Entscheidungsstichwort (Thema)
Sicherung der personellen Kontinuität der Betriebsratsarbeit. Befristeter Arbeitsvertrag – Personelle Kontinuität des Betriebsrats – „Hilfe zur Arbeit” – Widerspruchlose Fortsetzung – Begünstigungsverbot
Leitsatz (amtlich)
Das andernfalls auf Grund befristeten Arbeitsvertrags auslaufende Arbeitsverhältnis eines Betriebsratsmitglieds kann befristet verlängert werden, wenn der befristete Vertrag zur Sicherung der personellen Kontinuität der Betriebsarbeit geeignet und erforderlich ist.
Orientierungssatz
1. Der Arbeitgeber hat ein berechtigtes eigenes Interesse an der Sicherung der personellen Kontinuität des Betriebsrats.
2. Dieses Interesse kann einen Sachgrund für die Befristung des Arbeitsvertrags mit einem Betriebsratsmitglied darstellen, wenn die Befristung zur Sicherung der personellen Kontinuität des Betriebsrats geeignet und erforderlich ist.
3. Die nachträgliche Befristung eines bereits unbefristeten Arbeitsverhältnisses mit einem Betriebsratsmitglied kann nicht mit der personellen Kontinuität des Betriebsrats begründet werden.
4. Es bleibt dahingestellt, ob der wegen der Betriebsratstätigkeit angebotene Abschluß eines unbefristeten Arbeitsvertrags mit einem Betriebsratsmitglied, dessen Arbeitsverhältnis andernfalls enden würde, gegen das Begünstigungsverbot des § 78 Satz 2 BetrVG verstößt und nach § 134 BGB unwirksam ist.
Normenkette
BGB §§ 620, 133-134, 157, 625; BetrVG § 21 Sätze 1-2, § 24 Abs. 1 Nr. 1, § 78 S. 2; BSHG § 19 Abs. 1 S. 3; KSchG § 15 Abs. 1, 4-5; TzBfG § 14 Abs. 1 S. 2 Nrn. 2, 4-6, 8
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 8. Mai 2000 – 16 Sa 998/99 – wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis auf Grund Befristung am 28. April 1998 geendet hat.
Der Beklagte ist ein gemeinnütziger Verein, dem von der Stadt Frankfurt die „Hilfe zur Arbeit” gemäß §§ 18 bis 20 BSHG übertragen ist. Er beschäftigt Sozialhilfeempfänger und Langzeitarbeitslose, um diesen die Wiedereingliederung in den sog. ersten Arbeitsmarkt zu erleichtern. Die hierbei geschlossenen Arbeitsverträge werden regelmäßig befristet, da die Sozialhilfe in Form der „Hilfe zur Arbeit” in aller Regel nicht auf Dauer geleistet wird. Der hohe Anteil befristet beschäftigter Arbeitnehmer – Mitte Juni 1999 standen von rund 1.236 Arbeitnehmern des Beklagten 1.080 in einem befristeten Arbeitsverhältnis – führte in den Jahren 1990 bis 1998 wiederholt dazu, daß infolge des ständigen Ausscheidens befristet beschäftigter Betriebsratsmitglieder bereits während der regelmäßigen Amtszeit ein neuer Betriebsrat gewählt werden mußte.
Nachdem der Kläger beim Beklagten zunächst vom 1. März 1993 bis 31. Mai 1993 als Mitarbeiter in der Orientierungsphase beschäftigt war, schlossen die Parteien am 25. Mai 1993 einen befristeten Arbeitsvertrag über eine Tätigkeit als Schlossereiarbeiter für die Zeit vom 1. Juni 1993 bis zum 31. August 1994. Im April 1994 wurde der Kläger in den Betriebsrat gewählt. Noch vor dem 31. August 1994 erfuhr er, daß der Beklagte bereit war, ihn entsprechend einem vom Kläger gestellten Antrag befristet bis zum Ablauf der Amtszeit des Betriebsrats weiterzubeschäftigen. Nachdem der Kläger über den 31. August 1994 hinaus weiter gearbeitet hatte, legten die Parteien unter dem 22. September 1994 schriftlich einen Nachtrag zum Arbeitsvertrag nieder. Danach endet das Arbeitsverhältnis „mit Ablauf der Amtszeit des Herrn K. als Betriebsrat”.
Bei den Anfang April 1998 durchgeführten Betriebsratswahlen wurde der Kläger erneut gewählt. Mit Schreiben vom 7. April 1998 teilte die Beklagte dem Kläger mit, daß am 28. April 1998 die Amtszeit des Betriebsrats und damit auch sein Arbeitsverhältnis ende. Am 24. April 1998 erklärten neun Betriebsratsmitglieder, darunter der Kläger, ihren „Rücktritt aus dem alten Betriebsrat”. Noch am gleichen Tag teilte der Beklagte dem Kläger mit, daß damit auch sein Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 24. April 1998 ende.
Mit der am 27. April 1998 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger den Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses geltend gemacht. Die Parteien hätten mit der Vereinbarung vom 22. September 1994 nicht nur auf die Amtszeit des 1994 gewählten Betriebsrats, sondern auf die gesamte Tätigkeit des Klägers als Betriebsratsmitglied abgestellt. Außerdem sei die Befristung mangels eines sachlichen Grundes unwirksam.
Der Kläger hat beantragt,
- festzustellen, daß zwischen den Parteien über den 28. April 1998 hinaus ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht;
- hilfsweise für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1) den Beklagten zu verurteilen, ihn zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Schlossereiarbeiter weiterzubeschäftigen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat die Auffassung vertreten, die Vereinbarung vom 22. September 1994 habe lediglich an die Amtszeit des 1994 gewählten Betriebsrats angeknüpft. Die Vereinbarung sei wirksam. Sie sei nur erfolgt, um die personelle Kontinuität und Funktionsfähigkeit des Betriebsrats zu gewährleisten. Nachdem der Kläger im Rahmen des Programms „Hilfe zur Arbeit” auf einem zeitlich befristet subventionierten Arbeitsplatz eingestellt gewesen sei, sei ein unbefristeter Arbeitsvertrag nicht in Betracht gekommen. Im übrigen wäre ein unbefristeter Vertrag wegen Verstoßes gegen das Begünstigungsverbot des § 78 Satz 2 BetrVG ohnehin unwirksam gewesen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage entsprochen. Das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Der Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen. Das Arbeitsverhältnis der Parteien bestand nicht über den 28. April 1998 hinaus fort. Es hat auf Grund der in der Nachtragsvereinbarung vom 22. September 1994 getroffenen Abrede spätestens am 28. April 1998 geendet. Der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zwischen dem 24. und 28. April 1998 ist nicht Gegenstand des Rechtsstreits. Es kam daher nicht darauf an, ob das Arbeitsverhältnis bereits durch den „Rücktritt” des Klägers aus dem Betriebsrat am 24. April 1998 geendet hat.
I. Das Landesarbeitsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung insbesondere ausgeführt, die Auslegung der von den Parteien unter dem 22. September 1994 geschlossenen Vereinbarung ergebe, daß das Arbeitsverhältnis zu dem Zeitpunkt enden sollte, zu dem der Kläger nicht mehr Mitglied des im April 1994 gewählten Betriebsrats war. Die in der Nachtragsvereinbarung vom 22. September 1994 getroffene Befristungsvereinbarung halte der Befristungskontrolle stand. Die Befristung sei durch einen Sachgrund gerechtfertigt. Es entspreche der gesetzgeberisch gewollten Kontinuität der Betriebsratsarbeit, wenn das befristete Arbeitsverhältnis eines Betriebsratsmitglieds einvernehmlich bis zum Ablauf der Amtszeit des Betriebsrats verlängert werde. Nachdem der Beklagte in Erfüllung seiner satzungsmäßigen Aufgaben Arbeitsverhältnisse wie das des Klägers wegen der vorübergehenden Natur der „Hilfe zur Arbeit” (§ 19 Abs. 1 Satz 3 BSHG) grundsätzlich befristet schließe, habe er eine Kontinuität der Betriebsratsarbeit nur durch die erfolgte Befristung erreichen können. Entgegen der Auffassung des Klägers sei nach dem 31. August 1994 kein unbefristetes Arbeitsverhältnis nach § 625 BGB entstanden. Für § 625 BGB sei kein Raum, wenn es, wie vorliegend, vor oder nach dem Auslaufen des Vertrags zu einer Vereinbarung über die Verlängerung des Arbeitsverhältnisses komme.
II. Diese Begründung hält in ihren tragenden Teilen der revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
1. Die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Auslegung der Verlängerungsvereinbarung vom 22. September 1994 ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
a) Bei der Vereinbarung vom 22. September 1994 handelt es sich um einen nichttypischen Vertrag. Die Auslegung von nichttypischen Verträgen und Willenserklärungen ist in erster Linie Sache der Tatsachengerichte und in der Revision nur eingeschränkt überprüfbar. Der Überprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt allein, ob die Rechtsvorschriften über die Auslegung von Willenserklärungen (§§ 133, 157 BGB) richtig angewandt worden sind, ob dabei gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen und der Tatsachenstoff vollständig verwertet wurde (vgl. BAG 24. April 1996 – 7 AZR 719/95 – BAGE 83, 60, 62 ff. = AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 180, zu I 1 b der Gründe; 28. Februar 1998 – 2 AZR 297/97 – BAGE 88, 131, 138 = AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 195, zu II 4 a der Gründe; 20. Mai 1999 – 6 AZR 601/97 – AP TVG § 4 Rationalisierungsschutz Nr. 32 = EzA TVG Stationierungskräfte Nr. 5, zu II 1 b aa der Gründe mwN).
b) Diesem Prüfungsmaßstab hält das Urteil des Landesarbeitsgerichts stand. Die Revision hat nicht aufgezeigt, warum die Auslegung des Vertrags durch das Landesarbeitsgericht in dem oben beschriebenen Sinne fehlerhaft sein soll. Vielmehr sind die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts zur Befristung des Arbeitsvertrags bis zum Ablauf der im April 1998 endenden Amtszeit des Betriebsrats zutreffend. Wie das Landesarbeitsgericht ausgeführt hat, haben die Parteien mit der Formulierung „Ablauf der Amtszeit des Herrn K. als Betriebsrat” ersichtlich an die gesetzliche Regelung angeknüpft. Nach § 24 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG erlischt die Mitgliedschaft im Betriebsrat durch den Ablauf der Amtszeit. Die regelmäßige Amtszeit des Betriebsrats beträgt gemäß § 21 Satz 1 BetrVG vier Jahre. Danach endet sie. Mit dem Ablauf der Amtszeit des alten Betriebsrats beginnt gemäß § 21 Satz 2 2. Alt. BetrVG die Amtszeit eines neu gewählten Betriebsrats. Die Amtszeit des bisherigen Betriebsrats wird durch die Wahl eines neuen Betriebsrats nicht verlängert. Die Mitgliedschaft des Klägers in dem 1994 gewählten Betriebsrat endete daher spätestens mit dem Ablauf von dessen regelmäßiger Amtszeit. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht auch erkannt, daß der Sinn und Zweck der Verlängerungsvereinbarung vom 22. September 1994 nicht darin besteht, dem Kläger die Möglichkeit einer langfristigen Beschäftigung zu verschaffen, sofern er nur erneut in den Betriebsrat gewählt wird, sondern daß es darum ging, die personelle Kontinuität des 1994 gewählten Betriebsrats für dessen Amtszeit zu ermöglichen.
2. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Nachtragsvereinbarung vom 22. September 1994 halte der gebotenen Befristungskontrolle stand, ist revisionsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden. Dabei kann dahinstehen, ob es sich bei der Vereinbarung – wie das Landesarbeitsgericht angenommen hat – um eine Zweckbefristung oder um die Kombination einer auflösenden Bedingung (Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Ausscheiden des Klägers aus dem Betriebsrat vor Ablauf von dessen regelmäßiger Amtszeit) mit einer zeitlichen Höchstbefristung (Beendigung des Arbeitsverhältnisses spätestens mit Ablauf der regelmäßigen Amtszeit des Betriebsrats am 28. April 1998) handelt. Denn in jedem Fall bedurfte die Vereinbarung zu ihrer Wirksamkeit eines Sachgrunds. Dieser liegt, wie das Landesarbeitsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise ausgeführt hat, vor. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats handelt es sich bei dem Begriff des sachlichen Grunds zur Rechtfertigung einer Befristung um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der einer eingeschränkten revisionsrechtlichen Prüfung unterliegt. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts zum Vorliegen eines Sachgrunds kann revisionsrechtlich nur darauf überprüft werden, ob Rechtsbegriffe verkannt, Denkgesetze bzw. Erfahrungssätze verletzt oder wesentliche Umstände des Einzelfalls übersehen worden sind (vgl. etwa BAG 24. April 1996 – 7 AZR 719/95 – BAGE 83, 60, 64 = AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 180, zu I 3 a der Gründe; 26. August 1998 – 7 AZR 349/97 – BAGE 89, 345, 347 = AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 203, zu III 1 der Gründe; 3. November 1999 – 7 AZR 846/98 – AP BAT SR 2y § 2 Nr. 19 = EzA BGB § 620 Nr. 166, zu 1 der Gründe). Diesem Überprüfungsmaßstab hält die Begründung des Landesarbeitsgerichts stand.
a) Die vom Beklagten zur Rechtfertigung der Befristungsvereinbarung geltend gemachte und vom Landesarbeitsgericht als Sachgrund grundsätzlich anerkannte Wahrung der personellen Kontinuität des Betriebsrats ist allerdings bisher von der Rechtsprechung nicht als Sachgrund für eine Befristung entwickelt worden. Die bislang von der Rechtsprechung anerkannten Befristungstatbestände sind jedoch nicht abschließend. Vielmehr ist dann, wenn eine nahtlose Einordnung in die anerkannten Typen von Befristungsgründen nicht möglich ist, zu prüfen, ob nach den Wertungsmaßstäben der bisherigen Rechtsprechung ein sachlicher Grund für eine Befristung anzunehmen ist (vgl. etwa BAG 28. Mai 1986 – 7 AZR 581/84 – BAGE 52, 122, 128 ff. = AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 101, zu II 2 b der Gründe). Dabei beschränken sich die von der Rechtsprechung in der Vergangenheit anerkannten Sachgründe nicht auf Fallgestaltungen, in denen ein lediglich vorübergehender Bedarf an der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers besteht. Vielmehr hat die Rechtsprechung zur Rechtfertigung von Befristungen auch ganz anders geartete Sachgründe, wie etwa die Erprobung, einen spezifischen Verschleiß, den gerichtlichen Vergleich, den sozialen Überbrückungszweck oder uU die zeitlich befristete Arbeits- oder Aufenthaltserlaubnis des Arbeitnehmers anerkannt (vgl. seit 1. Januar 2001 auch § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, 4, 5, 6 und 8 TzBfG). Gemeinsam ist den durchaus unterschiedlichen Fallgestaltungen jedoch ein rechtlich anerkennenswertes Interesse – meist des Arbeitgebers – daran, anstelle eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses die rechtliche Gestaltungsmöglichkeit eines befristeten Arbeitsverhältnisses zu wählen.
b) Hiervon ausgehend widerspricht es nicht den Wertungsmaßstäben der Rechtsprechung, das Interesse des Arbeitgebers an der personellen Kontinuität des Betriebsrats grundsätzlich als Sachgrund für die Befristung des Arbeitsverhältnisses eines Betriebsratsmitglieds anzuerkennen. Wie insbesondere in § 15 Abs. 1, 4 und 5 KSchG zum Ausdruck kommt, erachtet der Gesetzgeber die personelle Kontinuität des Betriebsrats als schützenswert. Zweck des § 15 KSchG ist nämlich nicht nur, die Betriebsratsmitglieder verstärkt vor Kündigungen zu schützen, sondern auch die Stetigkeit der Arbeit der jeweiligen Arbeitnehmervertretung dadurch zu sichern, daß diese als Ganzes für die Dauer ihrer Wahlperiode in ihrer personellen Zusammensetzung möglichst unverändert erhalten bleibt (BAG 20. Dezember 1984 – 2 AZR 3/84 – AP BGB § 620 Bedingung Nr. 9 = EzA BGB § 620 Bedingung Nr. 4, zu B II 2 f cc der Gründe; 17. Februar 1983 – 2 AZR 481/81 – BAGE 41, 391, 402 f. = AP KSchG 1969 § 15 Nr. 14, zu B IV 2 der Gründe mwN). Diese personelle Kontinuität des Betriebsrats ist für den Arbeitgeber auch nicht lediglich ein Drittinteresse. Vielmehr hat er selbst ein berechtigtes Interesse an der Funktionsfähigkeit eines in seinem Betrieb gebildeten Betriebsrats sowie daran, daß nicht durch ein vermeidbares Ausscheiden der Betriebsratsmitglieder aus dem Betrieb und dem Betriebsrat bereits während dessen Amtszeit kostspielige Neuwahlen erforderlich werden. Dieses Interesse des Arbeitgebers ist grundsätzlich geeignet, einen Sachgrund für eine Befristung abzugeben.
Allerdings muß die Befristung des Arbeitsverhältnisses des Betriebsratsmitglieds geeignet und erforderlich sein, um die personelle Kontinuität des Betriebsrats zu wahren. Erforderlich ist sie nur, wenn ohne den Abschluß des befristeten Arbeitsvertrags das Arbeitsverhältnis mit dem Betriebsratsmitglied enden würde. Befindet sich daher das Betriebsratsmitglied bereits in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis, ist die Befristung regelmäßig nicht erforderlich, um die personelle Kontinuität des Betriebsrats zu sichern. Die nachträgliche Befristung des unbefristeten Arbeitsverhältnisses eines Betriebsratsmitglieds kann daher grundsätzlich nicht mit dem Argument der personellen Kontinuität begründet werden. Zumindest erhebliche Zweifel an der Erforderlichkeit der Befristung bestehen ferner dann, wenn der Arbeitgeber ohne Beeinträchtigung seiner betrieblichen Interessen die personelle Kontinuität der Betriebsratsarbeit durch einen unbefristeten Arbeitsvertrag mit dem Betriebsratsmitglied in gleicher Weise sichern könnte wie durch einen nur befristeten. Dem könnte allenfalls entgegengehalten werden, der im Hinblick auf die Betriebsratstätigkeit erfolgende Abschluß eines unbefristeten Arbeitsvertrags verstoße gegen das Begünstigungsverbot des § 78 Satz 2 BetrVG.
c) Hiernach hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei angenommen, die Befristungsabrede in der Nachtragsvereinbarung vom 22. September 1994 sei sachlich gerechtfertigt. Die Vereinbarung diente unstreitig der Wahrung der personellen Kontinuität des Betriebsrats. Der Beklagte hatte hieran zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ein berechtigtes Interesse. Dies wird besonders daran deutlich, daß in den Jahren 1990 bis 1998 infolge des ständigen Ausscheidens befristet beschäftigter Betriebsratsmitglieder wiederholt vorzeitig ein neuer Betriebsrat gewählt werden mußte. Die Begrenzung des Arbeitsverhältnisses auf die Amtszeit des Betriebsrats war zur Sicherung von dessen personeller Kontinuität auch erforderlich.
aa) Der Kläger befand sich bei Abschluß der Verlängerungsvereinbarung nicht etwa bereits in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis. Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, war zwischen den Parteien nach dem 31. August 1994 kein unbefristetes Arbeitsverhältnis nach § 625 BGB entstanden. Voraussetzung hierfür wäre, daß nach diesem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis mit Wissen des Beklagten und ohne dessen unverzüglichen Widerspruch fortgesetzt worden wäre. Dies war nicht der Fall. Ein beachtlicher Widerspruch iSv. § 625 BGB liegt ua. dann vor, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer deutlich macht, daß durch die Weiterbeschäftigung kein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit begründet werden soll (vgl. BAG 8. März 1962 – 2 AZR 497/61 – BAGE 12, 328, 335 f. = AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 22, zu II 1 der Gründe; 23. April 1980 – 5 AZR 49/78 – BAGE 33, 41, 100 = AP KSchG 1969 § 15 Nr. 8, zu II 3 der Gründe; vgl. auch 30. November 1984 – 7 AZR 539/83 – AP MTV Ausbildung § 22 Nr. 1, zu B II 2 der Gründe). Dies hatte der Beklagte vorliegend getan. Der Kläger hatte bereits vor dem 31. August 1994 erfahren, daß seine Weiterbeschäftigung nicht unbefristet, sondern bis zum Ablauf der Amtszeit des Betriebsrats erfolgen sollte.
bb) Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht auch erkannt, daß jedenfalls unter den vorliegenden Umständen dem Interesse an der Kontinuität der Betriebsratsarbeit nur durch den Abschluß eines befristeten, nicht dagegen durch den Abschluß eines unbefristeten Arbeitsvertrags Rechnung getragen werden konnte. Dem Abschluß eines unbefristeten Vertrags standen nämlich dringende betriebliche Interessen entgegen. Für den Kläger stand ein Dauerarbeitsplatz nicht zur Verfügung. Vielmehr gehörte er zu den Beschäftigten, deren Arbeitsverhältnisse angesichts der vorübergehenden Natur der Sozialhilfemaßnahmen in Form der „Hilfe zur Arbeit” (vgl. § 19 Abs. 1 Satz 3 BSHG) befristet abzuschließen waren (vgl. BAG 7. Juli 1999 – 7 AZR 661/97 – BAGE 92, 125, 128 = AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 216, zu I 2 der Gründe; 22. März 2000 – 7 AZR 824/98 – BAGE 94, 138, 141 = AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 222, zu IV 2 der Gründe). Unter diesen Umständen kam daher für den Beklagten der Abschluß eines unbefristeten Arbeitsvertrags mit dem Kläger bereits aus betrieblichen Gründen nicht in Betracht. Es kam daher nicht darauf an, ob der Abschluß eines unbefristeten Arbeitsvertrags, wie das Landesarbeitsgericht angenommen hat, gegen das Begünstigungsverbot des § 78 Satz 2 BetrVG verstoßen hätte und nach § 134 BGB unwirksam gewesen wäre.
3. Eine Auslauffrist war vorliegend auch dann nicht einzuhalten, wenn mit dem Landesarbeitsgericht davon ausgegangen wird, es habe sich um eine Zweckbefristung gehandelt. Denn dem Kläger mußte nach der vertraglichen Vereinbarung klar sein, daß sein Arbeitsverhältnis spätestens am 28. April 1998 mit Ablauf der regelmäßigen Amtszeit des im April 1994 gewählten Betriebsrats enden würde.
III. Der auf Weiterbeschäftigung gerichtete echte Hilfsantrag fiel dem Senat nicht zur Entscheidung an.
IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Dörner, Steckhan, Linsenmaier, P. Haeusgen, Olga Berger
Fundstellen
BB 2002, 1097 |
DB 2002, 1379 |
NJW 2002, 2265 |
NWB 2002, 1509 |
ARST 2002, 175 |
FA 2002, 211 |
JR 2003, 219 |
NZA 2002, 986 |
RdA 2003, 43 |
SAE 2003, 52 |
ZTR 2002, 344 |
AP, 0 |
AuA 2002, 377 |
EzA-SD 2002, 6 |
EzA |
MDR 2002, 1072 |
PERSONAL 2002, 52 |
AUR 2002, 238 |
GV/RP 2004, 11 |
RdW 2002, 567 |
FuBW 2003, 118 |
FuHe 2003, 567 |
FuNds 2003, 768 |
PP 2002, 28 |