Leitsatz (amtlich)
1. Ein Arbeitnehmer, der aus dienstlichen Gründen an einen weit entfernten Ort versetzt wird, hat einen gesetzlichen Anspruch auf Erstattung der dadurch entstandenen Umzugskosten nach § 670 BGB in entsprechender Anwendung.
2. Eine Tarifbestimmung, die vorsieht, daß die aus Anlaß einer Versetzung aus dienstlichen Gründen zu erstattenden Umzugskosten vom Arbeitnehmer zurückzuzahlen sind, wenn dieser vor Ablauf einer bestimmten Frist von seinem Kündigungsrecht Gebrauch macht, verstößt gegen Art. 12 GG und ist daher unwirksam.
Normenkette
BAT §§ 12, 44 Abs. 1 Ziff. 4 sowie Sonderregelung SR 2d Nr. 12 Abs. 1 Ziff. 5; BGB §§ 276, 279, 670; BUKG § 2 Abs. 2 Nrn. 1, 16; GG Art. 12
Verfahrensgang
LAG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 10.03.1972; Aktenzeichen 3 Sa 240/71) |
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 10. März 1972 – 3 Sa 240/71 – wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Der Beklagte (geb. 27. Dezember 1936) ist von Beruf Elektroingenieur. Er trat am 1. Januar 1966 beim Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung in Koblenz als technischer Angestellter in den Dienst der Klägerin. Nach dem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 3. Januar 1966 richtete sich das Arbeitsverhältnis nach dem Bundesangestellten-Tarifvertrag (BAT) und den diesen ergänzenden und ändernden Tarifverträgen. Der Beklagte, dessen endgültige Verwendung beim Kommando Marine-Führungs-System in Wilhelmshaven vorgesehen war, wurde zunächst in die VergGr. IV b BAT eingruppiert und zum Bundesministerium der Verteidigung in Bonn abgeordnet. Mit Wirkung vom 18. April 1966 wurde er aus dienstlichen Gründen und mit seinem Einverständnis zur Bundeswehr-Verwaltungsstelle in Frankreich, Avon, zur Dienstleistung beim Deutschen Anteil des Programmierungs-Zentrums der französichen Marine in Paris mit dem Ziel der Versetzung abgeordnet. Am 1. Juli 1966 erhielt er die Zusage der Umzugskostenvergütung. Seine Versetzung folgte mit Schreiben vom 9. Dezember 1966 rückwirkend zum 1. Juli 1966. Bereits am 24./25. Mai 1966 war er aus seiner bis dahin beibehaltenen Familienwohnung in Konstanz nach Le Pecq bei Paris umgezogen. Die Umzugskosten wurden ihm erstattet.
Mit Wirkung vom 1. Februar 1968 wurde der Beklagte, der inzwischen in die VergGr. IV a BAT höhergestuft worden war, zur technischen Dienststelle des Bundesamtes für Wehrtechnik und Beschaffung für Führungssysteme in Wilhelmshaven versetzt; gleichzeitig erhielt er die Zusage der Gewährung von Umzugskostenvergütung gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 BUKG. Der Umzug von Le Pecq bei Paris nach Wilhelmshaven fand in der Zeit vom 12. bis 14. Februar 1968 statt. Die Klägerin vergütete dem Beklagten Umzugskosten in Höhe von DM 4.976,69. Dieser kündigte das Arbeitsverhältnis am 12. Mai 1969 fristgerecht zum 1. Juli 1969.
Mit Schreiben vom 3. Juli 1969 forderte die Klägerin vom Beklagten Rückzahlung der Umzugskosten in voller Höhe. Auf Einspruch des Beklagten wurde die Forderung am 26. Mai 1970 um die hypothetischen Beförderungsauslagen von Le Pecq nach Bonn in Höhe von DM 1.853,80 auf DM 3.122,89 ermäßigt. Der Beklagte will auch den herabgesetzten Betrag nicht zurückzahlen.
Die Klägerin beruft sich auf § 44 Abs. 1 Ziff. 4 BAT und Nr. 12 Abs. 1 Ziff. 5 der Sonderregelungen für Angestellte, die zu Auslandsdienststellen des Bundes entsandt sind (SR 2 d BAT). Der Beklagte sei weder zwei Jahre im Ausland noch zwei Jahre in Wilhelmshaven tätig gewesen. Das Arbeitsverhältnis sei durch die eigene Kündigung des Beklagten, also durch einen Grund beendet worden, den der Beklagte zu vertreten habe. Man habe den Beklagten schon vor seiner Einstellung darauf hingewiesen, daß er innerhalb des Geschäftsbereichs des Bundesministeriums der Verteidigung an verschiedenen Dienststellen und Orten eingesetzt werden könne. Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten zur Zahlung von DM 3.122,89 nebst 4 % Zinsen seit Zustellung des Zahlungsbefehls (28. August 1970) zu verurteilen.
Der Beklagte hat um Klageabweisung gebeten. Er hält die Tarifbestimmungen, auf die sich die Klägerin beruft, für unwirksam. Im übrigen seien ihre Voraussetzungen nicht erfüllt. Er habe sein vorzeitiges Ausscheiden nicht zu vertreten, weil er durch die geringe Vergütung praktisch zur Kündigung gezwungen worden sei. Die Klägerin habe auch ihre Fürsorgepflicht verletzt; sie habe ihn auf den tarifvertraglichen Rückzahlungsvorbehalt erst hingewiesen, als er den Umzug bereits durchgeführt hätte. Sie habe ihn entgegen ihrer ursprünglichen Zusage nicht zwei Jahre lang in Frankreich beschäftigt. Im übrigen habe sie auf ihren Anspruch verzichtet, weil sie die Umzugskosten erstattet habe, obwohl er nicht bereit gewesen sei, eine Rückzahlungsverpflichtungserklärung zu unterschreiben. Schließlich beruft sich der Beklagte auf Verwirkung und Verjährung.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und den Streitwert auf 3.122,– DM festgesetzt. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Beide Vorinstanzen halten die tarifliche Rückzahlungsklausel für verfassungswidrig, soweit sie sich auf den Fall der Versetzung aus dienstlichen Gründen bezieht.
Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihren Anspruch weiter. Der Beklagte beantragt Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rückzahlung der Umzugskosten, die sie dem Beklagten erstattet hat.
1. Die Klägerin kann sich allerdings auf eine tarifliche Rückzahlungsklausel berufen. Da der Umzug des Beklagten von Le Pecq bei Paris nach Wilhelmshaven ein Auslandsumzug im Sinne des § 16 BUKG ist, richtet sich die Erstattung der Umzugskosten nach Nr. 12 der Sonderregelungen für Angestellte, die zu Auslandsdienststellen des Bundes entsandt sind (SR 2 d BAT). § 12 Abs. 1 Ziffer 5 SR 2 d BAT enthält eine Rückzahlungsklausel, die fast wörtlich mit § 44 Abs. 1 Ziffer 4 BAT übereinstimmt. Die Vorschrift lautet:
„Für die Gewährung von Umzugskostenvergütung bei Auslandsumzügen sind die für die Beamten des Arbeitgebers jeweils geltenden Bestimmungen mit folgenden Maßgaben sinngemäß anzuwenden:
1.–4. …
5. Endet das Arbeitsverhältnis aus einem von dem Angestellten zu vertretenden Grunde vor Ablauf von zwei Jahren nach einem Umzug, für den Umzugskostenvergütung nach § 2 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 3 oder Abs. 3 Nr. 6 des Bundesumzugskostengesetzes – BUKG – zugesagt worden war, so hat der Angestellte die Umzugskostenvergütung zurückzuzahlen.
War die Umzugskostenvergütung nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 BUKG zugesagt worden, ist nur der nach § 13 AUV gewährte Ausstattungsbetrag zurückzuzahlen, wenn der Angestellte insgesamt mehr als zwei Jahre bei Auslandsdienststellen tätig war.”
Die Voraussetzungen dieser Rückzahlungsklausel sind erfüllt. Der Beklagte hat Umzugskosten nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 BUKG in Verbindung mit Nr. 12 Abs. 1 Satz 1 SR 2 d BAT erhalten, weil er aus dienstlichen Gründen nach Wilhelmshaven versetzt worden war. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund einer ordentlichen Kündigung des Beklagten vor Ablauf von zwei Jahren nach dem Umzug. Dieses Ende des Arbeitsverhältnisses ist vom Beklagten zu vertreten.
Den Begriff des Vertretenmüssens haben die Tarifvertragsparteien aus dem BGB übernommen. Er wird auch dort nicht gesetzlich definiert und besagt lediglich, daß jemand für einen Zustand oder für ein Ereignis verantwortlich ist, daß er dafür einstehen muß. Nach § 276 BGB sind zwar Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn nichts anderes bestimmt ist; das besagt jedoch keineswegs, daß Verschulden und Vertretenmüssen gleichgesetzt werden dürften (besonders nachdrücklich: Staudinger-Werner, BGB, 10./11. Auflage, Vorbem. 2 zu §§ 275 ff. im Anschluß an E. Wolf, AcP 153 (1954), S. 97 [99 ff.]). Im geltenden Zivilrecht sind unverschuldete Ereignisse sehr oft zu vertreten (vgl. nur § 279 BGB). Es ist auch nicht anzunehmen, daß die Tarifvertragsparteien bei der im vorliegenden Fall umstrittenen Rückzahlungsklausel nur an Fälle des Vertragsbruchs gedacht hätten. Es ging ihnen vielmehr offensichtlich darum, nach dem Vorbild der in der Privatwirtschaft verbreiteten Rückzahlungsklauseln eine zusätzliche Betriebsbindung zu erreichen und Arbeitnehmer von der Ausübung ihres Kündigungsrechts abzuhalten. Gerade die ordentliche Kündigung der Angestellten sollte so erfaßt werden (Uttlinger-Breier, BAT, Band I S. 214.2; Clemens-Scheuring-Steingen-Görner-Opalke, BAT, § 44 Anm. 8).
Wenn eine solche einseitige Kündigungsbeschränkung zulässig wäre, hätte der Beklagte danach die von der Klägerin erstatteten Umzugskosten zurückzuzahlen. Er könnte sich nicht einmal auf die Rückzahlung des Ausstattungsbetrages beschränken, weil er nicht mehr als zwei Jahre in Frankreich tätig war (Nr. 12 Abs. 1 Ziffer 5 Satz 2 SR 2 d BAT).
2. Die tarifliche Rückzahlungsklausel ist jedoch unwirksam, soweit sie sich – wie im vorliegenden Fall – auf Umzugskosten bezieht, die durch eine Versetzung aus dienstlichen Gründen veranlaßt wurden.
a) Das Bundesarbeitsgericht vertritt seit langem die Auffassung, daß Rückzahlungsklauseln eine unzulässige Kündigungserschwerung darstellen können (grundlegend: BAG 13, 129 = AP Nr. 22 zu § 611 BGB Gratifikationen und seither in mehr als 30 Urteilen zu den verschiedensten Fallgestaltungen). Schon in zwei Entscheidungen vom 29. Juni 1962 (BAG 13, 168 = AP Nr. 25 zu Art. 12 GG und AP Nr. 26 zu Art. 12 GG) hat es hervorgehoben, daß solche Rückzahlungsklauseln auch das Grundrecht des Art. 12 GG auf freie Wahl des Arbeitsplatzes verletzen können, wenn sie unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles für den Arbeitnehmer nach Treu und Glauben unzumutbar sind. Als entscheidend wurde dabei immer angesehen, in welchem Verhältnis der Aufwand des Arbeitgebers zu der Dauer der geforderten Betriebsbindung steht. Die hierzu entwickelten Grundsätze betrafen aber immer freiwillige Sonderleistungen des Arbeitgebers und einzelvertragliche Rückzahlungsklauseln. In beiden Punkten bestehen im vorliegenden Fall wesentliche Unterschiede.
Die Klägerin kann sich auf eine tarifliche Rückzahlungsklausel stützen. Die Parteien eines Tarifvertrages sind nach der Auffassung des Fünften Senats freier bei der Begründung von Rückzahlungspflichten als die Partner des Einzelarbeitsvertrages (BAG 18, 217 = AP Nr. 54 zu § 611 BGB Gratifikation; BAG AP Nr. 57 und 68 zu § 611 BGB Gratifikation). Auf den lebhaften Meinungsstreit, der sich an dieser Ansicht entzündet hat, muß im vorliegenden Fall nicht eingegangen werden. Auch der Fünfte Senat will nämlich tarifliche Rückzahlungsklauseln keineswegs von jeder inhaltlichen Kontrolle freistellen, sondern lediglich einen großzügigeren Maßstab anlegen. Daß Tarifverträge zum mindesten am Grundgesetz zu messen sind, entspricht nahezug einhelliger Ansicht und wurde vom Bundesarbeitsgericht immer wieder betont (grundlegend BAG 1, 258 = AP Nr. 4 zu Art. 3 GG; vgl. ferner außer den zitierten Urteilen des Fünften Senats: BAG 15, 228 = AP Nr. 87 zu Art. 3 GG; BAG 22, 144 = AP Nr. 12 zu § 15 AZO; BAG 22, 252 = AP Nr. 142 zu § 242 BGB Ruhegehalt; Hueck-Nipperdey, Lehrbuch des Arbeitsrechts, 7. Aufl., Band II 1. Halbband, § 19 A II S. 373; Gamillscheg AcP 1964 S. 385 [399 ff.]; a.A.: Maunz-Dürig, GG, Art. 1 Abs. III Anm. 116).
b) Bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung der Nr. 12 SR 2 d BAT (wie des § 44 Abs. 1 Ziffer 4 BAT) stellen sich die gleichen Ausgangsfragen wie bei einzelvertraglichen Rückzahlungsklauseln: Welche Vorteile für die betroffenen Arbeitnehmer stehen dem Nachteil der angestrebten Betriebsbindung gegenüber? Inwieweit ist es einem Arbeitnehmer überhaupt möglich und zumutbar, dieser Bindung zu entgehen? Die Antwort auf beide Fragen erweist die ungewöhnliche Einseitigkeit und Härte der hier umstrittenen Tarifbestimmung.
Anders als bei normalen Rückzahlungsklauseln soll der aus dienstlichen Gründen versetzte Angestellte nicht eine freiwillige Sonderleistung zurückzahlen, die er ohne die auflösend bedingte Zusage nicht hätte fordern können. Vielmehr wird ihm die Rückzahlung eines Betrages zugemutet, auf den er ohnehin einen gesetzlichen Anspruch gehabt hätte. Seit dem Beschluß des Großen Senats vom 10. November 1961 (BAG 12, 15 = AP Nr. 2 zu § 611 BGB Gefährdungshaftung des Arbeitgebers) hat sich nämlich die Erkenntnis durchgesetzt, daß die auftragsrechtliche Bestimmung des § 670 BGB einen allgemeinen rechtlichen Grundsatz enthält, der auch für das Arbeitsverhältnis gilt: Wer im Interesse eines anderen und auf dessen Wunsch Aufwendungen macht, die durch keine Vergütung abgegolten werden, kann Ersatz dieser Aufwendungen von demjenigen verlangen, für den er tätig geworden ist (im Ergebnis ebenso: Hueck-Nipperdey, Lehrbuch des Arbeitsrechts, 7. Aufl., Bd. I § 47 1 S. 387; ebenso die Vorinstanz S. 9 des angefochtenen Urteils). Das gilt auch bei einer Versetzung aus dienstlichen Gründen. Sie dient begriffsnotwendigerweise primär den Interessen des Arbeitgebers; die mit ihr verbundenen finanziellen Lasten sind im Zweifel auch nicht schon mit der Vergütung abgegolten (so unter Berufung auf die Fürsorgepflicht auch BAG 10, 104 = AP Nr. 1 zu § 22 TO.A und LAG Berlin DB 1971 S. 444).
Wenn die Tarifvertragsparteien bei dieser Rechtslage für dienstliche Versetzungen Umzugskostenerstattung nach Maßgabe der beamtenrechtlichen Regelungen zugestehen, so konkretisieren sie damit lediglich den ohnehin bestehenden gesetzlichen Anspruch auf Aufwendungsersatz. Der Rückzahlungsvorbehalt erweist sich als Einschränkung dieses Anspruchs. Es kann dahingestellt bleiben, ob und inwieweit der Erstattungsanspruch nach § 670 BGB abdingbar ist. Jedenfalls darf ein Entzug dieses Anspruchs nicht ausschließlich zu dem Zweck angedroht werden, den Arbeitnehmer auf diese Weise von einer rechtmäßigen eigenen Kündigung abzuhalten.
Die Unangemessenheit einer solchen Regelung wird noch deutlicher, wenn man berücksichtigt, daß der betroffene Angestellte der Bindungswirkung auf keine Weise ausweichen kann. Bei normalen Rückzahlungsklauseln wird ihm lediglich angesonnen, vor der Annahme einer Sonderleistung für die Dauer der Bindungsfrist vorauszuplanen, ob er kündigen will oder nicht. Da die Zumutbarkeit einer solchen Vorausplanung entscheidend von der Dauer der geforderten Betriebsbindung abhängt, konnte sich die Rechtsprechung vor allem auf eine Überprüfung der Bindungsfristen konzentrieren. Die vorliegend umstrittene Tarifbestimmung läßt aber gar keinen Raum für irgendwelche Dispositionen des Angestellten. Nach § 12 BAT muß dieser einer Versetzung Folge leisten. Er hätte nur die theoretische Möglichkeit, gar nicht umzuziehen oder den Umzug auf eigene Kosten durchzuführen. Beide Alternativen sind aber kaum je zumutbar, sogar unmöglich. Der Beklagte hat z.B. eine Familie und verdiente zur Zeit des Umzugs DM 1.345,– brutto. Schon rein finanziell war ihm weder die Führung eines zweiten Haushalts im Ausland noch die Übernahme der Umzugskosten möglich. Für ihn wirkte sich die Rückzahlungsklausel praktisch nicht anders aus, als wenn seine ordentliche Kündigung mit einer Vertragsstrafe in Höhe von DM 3.122,89 belegt worden wäre. Eine solche Vertragsstrafe ist aber grundsätzlich unzulässig (vgl. für eine einzelvertragliche Vertragsstrafenklausel: BAG Urteil vom 9. März 1972 – 5 AZR 246/71 – demnächst AP Nr. 11 zu § 622 BGB).
c) Der Senat hat erwogen, ob Nr. 12 Abs. 1 Ziff. 5 SR 2 d BAT mit einer verfassungskonformen Auslegung aufrechterhalten werden kann. Denkbar wäre es, als zu vertretende Endigungsgründe im Sinne der Tarifbestimmung entgegen dem ursprünglichen Willen der Tarifvertragsparteien nur rechtswidrige und schuldhafte Vertragsbrüche anzuerkennen. Gegen eine Rückzahlungsklausel in dieser beschränkten Form bestünden an sich keine grundsätzlichen Bedenken. Dennoch ist eine verfassungskonforme Auslegung nicht möglich. Der Begriff des zu vertretenden Grundes könnte nur für alle in Nr. 12 Abs. 1 Ziff. 5 SR 2 d BAT geregelten Umzugskostentatbestände einheitlich ausgelegt werden – also sowohl für Versetzungen aus dienstlichen Gründen als auch für Umzüge aus Anlaß einer Neueinstellung oder bei Versetzungen aus persönlichen Gründen des Arbeitnehmers. Die beiden zuletzt genannten Tatbestände geben aber keinen Anlaß zu einer so weitreichenden Korrektur der Regelung. Die Erstattung von Umzugskosten, die durch die Anstellung oder aus persönlichen Gründen des Arbeitnehmers entstehen, stellt eine Sonderleistung dar, auf die kein gesetzlicher Anspruch besteht und die der Arbeitnehmer in der Regel durch eigene Dispositionen veranlaßt hat. Die unter 2 b dargestellten grundsätzlichen Bedenken gegen die tarifliche Rückzahlungsklausel ergeben sich daher nur für Fälle der Versetzung aus dienstlichen Gründen. Nur insoweit ist der tariflichen Rückzahlungsklausel, und zwar wegen Verstoßes gegen Art. 12 des Grundgesetzes, jede Wirksamkeit abzusprechen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
gez. Dr. Feller, Dr. Rengier, Dr. Dieterich, Pfister, Dr. Jung
Fundstellen
Haufe-Index 1436680 |
BAGE, 107 |
Nachschlagewerk BGH |