Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung durch Personalleiter (Gesamtvollstreckungsverfahren)
Leitsatz (redaktionell)
Teilweise Parallelsache zu – 2 AZR 267/97 –
Normenkette
GesO § 13 Abs. 1 Nr. 1; BetrVG §§ 99, 102; KSchG §§ 1, 17 ff.
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 29. November 1996 – 3 Sa 254/94 – teilweise aufgehoben. Auch soweit das Berufungsgericht festgestellt hat,
- daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die dem Kläger am 26. Juni 1993 zugegangene Kündigung zum 30. September 1993 aufgelöst worden ist und
- daß dem Kläger die tarifliche Vergütung für die Zeit vom 27. Juni 1993 bis 30. September 1993 in dem tenorierten Umfang als Masseforderung im Range des § 13 Abs. 1 Ziff. 1 GesO abzurechnen und zu zahlen ist,
wird die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Rostock vom 16. November 1993 10 Ca 286/93 – zurückgewiesen.
Von den Kosten I. Instanz trägt der Beklagte 1/6, der Kläger 5/6, von den Kosten II. Instanz der Beklagte 1/12, der Kläger 11/12, die Kosten der Revisionsinstanz trägt der Kläger ganz.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Der Kläger war seit 1980 bei der Gemeinschuldnerin, der B.-, B.- und B. (BBB), zuletzt als Einsatzleiter und stellvertretender Leiter Diving beschäftigt. Am 15. September 1992 wurde das Gesamtvollstreckungsverfahren über das Vermögen der BBB eröffnet und der Beklagte zum Verwalter bestellt. Dieser führte den Betrieb zunächst unter Aufrechterhaltung der Arbeitsverhältnisse fort und beschäftigte den Personalleiter der BBB F. in gleicher Funktion weiter. Am 10. Juni 1993 verfügte der Beklagte die Stillegung u.a. des Bereichs Diving. Mit Schreiben vom 17. Juni 1993 unterrichtete er den Betriebsrat, dem der Stillegungsbeschluß bekannt war, von der beabsichtigten Kündigung des Klägers. Am 23. Juni 1993 widersprach der Betriebsrat dieser Kündigung. Mit Schreiben vom 26. Juni 1993 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 15. Juli 1993. Es steht inzwischen fest, daß diese Kündigung das Arbeitsverhältnis frühestens zum 30. September 1993 beendet hat. Das Kündigungsschreiben ist von dem Personalleiter F. mit dem Zusatz „i.V. … Leiter Personalwesen” unterzeichnet. Schon vor Ausspruch der Kündigung war dem Kläger ein Schreiben des Beklagten vom 8. Juni 1993 zugegangen, mit dem der Beklagte ihn mit Wirkung ab 10. Juni 1993 von der Arbeit freistellte.
Der Kläger hält die Kündigung bereits mangels Vollmacht des Personalleiters F. für unwirksam. Der Betriebsrat sei nicht ordnungsgemäß beteiligt worden und auch eine zum Zeitpunkt der Kündigung noch mögliche soziale Auswahl sei nicht vorgenommen worden. Auch sei dem Arbeitsamt nicht die erforderliche Massenentlassungsanzeige gemacht worden. Seine Bezüge ab 10. Juni 1993 seien als Masseforderung im Rang des § 13 Abs. 1 Nr. 1 Gesamtvollstreckungsordnung (GesO) zu berücksichtigen. Seine Freistellung sei mangels zwingender Beteiligung des Betriebsrats jedenfalls hinsichtlich der mit ihr verknüpften Rechtsfolge der Rangverschlechterung für die Vergütungsansprüche gemäß § 13 GesO unwirksam. Eine Mitbestimmungsfreiheit wäre eine nicht hinzunehmende Rechtslücke. Eine Bezifferung der insoweit geltend gemachten Ansprüche sei nicht erforderlich, weil der Beklagte für den Fall seiner rechtskräftigen Verurteilung eine ordnungsgemäße Erfüllung zugesagt habe.
Der Kläger hat – soweit für die Revisionsentscheidung noch von Interesse – beantragt,
- festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die am 26. Juni 1993 zugegangene Kündigung des Beklagten zum 30. September 1993 aufgelöst worden ist,
- festzustellen, daß ihm die tarifliche Vergütung für die Zeit vom 27. Juni bis 30. September 1993 unter Berücksichtigung des vom Arbeitsamt gezahlten Arbeitslosengeldes zuzüglich Abgeltung des restlichen Jahresurlaubs 1993, tarifliches Urlaubsgeld 1993, Jahreszuwendung 1993 sowie Vermögenswirksame Leistungen und die sich daraus ergebenden Beträge zuzüglich 4 % Zinsen auf die Nettobeträge seit dem 1. Oktober 1993 als Masseforderungen im Range des § 13 Nr. 1 GesO abzurechnen und zu zahlen ist.
Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Er hat behauptet, am 22. September 1992 habe er als Gesamtvollstreckungsverwalter die dem Zeugen F. am 4. Februar 1992 erteilte Vollmacht als Leiter des Personalwesens bestätigt. Dies sei durch Aushang am 28. April 1993 nochmals im Betrieb bekanntgemacht worden. Auch ohne diese Bekanntmachung habe der Zeuge F. als Personalleiter ohne Vollmachtsvorlage wirksam kündigen können. Die Kündigung sei wegen dringender betrieblicher Erfordernisse durch Schließung der Betriebsabteilung, in der der Kläger tätig gewesen sei, sozial gerechtfertigt. Der Betriebsrat sei bei vollständiger Unterrichtung ordnungsgemäß angehört worden. Eine Massenentlassungsanzeige sei ordnungsgemäß erfolgt. Da der Kläger wirksam freigestellt worden sei, seien seine Vergütungsforderungen nur im Rang des § 13 Abs. 1 Nr. 3 GesO zu befriedigen.
Das Arbeitsgericht hat festgestellt, daß durch die Kündigung des Beklagten das Arbeitsverhältnis erst zum 30. September 1993 aufgelöst worden ist. Der Beklagte hat insoweit Berufung eingelegt, diese aber später zurückgenommen. Im übrigen hat das Arbeitsgericht – soweit für die Revisionsentscheidung von Interesse – die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Anschlußberufung des Klägers nach den oben zitierten Anträgen erkannt und im übrigen die Anschlußberufung zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt, soweit über die geltend gemachten Ansprüche in der Revisionsinstanz noch zu entscheiden ist, zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Wiederherstellung des klageabweisenden erstinstanzlichen Urteils.
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Kündigung vom 25. Juni 1993 sei unwirksam, weil nicht angenommen werden könne, daß dem Kläger die Vertretungsbefugnis des Personalleiters F. bei Erhalt des Kündigungsschreibens bekannt gewesen sei. Deshalb sei auch die Freistellung nicht infolge einer Kündigung erfolgt und eine Rückstufung der Vergütungsansprüche des Klägers nach § 13 Abs. 1 Nr. 3 a GesO sei deshalb nicht gerechtfertigt.
II. Dem folgt der Senat nicht.
1. Die Kündigung des Beklagten hat das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 30. September 1993 aufgelöst. Die Wirksamkeit der Kündigung scheitert nicht bereits an der fehlenden Kenntnis des Klägers von der Kündigungsvollmacht des Personalleiters F. Hat der Arbeitgeber einen Dritten, z.B. den Personalleiter zum Ausspruch einer Kündigung bevollmächtigt, so wirkt die Vertreterhandlung nach § 164 Abs. 1 Satz 1 BGB unmittelbar gegen den Vertretenen, ohne daß es dabei auf die Kenntnis des Kündigungsempfängers von der Vollmacht ankäme. Der Kündigungsempfänger ist allein dadurch geschützt, daß er bei Unkenntnis von der Bevollmächtigung nach § 174 Satz 1 BGB die Kündigung mangels Vorlage der Vollmachtsurkunde unverzüglich zurückweisen kann.
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist der Personalleiter F. vom Beklagten in seiner bisherigen Position weiterbeschäftigt worden und hatte damit Kündigungsvollmacht. Die Vollmacht ist im übrigen durch Urkunden nachgewiesen, gegen deren Echtheit der Kläger keine Einwendungen erhoben hat (vgl. § 416 ZPO). Der Beklagte war auch als Gesamtvollstreckungsverwalter berechtigt, sich z.B. beim Ausspruch von Kündigungen durch einen Bevollmächtigten vertreten zu lassen (Senatsurteil vom 21. Juli 1988 – 2 AZR 75/88 – AP Nr. 17 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl). Daß der Kläger des vorliegenden Verfahrens (anders als der Kläger des am gleichen Tag vom Berufungsgericht entschiedenen Parallelverfahrens – 2 AZR 267/97 –) die Kündigung unter Hinweis auf § 174 BGB zurückgewiesen hätte, ist nicht vorgetragen, durch das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt und in den Entscheidungsgründen fehlt auch im Gegensatz zu dem Urteil im Parallelverfahren der Hinweis auf § 174 Satz 1 BGB. Es kommt deshalb nicht mehr darauf an, daß auch eine unverzüglich Zurückweisung der Kündigung mangels Vorlage einer Vollmachtsurkunde nach § 174 Satz 1 BGB nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung geführt hätte (vgl. das ebenfalls am 22. Januar 1998 verkündete Senatsurteil in der Parallelsache – 2 AZR 267/97 –, zur Veröffentlichtung in der Fachpresse vorgesehen).
2. Die Kündigung ist, wie bereits das Arbeitsgericht zutreffend dargelegt hat, nicht sozial ungerechtfertigt, § 1 Abs. 2 KSchG, da sie durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Klägers entgegenstanden, bedingt war. Der Beklagte hat unstreitig die unternehmerische Entscheidung getroffen, den Betrieb stillzulegen. Durch diese Maßnahme, die weder offensichtlich unvernünftig, noch unsachlich oder gar willkürlich war, entfiel der Beschäftigungsbedarf für den Kläger. Da auch ein anderer freier Arbeitsplatz, auf dem der Kläger zu geänderten Arbeitsbedingungen hätte eingesetzt werden können, nicht zur Verfügung stand, bestand ein dringendes betriebliches Erfordernis zur Kündigung des Klägers.
3. Die Rüge der fehlerhaften Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG greift nicht durch. Nach § 1 Abs. 3 Satz 3 KSchG hat der Arbeitnehmer die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt in diesem Sinne erscheinen lassen. Der Arbeitnehmer hat danach zumindest darzulegen, welcher Arbeitnehmer an seiner Stelle hätte entlassen werden sollen. Dies ist nicht erfolgt. Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, ob überhaupt Raum für eine Sozialauswahl bestand, da der Beklagte die ganze Abteilung geschlossen hat.
4. Auch die Rüge der mangelhaften Betriebsratsanhörung nach § 102 BetrVG ist unsubstantiiert. Der Beklagte hat schon in erster Instanz das detaillierte Anhörungsschreiben vom 17. Juni 1993 vorgelegt und dargelegt, daß der Betriebsrat über die maßgeblichen Sozialdaten des Klägers und den Kündigungsgrund im einzelnen informiert war. Wenn der Kläger demgegenüber in der Berufungsinstanz gerügt hat, der Beklagte habe die Grundsätze der sozialen Auswahl nicht berücksichtigt und insofern den Betriebsrat nicht ausreichend angehört, so verkennt er den Umfang der Anhörungsverpflichtung des Arbeitgebers. Auswahlüberlegungen, die der Arbeitgeber selbst nicht angestellt hat, braucht er auch dem Betriebsrat nach § 102 BetrVG nicht mitzuteilen.
5. Soweit sich der Kläger in den Vorinstanzen darauf berufen hat, die Wirksamkeit der Kündigung scheitere daran, daß der Beklagte seinen Verpflichtungen aus §§ 17 ff. KSchG nicht hinreichend nachgekommen sei, trifft dies nicht zu. Nach der Senatsrechtsprechung (Urteil vom 24. Oktober 1996 – 2 AZR 895/95 – EzA § 17 KSchG Nr. 6, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen) sind die Arbeitsgerichte, wenn das Landesarbeitsamt einer nach § 17 KSchG anzeigepflichtigen Entlassung zu einem bestimmten Zeitpunkt durch bestandskräftigen Verwaltungsakt zustimmt und damit inzident die Wirksamkeit der Massenentlassungsanzeige feststellt, durch die Bestandskraft des Verwaltungsakts gehindert, im Kündigungsschutzprozeß die Entscheidung der Arbeitsverwaltung nachzuprüfen. Im vorliegenden Fall ist unstreitig, daß der Kläger zu den Arbeitnehmern gehörte, die auf eine entsprechende Anzeige der Beklagten hin aufgrund des Bescheids des Landesarbeitsamts vom 16. August 1993 zum 15. Juli 1993 entlassen werden konnten und entlassen worden sind. Bereits aufgrund der Bestandskraft des Bescheids des Landesarbeitsamtes steht fest, daß die Anzeige des Beklagten nach § 17 KSchG ordnungsgemäß war. Dem steht nicht entgegen, daß der Beklagte ursprünglich davon ausgegangen ist, er könne anstatt mit der tariflichen mit der gesetzlichen Kündigungsfrist kündigen. Es ist schon sehr fraglich, ob eine Entlassung i.S.v. § 17 KSchG – wie der Kläger offenbar meint – allein darin gesehen werden kann, daß der Arbeitgeber die Berufung gegen ein Urteil zurücknimmt, das die Kündigungsfrist lange nach deren Ablauf anders berechnet. Jedenfalls hat der Kläger nicht schlüssig dargelegt, daß eine Entlassung per 30. September 1993 nach §§ 18 Abs. 4, 17 Abs. 1 KSchG anzeigepflichtig gewesen wäre.
III. Soweit der Kläger die Feststellung begehrt, daß seine Vergütungsansprüche für die Zeit der Freistellung als Masseforderungen im Range des § 13 Abs. 1 Nr. 1 GesO abzurechnen und zu zahlen sind, ist seine Klage unbegründet.
1. Das erforderliche Feststellungsinteresse (§ 256 ZPO) liegt vor. Der Zulässigkeit des Antrags steht nicht entgegen, daß der Kläger seine Ansprüche nicht beziffert hat. Die Parteien streiten lediglich über den Rang der vom Kläger geltend gemachten Ansprüche. Da nach den Feststellungen des Berufungsgerichts der Beklagte erklärt hat, im Fall seiner rechtskräftigen Verurteilung werde er von sich aus alle Ansprüche des Klägers ordnungsgemäß abrechnen und – soweit es die Masse zulasse – befriedigen, ist angesichts der Stellung des Beklagten als Partei kraft Amtes davon auszugehen, daß der Streit der Parteien durch den Feststellungsantrag in der vorliegenden Form endgültig beigelegt wird.
2. Der geltend gemachte Anspruch nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 GesO kann auch gegen den Beklagten unmittelbar geltend gemacht werden. Der Massegläubiger steht grundsätzlich außerhalb des Insolvenzverfahrens und ist befugt, seine Forderungen einzeln gegen den Gesamtvollstreckungsverwalter geltend zu machen (Smid, GesO, 3. Aufl., § 13 Rz 10; Kilger/Karsten Schmidt, KO/VglO/GesO, 17. Aufl., § 13 GesO, Anm. 1 b; Haarmeyer/Wutzke/Förster, GesO, 3. Aufl., § 13 Rz 8, 9).
3. Der Anspruch ist jedoch unbegründet, die Vergütungsansprüche des Klägers für den geltend gemachten Zeitraum sind nicht nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 GesO zu begleichen, sondern durch die Freistellung wirksam nach § 13 Abs. 1 Nr. 3 a GesO zurückgestuft. Danach sind Lohn- und Gehaltsforderungen von Arbeitnehmern, die im Unternehmen des Schuldners beschäftigt waren, für den Zeitraum, für den sie von ihrer Beschäftigung infolge einer Kündigung durch den Verwalter freigestellt sind, lediglich im Rang nach den in § 13 Abs. 1 Nr. 1 und 2 GesO aufgeführten Ansprüchen zu befriedigen. Der Beklagte hat den Kläger infolge einer wirksamen Kündigung freigestellt, so daß die Voraussetzungen des § 13 Abs. 1 Nr. 3 a GesO vorliegen.
4. Der im Interesse der Massegläubiger gesetzlich vorgesehene Rangrücktritt der Vergütungsansprüche während der Freistellung nach Kündigung scheitert auch nicht, wie der Kläger geltend macht und das Berufungsgericht zumindest erwogen hat, an der fehlenden Beteiligung des Betriebsrats bei der Freistellung des Klägers. Stellt der Gesamtvollstreckungsverwalter einen Arbeitnehmer während der Kündigungsfrist mit der Folge des Rangrücktritts nach § 13 Abs. 1 Nr. 3 a GesO von der Arbeit frei, so ist zu der Freistellung weder nach § 102 BetrVG der Betriebsrat zu hören, noch bedarf die Freistellung nach § 99 BetrVG der Zustimmung des Betriebsrats.
a) Nach § 102 BetrVG ist der Betriebsrat lediglich vor jeder Kündigung zu hören. Freistellungen im Rahmen der GesO werden hiervon nicht erfaßt. Die Anhörungspflicht vor Ausspruch der Kündigung hindert im Gegenteil den Arbeitgeber grundsätzlich nicht einmal, den Arbeitnehmer vor Abschluß des Anhörungsverfahrens zur beabsichtigten Kündigung von der Arbeit freizustellen (Fitting/Kaiser/Heither/Engels, BetrVG, 18. Aufl., § 102 Rz 13; Däubler/Kittner/Klebe, BetrVG, 5. Aufl., § 102 Rz 16; KR-Etzel, 4. Aufl., § 102 BetrVG Rz 119). Auch eine vereinzelt in der Literatur befürwortete analoge Anwendung des § 102 BetrVG (KR-Wolf, 3. Aufl., Grunds. Rz 248) kommt nicht in Betracht. Die Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechte bei personellen Einzelmaßnahmen sind, worauf schon das Arbeitsgericht zutreffend hingewiesen hat, in §§ 99 bis 102 BetrVG erschöpfend aufgezählt (Fitting/Kaiser/Heither/Engels, BetrVG, 18. Aufl., § 99 Rz 1). Auch die Erwägung (Däubler/Kittner/Klebe, BetrVG, 5. Aufl., § 102 Rz 20), in einer Freistellung des Arbeitnehmers könne eine zeitlich befristete Teilkündigung gesehen werden, trifft jedenfalls auf den Fall einer durch den Gesamtvollstreckungsverwalter ausgesprochenen Freistellung für die Dauer der Kündigungsfrist nicht zu; in einem solchen Fall ist die Kündigung bereits erfolgt oder steht unmittelbar bevor und die Freistellung für die Dauer der Kündigungsfrist ist nicht als – im übrigen unzulässige – Teilkündigung anzusehen.
b) Auch § 99 BetrVG ist nicht anwendbar. Die Freistellung für die Dauer der Kündigungsfrist stellt insbesondere keine Versetzung im Sinne des § 95 Abs. 3 BetrVG dar. Dem Arbeitnehmer wird gerade kein anderer Arbeitsbereich zugewiesen, sondern lediglich sein bisheriger Arbeitsbereich mangels Beschäftigungsmöglichkeit für die Dauer der Kündigungsfrist entzogen. Eine analoge Anwendung des § 99 BetrVG auf solche Fälle scheitert ebenfalls daran, daß die Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechte bei personellen Einzelmaßnahmen im Gesetz erschöpfend aufgezählt sind.
IV. Ansprüche auf Nachteilsausgleich gemäß § 113 Abs. 3 BetrVG macht der Kläger im Revisionsverfahren nicht mehr geltend.
V. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92, 97, 269 Abs. 3 ZPO.
Unterschriften
Etzel, Bröhl, Fischermeier, Strümper, Hayser
Fundstellen
Haufe-Index 1254437 |
ZInsO 1998, 190 |