1993 endet;
2. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin zu
unveränderten Arbeitsbedingungen als Leiterin
des Kindergartens P weiterzubeschäfti-
gen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält die Befristung des Arbeitsverhältnisses für wirksam. Die Zuweisung der Klägerin durch das Arbeitsamt im Wege einer ABM sei als Sachgrund für eine Befristung anerkannt. Ohne die Bewilligung der ABM habe das Arbeitsverhältnis vor dem 30. Juni 1993 ohnehin betriebsbedingt gekündigt werden müssen. Nach Ablauf der Befristung habe nur noch ein Bedarf für 1,5 Vollzeitarbeitnehmer bestanden. Die Vollzeitstelle werde von einer unbefristet eingestellten Kinderkrippenerzieherin wahrgenommen, die auch den Kindergarten leite.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht die arbeitsgerichtliche Entscheidung abgeändert und die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.
Entscheidungsgründe
I. Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Im Ergebnis zu Recht hat das Landesarbeitsgericht die Befristung des Arbeitsvertrages vom 24. Juni 1991 für unwirksam gehalten und der Klägerin einen Weiterbeschäftigungsanspruch zuerkannt. Ein sachlicher Grund für die Befristung dieses Arbeitsverhältnisses hat nicht vorgelegen.
1. In Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sieht auch das Landesarbeitsgericht die bestandskräftige Zuweisung eines Arbeitnehmers im Rahmen einer ABM als Sachgrund für eine Befristung an. Diese Rechtsprechung beruht auf der Erwägung, daß der Arbeitgeber die Einstellung des ihm von der Arbeitsverwaltung zugewiesenen Arbeitnehmers im Vertrauen auf die zeitlich begrenzte Förderzusage vorgenommen hat, ohne die er keinen oder einen leistungsfähigeren Arbeitnehmer eingestellt hätte (BAGE 41, 110 = AP Nr. 72 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag; BAGE 55, 338 = AP Nr. 114 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag; BAG Urteil vom 11. Dezember 1991 - 7 AZR 170/91 - AP Nr. 145 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag). Daher genügt für das Vorliegen eines Sachgrundes bei Begründung von Arbeitsverhältnissen infolge der Gewährung einer ABM, daß die Dauer der Zuweisung mit der Dauer der Befristung übereinstimmt.
2. Die Unwirksamkeit der Befristung ergibt sich nicht schon aus dem Fehlen einer förmlichen Zuweisung im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses. Nach der angeführten Senatsrechtsprechung ist eine im Zusammenhang mit einer ABM stehende Befristung sachlich begründet, wenn sie für die Dauer der Zuweisung erfolgt und damit auf einen Zeitraum begrenzt ist, für den sich der Arbeitgeber auf eine Kostenübernahme durch das Arbeitsamt verlassen konnte. Dafür ist das Vorliegen einer förmlichen Zuweisung bereits bei Abschluß des Arbeitsvertrages nicht zwingend erforderlich. Stimmen Vertragsdauer und der durch einen späteren Bescheid festgelegte Förderungszeitraum überein, genügt es, wenn der Arbeitgeber aufgrund einer Auskunft des Arbeitsamtes darauf vertrauen durfte, eine entsprechende Zuweisung und Kostenübernahme zu erhalten. Das setzt jedoch voraus, daß die Arbeitsverwaltung bereits vor Abschluß des Arbeitsvertrages mit dem Vorgang befaßt war und in Kenntnis der für die Förderung rechtserheblichen Umstände eine Finanzierung des Arbeitsverhältnisses im Rahmen einer ABM in Aussicht gestellt hat (vgl. Senatsentscheidung vom 8. Februar 1989 - 7 AZR 260/88 -, n.v.).
Diese Voraussetzung ist nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hier erfüllt. Auf Veranlassung der Beklagten und weiterer kreisangehöriger Gemeinden hatte der Landrat des Kreises L mit dem zuständigen Arbeitsamt Verhandlungen über die Finanzierung der von dem Trägerwechsel nach dem SäKitaG betroffenen Arbeitsplätze des pädagogischen Personals geführt. Daraufhin hat die Arbeitsverwaltung für die Arbeitsverhältnisse dieses Personenkreises konkrete personelle Hilfen in Form von ABM in Aussicht gestellt. Ihr waren vor Abschluß des Arbeitsvertrages alle maßgeblichen Umstände bekannt, die für eine Förderungszusage wesentlich sein konnten. Für die beklagte Gemeinde bestand im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses keine Unsicherheit mehr darüber, ob sie mit einer zweijährigen Finanzierung der Arbeitsverhältnisse des von ihr im Zuge des Trägerwechsels neu eingestellten Betreuungspersonals rechnen konnte.
3. Das Landesarbeitsgericht hat die Befristung für unwirksam gehalten, weil die ABM im Falle der Klägerin entgegen den in §§ 91 ff. AFG und der ABM-Anordnung Ost normierten Zwecksetzungen erfolgt sei. Die ABM habe die finanzielle Unterstützung von Gemeinden bei der Bewältigung kommunaler Pflichtaufgaben bezweckt; ihr Ziel sei nicht die Schaffung neuer Arbeitsplätze oder die Wiedereingliederung Arbeitsloser gewesen. Damit verkennt das Landesarbeitsgericht die Grundsätze der Senatsrechtsprechung zur Befristungskontrolle bei ABM-Verträgen. Danach darf der Arbeitgeber außer in Fällen der Nichtigkeit auf die Bestandskraft der Förder- und Zuweisungsbescheide oder einer entsprechenden Zusage der Arbeitsverwaltung vertrauen. Ob der zugewiesene Arbeitnehmer im einzelnen die persönlichen und sonstigen Voraussetzungen nach dem AFG erfüllt oder die Arbeitsverwaltung zweckwidrigerweise von den arbeitsmarktpolitischen Förderungsinstrumenten des AFG Gebrauch macht, kann der Arbeitgeber regelmäßig nicht beurteilen. Ihm gegenüber enthält eine Zuweisung durch die Arbeitsverwaltung auch die Feststellung, daß der zugewiesene Arbeitnehmer die Voraussetzungen für die Förderung nach dem AFG erfüllt und er danach berechtigt ist, diesen Arbeitnehmer zu beschäftigen (BAG Urteile vom 15. Februar 1995 - 7 AZR 680/94 - DB 1995, 1916 = NZA 1995, 987; 26. April 1995 - 7 AZR 936/94 - AP Nr. 4 zu § 91 AFG).
4. Die Rechtsprechung des Senats zum Sachgrund einer Befristung im Rahmen einer ABM wird von der Erwägung getragen, daß der Arbeitgeber die Einstellung nur wegen der befristeten Zuweisung des Arbeitnehmers und der damit verbundenen zeitlich begrenzten Finanzierung des Arbeitsverhältnisses vornimmt. Eine darauf gestützte Befristung kann dann auch zur Verrichtung von Daueraufgaben sachlich gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitgeber die Daueraufgabe ohne die Zuweisung nicht bzw. nicht sofort hätte verrichten lassen, wenn er sie auf seine übrigen Arbeitnehmer verteilt oder wenn er zu ihrer Verrichtung einen leistungsfähigeren Arbeitnehmer eingestellt hätte (BAGE 55, 338, 344 = AP, aa0, zu II 2 der Gründe).
a) In den der bisherigen Senatsrechtsprechung zugrunde liegenden Fällen waren weder faktische Zwänge noch rechtliche Verpflichtungen ersichtlich, die den Arbeitgeber auch ohne die ABM zur Einstellung gerade des zugewiesenen Arbeitnehmers gezwungen hätten. Der Entscheidung vom 3. Dezember 1982, BAGE 41, 110, lag ein Fall zugrunde, bei dem ein arbeitsloser Ingenieur im Rahmen eines ABM-Programms einer Fachhochschule zugewiesen war. Unabhängig von dessen Arbeitsplatz wurde gegen Ende des Förderungszeitraums dort eine weitere Planstelle für einen Ingenieur ausgewiesen, auf den sich der Kläger erfolglos beworben hatte. Das Bundesarbeitsgericht hat die Befristung des für den jeweiligen Förderungszeitraum begründeten Arbeitsverhältnisses aus diesem Grund gebilligt und auf Parallelen zur Befristung aus Haushaltsgründen und im Bereich der Drittmittelfinanzierung hingewiesen.
In der Entscheidung vom 12. Juni 1987, BAGE 55, 338, hatte der Senat über einen Fall zu befinden, in dem ein langzeitarbeitsloser Arbeitnehmer der beklagten Stadt über einen Zeitraum von insgesamt sechs Jahren im Rahmen von ABM zugewiesen und mit wechselnden Aufgaben im Bereich des Liegenschafts-, Hochbau- und Bauordnungsamts betraut war. Für die Rechtmäßigkeit der Befristung in solchen Fallgestaltungen wurde für ausschlaggebend gehalten, daß die Einstellung nur der befristeten Zuweisung wegen erfolgt und der Arbeitgeber ohne diesen Arbeitnehmer die Daueraufgaben anderen hätte zuteilen oder erst zu einem späteren Zeitpunkt erledigen lassen können.
Das Senatsurteil vom 15. Februar 1995, aa0, betraf eine Arbeitnehmerin, die pädagogische Mitarbeiterin im Haus der Jungen Pioniere beim Rat des Kreises war, einer Einrichtung, die auf Veranlassung des Brandenburgischen Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport zum 30. Juni 1991 abgewickelt worden war. In dieser Einrichtung hatte die beklagte Stadt seit 1. Juli 1991 eine offene Jugendeinrichtung und eine Musikschule betrieben und für das hierfür erforderliche Betreuungspersonal bereits im Februar 1991 eine ABM beantragt. Nachdem ihr für einen Zeitraum von zwei Jahren eine ABM-Kraft bewilligt und die Klägerin auch insoweit zugewiesen war, wurde das Arbeitsverhältnis auf diesen Zeitraum begrenzt. Auch diese Befristung hat der Senat wegen der Übereinstimmung von Zuweisungs- und Arbeitsvertragsdauer für sachbegründet gehalten. Ob die Klägerin im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses arbeitslos war und die sozialrechtlichen Voraussetzungen für eine Zuweisung in eine ABM erfüllte, blieb ungeprüft, weil der Arbeitgeber in seinem Vertrauen auf die Rechtmäßigkeit des Förderungsbescheides geschützt ist.
Auch in dem vom Senat am 26. April 1995 (aa0) entschiedenen Fall war ein arbeitsloser Arbeitnehmer der beklagten Stadt als Abfallberater über eine ABM zugewiesen worden, wobei der letzte von drei Zuweisungsbescheiden vom Arbeitgeber die Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis nach Ablauf des Förderungszeitraumes bzw. Rückzahlung des zuletzt gezahlten Förderungsbetrages verlangte. Auch hier hat der Senat die auf den Zuweisungszeitraum begrenzte Befristung für wirksam gehalten und ausgeführt, daß die im Förderungsbescheid enthaltene Nebenbestimmung keine individualrechtliche Verpflichtung auf Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis begründe.
b) Im Unterschied dazu hat vorliegend der Arbeitgeber die grundlegenden Förderungsvoraussetzungen für die Gewährung einer ABM nicht nur selbst herbeigeführt, indem er von der Klägerin die Aufgabe ihres unbefristeten Beschäftigungsverhältnisses verlangt hat, sondern hat zudem die Klägerin zur Erledigung unaufschiebbarer Daueraufgaben eingesetzt, die im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses auch nicht von anderen Arbeitnehmern hätten wahrgenommen werden können. Diese Besonderheiten verlangen eine von der bisherigen Rechtsprechung abweichende Beurteilung.
aa) In der ehemaligen DDR wurden staatliche Kindereinrichtungen, zu denen auch die Kindergärten gehörten, als Einrichtungen der Stadtbezirke, Städte und Gemeinden geführt (§§ 1, 3, 5 Abs. 1 der Verordnung über Kindereinrichtungen der Vorschulerziehung vom 22. April 1976 - GBl. DDR I, S. 201). Demgegenüber wurden die pädagogischen Kräfte an diesen Einrichtungen von den Räten des Kreises eingesetzt (§ 5 Abs. 2 der Verordnung). Diese Rechtslage blieb auch nach Inkrafttreten der Verordnung über Tageseinrichtungen für Kinder vom 18. September 1990 (GBl. DDR I, S. 1577) erhalten.
bb) Nach § 8 Abs. 2 SäKitaG, das die Verordnung vom 18. September 1990 abgelöst hat (§ 21 Satz 2 SäKitaG) sind die Gemeinden im Freistaat Sachsen ab dem 1. Juli 1991 verpflichtet, die Trägerschaft vorhandener Kindergärten (Kindertageseinrichtungen) zu übernehmen, soweit diese Aufgabe nicht von einem Träger der freien Jugendhilfe oder einem kommunalen Zweckverband wahrgenommen wird. Nach ständiger Rechtsprechung des Achten Senats des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 16. März 1994 - 8 AZR 576/92 - AP Nr. 11 zu § 419 BGB Funktionsnachfolge, auch zum Abdruck in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmt) sind die Arbeitsverhältnisse des in Kindergarteneinrichtungen beschäftigten pädagogischen Personals weder nach § 8 Abs. 2 SäKitaG kraft Gesetzes noch in sonstiger Weise auf die Gemeinden bzw. auf die übrigen Träger übergegangen. Allerdings verpflichtet § 8 Abs. 2 SäKitaG die Gemeinden nur zum Betrieb der in einem Bedarfsplan als erforderlich ausgewiesenen Einrichtungen. Der Bedarfsplan war von dem zuständigen örtlichen Jugendamt erstmals zum 31. Dezember 1991 aufzustellen und jährlich fortzuschreiben (§ 7 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit Abs. 2 Satz 3 SäKitaG); solange ein Bedarfsplan nicht aufgestellt oder genehmigt war, sollte an seine Stelle die bei Inkrafttreten des Gesetzes vorzunehmende Bestandsaufnahme treten (§ 7 Abs. 4 SäKitaG).
Danach war die beklagte Gemeinde gehalten, den Kindergarten, in dem die Klägerin als Leiterin beschäftigt war, mit Inkrafttreten des SäKitaG in ihre Trägerschaft zu übernehmen und den Betrieb in dem vorhandenen Umfang zunächst fortzuführen. Dafür standen ihr nach § 12 Abs. 2 in Verbindung mit § 13 Abs. 4 SäKitaG ein Landeszuschuß von 37,5 % zuzüglich eines Elternbeitrages von 25 % der durchschnittlichen Betriebskosten (Sach- und Personalkosten nach § 12 Abs. 2, § 13 Abs. 2 SäKitaG) zu. Die übrigen Kosten waren von ihr nach § 13 Abs. 5 Satz 1 SäKitaG als Pflichtleistung zu übernehmen.
cc) Die Beklagte war zur Weiterführung des Kindergartens zunächst nicht gezwungen, eigenes Personal einzustellen. Denn § 20 Abs. 5 SäKitaG berechtigte sie während einer zeitlich nicht näher definierten Übergangsphase (BAG Urteil vom 10. November 1994 - 8 AZR 278/93 -, n.v.), das dort für einen anderen Arbeitgeber beschäftigt gewesene Personal gegen Übernahme der Personalkosten mit den anfallenden erzieherischen Aufgaben zu betrauen. Unsicherheiten bestanden jedoch über den Arbeitskräftebedarf. Nach dem SäKitaG war ein am bisherigen Bedarf orientierter Landeszuschuß und Elternbeitrag bis 30. Juni 1992 begrenzt. Die für die Berechnung des Personalbedarfs maßgebliche Gruppenstärke und der daran knüpfende Personalschlüssel bedurfte noch der Festlegung in einer vom Staatsministerium für Soziales, Gesundheit und Familie nach § 14 Abs. 5 SäKitaG zu erlassenden Rechtsordnung.
dd) Mit Inkrafttreten des SäKitaG war die Beklagte demnach verpflichtet, den Kindergarten, in dem die Klägerin als Leiterin beschäftigt war, zunächst fortzuführen. Die Verwendung einer ABM-Kraft für die Erledigung einer unaufschiebbaren Daueraufgabe, die von anderen Arbeitnehmern nicht wahrgenommen werden kann, läßt sich mit der Senatsrechtsprechung zur Befristung von Arbeitsverhältnissen aufgrund von ABM nicht vereinbaren. Denn für diesen Fall ist nicht die Bezuschussung des Arbeitsverhältnisses für dessen Begründung ausschlaggebend, sondern ein tatsächlicher und unabweisbarer Arbeitskräftebedarf, den der Arbeitgeber in jedem Fall abdecken muß.
Die Beklagte hätte die von der Klägerin geschuldete Arbeitsleistung nicht von anderen Arbeitnehmern verrichten lassen können. Denn die Klägerin war als Kindergartenleiterin beschäftigt. Mit diesen Aufgaben konnte die beklagte Gemeinde wegen der nach § 14 SäKitaG an die Leitungskraft zu stellenden persönlichen und fachlichen Anforderungen das übrige Personal nicht ohne weiteres beauftragen. Geeignetes Personal stand ihr hierfür nach den bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht zur Verfügung. Im Verhältnis zur Klägerin kann die Beklagte auch nicht geltend machen, ohne die finanzielle Unterstützung durch die Arbeitsverwaltung eine leistungsfähigere Arbeitnehmerin eingestellt oder bis zur Klärung der tatsächlichen Bedarfslage aufgrund einer Vereinbarung mit dem vorherigen Träger des Kindergartens nach § 20 Abs. 5 SäKitaG den vorhandenen Arbeitskräftebedarf abgedeckt zu haben. Veranlaßt der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zur Beendigung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses bei einem anderen Arbeitgeber, um die Voraussetzungen für die Gewährung einer ABM zu schaffen, kann er sich gegenüber diesem Arbeitnehmer nach dem Rechtsgedanken des § 162 BGB nicht darauf berufen, ohne die ABM-Gewährung einen anderen - leistungsfähigeren - Arbeitnehmer eingestellt oder die Arbeit durch den Einsatz von Fremdpersonal bewältigt zu haben. Der Arbeitgeber hätte es sonst in der Hand, einen ausschließlich in seinem Interesse liegenden Sachgrund zu schaffen, obwohl er andere personelle Alternativen im Hinblick auf finanzielle Vorteile, die mit der Einstellung gerade des geförderten Arbeitnehmers verbunden waren, im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bereits ausgeschlossen hatte.
5. Letztlich war für die Befristung, wie die Beklagte selbst einräumt, weniger die Finanzierungsfrage, sondern vor allem die unsichere Bedarfslage ausschlaggebend. Die Wirksamkeit einer darauf gestützten Befristung verlangt, daß im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses mit einiger Sicherheit der Wegfall des Mehrbedarfs mit Ablauf des befristeten Arbeitsverhältnisses zu erwarten ist. Die dazu erforderliche Prognose muß der Arbeitgeber auf konkrete Anhaltspunkte stützen können. Allein die Unsicherheit über die künftige Entwicklung des Arbeitskräftebedarfs reicht weder in der Privatwirtschaft noch im Bereich des öffentlichen Dienstes als Sachgrund für eine Befristung aus. Eine Unsicherheit über die künftige Auslastung eines Arbeitnehmers besteht bei der Begründung von Arbeitsverhältnissen oft. Ein vernünftiger, verantwortungsbewußter Arbeitgeber schließt in einem solchen Fall einen Arbeitsvertrag auf unbestimmte Zeit und kündigt ihn, wenn sich dazu die Notwendigkeit ergibt (BAG Urteile vom 25. November 1992 - 7 AZR 191/92 - AP Nr. 150 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag und 10. August 1994 - 7 AZR 695/93 - AP Nr. 162 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag).
Wie der Senat bereits entschieden hat (Urteil vom 15. März 1995 - 7 AZR 659/93 - AP Nr. 15 zu Art. 13 EV = DB 1995, 2483 = NZA 1995, 1038), berechtigt auch die besondere Situation des öffentlichen Dienstes im Beitrittsgebiet es nicht, an den Inhalt arbeitsgerichtlicher Befristungskontrolle geringere Anforderungen zu stellen. Selbst bei den erweiterten Beendigungsmöglichkeiten im Einigungsvertrag hat der Arbeitgeber die Voraussetzungen der jeweiligen Sonderkündigungstatbestände darzulegen. So setzt etwa die Kündigung wegen mangelnden Bedarfs einen Überhang an Arbeitskräften voraus, der zur Folge hat, daß gerade der Arbeitsbereich des zu kündigenden Arbeitnehmers entfällt. Bei einem mangelnden, aber nicht völlig fehlenden Bedarf hat auch der öffentliche Arbeitgeber zusätzlich zwischen vergleichbaren Arbeitnehmern eine Auswahlentscheidung zu treffen, auf Grund derer erst feststeht, welchem Arbeitnehmer gekündigt werden kann. Dabei sind die dienstlichen Belange des Arbeitgebers und die sozialen des Arbeitnehmers gegeneinander abzuwägen (BAG Urteil vom 19. Januar 1995 - 8 AZR 914/93 - EzA Art. 20 EV Nr. 43; BAG Urteil vom 26. Oktober 1995 - 2 AZR 1026/94 - zur Veröffentlichung vorgesehen).
6. Besteht demnach zwischen den Parteien infolge der Rechtsunwirksamkeit der Befristung ein Arbeitsverhältnis über den 30. Juni 1993 hinaus fort, erweist sich auch der Klageantrag auf Verurteilung der Beklagten zur Weiterbeschäftigung als begründet.
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Steckhan Düwell Schmidt
Seiler Kleinke
Fundstellen
Haufe-Index 441131 |
DB 1996, 1418-1420 (LT1) |
BuW 1996, 375-376 (KT) |
ASP 1996, Nr 9/10, 55 (K) |
NZA 1996, 642 |
NZA 1996, 642-644 (LT1) |
RdA 1996, 261 (L1) |
RzK, I 9a Nr 98 (LT1) |
ZTR 1996, 376 (L1) |
AP § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, Nr 177 |
AR-Blattei, ES 380 Nr 10 (LT1) |
AuA 1996, 353-356 (LT1) |
EzA § 620 BGB, Nr 136 (LT1) |
EzBAT, ABM-Kräfte Nr 7 (LT1) |
NJ 1996, 336 (L) |
RAnB 1996, 352 (L) |