Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerkschaftliche Werbung im Betrieb
Leitsatz (redaktionell)
Ein Krankenhaus kann seinen Arbeitnehmern untersagen, gewerkschaftliche Werbe- und Informationsschriften über ein hausinternes Postverteilungssystem, das für dienstliche Zwecke eingerichtet wurde, an die Mitarbeiter des Krankenhauses zu verteilen. Ein solches Verbot verletzt nicht das Recht der Arbeitnehmer auf koalitionsmäßige Betätigung (Art 9 Abs 3 GG).
Normenkette
GG Art. 9 Abs. 3
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Beklagte ist Träger des E Krankenhauses in Berlin. Der Kläger ist in diesem Krankenhaus als Angestellter beschäftigt und Mitglied der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV).
Im Eingangsbereich des Krankenhauses befindet sich ein Pförtnerhaus, das die durch Glaswände und eine Glastür abgetrennte Pförtnerloge beherbergt. In dieser Pförtnerloge sind 35 Postfächer für die eingehende Post und ein weiteres für die ausgehende Post eingerichtet. Adressaten der Fächer für Eingangspost sind entsprechend der Beschriftung die einzelnen Stationen des Krankenhauses oder sonstigen Arbeitsbereiche, wie z.B. die Verwaltungsleitung, die Kasse, das Labor, die Mitarbeitervertretung oder die Pflegedienstleitung. Neben den von draußen eingehenden Sendungen wird auch hausinterne Post, wie allgemeine Dienstanweisungen, Rundschreiben und Mitteilungen des Hauses, über die Postfächer verteilt.
Bei dem Beklagten bestand eine Anweisung der Krankenhausleitung, ÖTV-Materialien nicht über die in der Pförtnerloge befindlichen Postfächer für die einzelnen Stationen an die Mitarbeiter zu verteilen.
Am Abend des 17. Juni 1984 verteilte der Kläger Werbe- und Informationsmaterialien der ÖTV in die Postfächer der einzelnen Krankenhausstationen.
Unter dem 19. Juni 1984 richtete der Beklagte ein Schreiben an den Kläger, dessen Seite 2 folgenden Wortlaut hat:
"...
Am vergangenen Sonntag (17.6.1984) gegen 22 Uhr
haben Sie wiederholt ÖTV-Materialien in die
Postfächer in der Pforte verteilt, obwohl Ihnen
bekannt ist, daß die Leitung des Hauses dieses
untersagt hat. Der diensthabende Mitarbeiter der
Pforte hat Sie auch nochmals auf diese Anweisung
hingewiesen.
Wir bitten Sie, diese Anweisung, die auch schon
Gegenstand eines Schlichtungsverfahrens war,
künftig genauestens zu beachten. Sollten Sie wi-
der besseres Wissen erneut dagegen verstoßen, be-
halten wir uns arbeitsrechtliche Schritte vor.
Diese Abmahnung wird zu Ihrer Personalakte ge-
nommen.
..."
Ein am 11. September 1984 wegen der erteilten Abmahnung durchgeführtes Schlichtungsverfahren blieb erfolglos.
Mit seiner Klage verlangt der Kläger die Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte. Er ist der Ansicht, die darin liegende mißbilligende Äußerung sei zu Unrecht erfolgt. Als Gewerkschaftsmitglied sei er berechtigt, Gewerkschaftsmaterialien über die Postfächer zu verteilen und zu diesem Zweck die Pforte zu betreten. Angesichts der besonderen Bedingungen im Krankenhausbereich habe er keine andere Möglichkeit, gewerkschaftliches Informationsmaterial zu verteilen. Sein Verhalten sei durch die verfassungsrechtlich geschützte Koalitionsfreiheit gedeckt. Das Verbot der Krankenhausleitung sei unwirksam.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, die Ab-
mahnung vom 19. Juni 1984 aus seiner
Personalakte zu entfernen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, die Grenzen einer zulässigen Verteilung gewerkschaftlicher Informationsschriften seien überschritten, so daß die Abmahnung berechtigt gewesen sei. Die Verteilung gewerkschaftlicher Informationsschriften könne nur in Räumen geduldet werden, in denen sich regelmäßig ausschließlich Mitarbeiter des Krankenhauses aufhielten. Der Pfortenbereich und die Postfächer dienten klar umgrenzten Zwecken. Daher sei der Kläger weder befugt, den Pfortenbereich zu betreten noch die Postfächer selbst zu bedienen. Die Postsendungen dürften allein durch den diensthabenden Pförtner eingelegt werden. Es habe nicht einmal einer ausdrücklichen Anweisung bedurft, die Verteilung von Gewerkschaftsmaterialien über die Postfächer zu unterlassen. Der am 17. Juni 1984 diensthabende Pförtner habe den Kläger an diesem Tage und auch schon bei früherer Gelegenheit ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die Krankenhausleitung die Verteilung von gewerkschaftlichen Informationsschriften über die Postfächer der Pforte verboten habe. Das Verhalten des Klägers stehe auch im Widerspruch zu einem Abkommen der Krankenhausleitung mit der Gewerkschaft ÖTV aus dem Jahre 1977, in welchem vereinbart worden sei, daß die Gewerkschaft für die Verteilung von Informationsmaterial einen neben der Pforte befindlichen Glaskasten benutzen werde.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter, während der Kläger um Zurückweisung der Revision bittet.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Beklagten ist begründet. Der Beklagte hat den Kläger zu Recht abgemahnt.
1. Der Beklagte hat den Kläger abgemahnt mit der Begründung, dieser habe gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten dadurch verstoßen, daß er entgegen dem bestehenden Verbot die hausinterne Postverteilungsanlage zur Verteilung gewerkschaftlicher Informationsschriften benutzt habe. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann der Arbeitnehmer die Entfernung einer Abmahnung aus seiner Personalakte verlangen, wenn die Abmahnung zu Unrecht erfolgt ist (vgl. zuletzt Urteil des Fünften Senats vom 15. Januar 1986 - 5 AZR 70/84 - zur Veröffentlichung vorgesehen; Urteil des Senats vom 19. Juli 1983 - 1 AZR 307/81 - AP Nr. 5 zu § 87 BetrVG 1972 Betriebsbuße). Ob diese Voraussetzungen vorliegen, ist allerdings entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts eine Frage der Begründetheit der Klage, nicht ihrer Zulässigkeit.
2. Der dem Kläger gemachte Vorwurf ist berechtigt. Der Kläger hat gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen, als er am 17. Juni 1984 entgegen dem ausdrücklichen Verbot des Beklagten gewerkschaftliche Informationsschriften über die Postfächer in der Pforte verteilte. Dieses Verbot des Beklagten war wirksam.
a) Der Beklagte ist als Arbeitgeber kraft seiner Organisationsgewalt und seiner Befugnis, betriebliche Abläufe zu regeln, berechtigt, betriebliche Einrichtungen zur Erfüllung des Betriebszweckes nicht nur zu schaffen, sondern auch deren Benutzung durch die Arbeitnehmer näher zu regeln und den Zugang von Arbeitnehmern zu dieser Einrichtung auszuschließen (Birk, Die arbeitsrechtliche Leitungsmacht, 1973, S. 30). Der Beklagte konnte daher auch anordnen, daß die Postfächer in der Pförtnerloge allein der Verteilung eingehender Post und hausinterner Mitteilungen dienen und daß allein der Pförtner solche Post und solche Mitteilungen in die Postfächer legen darf. Er konnte auch anordnen, daß Arbeitnehmer die Pförtnerloge nicht unbefugt betreten dürfen.
Der Arbeitnehmer ist aufgrund seines Arbeitsvertrages verpflichtet, solche in der Organisationsgewalt und im Direktionsrecht des Arbeitgebers begründeten Anordnungen zu befolgen. Verstößt er gegen solche Anordnungen, so verletzt er seine arbeitsvertraglichen Verpflichtungen. Der Arbeitgeber kann ihn wegen dieser Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten abmahnen.
b) Daß ein solches Verbot, die Postfächer in der Pförtnerloge zur Verteilung von Schriftgut zu benutzen, bei dem es sich nicht um eingehende Post und hausinterne Mitteilungen handelte, bestand und auch dem Kläger bekannt war, ist nach dem Tatbestand des Berufungsurteils (Ausfertigung S. 11) unstreitig. An diesen Tatbestand ist der Senat nach § 561 Abs. 1 ZP0 gebunden. Damit war dem Kläger untersagt, gewerkschaftliche Informationsschriften über die Postfächer zu verteilen.
3. Das Landesarbeitsgericht hat die Auffassung vertreten, das Verbot der Krankenhausleitung, ÖTV-Schriften über die in der Pförtnerloge befindlichen Postfächer zu verteilen, sei unwirksam. Nach Art. 9 Abs. 3 GG sei das Gewerkschaftsmitglied berechtigt, Mitglieder im Betrieb zu werben. Die Werbemöglichkeit müsse so beschaffen sein, daß alle Kollegen im Betrieb für ihn erreichbar seien. In Betrieben mit räumlich entfernten Betriebsstätten oder unterschiedlichen Arbeitszeiten erfordere dies eine zentrale Verteilungsmöglichkeit für gewerkschaftliche Schriften. Dieses Recht dem Kläger abzusprechen, hieße im Hinblick auf den zu leistenden Schichtdienst vom Kläger zu verlangen, außerhalb seiner Arbeitszeit im Betrieb zu erscheinen, um ÖTV-Informations- und Werbeschriften zu überreichen. Ein derart aufwendiges Verfahren liefe praktisch auf eine Behinderung der Koalitionsfreiheit hinaus. Durch das verfassungsrechtlich verbürgte Recht auf Mitbenutzung der Postfächer würde weder deren Funktion beeinträchtigt noch würden finanzielle oder personelle Mittel des Arbeitgebers gebunden. Das Eigentum des Arbeitgebers müsse unter den gegebenen Umständen hinter das Grundrecht der Koalitionsfreiheit zurücktreten, so daß der Beklagte die Mitbenutzung der Postfächer zu dulden habe.
Diesen Ausführungen des Landesarbeitsgerichts kann der Senat nicht folgen.
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesarbeitsgerichts gibt Art. 9 Abs. 3 GG den Koalitionen ein Recht auf koalitionsmäßige Betätigung. Diese Bestimmung schützt diese Betätigung, soweit sie für die Erhaltung und Sicherung des Bestandes der Koalition unerläßlich ist. Zu der der Koalition verfassungsrechtlich gewährleisteten Betätigung gehört auch die Werbung neuer Mitglieder, die ohne entsprechende Information und Selbstdarstellung seitens der Gewerkschaft nur schwer verwirklicht werden kann (vgl. BVerfG Entscheidungen vom 30. November 1965, BVerfGE 19, 303, 312 = AP Nr. 7 zu Art. 9 GG; vom 26. Mai 1970, BVerfGE 28, 295, 304 = AP Nr. 16 zu Art. 9 GG; Entscheidungen des Senats vom 14. Februar 1967, BAG 19, 217, 222 = AP Nr. 10 zu Art. 9 GG, vom 14. Februar 1978, BAG 30, 122, 126 f. = AP Nr. 26 zu Art. 9 GG, vom 26. Januar 1982, BAG 41, 1 = AP Nr. 35 zu Art. 9 GG und vom 30. August 1983 - 1 AZR 121/81 - AP Nr. 38 zu Art. 9 GG).
Dieser verfassungsrechtliche Schutz ist nicht auf die Gewerkschaft als Institution beschränkt; er erstreckt sich auch auf das Recht ihrer Mitglieder, aktiv an der koalitionsmäßigen Gewerkschaftswerbung teilzunehmen (BVerfGE 28, 295, 304 = AP Nr. 16 zu Art. 9 GG).
Eine solche koalitionsmäßige Betätigung wird von Art. 9 Abs. 3 GG jedoch nicht schrankenlos gewährt. Die genannte Vorschrift schützt die Koalitionsfreiheit und damit auch das Betätigungsrecht der Koalition nur in einem Kernbereich (BVerfGE, aa0 und Beschluß vom 17. Februar 1981, BVerfGE 57, 220, 245 f. = AP Nr. 9 zu Art. 140 GG, mit weiteren Nachweisen). Auch eine koalitionsmäßige Betätigung ist verfassungsmäßig nur insoweit verbürgt, als diese für die Erhaltung und Sicherung der Existenz der Koalition als unerläßlich betrachtet werden muß (BVerfG Entscheidungen vom 14. April 1964, BVerfGE 17, 319, 333 = AP Nr. 1 zu Art. 81 PersVG Bayern; vom 26. Mai 1970, BVerfGE 28, 295, 304 = AP Nr. 16 zu Art. 9 GG; vom 17. Februar 1981, BVerfGE 57, 220, 246 = AP Nr. 9 zu Art. 140 GG).
b) Im Anschluß an die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Februar 1981 (BVerfGE 57, 220 = AP Nr. 9 zu Art. 140 GG) hat der Senat in seiner Entscheidung vom 26. Januar 1982 (BAG 41, 1 = AP Nr. 35 zu Art. 9 GG) ausgesprochen, daß die nur auf einen Kernbereich beschränkte verfassungsrechtliche Garantie einer koalitionsmäßigen Betätigung der Koalitionen und damit einer Werbe- und Informationstätigkeit einer Gewerkschaft gleichzeitig besage, daß jede über diesen Kernbereich hinausgehende Betätigung ihre rechtliche Grundlage nicht in Art. 9 Abs. 3 GG finden könne. Die Befugnisse der Koalitionen außerhalb dieses Kernbereiches im einzelnen näher auszugestalten und zu regeln sei vielmehr Sache des Gesetzgebers.
Diese Rechtsprechung ist auf Kritik gestoßen (Herschel, Anm. zu BAG Urteil vom 26. Januar 1982 in AuR 1982, 294; von Hoyningen-Huene/Hofmann, Anm. zu BAG Urteil vom 26. Januar 1982 in AR-Blattei Vereinigungsfreiheit: Entscheidung 11; vgl. auch Hanau, Zum Kernbereich des Koalitionswesens, AuR 1983, 257). Es wird geltend gemacht, nach dieser Ansicht werde die gewerkschaftliche Betätigung von vornherein auf das Unerläßliche reduziert, unabhängig davon, ob eine darüber hinausgehende Betätigung entgegenstehende Rechte oder Interessen anderer, insbesondere des Arbeitgebers oder der Arbeitgeberkoalitionen, verletze oder berühre. Eine solche Unerläßlichkeitsformel werde dem Rang der Koalitionsfreiheit nicht gerecht.
Der vorliegende Rechtsstreit gibt keine Veranlassung, auf diese Kritik näher einzugehen. Der Senat kann zugunsten des Klägers davon ausgehen, daß das durch Art. 9 Abs. 3 GG gewährleistete Recht der Koalitionen und ihrer Mitglieder auf koalitionsmäßige Betätigung durch Werbung neuer Mitglieder und Information schon vorhandener Mitglieder erst dort eine Grenze findet oder finden kann, wo durch diese Betätigung Rechte anderer berührt werden.
Mit der Verteilung gewerkschaftlicher Informations- und Werbeschriften über die Postfächer in der Pförtnerloge hat der Kläger diese Grenze überschritten. Er hat für seine gewerkschaftliche Tätigkeit nicht nur fremdes Eigentum in Anspruch genommen, sondern sich über die Anordnung des Beklagten hinsichtlich der Nutzung dieser Postfächer hinweggesetzt. Das wäre nur dann zulässig, wenn das Recht des Eigentümers, andere von der Nutzung der Sache auszuschließen, hinter das Recht des Klägers auf koalitionsmäßige Betätigung zurücktreten müßte und wenn das Verbot des Beklagten, die Postfächer zur Verteilung gewerkschaftlicher Schriften zu nutzen, unwirksam wäre. Beides ist nicht der Fall.
Nach der Entscheidung des Senats vom 23. Februar 1979 (BAG 31, 318 = AP Nr. 30 zu Art. 9 GG) ist die gewerkschaftliche Werbung unter Inanspruchnahme fremden Eigentums jedenfalls dann nicht unerläßlich für die Erhaltung und Sicherung der Existenz der Gewerkschaft, wenn sie ebensogut auf andere Weise erfolgen kann, die die Eigentumsrechte anderer unberührt läßt. Ob angesichts der vom Landesarbeitsgericht in Betracht gezogenen besonderen Bedingungen in einem Krankenhaus die Verteilung gewerkschaftlicher Schriften ohne Inanspruchnahme der Postfächer ebenso wirksam und zeitsparend erfolgen kann, kann dahingestellt bleiben. Der Arbeitgeber ist berechtigt, die Nutzung von Betriebsmitteln durch die Arbeitnehmer näher zu regeln und eine private Nutzung auszuschließen. Diese Befugnis beruht letztlich auf dem ebenfalls verfassungsrechtlich geschützten Eigentumsrecht. Auch unter Berücksichtigung der Bedeutung des Rechts auf koalitionsmäßige Betätigung unterliegt die Ausübung dieser Befugnis im vorliegenden Fall keiner Beschränkung. Das Verbot, die Postfächer für die Verteilung gewerkschaftlicher Schriften zu benutzen, ist nämlich sachlich berechtigt. Über die Postfächer werden nicht nur eingegangene Postsendungen, sondern auch hausinterne Mitteilungen verteilt. Bei diesen handelt es sich u.a. um Krankenberichte, Laborbefunde und andere, auch Patienten betreffende Mitteilungen. Schon das macht es erforderlich, Dritte vom Zugang zu den Postfächern auszuschließen und die Mitbenutzung der Postfächer für andere Zwecke zu untersagen. Nur dadurch kann sichergestellt werden, daß hausinterne Mitteilungen nicht verlorengehen, den Empfänger alsbald ohne Fehlleitungen erreichen und daß von ihnen nicht unbefugt Kenntnis genommen wird. Werden die Postfächer auch für die Verteilung gewerkschaftlicher Schriften benutzt, ist die Gefahr nicht auszuschließen, daß solche hausinternen Mitteilungen zwischen diesen Schriften verlorengehen, mit ihnen beiseite gelegt oder weggeworfen werden. Das Verbot der Beklagten, die Postfächer für die Verteilung von gewerkschaftlichen Schriften zu benutzen, behindert zwar die gewerkschaftliche Betätigung des Klägers, verletzt aber nicht den Kernbereich der verfassungsrechtlich geschützten koalitionsmäßigen Betätigung. Dem Kläger bleiben ausreichende Möglichkeiten zur Werbung und Information durch das Verteilen gewerkschaftlicher Schriften, auch wenn er dafür mehr Mühe und Zeit aufwenden muß.
c) Das Verbot ist auch nicht deshalb unwirksam, weil der Beklagte duldet, daß eingehende private Post für die Bediensteten des Krankenhauses über die Postfächer verteilt wird. Es ist etwas anderes, ob der Beklagte die Verteilung eingehender Privatpost über die Postfächer durch den Pförtner duldet oder ob er die aktive Mitbenutzung der Postfächer durch private Postverteilung verbietet. Die Zusendung privater Post an die Bediensteten des Krankenhauses läßt sich durch die Bediensteten nicht oder nur schwer verhindern. Die Annahme jeder Privatpost zu verweigern oder diese auf andere Weise zu verteilen, könnte im Einzelfall gegen Fürsorgepflichten des Beklagten verstoßen oder würde zusätzliche Aufwendungen erforderlich machen. Wenn der Beklagte daher duldet, daß eingehende Privatpost über die Postfächer verteilt wird, so bestehen dafür sachliche Gründe. Er muß deswegen nicht gestatten, daß Bedienstete des Krankenhauses selbst die Postfächer für die Verteilung ihrer Mitteilungen in Anspruch nehmen.
4. Nach allem ist das Verbot der Beklagten, die Postfächer zur Verteilung von gewerkschaftlichen Schriften zu benutzen, wirksam. Dadurch, daß der Kläger sich über dieses Verbot hinweggesetzt hat, hat er gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen. Der Beklagte hat ihn daher zu Recht abgemahnt. Die Entfernung dieser zu Recht erfolgten Abmahnung aus der Personalakte kann der Kläger nicht verlangen, so daß seine Klage abgewiesen werden mußte.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZP0.
Dr. Heither Dr. Olderog Matthes
Dr. Menzel Andersch
Fundstellen
Haufe-Index 437377 |
BAGE 53, 89-96 (LT1) |
BAGE, 89 |
BB 1987, 964 |
DB 1987, 440-441 (LT1) |
NJW 1987, 2891 |
NJW 1987, 2891-2892 (LT1) |
ARST 1987, 87-88 (LT1) |
JR 1987, 176 |
NZA 1987, 164-165 (LT) |
RdA 1987, 62 |
ZTR 1987, 59-60 (LT) |
AP, (LT1) |
AR-Blattei, Berufsverbände Entsch 27 (LT1) |
AR-Blattei, ES 1650 Nr 14 (LT) |
AR-Blattei, ES 420 Nr 27 (LT1) |
AR-Blattei, Vereinigungsfreiheit Entsch 14 (LT) |
ArbuR 1986, 347-347 (T) |
DÖD 1988, 267-269 (LT1) |
EzA, (LT1) |
JZ 1987, 368 |
JZ 1987, 368-368 (LT) |
MDR 1987, 434-435 (LT) |
PersR 1987, 132-134 (T) |