Entscheidungsstichwort (Thema)
Deklaratorisches Schuldanerkenntnis. Allgemeine Geschäftsbedingungen. Auslegung. Sittenwidrigkeit. Anfechtung wegen widerrechtlicher Drohung. unangemessene Benachteiligung. Transparenzgebot. gesamtschuldnerische Haftung
Orientierungssatz
1. Ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis ist ein vertragliches kausales Anerkenntnis, mit dem eine bestehende Schuld lediglich bestätigt wird. Die Annahme eines solchen Schuldanerkenntnisses setzt voraus, dass die Vertragsparteien das Schuldverhältnis ganz oder teilweise dem Streit oder der Ungewissheit der Parteien entziehen und es endgültig festlegen wollen.
2. Ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis bewirkt, dass der Schuldner mit sämtlichen Einwendungen rechtlicher und tatsächlicher Natur und der Geltendmachung sämtlicher Einreden ausgeschlossen ist, die ihm bei Abgabe seiner Erklärung bekannt waren oder mit denen er zumindest rechnete.
3. Nach § 138 Abs. 1 BGB ist ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis nichtig, wenn es nach seinem aus der Zusammenfassung von Inhalt, Zweck und Beweggrund zu entnehmenden Gesamtcharakter mit den grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung nicht zu vereinbaren ist. Dies ist aufgrund einer umfassenden Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses vorliegenden relevanten Umstände zu beurteilen.
4. Für die Frage, ob mittels eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses eine überhöhte oder zweifelhafte Schadensersatzforderung durchgesetzt werden soll, ist nicht das Verhältnis zwischen wahrer Ausgangslage im Sinne einer tatsächlichen Beweisbarkeit und dem anerkannten Betrag, sondern die Einschätzung der Sach- und Rechtslage durch die Parteien bei Abschluss der Vereinbarung maßgeblich.
5. § 306 Abs. 1 BGB kommt auch dann zur Anwendung, wenn sich die Unwirksamkeit einer Allgemeinen Geschäftsbedingung nicht aus den §§ 307 bis 309 BGB, sondern aus anderen gesetzlichen Vorschriften ergibt.
6. Eine widerrechtliche Drohung macht ein Rechtsgeschäft lediglich nach § 123 BGB anfechtbar. Dies hat zur Folge, dass es nur dann wegen Sittenwidrigkeit nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig ist, wenn weitere Umstände als die unzulässige Willensbeeinflussung hinzutreten, die das Geschäft seinem Gesamtcharakter nach als sittenwidrig erscheinen lassen.
7. Ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis verstößt nicht gegen das Klauselverbot des § 309 Nr. 12 BGB. Beim deklaratorischen Schuldanerkenntnis liegt die Anerkenntniswirkung allein in der Feststellung des Ausgangsschuldverhältnisses. Es verlagert nicht die Beweislast der Parteien, vielmehr sind mögliche Beweisfragen durch das materielle Recht beseitigt worden.
8. Ein deklaratorische Schuldanerkenntnis in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB daraufhin zu überprüfen, ob es mit den wesentlichen Grundgedanken des § 779 BGB zu vereinbaren ist. Zwar fehlt es bei einem deklaratorischen Schuldanerkenntnis – anders als bei einem Vergleich – an einem gegenseitigen Nachgeben; vielmehr liegt wegen des einseitigen Nachgebens an sich ein „einseitiger Feststellungsvertrag” vor, durch den die Parteien ihre materiellen Beziehungen regeln. Da der Zweck eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses aber darin besteht, das Schuldverhältnis insgesamt oder in einzelnen Punkten dem Streit oder der Ungewissheit der Parteien zu entziehen und es insoweit endgültig festzulegen, hat es vergleichsähnlichen Charakter mit der Folge, dass § 779 BGB auf das deklaratorische Schuldanerkenntnis entsprechend anwendbar ist.
9. Bei einer gesamtschuldnerischen Haftung hat ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis eines Gesamtschuldners nach § 425 Abs. 1 BGB nur Auswirkungen für und gegen den Gesamtschuldner, der das Anerkenntnis abgegeben hat, es sei denn, dass sich aus dem Schuldverhältnis mit dem anderen Gesamtschuldner ein anderes ergibt.
Normenkette
BGB §§ 13-14, 123 Abs. 1, § 138 Abs. 1, §§ 139, 142 Abs. 1, § 280 Abs. 1, § 305 Abs. 1, § 306 Abs. 1, § 307 Abs. 1 Sätze 1-2, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 S. 1, § 309 Nr. 12, § 310 Abs. 3 Nrn. 2-3, § 311 Abs. 1, §§ 421, 422 Abs. 1 S. 1, § 425 Abs. 1, §§ 779, 781, 823 Abs. 2, § 840
Verfahrensgang
LAG Sachsen-Anhalt (Urteil vom 27.02.2014; Aktenzeichen 3 Sa 231/12) |
ArbG Dessau (Urteil vom 16.05.2012; Aktenzeichen 11 Ca 285/11) |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 27. Februar 2014 – 3 Sa 231/12 – teilweise aufgehoben, soweit es über die Berufung des Beklagten zu 1. erkannt hat.
Die Berufung des Beklagten zu 1. gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dessau-Roßlau vom 16. Mai 2012 – 11 Ca 285/11 – wird zurückgewiesen.
Im Übrigen wird die Revision der Klägerin zurückgewiesen.
Die gerichtlichen Kosten I. Instanz zu einem Streitwert iHv. 239.900,00 Euro haben die Klägerin zu 58 % und der Beklagte zu 1. zu 42 % zu tragen. Von den außergerichtlichen Kosten I. Instanz – soweit erstattungsfähig – hat die Klägerin die des Beklagten zu 2. voll, die des Beklagten zu 1. zu 16 % und die eigenen zu 58 % zu tragen. Der Beklagte zu 1. hat seine außergerichtlichen Kosten – soweit erstattungsfähig – zu 84 % und die der Klägerin – soweit erstattungsfähig – zu 42 % zu tragen.
Die gerichtlichen Kosten II. Instanz und III. Instanz zu einem Streitwert iHv. 200.000,00 Euro haben die Klägerin und der Beklagte zu 1. je zur Hälfte zu tragen. Von den außergerichtlichen Kosten II. und III. Instanz hat die Klägerin die des Beklagten zu 2. voll und die eigenen zur Hälfte zu tragen. Der Beklagte zu 1. hat seine außergerichtlichen Kosten voll und die der Klägerin zur Hälfte zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagten zu 1. und 2. der Klägerin wegen manipulierter Leergutbuchungen zum Schadensersatz verpflichtet sind und in diesem Zusammenhang über die Wirksamkeit und die Wirkungen eines vom Beklagten zu 1. abgegebenen „Schuldanerkenntnisses”.
Der Beklagte zu 1. war seit dem 13. Juni 2001 bei der Klägerin als Mitarbeiter im C-Abholmarkt in L (im Folgenden Abholmarkt) beschäftigt. Er hatte ua. die Aufgabe, Leergut (Pfandflaschen und Getränkekisten) von den Kunden entgegenzunehmen, die abgegebene Leergutmenge eigenverantwortlich zu zählen, die Pfandbeträge an die Kunden auszuzahlen bzw. ihrem Kundenkonto gutzuschreiben und die Vorgänge in der Kasse zu verbuchen. Der Beklagte zu 2., der in K einen Kiosk betreibt, war gewerblicher Kunde des Abholmarkts.
Im Herbst 2008 stellte die EDV-Abteilung der Klägerin im Abholmarkt extrem hohe Bestände in der EDV-geführten Leerguterfassung fest. Die von der Klägerin durchgeführte Recherche ergab, dass der erhöhte Leergutbestand auf fingierten Geschäftsvorgängen beruhte, die der Beklagte zu 1. seit Januar 2007 unter der Kundennummer des Beklagten zu 2. eingegeben hatte. Die Klägerin veranlasste daraufhin eine Überwachung des Beklagten zu 1. durch die Zeugen B und P sowie den EDV-Mitarbeiter T. Diese beobachteten am 8. Oktober 2008 um 08:39 Uhr, wie der Beklagte zu 1. zugunsten des Kundenkontos des Beklagten zu 2. eine Leergutbuchung iHv. zumindest 595,00 Euro erstellte, obwohl kein Leergut zurückgeführt wurde.
Auf Vorhalt der Zeugen gab der Beklagte zu 1. an, gemeinsam mit dem Beklagten zu 2. Manipulationen bei der Leergutbuchung vorgenommen zu haben, wobei dem Beklagten zu 2. zwei Drittel und ihm selbst ein Drittel des aus den fingierten Geschäftsvorgängen resultierenden Gewinns zugeflossen seien.
Auf Drängen des Zeugen B fertigte der Beklagte zu 1. im Büro der Klägerin handschriftlich das folgende „Schuldeingeständnis” an:
- „seit Januar 07 habe ich in größerer Ordnung Leergutnummern genohmen um Falsche Bestände auszugleichen
- diese Falschen Bestände entstanden dadurch das ich Ware ohne Bezahlung und realen Bon an den Kunden mit der KD ausgegeben habe, mit Bon dem Kunden W
- mir war schon bewußt das es irgendwann auffällt und das die Sache nachzuvollziehen ist
- ich bin aber mit der Leichtgläubigkeit rangegangen das es nicht so schnell passiert weil niemand etwas sagte oder auch keine Info kam das irgendetwas falsch läuft bei den Beständen
- ich alleine habe die Waren rausgeben ohne das wissen anderer Kollegen. Wenn diese gefragt haben hab ich gesagt die Ware sei verkauft worden
- die Rechnungen habe ich auch auf andere Bedienernummern getätigt während diese Kollegen beschäftigt waren ohne deren Wissen
- auch die Warenausgabe erfolgt nach diesem Schema immer nur wenn Kollegen zur Pause waren oder ich alleine im Getränkemarkt war
- ich habe die Bestellungen mir aufgeschrieben sowie der Kunde die Ware brauchte und danach meine Bestellungen ausgerichtet
- mir war nicht bewußt das sich das schon so summiert hat
- ich glaube das mein persönlicher Gewinn so bei 60 – 80 tausend Euro belag. Wobei ich da keinen Nachweis drüber geführt habe. Ich habe einen Teil des Geldes immer genohmen um diese Rechnungen zu machen
- der Kunde hat mich nie unter Druck gesetzt ich tat es aus freien stücken heraus
- ich wollte eigentlich damit im Februar 08 aufhören, weil aber nach der Inventur nichts aufkam das große Differenzen beim Leergut vorhanden waren machte ich weiter
- am Anfang waren es nur so hundert Kästen die Woche bevor wir entschlossen mehr zu machen
- danach steigerte sich das immer mal und lag in der Regel zwischen 400 – 600 Kästen
- die Rechnungen machte ich meistens nur einmal am Tag in meiner Schicht außer die Umsätze liefen gut wie Dienstags oder Donnerstags und Freitags da waren es dann auch mal zwei Rechnungen in meiner Schicht
- ich lebte allerdings ständig mit der Angst das alles auffliegt und das machte mir immer zu schaffen.”
Zur Abfassung des Schuldeingeständnisses wurde der Beklagte zu 1. etwa eine halbe Stunde im Büro der Klägerin allein gelassen. Allerdings kamen ab und zu die Zeugen B und P in das Büro, um sich nach dem Fortgang der Angelegenheit zu erkundigen. Daran anschließend fertigte der Beklagte zu 1. im Beisein der Zeugin P, die – wie die Klägerin in der Revision eingeräumt hat – dem Beklagten zu 1. den Text diktierte, die folgende weitere handschriftliche Erklärung an und unterzeichnete diese:
„Schuldanerkenntnis
Herr J erkläre zu meinem Protokoll v. 8.10.08 folgendes:
Hiermit erkenne ich, J, mein fehlerhaftes Verhalten bei der von mir manipulierten Rechnungslegung sowie meine Verstöße in der Einhaltung der betrieblichen Festlegungen im Geldverkehr zwischen Kunden und der Firma H GmbH an. Durch mein vorsätzliches Fehlverhalten ist o.g. Firma ein Schaden in Höhe von 210.000 Euro zzgl. gesetzl. Mehrwertsteuer entstanden, die ich der Firma schulde. Ich weiß, dass ich entgegen bestehender Weisungen gehandelt habe und erkenne meine Schadenersatzpflicht an. Wegen und in Höhe der vorgenannten Forderung unterwerfe ich mich der sofortigen Zwangsvollstreckung aus dieser Urkunde in mein gesamtes Vermögen.
Ich beantrage, der Firma H GmbH eine vollstreckbare Ausfertigung dieser Urkunde jetzt und ohne Fälligkeitsnachweis zu erteilen.
Die Kosten dieser Urkunde und der vollstreckbaren Ausfertigung für o.g. Firma trage ich.
Im Anschluss daran suchten die Zeugen B und P gemeinsam mit dem eklagten zu 1. den Beklagten zu 2. an seinem Kiosk in K auf und konfrontierten diesen mit dem Vorwurf, er sei an Leergutmanipulationen zu seinen Gunsten beteiligt gewesen. Wie der Beklagte zu 2. auf diesen Vorwurf reagiert hat, ist unter den Parteien streitig. Die Parteien vereinbarten sodann für den folgenden Montag, den 13. Oktober 2008, einen gemeinsamen Termin für eine notarielle Beurkundung eines Schuldanerkenntnisses, zu der es letztlich allerdings nicht kam.
Mit Schreiben vom 13. Oktober 2008 erklärte der Beklagte zu 1. gegenüber der Klägerin:
„Hiermit möchte ich mein Geständnis vom 8.10.08 teilweise zurückziehen. Dieses Schuldeingeständniss wurde von mir durch Druck von ihnen unterschrieben und dich möchte teile davon zurückziehen. Ich habe Kundennummern benutzt um falsche Bestände auszugleichen. Ich sehe ein das ich der Firma H GmbH Schaden zugefügt habe. Ich bin bereit die Summe von 10000 Euro bis 22.10.08 zu bezahlen. Sie sehen doch sicher auch ein das ich die von ihnen angegebende Summe nie in meinem Leben zurückzahlen könnte. Nach meinem derzeitigem Gehalt könnt ich diese Summe nicht zurückzahlen. Meines Wissens wurde kein größerer Schaden verursacht. Deshalb bitte ich sie darum dieses Angebot von mir nochmal zu überdenken und mir ihre Entscheidung mitzuteilen.”
Der Beklagte zu 1. zahlte am 24. Oktober 2008 einen Betrag iHv. 10.000,00 Euro an die Klägerin. Zu weiteren Zahlungen war er nicht bereit. Der Beklagte zu 2. leistete keine Zahlungen. Im Oktober 2008 erstattete die Klägerin bei der Staatsanwaltschaft Dessau-Roßlau Strafanzeige gegen beide Beklagten. Gegen den Beklagten zu 1. erließ das Amtsgericht Wittenberg am 5. Juli 2011 einen auf § 266 StGB gestützten Strafbefehl, der in Rechtskraft erwachsen ist. Das Strafverfahren gegen den Beklagten zu 2. wurde gegen Zahlung einer Geldbuße iHv. 1.000,00 Euro eingestellt.
Die Klägerin hat die Beklagten zu 1. und 2. als Gesamtschuldner auf Zahlung von Schadensersatz in Anspruch genommen. Sie hat – soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung – die Auffassung vertreten, nach der Aussage des Beklagten zu 1. stehe fest, dass dieser die Manipulationen in kollusivem Zusammenwirken mit dem Beklagten zu 2. vorgenommen habe. Der Beklagte zu 1. habe ein wirksames deklaratorisches Schuldanerkenntnis abgegeben. Der im Schuldanerkenntnis mit 210.000,00 Euro bezifferte „Gewinn” sei bei Manipulationen im Umfang von wöchentlich 400 bis 600 Leergutkästen zu einem durchschnittlichen Preis von 4,50 Euro pro Kasten inklusive Leergut über einen Zeitraum von 90 Wochen durchaus plausibel. Auch der Beklagte zu 2. müsse, da er gemeinsam mit dem Beklagten zu 1. als Gesamtschuldner hafte, das Schuldanerkenntnis gegen sich gelten lassen. Daher seien beide Beklagten mit dem Einwand ausgeschlossen, die Schuld bestehe nicht in der angegebenen Höhe. Das Schreiben des Beklagten zu 1. vom 13. Oktober 2008 beziehe sich lediglich auf das Schuldeingeständnis und nicht auf das Schuldanerkenntnis; ihm sei auch kein relevanter Anfechtungsgrund zu entnehmen.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 200.000,00 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 9. Oktober 2008 zu zahlen.
Die Beklagten haben jeweils Klageabweisung beantragt.
Der Beklagte zu 1. hat behauptet, treibende Kraft bei den Manipulationen sei der Beklagte zu 2. gewesen. Von diesem sei die Idee zur Tatbegehung gekommen. Sowohl das „Schuldeingeständnis” als auch das „Schuldanerkenntnis” seien unwirksam. Das Schuldeingeständnis sei ihm von den Mitarbeitern B, P und T durch Drohung abgenötigt, die im Schuldanerkenntnis anerkannte Schadenssumme von 210.000,00 Euro zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer sei ihm von den Mitarbeitern unter Drohung mit einer Strafanzeige und der fristlosen Kündigung seines Arbeitsverhältnisses vorgegeben worden. Die Mitarbeiter der Klägerin hätten ihn darüber hinaus in eine seelische Zwangslage versetzt und diese ausgenutzt. Er sei, nachdem er mit den Vorwürfen konfrontiert worden sei, völlig überfordert gewesen, habe vor Angst gezittert und einen Schweißausbruch gehabt; auch sei ihm übel gewesen. In dieser Situation habe er nur den Ausweg gesehen, die von der Klägerin geforderten Erklärungen abzugeben. Über deren Tragweite habe er sich keine Gedanken gemacht. Zudem sei der Zeuge B mit dem von ihm zunächst abgegebenen „Schuldeingeständnis” nicht einverstanden gewesen und habe darauf bestanden, dass dies nochmals geschrieben werde, wobei er die Schadenssumme von 210.000,00 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer vorgegeben habe. Das ihm sodann von der Zeugin P vorformulierte „Schuldanerkenntnis” gebe deshalb nicht seinen eigenen Willen wieder. Dies werde auch durch die exorbitante Höhe des darin genannten Betrages von 210.000,00 Euro belegt. Tatsächlich habe sich der Schaden auf 10.000,00 Euro belaufen. Dieser Betrag sei von ihm gezahlt worden. Zudem sei zu berücksichtigen, dass bei den jährlichen Inventuren im Abholmarkt immer wieder erhebliche Fehlbestände zu Tage getreten seien, ohne dass die Klägerin deren Ursachen aufgeklärt hätte. Die Klägerin wolle ihn als „Sündenbock” abstempeln, um von eigenen Versäumnissen bei der Kassenführung abzulenken. Jedenfalls habe er sowohl das „Schuldeingeständnis” als auch das „Schuldanerkenntnis” mit Schreiben vom 13. Oktober 2008 wirksam widerrufen. Das „Schuldanerkenntnis”, das pauschal einen Schaden iHv. 210.000,00 Euro ausweise, sei zudem inhaltlich unbestimmt.
Der Beklagte zu 2. hat behauptet, keinen Einfluss auf die Höhe der Manipulationen gehabt zu haben. Der Beklagte zu 1. habe schon zu einem Zeitpunkt Manipulationen über sein Kundenkonto vorgenommen, bevor er, der Beklagte zu 2., davon Kenntnis gehabt habe. Zudem habe der Beklagte zu 1. Gutschriften über Leergutrücknahmen nach eigenem Gutdünken durchgeführt und die Gutschriften zum größten Teil nicht ihm, dem Beklagten zu 2., zugutekommen lassen. Soweit er überhaupt ungerechtfertigte Gutschriften über Leergutrücknahmen erhalten habe, beliefen sich diese nach seinen Unterlagen auf 8.559,10 Euro im Jahr 2007 und auf 1.088,52 Euro im Jahr 2008. Insoweit sei der Schaden der Klägerin vom Beklagten zu 1. durch Zahlung der 10.000,00 Euro bereits ausgeglichen worden. Soweit weitere Buchungen über sein Konto vorgenommen worden seien, besage dies nicht, dass er, der Beklagte zu 2., die Pfandgutschriften auch tatsächlich erhalten habe. Es sei nicht auszuschließen, dass andere Personen über sein Konto eingekauft hätten. In seinem Kiosk könne er niemals Lebensmittel in der Größenordnung von mehreren hunderttausend Euro umsetzen.
Das Arbeitsgericht hat der ursprünglich auf Zahlung von 239.900,00 Euro gerichteten Klage teilweise stattgegeben und die Beklagten gesamtschuldnerisch zur Zahlung von 200.000,00 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 9. Oktober 2008 an die Klägerin verurteilt. Auf die Berufungen beider Beklagten hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts teilweise abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren im Umfang der erstinstanzlich zugesprochenen 200.000,00 Euro weiter. Die Beklagten beantragen die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision hat teilweise Erfolg. Die Revision ist insoweit begründet, als die Klägerin vom Beklagten zu 1. Schadensersatz iHv. 200.000,00 Euro zuzüglich Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 9. Oktober 2008 begehrt. Soweit die Klägerin den Beklagten zu 2. auf Zahlung von Schadensersatz in derselben Höhe in Anspruch nimmt, ist die Revision hingegen unbegründet.
I. Die Revision ist insoweit begründet, als die Klägerin vom Beklagten zu 1. Schadensersatz iHv. 200.000,00 Euro zuzüglich Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 9. Oktober 2008 begehrt. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, das vom Beklagten zu 1. unter dem 8. Oktober 2008 abgegebene „Schuldanerkenntnis” sei wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Der Beklagte zu 1. ist nach § 280 Abs. 1 BGB verpflichtet, an die Klägerin Schadensersatz iHv. 200.000,00 Euro zuzüglich der eingeklagten Zinsen zu zahlen.
1. Der Beklagte zu 1. hat bewusst und gewollt fingierte Leergutbuchungen zum Nachteil der Klägerin vorgenommen und damit vorsätzlich gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen. Er ist der Klägerin deshalb gemäß § 280 Abs. 1 BGB zum Ersatz des hierdurch entstandenen Schadens verpflichtet.
Der Schaden, der der Klägerin durch die Pflichtverletzungen des Beklagten zu 1. entstanden ist, beläuft sich auf 210.000,00 Euro. Hierauf hat der Beklagte zu 1. bereits 10.000,00 Euro gezahlt, so dass er der Klägerin noch weitere 200.000,00 Euro schuldet.
2. Der Beklagte zu 1. kann hiergegen nicht mit Erfolg einwenden, der Schaden habe sich tatsächlich auf lediglich 10.000,00 Euro belaufen; auch sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin an der Entstehung des Schadens ein erhebliches Mitverschulden treffe. Aufgrund des von ihm unter dem 8. Oktober 2008 abgegebenen deklaratorischen Schuldanerkenntnisses ist der Beklagte zu 1. mit sämtlichen Einwendungen zur Höhe des von ihm verursachten Schadens und zu einem etwaigen Mitverschulden der Klägerin an der Entstehung des Schadens (§ 254 BGB) ausgeschlossen.
a) Die zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 1. am 8. Oktober 2008 unter der Überschrift „Schuldanerkenntnis” getroffene Vereinbarung ist rechtlich nicht als selbständig verpflichtendes (abstraktes) Schuldanerkenntnis iSv. § 781 BGB, sondern – wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat – als deklaratorisches Schuldanerkenntnis zu qualifizieren. Dies ergibt die Auslegung des vom Kläger unter dem 8. Oktober 2008 abgegebenen „Schuldanerkenntnisses”.
aa) Der Senat kann die Auslegung der zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 1. am 8. Oktober 2008 unter der Überschrift „Schuldanerkenntnis” zustande gekommenen Vereinbarung selbst vornehmen, da es sich bei dieser Vereinbarung, wenn auch ggf. nicht um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. § 305 Abs. 1 BGB, so doch aber zumindest um Einmalbedingungen iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB handelt (zur Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Einmalbedingungen durch das Revisionsgericht vgl. etwa BAG 9. Dezember 2015 – 7 AZR 68/14 – Rn. 14 mwN).
Bei der Vereinbarung mit der Überschrift „Schuldanerkenntnis”, die die Klägerin und der Beklagte zu 1. unter dem 8. Oktober 2008 getroffen haben, handelt es sich um einen Verbrauchervertrag iSv. § 310 Abs. 3 BGB. Die Klägerin ist Unternehmerin iSv. § 14 BGB, der Beklagte zu 1. ist Verbraucher iSv. § 13 BGB. Die Klägerin hat zudem in der Revision eingeräumt, das „Schuldanerkenntnis” vorformuliert und dem Beklagten zu 1. diktiert zu haben. Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte zu 1. iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB Einfluss auf den Inhalt der Vereinbarung nehmen konnte, sind weder vorgetragen noch sonst wie ersichtlich.
bb) Die Auslegung der zwischen den Parteien am 8. Oktober 2008 zustande gekommenen Vereinbarung ergibt, dass es sich hierbei nicht um ein selbständig verpflichtendes (abstraktes) Schuldanerkenntnis iSv. § 781 BGB, sondern – wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat – um ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis handelt.
(1) Ein selbständig verpflichtendes Schuldanerkenntnis iSv. § 781 BGB liegt nur dann vor, wenn der Anerkennende erklärt, er wolle eine inhaltlich näher bestimmte Schuld ohne Rücksicht auf einen außerhalb der Erklärung liegenden Schuldgrund gegen sich gelten lassen. Der Wille der Parteien muss deshalb dahin gehen, durch die Erklärung eine neue Anspruchsgrundlage zu schaffen und nicht nur einen bereits vorhandenen Schuldgrund zu bestätigen (BAG 10. November 1981 – 3 AZR 575/79 – zu II 1 der Gründe). Ebenso wie das abstrakte Schuldversprechen setzt das abstrakte Schuldanerkenntnis iSv. § 781 BGB voraus, dass der Anerkennende eine selbständige, von den zugrunde liegenden Rechtsbeziehungen losgelöste Verpflichtung übernimmt. Dies ist ausgehend vom Wortlaut der Erklärung unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere ihres Anlasses und ihres Zwecks sowie der Interessenlage beider Seiten durch Auslegung zu ermitteln (vgl. BGH 7. Dezember 2004 – XI ZR 361/03 – zu II 2 b aa (2) der Gründe, BGHZ 161, 273).
(2) Ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis, das seine Grundlage in der Vertragsfreiheit (§ 311 Abs. 1 BGB) hat, ist demgegenüber ein vertragliches kausales Anerkenntnis, mit dem eine bestehende Schuld lediglich bestätigt wird. Ein solches Schuldanerkenntnis setzt voraus, dass die Vertragsparteien das Schuldverhältnis ganz oder teilweise dem Streit oder der Ungewissheit der Parteien entziehen und es endgültig festlegen wollen (vgl. etwa BAG 4. August 2015 – 3 AZR 137/13 – Rn. 35; 22. Juli 2010 – 8 AZR 144/09 – Rn. 20; 15. März 2005 – 9 AZR 502/03 – zu II 2 a der Gründe, BAGE 114, 97). Die Angabe des Schuldgrundes in der Vereinbarung spricht deshalb entscheidend für das Vorliegen eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses, durch das eine bereits bestehende Schuld bestätigt werden soll (vgl. BGH 11. Dezember 2015 – V ZR 26/15 – Rn. 13).
(3) In der mit „Schuldanerkenntnis” überschriebenen Vereinbarung der Parteien vom 8. Oktober 2008 erkennt der Beklagte zu 1. ein fehlerhaftes Verhalten bei der von ihm getätigten Rechnungslegung sowie Verstöße gegen die für den Geldverkehr mit den Kunden der Klägerin bestehenden betrieblichen Festlegungen an und erklärt ferner, dass der Klägerin durch sein vorsätzliches Fehlverhalten ein Schaden iHv. 210.000,00 Euro entstanden ist, die er der Klägerin schulde. Damit haben die Parteien erkennbar keine neue Schuld begründen, sondern einen aus ihrer Sicht bestehenden Schadensersatzanspruch der Klägerin aus § 280 Abs. 1 BGB endgültig festlegen wollen. Anhaltspunkte dafür, dass es dem Beklagten zu 1. für die Klägerin erkennbar an einem Rechtsbindungswillen gefehlt haben könnte, sind nicht ersichtlich.
b) Das deklaratorische Schuldanerkenntnis des Beklagten zu 1. hat zur Folge, dass dieser mit sämtlichen Einwendungen rechtlicher und tatsächlicher Natur und der Geltendmachung sämtlicher Einreden ausgeschlossen ist, die ihm bei Abgabe seiner Erklärung bekannt waren oder mit denen er zumindest rechnete (vgl. BAG 22. Juli 2010 – 8 AZR 144/09 – Rn. 20; 22. Oktober 1998 – 8 AZR 457/97 – zu I 4 c der Gründe; BGH 11. Dezember 2015 – V ZR 26/15 – Rn. 13; 30. Mai 2008 – V ZR 184/07 – Rn. 12). Da dem Beklagten zu 1. bei Abgabe des Schuldanerkenntnisses sämtliche Einwendungen zur Höhe des von ihm verursachten Schadens und zu einem etwaigen Mitverschulden der Klägerin an der Entstehung des Schadens bekannt waren, ist er mit der Geltendmachung eben dieser Einwendungen ausgeschlossen.
c) Das deklaratorische Schuldanerkenntnis des Beklagten zu 1. vom 8. Oktober 2008 ist rechtswirksam. Es ist entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts nicht wegen Sittenwidrigkeit nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig. Es ist auch nicht aufgrund wirksamer Anfechtung nach § 123 Abs. 1 BGB gemäß § 142 Abs. 1 BGB unwirksam und hält einer Überprüfung am Maßstab der §§ 307 ff. BGB stand.
aa) Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts ist das deklaratorische Schuldanerkenntnis nicht nach § 138 Abs. 1 BGB wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig.
(1) Nach § 138 Abs. 1 BGB ist ein Rechtsgeschäft nichtig, wenn es nach seinem aus der Zusammenfassung von Inhalt, Zweck und Beweggrund zu entnehmenden Gesamtcharakter mit den grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung nicht zu vereinbaren ist (vgl. etwa BAG 25. April 2013 – 8 AZR 453/12 – Rn. 28 mwN; 22. Juli 2010 – 8 AZR 144/09 – Rn. 30 mwN; 26. April 2006 – 5 AZR 549/05 – Rn. 16, BAGE 118, 66; BGH 12. April 2016 – XI ZR 305/14 – Rn. 37, 53; 19. Januar 2001 – V ZR 437/99 – zu II 1 b der Gründe, BGHZ 146, 298). Dies ist aufgrund einer umfassenden Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses vorliegenden relevanten Umstände zu beurteilen (vgl. etwa BAG 25. April 2013 – 8 AZR 453/12 – Rn. 28 mwN; 22. Juli 2010 – 8 AZR 144/09 – Rn. 30 mwN; BGH 30. Januar 2015 – V ZR 171/13 – Rn. 7; 4. Juni 2013 – II ZR 207/10 – Rn. 29). In subjektiver Hinsicht genügt es, wenn der Handelnde die Tatsachen kennt, aus denen sich die Sittenwidrigkeit ergibt oder wenn er sich der Kenntnis bewusst verschließt oder entzieht, dagegen sind ein Bewusstsein der Sittenwidrigkeit und eine Schädigungsabsicht nicht erforderlich (vgl. etwa BGH 19. Januar 2001 – V ZR 437/99 – zu II 1 b der Gründe, aaO). Ob ein Verstoß gegen die guten Sitten iSv. § 138 BGB vorliegt, unterliegt der uneingeschränkten Nachprüfung durch das Revisionsgericht (vgl. etwa BAG 22. Juli 2010 – 8 AZR 144/09 – Rn. 29; BGH 12. April 2016 – XI ZR 305/14 – Rn. 36; 24. Januar 2001 – XII ZR 270/98 – zu 3 der Gründe; 30. Oktober 1990 – IX ZR 9/90 – zu II 3 der Gründe).
(2) Danach hält die Annahme des Landesarbeitsgerichts, das deklaratorische Schuldanerkenntnis sei sittenwidrig iSv. § 138 Abs. 1 BGB, einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
(a) Der Beweggrund der Klägerin, den Beklagten zu 1. zur Abgabe eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses zu veranlassen, war nicht sittenwidrig.
Der Beklagte zu 1. hatte auf Vorhalt der Zeugen angegeben, gemeinsam mit dem Beklagten zu 2. Manipulationen bei der Leergutbuchung vorgenommen zu haben, wobei dem Beklagten zu 2. zwei Drittel und ihm selbst ein Drittel des aus den fingierten Geschäften resultierenden Gewinns zugeflossen seien. Darüber hinaus hatte er vor Abgabe des deklaratorischen Schuldanerkenntnisses ein umfassendes „Schuldeingeständnis” angefertigt, in welchem er nicht nur sein Fehlverhalten eingeräumt, sondern auch den Zeitraum sowie den Umfang der Manipulationen konkret beschrieben und seinen persönlichen Gewinn – nach seiner Erinnerung – mit „bei 60 – 80 tausend Euro” beziffert hat.
Der Beklagte zu 1. hat das „Schuldeingeständnis” auch abgefasst, ohne von der Klägerin in seiner Entscheidungsfreiheit unzulässig beeinträchtigt worden zu sein. Dies folgt bereits daraus, dass der Beklagte zu 1. zur Anfertigung des Schuldeingeständnisses über etwa eine halbe Stunde und damit über einen nicht unerheblichen Zeitraum im Büro der Klägerin allein gelassen wurde, innerhalb dessen er die Tragweite seines Handelns einschätzen und danach seine Entscheidung treffen konnte und dass er diese Zeit erkennbar genutzt hat, um ein ausführliches Schuldeingeständnis anzufertigen. Dass ab und zu die Zeugen B und P in das Büro kamen, um sich nach dem Fortgang der Angelegenheit zu erkundigen, ändert daran entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nichts. Insoweit hat der Beklagte zu 1. bereits nicht substantiiert dazu vorgetragen, dass die Zeugen noch während der Abfassung des Schuldeingeständnisses einen unzulässigen Einfluss auf dessen Inhalt genommen hätten. Soweit er sich darauf beruft, er sei in seiner Willensentschließung, überhaupt ein Schuldeingeständnis anzufertigen, nicht frei gewesen, da die Mitarbeiter B, P und T ihm die Abgabe des Schuldeingeständnisses durch Drohung abgenötigt hätten, fehlt es bereits an einem schlüssigen Vorbringen des Beklagten zu 1. dazu, womit welche Mitarbeiter konkret gedroht haben sollen. Sein weiterer Einwand, er sei, nachdem man ihn mit den Vorwürfen konfrontiert habe, mit der Situation völlig überfordert gewesen, er habe vor Angst gezittert, einen Schweißausbruch gehabt und ihm sei übel gewesen, so dass er – subjektiv – nur den Ausweg gesehen habe, die von der Klägerin geforderten Erklärungen abzugeben, ist ebenfalls unbeachtlich. Insoweit hat der Beklagte zu 1. schon keine Umstände vorgetragen, die den Schluss rechtfertigen könnten, der Klägerin sei seine – von ihm behauptete – seelische Verfassung bekannt gewesen oder dass die Klägerin diese unschwer hätte erkennen können. Dazu, dass er sich der Klägerin entsprechend mitgeteilt hätte oder dass die von ihm geschilderten körperlichen Auswirkungen seiner Gemütsverfassung nicht nur vorübergehend und so erheblich waren, dass der Klägerin seine seelische Verfassung nicht verborgen bleiben konnte, fehlt es an jeglichem Vorbringen.
Da der Beklagte zu 1. sein Fehlverhalten auch später nicht in Abrede gestellt, sondern lediglich die Höhe des durch ihn verursachten Schadens, nicht aber bestritten hat, der Klägerin dem Grunde nach zum Schadensersatz verpflichtet zu sein, begegnet es keinen Bedenken, dass die Klägerin den Beklagten zu 1. zur Abgabe eines Schuldanerkenntnisses veranlasst hat.
(b) Eine Sittenwidrigkeit folgt auch nicht aus dem Zweck des deklaratorischen Schuldanerkenntnisses, der dahin ging, den vom Beklagten zu 1. geschuldeten Schadensersatz der Höhe nach festzulegen. Insbesondere hat die Klägerin – entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts – nicht versucht, mittels des Schuldanerkenntnisses eine überhöhte oder zweifelhafte Schadensersatzforderung durchzusetzen.
(aa) Die Klägerin durfte aufgrund der mündlichen Angaben des Beklagten zu 1. sowie des Inhalts seines Schuldeingeständnisses davon ausgehen, dass der Beklagte zu 1. durch sein Fehlverhalten insgesamt einen Schaden iHv. 210.000,00 Euro verursacht hatte. Ausgehend von einem vom Beklagten zu 1. eingeräumten Gewinnanteil von einem Drittel sowie einem persönlichen Gewinn in einer Größenordnung zwischen 60.000,00 Euro und 80.0000,00 Euro errechnet sich unter Zugrundelegung eines durchschnittlichen persönlichen Gewinns des Beklagten zu 1. iHv. 70.000,00 Euro ohne weiteres ein Betrag iHv. 210.000,00 Euro. Dieser Betrag korrespondiert auch mit den vom Beklagten zu 1. im Schuldeingeständnis eingeräumten Manipulationen im Umfang von wöchentlich 400 bis 600 Leergutkästen. Bei einem durchschnittlichen Preis von 4,50 Euro pro Kasten inklusive Leergut über einen Zeitraum von 90 Wochen ergibt sich unter Zugrundelegung wöchentlicher Manipulationen im Umfang von im Durchschnitt 500 Leergutkästen bereits ein Betrag iHv. 202.500,00 Euro.
(bb) Soweit das Landesarbeitsgericht demgegenüber angenommen hat, im Einzelhandel, der häufig von Vermögensdelikten beeinträchtigt werde, werde die typische Lage des Arbeitnehmers, der gerade einer Straftat überführt worden sei und damit konfrontiert werde, häufig ausgenutzt, um überhöhte oder zweifelhafte Regressansprüche durchzusetzen, dies sei auch im vorliegenden Verfahren der Fall, was sich beispielsweise daran zeige, dass die vorsteuerabzugsberechtigte Klägerin die Mehrwertsteuer als Schadensposten geltend mache und es der Klägerin selbst im späteren Ermittlungsverfahren nicht gelungen sei, einen Schaden iHv. 210.000,00 Euro rechnerisch darzustellen, hält dies einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
Zum einen existiert kein allgemeiner Erfahrungssatz des oben genannten Inhalts; zum anderen hat das Landesarbeitsgericht nicht beachtet, dass der Zweck, Ansprüche durch Schuldanerkenntnis zu sichern, für sich betrachtet noch nicht einmal rechtswidrig ist, solange der Gläubiger – wie hier die Klägerin – jedenfalls vom Bestehen der Schuld ausgehen darf (vgl. etwa BAG 22. Juli 2010 – 8 AZR 144/09 – Rn. 30 und 39; 10. Oktober 2002 – 8 AZR 8/02 – zu II 3 b bb der Gründe, BAGE 103, 71).
Der Umstand, dass es der Klägerin selbst im späteren Ermittlungsverfahren nicht gelungen war, einen Schaden iHv. 210.000,00 Euro rechnerisch darzustellen, ist insoweit ohne Bedeutung. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob die Klägerin den vom Beklagten zu 1. iHv. 210.000,00 Euro anerkannten Schaden in einem Schadensersatzprozess hätte beweisen können. Für die Frage, ob mittels eines Schuldanerkenntnisses eine überhöhte oder zweifelhafte Schadensersatzforderung durchgesetzt werden soll, ist nicht das Verhältnis zwischen wahrer Ausgangslage im Sinne einer tatsächlichen Beweisbarkeit und dem anerkannten Betrag, sondern die Einschätzung der Sach- und Rechtslage durch die Parteien bei Abschluss der Vereinbarung maßgeblich (insoweit zum auffälligen Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung BAG 22. Juli 2010 – 8 AZR 144/09 – Rn. 32 mwN). Danach erweist sich der anerkannte Betrag nicht als überhöht.
Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts wirkt es sich auch nicht aus, dass der Beklagte zu 1. im deklaratorischen Schuldanerkenntnis anerkannt hatte, der Klägerin den Betrag iHv. 210.000,00 Euro „zzgl. gesetzl. Mehrwertsteuer” zu schulden. Es kann dahinstehen, ob die vorsteuerabzugsberechtigte Klägerin vom Beklagten zu 1. überhaupt Ersatz der gesetzlichen Mehrwertsteuer hätte verlangen können. Selbst wenn das Schuldanerkenntnis insoweit wegen Verstoßes gegen die guten Sitten iSv. § 138 Abs. 1 BGB nichtig sein sollte, bliebe es jedoch im Übrigen wirksam. Dies folgt, da es sich bei dem deklaratorischen Schuldanerkenntnis, wenn auch ggf. nicht um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. § 305 Abs. 1 BGB, so doch aber zumindest um Einmalbedingungen iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB handelt, aus § 306 Abs. 1 BGB. Nach dieser Bestimmung, die auch dann zur Anwendung kommt, wenn die Unwirksamkeit sich nicht aus den §§ 307 bis 309 BGB, sondern aus anderen gesetzlichen Vorschriften ergibt (vgl. zur Vorgängerregelung in § 6 Abs. 1 AGBG etwa BGH 16. Januar 1992 – IX ZR 113/91 – zu I 2 der Gründe), bleibt, sofern Allgemeine Geschäftsbedingungen ganz oder teilweise nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam sind, der Vertrag im Übrigen wirksam. § 306 Abs. 1 BGB weicht damit von der Auslegungsregel des § 139 BGB ab und bestimmt, dass der Vertrag bei Teilnichtigkeit grundsätzlich aufrechterhalten bleibt.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist die Teilbarkeit einer Bestimmung durch Streichung des unwirksamen Teils zu ermitteln (vgl. etwa BAG 30. September 2014 – 3 AZR 930/12 – Rn. 36, BAGE 149, 200; 9. Februar 2011 – 7 AZR 91/10 – Rn. 64; 12. März 2008 – 10 AZR 152/07 – Rn. 28). Maßgeblich ist, ob die Klausel mehrere sachliche Regelungen enthält und der unzulässige Teil sprachlich eindeutig abgrenzbar ist. Verbleibt nach „Wegstreichen” der unwirksamen Teilregelung oder des unwirksamen Klauselteils eine verständliche Regelung, bleibt diese bestehen (sog. blue-pencil-Test, vgl. etwa BAG 19. Oktober 2011 – 7 AZR 33/11 – Rn. 69; 14. September 2011 – 10 AZR 526/10 – Rn. 27, BAGE 139, 156). Die im deklaratorischen Schuldanerkenntnis zur Höhe des Schadensersatzes getroffene Festlegung von „210.000 Euro zzgl. gesetzl. Mehrwertsteuer” ist inhaltlich und sprachlich teilbar. Nach „Wegstreichen” des Zusatzes „zzgl. gesetzl. Mehrwertsteuer” ist die verbleibende Regelung, wonach sich der auszugleichende Schaden auf 210.000,00 Euro beläuft, ohne weiteres verständlich.
(c) Das deklaratorische Schuldanerkenntnis ist auch nicht deshalb sittenwidrig iSv. § 138 Abs. 1 BGB, weil dem Beklagten zu 1. infolge der Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung jeglicher rechtlicher Schutz abgeschnitten worden wäre. Abgesehen davon, dass die im deklaratorischen Schuldanerkenntnis erklärte Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung Rechtswirkungen überhaupt nur dann entfalten könnte, wenn das Schuldanerkenntnis notariell beurkundet worden wäre (§ 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO), würde eine Sittenwidrigkeit dieser inhaltlich und sprachlich vom übrigen Text des Schuldanerkenntnisses abtrennbaren Klausel nach § 306 Abs. 1 BGB nicht zur Unwirksamkeit des gesamten Schuldanerkenntnisses, sondern aus den unter Rn. 42 f. dargestellten Gründen nur zum Fortfall dieser Klausel führen.
(d) Das deklaratorische Schuldanerkenntnis ist schließlich auch nicht deshalb sittenwidrig iSv. § 138 Abs. 1 BGB, weil der Beklagte zu 1. den von ihm anerkannten Betrag von 210.000,00 Euro bei gleichbleibenden Einkommens- und Vermögensverhältnissen erst nach Jahrzehnten oder überhaupt nicht vollständig zurückzahlen könnte.
(aa) Zwar ist es grundsätzlich jedermann unbenommen, in eigener Verantwortung auch risikoreiche Geschäfte abzuschließen und sich zu Leistungen zu verpflichten, die nur unter besonders günstigen Bedingungen, ggf. unter dauernder Inanspruchnahme des pfändungsfreien Einkommens, erbracht werden können (vgl. etwa BAG 22. Juli 2010 – 8 AZR 144/09 – Rn. 33; BGH 16. Januar 1997 – IX ZR 250/95 – zu II 3 der Gründe). In der Regel ist jede unbeschränkt geschäftsfähige Person nicht nur in der Lage zu erkennen, dass sie mit einem (deklaratorischen) Schuldanerkenntnis ein erhebliches Risiko eingeht, sondern auch die Tragweite ihres Handelns entsprechend einzuschätzen und danach ihre Entscheidung zu treffen. Verpflichtet sich der Schuldner aber in einem Umfang, der seine gegenwärtigen und zukünftig zu erwartenden Einkommens- und Vermögensverhältnisse weit übersteigt, kann ein solcher Vertrag gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig sein. Weitere Voraussetzung ist allerdings, dass zusätzliche, dem Gläubiger zurechenbare Umstände zu einem unerträglichen Ungleichgewicht der Vertragsparteien führen. Ein solches Ungleichgewicht kann sich insbesondere daraus ergeben, dass der Gläubiger die Geschäftsunerfahrenheit oder eine seelische Zwangslage des Schuldners ausnutzt oder ihn auf andere Weise in seiner Entscheidungsfreiheit unzulässig beeinträchtigt (vgl. BAG 22. Juli 2010 – 8 AZR 144/09 – Rn. 30 mwN).
(bb) Vorliegend sind keine der Klägerin zurechenbaren Umstände gegeben, die die Annahme begründen könnten, bei Abgabe des deklaratorischen Schuldanerkenntnisses habe ein unerträgliches Ungleichgewicht zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 1. bestanden.
Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts hat der Beklagte zu 1. das deklaratorische Schuldanerkenntnis abgegeben, ohne dass die Klägerin eine seelische Zwangslage ausgenutzt oder den Beklagten zu 1. auf andere Weise in seiner Entscheidungsfreiheit unzulässig beeinträchtigt hätte. Wie unter Rn. 35 ausgeführt, hat der Beklagte zu 1. sich bis zur Abgabe des deklaratorischen Schuldanerkenntnisses nicht in einem Zustand der eingeschränkten Willensfreiheit und Urteilsfähigkeit befunden, der ggf. fortgewirkt haben und den die Klägerin hätte ausnutzen können. Bereits aus diesem Grund ist die Annahme des Landesarbeitsgerichts, der Beklagte zu 1. habe sich über eine Zeit von etwa zwei Stunden in einer seelischen Zwangslage befunden, unzutreffend. Aber auch bei der Abgabe des deklaratorischen Schuldanerkenntnisses selbst befand sich der Beklagte zu 1. nicht in einer seelischen Zwangslage, die die Klägerin hätte ausnutzen können. Ebenso wenig hatte die Klägerin den Beklagten zu 1. auf andere Weise unzulässig in seiner Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt. Soweit der Beklagte zu 1. sich auch im Hinblick auf das Schuldanerkenntnis darauf beruft, er sei, nachdem man ihn mit den Vorwürfen konfrontiert hatte, mit der Situation völlig überfordert gewesen, er habe vor Angst gezittert, einen Schweißausbruch gehabt und ihm sei übel gewesen, so dass er – subjektiv – nur den Ausweg gesehen habe, die von der Klägerin geforderte Erklärung abzugeben, ist sein Vorbringen aus den unter Rn. 35 dargestellten Gründen unbeachtlich. Dies gilt auch dann, wenn der Beklagte zu 1. – wie vom Landesarbeitsgericht angenommen – Schuld, Scham und Angst vor Strafanzeige und Strafverfolgung empfunden haben sollte. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, Schuld, Scham und Angst vor Strafanzeige und Strafverfolgung hätten beim Beklagten zu 1. eine seelische Verfassung erzeugt, die ihn bis zur Kritiklosigkeit für eine fremdbestimmte Willensbildung offen sein ließ, überzeugt nicht. Zum einen existiert kein allgemeiner Erfahrungssatz des Inhalts, dass ein Arbeitnehmer infolge von Schuld und Scham über bereits zugestandene, zulasten des Arbeitgebers begangene Straftaten in eine seine freie Willensbildung beeinträchtigende seelische Verfassung gerät. Vielmehr ist es genauso wahrscheinlich, dass ein Arbeitnehmer, der die Begehung einer Vermögensstraftat zulasten des Arbeitgebers, wenn auch erst auf Vorhalt, so doch aber letztlich freimütig eingeräumt hat und darüber Schuld und Scham empfindet, alles in seinen Kräften Stehende unternehmen wird, um den dem Arbeitgeber entstandenen Schaden wiedergutzumachen. Zum anderen hat das Landesarbeitsgericht nicht berücksichtigt, dass die Angst des Beklagten zu 1. vor einer Strafanzeige und Strafverfolgung nach dessen eigenem Vorbringen ihren Ursprung in der von ihm behaupteten Drohung der Klägerin mit einer Strafanzeige hatte und dass eine – widerrechtliche – Drohung ein Rechtsgeschäft lediglich nach § 123 BGB anfechtbar macht mit der Folge, dass es nach § 138 Abs. 1 BGB nur dann nichtig ist, wenn weitere Umstände als die unzulässige Willensbeeinflussung hinzutreten, die das Geschäft seinem Gesamtcharakter nach als sittenwidrig erscheinen lassen (vgl. etwa BAG 4. März 1980 – 6 AZR 323/78 – zu II 2 b der Gründe, BAGE 33, 27; BGH 4. Juli 2002 – IX ZR 153/01 – zu I 2 der Gründe; zur arglistigen Täuschung vgl. etwa BGH 17. Januar 2008 – III ZR 239/06 – Rn. 11; 26. September 1995 – XI ZR 159/94 – zu II 1 b der Gründe). Dies ist vorliegend – wie ausgeführt – nicht der Fall.
Eine andere Bewertung ist auch nicht deshalb veranlasst, weil die Klägerin dem Beklagten zu 1. jede Überlegungsfrist genommen hätte. Zwar könnte ein etwaiger Zeitdruck im Rahmen der Gesamtwürdigung nach § 138 Abs. 1 BGB zuungunsten der Klägerin berücksichtigt werden; er genügt jedoch für sich noch nicht, um den Vorwurf der Sittenwidrigkeit zu begründen (vgl. etwa BGH 7. Juni 1988 – IX ZR 245/86 – zu II 5 b der Gründe). Im Übrigen hat der Beklagte zu 1. das deklaratorische Schuldanerkenntnis nicht unmittelbar nachdem er mit den Vorwürfen konfrontiert worden war erklärt; vielmehr hatte er während der halben Stunde, in der er das Schuldeingeständnis verfasste, durchaus Zeit, sich auch über die Folgen seines Fehlverhaltens und die Tragweite etwaiger Erklärungen Gedanken zu machen und hätte etwaige Bedenken vor Abfassung des deklaratorischen Schuldanerkenntnisses äußern können.
bb) Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Das deklaratorische Schuldanerkenntnis ist nicht aufgrund wirksamer Anfechtung nach § 123 Abs. 1 BGB gemäß § 142 Abs. 1 BGB nichtig und hält einer Überprüfung am Maßstab der §§ 307 ff. BGB stand.
(1) Das deklaratorische Schuldanerkenntnis ist nicht aufgrund wirksamer Anfechtung nach § 123 Abs. 1 BGB gemäß § 142 Abs. 1 BGB nichtig. Dabei kann dahinstehen, ob die Klägerin dem Beklagten zu 1. überhaupt mit der Erstattung einer Strafanzeige oder dem Ausspruch einer fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses gedroht hat; der Beklagte zu 1. hat das deklaratorische Schuldanerkenntnis schon deshalb nicht wirksam wegen widerrechtlicher Drohung gemäß § 123 Abs. 1 Alt. 2 BGB angefochten, weil weder die Drohung mit einer Strafanzeige noch die Drohung mit einer außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses widerrechtlich gewesen wären.
(a) Gemäß § 123 Abs. 1 BGB kann derjenige, der widerrechtlich durch Drohung zur Abgabe einer Willenserklärung bestimmt worden ist, die Willenserklärung mit der Nichtigkeitsfolge des § 142 Abs. 1 BGB anfechten. Eine Drohung iSd. § 123 Abs. 1 BGB setzt die Ankündigung eines zukünftigen Übels voraus, dessen Zufügung in irgendeiner Weise als von der Macht des Ankündigenden abhängig hingestellt wird. Der Bedrohte muss einer Zwangslage ausgesetzt sein, die ihm subjektiv das Gefühl gibt, sich nur noch zwischen zwei Übeln entscheiden zu können. Die Widerrechtlichkeit der Drohung kann sich aus der Widerrechtlichkeit des eingesetzten Mittels oder des verfolgten Zwecks ergeben. Bedient sich der Drohende zwar an sich erlaubter Mittel zur Verfolgung eines an sich nicht verbotenen Zwecks, kann sich die Widerrechtlichkeit aus der Inadäquanz, dh. der Unangemessenheit des gewählten Mittels im Verhältnis zum verfolgten Zweck ergeben. Hat der Drohende an der Erreichung des verfolgten Zwecks kein berechtigtes Interesse oder ist die Drohung nach Treu und Glauben nicht mehr als angemessenes Mittel zur Erreichung dieses Zwecks anzusehen, ist die Drohung ebenfalls rechtswidrig (vgl. etwa BAG 13. Dezember 2007 – 6 AZR 200/07 – Rn. 18 mwN).
Die Drohung mit einer Strafanzeige ist rechtmäßig, wenn sie nur dazu dient, den Täter zur Wiedergutmachung des Schadens zu veranlassen. Eine solche Drohung ist nicht widerrechtlich, da das Mittel, also das angedrohte Verhalten und der Zweck, die Schadenswiedergutmachung, nicht, auch nicht in der Mittel-Zweck-Relation, widerrechtlich sind (BAG 22. Juli 2010 – 8 AZR 144/09 – Rn. 39).
Die Drohung mit einer außerordentlichen Kündigung ist dann widerrechtlich, wenn ein verständiger Arbeitgeber eine solche Kündigung nicht ernsthaft in Erwägung ziehen durfte. Dabei kann sich die Widerrechtlichkeit der Kündigungsandrohung regelmäßig nur aus der Inadäquanz von Mittel und Zweck ergeben. Hat der Drohende an der Erreichung des verfolgten Zwecks kein berechtigtes Interesse oder ist die Drohung nach Treu und Glauben nicht mehr als angemessenes Mittel zur Erreichung dieses Zwecks anzusehen, ist die Drohung widerrechtlich. Nicht erforderlich ist allerdings, dass die angedrohte Kündigung, wenn sie ausgesprochen worden wäre, sich in einem Kündigungsschutzprozess als rechtsbeständig erwiesen hätte. Nur wenn der Arbeitgeber unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls davon ausgehen muss, die angedrohte Kündigung werde im Falle ihres Ausspruchs einer arbeitsgerichtlichen Überprüfung mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht standhalten, darf er die außerordentliche Kündigungserklärung nicht in Aussicht stellen, um damit den Arbeitnehmer zur Abgabe einer Willenserklärung zu veranlassen (vgl. etwa BAG 28. November 2007 – 6 AZR 1108/06 – Rn. 48, BAGE 125, 70; 15. Dezember 2005 – 6 AZR 197/05 – Rn. 23).
(b) Danach wären weder die Drohung mit einer Strafanzeige noch die Drohung mit einer außerordentlichen Kündigung des mit dem Beklagten zu 1. bestehenden Arbeitsverhältnisses widerrechtlich gewesen.
Der Beklagte zu 1. hatte umfangreiche Manipulationen im Umgang mit der Leergutrücknahme zum Nachteil der Klägerin eingeräumt. Damit lagen ausreichende Anhaltspunkte dafür vor, dass er die Klägerin erheblich geschädigt hatte. Die Erstattung einer Strafanzeige wäre daher ein adäquates Mittel nicht nur zur Aufklärung des Sachverhaltes, sondern auch zur Schadenswiedergutmachung gewesen. Die Sicherung von Schadensersatzansprüchen durch Schuldanerkenntnis ist – für sich betrachtet – noch nicht rechtswidrig, solange der Gläubiger jedenfalls vom Bestehen der Schuld ausgehen darf, was bei der Klägerin vorliegend der Fall war.
Vor dem Hintergrund der vom Beklagten zu 1. eingeräumten erheblichen Verletzungen seiner Vertragspflichten und der Höhe des ihr hierdurch zugefügten Schadens hätte die Klägerin zudem eine außerordentliche Kündigung des mit dem Beklagten zu 1. bestehenden Arbeitsverhältnisses ernsthaft in Erwägung ziehen dürfen. Sie hätte nicht davon ausgehen müssen, dass eine solche Kündigung einer gerichtlichen Überprüfung nicht standhalten würde. Die Klägerin hatte auch ein berechtigtes Interesse an der Abgabe eines Schuldanerkenntnisses durch den Beklagten zu 1., um so ihre Schadensersatzansprüche abzusichern. Die Drohung mit einer außerordentlichen Kündigung wäre letztlich auch ein angemessenes Mittel zur Erreichung des Zwecks gewesen, den Beklagten zu 1. zur Abgabe des deklaratorischen Schuldanerkenntnisses zu bestimmen. Insoweit findet der Grund für die außerordentliche Kündigung – hier: die arbeitsvertragswidrige Herbeiführung eines erheblichen Vermögensschadens durch den Beklagten zu 1. – im Schuldanerkenntnis ihre Entsprechung.
(c) Eine andere Bewertung ist auch nicht deshalb veranlasst, weil der Beklagte zu 1. der Klägerin unter dem 13. Oktober 2008 mitgeteilt hatte, er wolle sein Geständnis vom 8. Oktober 2008 „teilweise zurückziehen”. Dieses Schreiben, mit dem sich der Beklagte zu 1. ausschließlich gegen die von ihm im Schuldanerkenntnis anerkannte Summe von 210.000,00 Euro wendet, ist zwar als Teilanfechtung des deklaratorischen Schuldanerkenntnisses zu werten; allerdings hat der Beklagte zu 1. in dieser Erklärung keinen konkreten Anfechtungsgrund iSv. § 119 BGB sowie iSv. § 123 BGB dargetan.
(2) Das deklaratorische Schuldanerkenntnis vom 8. Oktober 2008 hält letztlich auch einer Überprüfung am Maßstab der §§ 307 ff. BGB stand.
(a) Es bedarf vorliegend keiner Entscheidung, ob die im deklaratorischen Schuldanerkenntnis enthaltene Klausel, mit der sich der Beklagte zu 1. der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hat, und der Zusatz, wonach der Beklagte zu 1. die Schadenssumme „zzgl. gesetzl. Mehrwertsteuer” schuldet, einer Überprüfung am Maßstab der §§ 307 ff. BGB standhalten. Eine Unwirksamkeit dieser inhaltlich und sprachlich vom übrigen Text des Schuldanerkenntnisses abtrennbaren Bestimmungen würde aus den unter Rn. 42 f. dargestellten Gründen nach § 306 Abs. 1 BGB nur zu deren ersatzlosem Fortfall unter Aufrechterhaltung des Vertrages im Übrigen führen.
(b) Ebenso kann offenbleiben, ob das Schuldanerkenntnis im Übrigen neben der Transparenzkontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 iVm. Satz 2 BGB einer umfassenden Inhaltskontrolle unterliegt oder ob jedenfalls die Bestimmungen zur Höhe des anerkannten Betrages von der Inhaltskontrolle ausgenommen sind (für eine Kontrolle der in einem deklaratorischen Schuldanerkenntnis vom Schuldner anerkannten Schadenssumme wohl BAG 15. März 2005 – 9 AZR 502/03 – zu II 2 c bb (3) der Gründe, BAGE 114, 97). Für Letzteres könnte sprechen, dass nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nur dann einer uneingeschränkten Inhaltskontrolle unterliegen, wenn durch sie von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden, während andere Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die nicht von Rechtsvorschriften abgewichen wird, gemäß § 307 Abs. 3 Satz 2 iVm. Abs. 1 Satz 2 BGB nur bei einem Verstoß gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam sind. Dieser eingeschränkten Kontrolle unterliegen Klauseln, die (nur) den Umfang der von den Parteien geschuldeten Vertragsleistungen festlegen (vgl. etwa BAG 16. Mai 2012 – 5 AZR 331/11 – Rn. 25, BAGE 141, 324; 17. Oktober 2012 – 5 AZR 792/11 – Rn. 15, BAGE 143, 212). Der inhaltlichen Überprüfung entzogen ist demnach der Bereich der Leistungsbezeichnungen, ohne deren Vorliegen mangels Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit des wesentlichen Vertragsinhalts ein wirksamer Vertrag nicht angenommen werden kann (vgl. BAG 23. März 2011 – 10 AZR 831/09 – Rn. 30). Dies kann jedoch dahinstehen, weil das deklaratorische Schuldanerkenntnis nicht nur einer Transparenzkontrolle standhält, sondern auch einer Kontrolle am Maßstab der hier ausschließlich in Betracht kommenden, in § 309 Nr. 12 BGB sowie § 307 Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 2 BGB getroffenen Bestimmungen.
(c) Der Beklagte zu 1. wird durch die im deklaratorischen Schuldanerkenntnis im Übrigen getroffenen Bestimmungen nicht unangemessen benachteiligt iSv. § 309 Nr. 12 BGB und § 307 Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 2 BGB.
(aa) Das deklaratorische Schuldanerkenntnis ist nicht nach § 309 Nr. 12 BGB unwirksam, wonach in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Bestimmung unwirksam ist, durch die der Verwender die Beweislast zum Nachteil des anderen Vertragsteils ändert, insbesondere indem er diesem die Beweislast für Umstände auferlegt, die im Verantwortungsbereich des Verwenders liegen oder den anderen Vertragsteil bestimmte Tatsachen bestätigen lässt.
Beim deklaratorischen Schuldanerkenntnis liegt die Anerkenntniswirkung allein in der Feststellung des Ausgangsschuldverhältnisses. Damit hat sich – anders als beim abstrakten Schuldanerkenntnis iSv. § 781 BGB – keine Beweislast der Parteien verlagert, vielmehr sind mögliche Beweisfragen durch das materielle Recht beseitigt worden (vgl. etwa BAG 15. März 2005 – 9 AZR 502/03 – zu II 2 c bb (3) der Gründe, BAGE 114, 97; BGH 3. April 2003 – IX ZR 113/02 – zu II 3 b dd der Gründe).
(bb) Der Beklagte zu 1. wird durch das deklaratorische Schuldanerkenntnis auch nicht gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 2 Nr. 1 BGB unangemessen benachteiligt.
(aaa) Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.
Unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 BGB ist jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses des Arbeitnehmers, die nicht durch begründete und billigenswerte Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt ist oder durch gleichwertige Vorteile ausgeglichen wird. Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus. Dabei bedarf es einer umfassenden Würdigung der beiderseitigen Positionen unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben. Bei der Beurteilung der Unangemessenheit ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen. Abzuwägen sind die Interessen des Verwenders gegenüber den Interessen der typischerweise beteiligten Vertragspartner. Im Rahmen der Inhaltskontrolle sind Art und Gegenstand, Zweck und besondere Eigenart des jeweiligen Geschäfts zu berücksichtigen. Zu prüfen ist, ob der Klauselinhalt bei der in Rede stehenden Art des Rechtsgeschäfts generell und unter Berücksichtigung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners ergibt (st. Rspr., vgl. etwa BAG 7. Oktober 2015 – 7 AZR 945/13 – Rn. 40 mwN; 10. Dezember 2013 – 3 AZR 796/11 – Rn. 41 mwN, BAGE 147, 1; 23. September 2010 – 8 AZR 897/08 – Rn. 27).
Nach § 307 Abs. 2 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB) oder sie wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist (§ 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB).
Bei Verbraucherverträgen sind bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 und Abs. 2 BGB gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen. Die Berücksichtigung dieser Umstände kann sowohl zur Unwirksamkeit einer nach generell-abstrakter Betrachtung wirksamen Klausel als auch zur Wirksamkeit einer nach typisierter Inhaltskontrolle unwirksamen Klausel führen (BAG 21. August 2012 – 3 AZR 698/10 – Rn. 27, BAGE 143, 30; 31. August 2005 – 5 AZR 545/04 – zu II 3 c der Gründe mwN, BAGE 115, 372).
(bbb) Danach wird der Beklagte zu 1. durch die im Schuldanerkenntnis getroffenen Vereinbarungen nicht unangemessen benachteiligt iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 2 BGB.
Der vom Beklagten zu 1. mit dem deklaratorischen Schuldanerkenntnis erklärte Einwendungsverzicht widerspricht nicht dem in der Rechtsprechung anerkannten Leitbild eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses, so dass eine Unwirksamkeit des Schuldanerkenntnisses nach § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB von vornherein ausscheidet.
Eine Unwirksamkeit des deklaratorischen Schuldanerkenntnisses folgt auch nicht daraus, dass es mit den wesentlichen Grundgedanken des § 779 BGB nicht vereinbar wäre.
Bei der Prüfung, ob das deklaratorische Schuldanerkenntnis mit den wesentlichen Grundgedanken einer gesetzlichen Regelung iSv. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB zu vereinbaren ist, ist vorliegend auf die Grundgedanken des § 779 BGB abzustellen. Zwar fehlt es bei einem deklaratorischen Schuldanerkenntnis – anders als bei einem Vergleich – an einem gegenseitigen Nachgeben; vielmehr liegt wegen des einseitigen Nachgebens an sich ein „einseitiger Feststellungsvertrag” vor, durch den die Parteien ihre materiellen Beziehungen regeln (BAG 15. Dezember 1999 – 10 AZR 881/98 – zu II 1 b der Gründe). Da der Zweck eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses aber darin besteht, das Schuldverhältnis insgesamt oder in einzelnen Punkten dem Streit oder der Ungewissheit der Parteien zu entziehen und es insoweit endgültig festzulegen, hat es vergleichsähnlichen Charakter mit der Folge, dass § 779 BGB auf das deklaratorische Schuldanerkenntnis entsprechend anwendbar ist (BAG 22. Juli 2010 – 8 AZR 144/09 – Rn. 28 mwN; 15. März 2005 – 9 AZR 502/03 – zu II 2 c bb (3) der Gründe mwN, BAGE 114, 97).
§ 779 BGB setzt regelmäßig voraus, dass die Parteien den Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis „im Wege gegenseitigen Nachgebens” beseitigen. Diesem Modell würde eine einseitig vorgegebene Umgestaltung eines Rechtsverhältnisses durch Allgemeine Geschäftsbedingungen widersprechen. Soweit durch Vereinbarung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen Rechtsverhältnisse im Wege des deklaratorischen Schuldanerkenntnisses entsprechend der einseitigen Festsetzung des Verwenders umgestaltet werden, kann dies zur Unwirksamkeit nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB führen (vgl. etwa BAG 15. März 2005 – 9 AZR 502/03 – zu II 2 c bb (3) der Gründe mwN, BAGE 114, 97).
Vorliegend ergibt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen der Klägerin und des Beklagten zu 1. unter Berücksichtigung aller Umstände, dass der Beklagte zu 1. durch das deklaratorische Schuldanerkenntnis nicht unangemessen benachteiligt wird iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 2 Nr. 1 BGB, das deklaratorische Schuldanerkenntnis demnach nicht nach § 307 Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam ist.
Obgleich der Inhalt des deklaratorischen Schuldanerkenntnisses von der Klägerin vorformuliert wurde und Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte zu 1. iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB Einfluss auf den Inhalt der Vereinbarung nehmen konnte, weder vorgetragen noch sonst wie ersichtlich sind, ist es bei wertender Betrachtung unter Einbeziehung auch der den Vertragsschluss begleitenden Umstände nicht gerechtfertigt, von einer den Beklagten zu 1. unangemessen benachteiligenden einseitigen Festsetzung der Bedingungen durch die Klägerin auszugehen. Insoweit wirkt sich aus, dass der Beklagte zu 1. vor Abgabe des deklaratorischen Schuldanerkenntnisses auf Vorhalt der Zeugen angegeben hatte, gemeinsam mit dem Beklagten zu 2. Manipulationen bei der Leergutbuchung vorgenommen zu haben, wobei dem Beklagten zu 2. zwei Drittel und ihm selbst ein Drittel des aus den fingierten Geschäften resultierenden Gewinns zugeflossen seien. Darüber hinaus hatte er – ebenfalls vor Abgabe des deklaratorischen Schuldanerkenntnisses – ein umfassendes „Schuldeingeständnis” angefertigt, in welchem er nicht nur sein Fehlverhalten eingeräumt, sondern auch den Zeitraum sowie den Umfang der Manipulationen konkret beschrieben und seinen persönlichen Gewinn – nach seiner Erinnerung – mit „bei 60 – 80 tausend Euro” beziffert hat. Da – wie unter Rn. 38 ausgeführt – aufgrund der mündlichen Angaben des Beklagten zu 1. sowie des Inhalts seines Schuldeingeständnisses davon auszugehen war, dass der Beklagte zu 1. durch sein Fehlverhalten insgesamt einen Schaden iHv. 210.000,00 Euro verursacht hatte, gibt das Schuldanerkenntnis im Wesentlichen nur das wieder, was der Beklagte zu 1. ohnehin selbst eingeräumt hatte. Ein schutzwürdiges Interesse des Beklagten zu 1. daran, der Klägerin überhaupt nicht oder jedenfalls nicht im Umfang von 210.000,00 Euro Schadensersatz leisten zu müssen, ist deshalb nicht gegeben.
(3) Das deklaratorische Schuldanerkenntnis hält letztlich auch einer Transparenzkontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB stand.
(a) Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Das Transparenzgebot schließt das Bestimmtheitsgebot ein. Danach müssen die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Sinn des Transparenzgebots ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Die Voraussetzungen und der Umfang der Leistungspflicht müssen deshalb so bestimmt oder zumindest so bestimmbar sein, dass der Vertragspartner des Verwenders bereits bei Vertragsschluss erkennen kann, was auf ihn zukommt. Eine Klausel verletzt das Bestimmtheitsgebot, wenn sie vermeidbare Unklarheiten enthält und Spielräume eröffnet (BAG 30. September 2014 – 3 AZR 930/12 – Rn. 20, BAGE 149, 200; 19. Februar 2014 – 5 AZR 920/12 – Rn. 38). Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt deshalb nicht schon dann vor, wenn der Arbeitnehmer keine oder nur eine erschwerte Möglichkeit hat, die betreffende Regelung zu verstehen. Erst in der Gefahr, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders wegen unklar abgefasster Allgemeiner Vertragsbedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt, liegt eine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 BGB (st. Rspr., zB BAG 14. September 2011 – 10 AZR 526/10 – Rn. 22, BAGE 139, 156).
Allerdings gebietet es das Transparenzgebot darüber hinaus nicht, die aus dem Gesetz oder der Rechtsnatur eines Vertrages folgenden Rechte der Vertragsparteien ausdrücklich oder vollständig zu regeln oder den Vertragspartner darüber zu belehren. Etwaige Missverständnisse muss der Verwender sich in dieser Hinsicht vielmehr nur dann zurechnen lassen, wenn er die Gefahr von Fehlvorstellungen bei seinem Vertragspartner durch eine unklare oder mehrdeutige Klauselformulierung oder -gestaltung selbst hervorgerufen oder verstärkt hat (vgl. etwa BGH 10. Februar 2016 – VIII ZR 137/15 – Rn. 18 mwN).
(b) Danach ist das deklaratorische Schuldanerkenntnis nicht wegen Intransparenz iSv. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam. Es war für den Beklagten zu 1. ohne weiteres erkennbar, dass er der Klägerin wegen der von ihm vorsätzlich begangenen Vertragspflichtverletzungen im Zusammenhang mit den Leergutrücknahmen Schadensersatz iHv. 210.000,00 Euro schuldet. Darüber, dass er infolge der Abgabe des deklaratorischen Schuldanerkenntnisses mit sämtlichen Einwendungen rechtlicher und tatsächlicher Natur und der Geltendmachung sämtlicher Einreden ausgeschlossen wurde, die ihm bei Abgabe seiner Erklärung bekannt waren oder mit denen er zumindest rechnete, musste er schon vor diesem Hintergrund nicht belehrt werden.
3. Der Zinsanspruch folgt aus § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 1 BGB.
II. Soweit die Klägerin vom Beklagten zu 2. Schadensersatz iHv. 200.000,00 Euro begehrt, ist die Revision unbegründet. Insoweit hat das Landesarbeitsgericht das arbeitsgerichtliche Urteil auf die Berufung des Beklagten zu 2. im Ergebnis zu Recht abgeändert und die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat gegen den Beklagten zu 2. keinen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz iHv. 200.000,00 Euro aus § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 266 StGB.
1. Zwar ist der Beklagte zu 2. der Klägerin gemäß § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 266 StGB dem Grunde nach zum Schadensersatz verpflichtet. Der Beklagte zu 2. hat zudem eingeräumt, den der Klägerin entstandenen Schaden iHv. 9.647,62 Euro mitverursacht zu haben. Er hat angegeben, ungerechtfertigte Gutschriften über Leergutrückgaben iHv. 8.559,10 Euro im Jahr 2007 und iHv. 1.088,52 Euro im Jahr 2008 angenommen zu haben. In dieser Höhe ist der Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten zu 2. auf Zahlung von Schadensersatz allerdings bereits durch die Zahlung von 10.000,00 Euro durch den Beklagten zu 1. gemäß § 362 Abs. 1 BGB durch Erfüllung erloschen. Beide Beklagten haften aufgrund der gemeinschaftlich begangenen Manipulationen gemäß §§ 421, 840 BGB als Gesamtschuldner. Und nach § 422 Abs. 1 Satz 1 BGB wirkt die Erfüllung durch einen Gesamtschuldner, hier: durch den Beklagten zu 1., auch für die übrigen Schuldner, hier: den Beklagten zu 2.
2. Der Anspruch der Klägerin scheitert allerdings daran, dass diese nicht schlüssig dargetan hat, dass der Beklagte zu 2. einen den Betrag von 10.000,00 Euro übersteigenden weiteren Schaden iHv. 200.000,00 Euro mitverursacht hat.
a) Insoweit fehlt es an jeglichen Darlegungen der Klägerin dazu, welcher weitergehende Schaden auf welche (angebliche) Schädigungshandlung des Beklagten zu 2. zurückzuführen ist. Einer solchen Darlegung hätte es aber angesichts des Umstands, dass der Beklagte zu 2. eine über den Betrag iHv. 9.647,62 Euro hinausgehende Beteiligung an den Manipulationen im Zusammenhang mit der Leergutrückgabe in Abrede gestellt hatte, bedurft.
b) Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin ist der Beklagte zu 2. – anders als der Beklagte zu 1. – mit seinen Einwendungen gegen die Höhe des von ihm mitverursachten Schadens auch nicht ausgeschlossen.
aa) Der Beklagte zu 2. hatte – anders als der Beklagte zu 1. – kein (deklaratorisches) Schuldanerkenntnis abgegeben. Ein Ausschluss folgt entgegen der Rechtsansicht der Klägerin auch nicht aus dem vom Beklagten zu 1. abgegebenen deklaratorischen Schuldanerkenntnis. Dieses entfaltet als Rechtsgeschäft zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 1. nur Wirkung im Verhältnis der vertragsschließenden Parteien.
bb) Zwar sind beide Beklagten im Hinblick auf einen Schadensersatzanspruch wegen der Manipulationen bei den Leergutbuchungen „Mittäter” und haften gemäß § 241 bzw. § 840 BGB gesamtschuldnerisch. Dies führt aber nicht dazu, dass sich das deklaratorische Schuldanerkenntnis des Beklagten zu 1. auch zulasten des Beklagten zu 2. auswirken würde. Dies folgt aus § 425 Abs. 1 BGB, wonach andere als die in den §§ 422 bis 424 BGB bezeichneten Tatsachen nur für und gegen den Gesamtschuldner wirken, in dessen Person sie eintreten, soweit sich nicht aus dem Schuldverhältnis ein anderes ergibt, was vorliegend nicht der Fall ist. Danach wirken lediglich eine Erfüllung durch einen Gesamtschuldner (§ 422 BGB), ein mit einem Gesamtschuldner vereinbarter Erlass (§ 423 BGB) sowie der Gläubigerverzug gegenüber einem Gesamtschuldner (§ 424 BGB), nicht aber ein von einem Gesamtschuldner erklärtes deklaratorisches Schuldanerkenntnis auch gegenüber einem anderen Gesamtschuldner.
3. Der Anspruch auf rechtliches Gehör gebietet es vorliegend nicht, den Rechtsstreit an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen, um der Klägerin in einem erneuten Berufungsverfahren Gelegenheit zu ergänzendem Sachvortrag im Hinblick auf den vom Beklagten zu 2. (mit)verursachten Schaden zu geben.
Die Klägerin musste vielmehr von vornherein in Erwägung ziehen, dass das vom Beklagten zu 1. abgegebene deklaratorische Schuldanerkenntnis nur in ihrem Verhältnis zum Beklagten zu 1. Wirkungen entfaltet und dass deshalb zu der Beteiligung des Beklagten zu 2. an den Manipulationen und dem daraus resultierenden Schaden substantiiert vorzutragen war. Dies gilt umso mehr, als der Beklagte zu 2. ausdrücklich gerügt hatte, die Klägerin habe den geltend gemachten Schaden nicht nachvollziehbar dargelegt. Vor dem Hintergrund, dass die Klägerin in beiden Tatsacheninstanzen nicht ansatzweise schlüssig zur Höhe des Schadens vorgetragen hatte, sondern sich insoweit stets und ausschließlich auf das vom Beklagten zu 1. abgegebene Schuldanerkenntnis berufen hatte, ist im Übrigen davon auszugehen, dass sie ganz bewusst von Darlegungen zur Schadenshöhe abgesehen hat.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Schlewing, Winter, Vogelsang, Lüken, Soost
Fundstellen
Haufe-Index 9706354 |
BB 2016, 2291 |
BB 2016, 2427 |