Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigungsschutzklage. Wirksamkeit eines Prozessvergleichs
Leitsatz (amtlich)
1. Einem Prozessvergleich fehlt die verfahrensbeendende Wirkung, wenn er als materiell-rechtlicher Vertrag wegen Mängeln in der Regelung sonstiger, prozessfremder Gegenstände nach § 779 Abs. 1 iVm. § 139 BGB insgesamt nichtig ist.
2. Der wirksame Rücktritt von einem zur Erledigung eines Kündigungsrechtsstreits geschlossenen Vergleich führt dazu, dass dessen prozessbeendende Wirkung entfällt.
Orientierungssatz
1. Streiten die Parteien über die Wirksamkeit eines Prozessvergleichs, ist dieser Streit jedenfalls dann im Ausgangsverfahren auszutragen, wenn der Vergleich nicht allein aus Gründen unwirksam ist, die erst nach seinem Abschluss entstanden sind.
2. Einem Prozessvergleich fehlt die verfahrensbeendende Wirkung, wenn er als materiell-rechtlicher Vertrag wegen Mängeln in der Regelung sonstiger, prozessfremder Gegenstände nach § 779 Abs. 1 iVm. § 139 BGB insgesamt nichtig ist.
3. Der wirksame Rücktritt von einem zur Erledigung eines Kündigungsrechtsstreits geschlossenen Vergleich führt dazu, dass dessen prozessbeendende Wirkung entfällt.
4. Ein Prozessvergleich ist nicht schon deshalb ein gegenseitiger Vertrag iSd. §§ 320 ff. BGB, weil er auf gegenseitigem Nachgeben beruht. Voraussetzung ist, dass in ihm ein synallagmatischer Leistungsaustausch geregelt ist. Es müssen entweder beiderseitige Leistungspflichten begründet werden oder es muss zumindest eine Partei durch den Vergleich eine Leistung unmittelbar erbringen, wofür sich die andere Partei zu einer Gegenleistung verpflichtet.
5. Ein Prozessvergleich zur Erledigung einer Kündigungsschutzklage, mit dem sich der Arbeitnehmer mit seinem Arbeitgeber auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die Kündigung einigt und im Gegenzug eine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Zahlung einer Abfindung begründet wird, ist ein gegenseitiger Vertrag iSd. §§ 320 ff. BGB.
Normenkette
BGB §§ 139, 241 Abs. 1, § 275 Abs. 1, § 323 Abs. 1, 5, § 326 Abs. 5, § 779 Abs. 1; KSchG § 7
Verfahrensgang
Tenor
1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 13. Mai 2014 – 3 Sa 675/13 – aufgehoben.
2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Kündigung und darüber, ob der Rechtsstreit durch einen Prozessvergleich beendet ist.
Der Beklagte ist der Insolvenzverwalter über das Vermögen der A GmbH. Der Kläger war seit Juli 2004 bei dieser beschäftigt. Er war seit Juli 2005 als EDV-Fachkraft tätig. Im Jahre 2005 übertrug er seiner Arbeitgeberin eine sog. „ERP-Entwicklerlizenz”. Diese ermöglichte das Erstellen von Softwarelösungen auf Basis der Grundsoftware des Lizenzgebers.
Im Jahr 2011 beschloss die Arbeitgeberin, ihre EDV-Anlagen künftig von einem externen Dienstleister betreuen zu lassen. Mit Schreiben vom 20. September 2011 kündigte sie das Arbeitsverhältnis des Klägers mit Wirkung zum 30. November 2011.
Der Kläger hat gegen die Kündigung rechtzeitig die vorliegende Klage erhoben. Er hat außerdem gem. § 9 KSchG die Auflösung des Arbeitsverhältnisses begehrt. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht am 15. Februar 2012 haben die Prozessparteien zur Erledigung des Rechtsstreits einen Vergleich geschlossen. Danach bestand zwischen ihnen Einigkeit, dass ihr Arbeitsverhältnis aufgrund der Kündigung zum Ablauf des 30. November 2011 sein Ende gefunden habe. Die spätere Insolvenzschuldnerin verpflichtete sich in Nr. 2 des Vergleichs zur Zahlung einer Abfindung in Höhe von 3.120,00 Euro brutto, in Nr. 3 zur „Rückübertragung” der ihr im Jahre 2005 übertragenen Entwicklerlizenz auf den Kläger und in Nr. 4 zur Erteilung eines Zeugnisses mit einer „guten” Bewertung von dessen Führung und Leistung.
Die Arbeitgeberin zahlte die vereinbarte Abfindung und erteilte ein Arbeitszeugnis. Der Kläger forderte sie vergeblich auf, ihm auch die Entwicklerlizenz zurück zu übertragen. Die Arbeitgeberin berief sich darauf, sie könne die Forderung nicht erfüllen. Ihre ehemalige Prokuristin habe den Vertrag mit dem Lizenzgeber bereits im Spätsommer 2011 gekündigt. Dies habe ihr am Vergleichsschluss beteiligter Geschäftsführer nicht gewusst. Im Rahmen der Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich hat der Kläger den Antrag angekündigt, die Arbeitgeberin zu verurteilen, an ihn 5.165,10 Euro zum erneuten Erwerb der Lizenz zu zahlen. Das Arbeitsgericht hat Zweifel daran geäußert, dass Nr. 3 des Vergleichs einen vollstreckbaren Inhalt habe.
Mit Schreiben vom 11. März 2013 hat der Kläger den Rücktritt vom Vergleich erklärt. Mit Schriftsatz vom selben Tag hat er die Feststellung begehrt, dass das gerichtliche Verfahren nicht beendet sei. Seinen Auflösungsantrag hat er zurückgenommen.
Am 30. August 2013 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Der Kläger hat das Verfahren gegen ihn aufgenommen.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe ein Recht zum Rücktritt von dem Prozessvergleich zu. Die Insolvenzschuldnerin habe ihre darin begründete Verpflichtung zur Rückübertragung der Entwicklerlizenz nicht erfüllt. Er habe mit der Lizenz wieder eine selbständige Tätigkeit aufnehmen wollen. Diese sei schon vor Beginn des Arbeitsverhältnisses mit der Insolvenzschuldnerin Grundlage seines Lebensunterhalts gewesen. Ohne die Rückübertragung ergebe die einvernehmliche Aufgabe des Arbeitsverhältnisses für ihn keinen Sinn. Da die von ihm erbrachte Gegenleistung nicht teilbar sei, könne er von dem Vergleich insgesamt zurücktreten. Das Kündigungsschutzverfahren sei demnach fortzusetzen. Die Kündigung sei schon deshalb unwirksam, weil er bei der Insolvenzschuldnerin zum Datenschutzbeauftragten bestellt gewesen sei.
Der Kläger hat beantragt
- festzustellen, dass das Verfahren durch den Vergleich vom 15. Februar 2012 nicht beendet ist;
- festzustellen, dass sein Arbeitsverhältnis durch die schriftliche Kündigung vom 20. September 2011 nicht beendet wurde und über den 30. November 2011 zu unveränderten Bedingungen fortbesteht;
- den Beklagten zu verurteilen, ihn zu unveränderten Bedingungen weiterzubeschäftigen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat den Vergleich für wirksam gehalten.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, der Vergleich vom 15. Februar 2012 habe den Rechtsstreit beendet. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen zu Unrecht angenommen, der Rechtsstreit sei durch den Vergleich vom 15. Februar 2012 beendet. Ob das Kündigungsschutzverfahren durch den Vergleich erledigt ist, steht noch nicht fest.
I. Die Anträge des Klägers sind zulässig.
1. Den Antrag auf Feststellung, dass das Verfahren durch den Vergleich vom 15. Februar 2012 nicht beendet sei, hat das Landesarbeitsgericht zutreffend nicht als eigenständigen Sachantrag verstanden. Ziel des Klägers ist die sachliche Bescheidung der Anträge zu 2. und 3. Dafür ist als Vorfrage zu klären, ob der Rechtsstreit durch den Vergleich vom 15. Februar 2012 beendet ist.
Einer gesonderten Feststellung dazu bedarf es nicht (vgl. BAG 11. Juli 2012 – 2 AZR 42/11 – Rn. 13). Ein rechtliches Interesse an einer entsprechenden Zwischenfeststellung (§ 256 Abs. 2 ZPO) hat der Kläger nicht dargelegt.
2. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, der Streit über die Beendigungswirkung des Vergleichs vom 15. Februar 2012 sei in dem ursprünglichen Kündigungsrechtsstreit auszutragen.
a) Streiten die Parteien über die Wirksamkeit eines Prozessvergleichs, ist dieser Streit jedenfalls dann im Ausgangsverfahren auszutragen, wenn der Vergleich nicht allein aus Gründen unwirksam ist, die erst nach seinem Abschluss entstanden sind (BAG 24. April 2014 – 8 AZR 429/12 – Rn. 16; 11. Juli 2012 – 2 AZR 42/11 – Rn. 14; BGH 11. August 2010 – XII ZB 60/08 – Rn. 15; BSG 24. Januar 1991 – 2 RU 51/90 –; Stein/Jonas/Münzberg 22. Aufl. ZPO § 794 Rn. 71; Rosenberg/Schwab/Gottwald Zivilprozessrecht 17. Aufl. § 130 Rn. 48 ff.; Zöller/Stöber ZPO 30. Aufl. § 794 Rn. 15a; PG/Scheuch ZPO 5. Aufl. § 794 Rn. 24; vgl. auch BGH 21. November 2013 – VII ZR 48/12 – Rn. 14). Einer neuen Klage, mit der das ursprüngliche Prozessziel bei unverändert gebliebenem Streitgegenstand weiterverfolgt werden soll, stünde der Einwand anderweitiger Rechtshängigkeit entgegen, weil der unwirksame Prozessvergleich nicht zur Beendigung des Ursprungsverfahrens geführt hätte (BGH 29. Juli 1999 – III ZR 272/98 – zu 2 der Gründe, BGHZ 142, 253). Ist der Vergleich wirksam, so ist auszusprechen, dass der Rechtsstreit durch ihn erledigt ist (BAG 11. Juli 2012 – 2 AZR 42/11 – aaO; BGH 10. März 1955 – II ZR 201/53 – BGHZ 16, 388).
b) Es bedarf keiner Entscheidung, ob dies anders zu beurteilen ist, wenn eine materiell-rechtliche Unwirksamkeit des Prozessvergleichs nur aus Gründen in Rede steht, die erst nach seinem Abschluss entstanden sind (vgl. dazu einerseits BAG 5. August 1982 – 2 AZR 199/80 – zu B II 4 der Gründe, BAGE 40, 17; andererseits BGH 10. März 1955 – II ZR 201/53 – zu II 3 der Gründe, BGHZ 16, 388). Nach dem Vorbringen des Klägers kommt auch eine – anfängliche – Unwirksamkeit des Vergleichs gem. § 779 Abs. 1 iVm. § 139 BGB in Betracht. Der Kläger hat zwar ausdrücklich nur geltend gemacht, wirksam von dem Vergleich zurückgetreten zu sein. Er hat sich dafür aber ua. darauf berufen, dass er den Vergleich ohne die Aussicht auf eine erfolgreiche Rückübertragung der Entwicklerlizenz nicht abgeschlossen hätte. Werden hinsichtlich eines Prozessvergleichs sowohl anfängliche als auch nachträgliche Mängel geltend gemacht, ist die Klärung seiner Wirksamkeit im Ausgangsverfahren herbeizuführen (BAG 24. April 2014 – 8 AZR 429/12 – Rn. 29; 11. Juli 2012 – 2 AZR 42/11 – Rn. 14).
aa) Einem Prozessvergleich fehlt die verfahrensbeendende Wirkung auch dann, wenn er als materiell-rechtlicher Vertrag wegen Mängeln in der Regelung sonstiger, nicht rechtshängiger Fragen nach § 139 BGB insgesamt nichtig ist (vgl. BGH 6. März 1991 – XII ZB 88/90 – zu II 1 b und c der Gründe; MüKoBGB/ Habersack 6. Aufl. § 779 Rn. 90).
bb) Nach den bisherigen Feststellungen ist nicht ausgeschlossen, dass die Vereinbarung über die Verpflichtung zur „Rückübertragung” der Entwicklerlizenz auf den Kläger in Nr. 3 des Vergleichs nach § 779 Abs. 1 BGB unwirksam ist.
(1) Gemäß § 779 Abs. 1 BGB ist der Vergleich ein Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird. Ausreichend ist, dass in Elementen eines Rechtskonflikts Streit oder Ungewissheit bestanden hat und ausgeräumt worden ist; dabei kommt es auf die subjektive Beurteilung durch die Beteiligten im Zeitpunkt des Vergleichsschlusses an (MüKoBGB/Habersack 6. Aufl. § 779 Rn. 24). Gegenseitiges Nachgeben im fraglichen Sinne ist weit zu verstehen und kann auch dann gegeben sein, wenn eine Seite in Bezug auf das streitige Rechtsverhältnis ihre Position zwar ohne Einschränkung durchsetzt, dafür aber eine Gegenleistung verspricht (MüKoBGB/Habersack 6. Aufl. § 779 Rn. 26).
(2) Nach den bisherigen Feststellungen ist offen, ob die Regelung über die „Rückübertragung” der Entwicklerlizenz auf den Kläger einen Vergleich iSd. § 779 BGB darstellt. Es ist unklar, ob zwischen den Parteien des Vergleichs Streit über eine solche Verpflichtung der Insolvenzschuldnerin bestand. Das Landesarbeitsgericht hat lediglich angenommen, die Lizenz sei „bis zum Abschluss des Vergleichs” nicht Gegenstand der Auseinandersetzungen der damaligen Parteien gewesen. Soweit es ausgeführt hat, der Vergleich regle in Nr. 3 nur das, was „möglicherweise” auch ohne ihn gegolten hätte, bewegt sich dies im Bereich der Spekulation. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Parteien einen möglichen Streit über die Verpflichtung zur „Rückübertragung” der Lizenz im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt haben. Soweit der Kläger seinen vermeintlichen Anspruch ohne Einschränkung durchgesetzt haben sollte, ist nicht auszuschließen, dass er dafür an anderer Stelle – etwa mit Blick auf die Höhe der Abfindung für seine Einwilligung in die Beendigung des Arbeitsverhältnisses – nachgegeben hat.
(3) Gemäß § 779 Abs. 1 BGB ist ein Vergleich unwirksam, wenn der nach seinem Inhalt als feststehend zugrunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entspricht und der Streit oder die Ungewissheit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden wäre. Der Irrtum der Parteien muss sich auf einen streitausschließenden Umstand beziehen (Staudinger/Marburger 2015 § 779 BGB Rn. 73 aE). Demzufolge kommt eine Unwirksamkeit der Vereinbarung in Nr. 3 des Vergleichs in Betracht, falls der mögliche Streit über eine Rückübertragung der Lizenz nicht entstanden wäre, sofern die damaligen Parteien die wahre Situation betreffend die Möglichkeit einer „Rückübertragung” der Lizenz gekannt hätten.
cc) Danach ist nicht ausgeschlossen, dass der Vergleich vom 15. Februar 2012 insgesamt unwirksam ist. Dies wäre gem. § 139 BGB der Fall, wenn nicht anzunehmen ist, dass die Parteien ihn auch ohne die Abrede über die Rückübertragung der Lizenz vereinbart hätten. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, es könne nicht festgestellt werden, dass der Kläger an einer Teilleistung der Insolvenzschuldnerin kein Interesse habe, steht dem nicht entgegen. Sie bezieht sich auf die Tatbestandsvoraussetzungen nach § 323 Abs. 5 Satz 1 BGB. Für diese gelten hinsichtlich der Darlegungs- und Beweislast andere Regeln (vgl. Staudinger/Schwarze 2015 § 323 BGB Rn. B 148) als für die gesetzliche Vermutung des § 139 BGB (vgl. hierzu MüKoBGB/Busche 7. Aufl. § 139 Rn. 35).
3. Selbst wenn es ausschließlich auf den vom Kläger erklärten Rücktritt vom Vergleich ankäme, läge kein Fall vor, in welchem der Rücktritt die Vereinbarung über die Erledigung des Rechtsstreits als Prozesshandlung unberührt ließe, der Rechtsstreit also selbst dann beendet wäre und nicht mehr weitergeführt werden könnte, wenn sich der Rücktritt als gerechtfertigt erwiese (zu einer solchen Konstellation vgl. BGH 5. Februar 1986 – VIII ZR 72/85 – zu II 3 der Gründe; 10. März 1955 – II ZR 201/53 – zu II 3 der Gründe, BGHZ 16, 388; MüKoBGB/Habersack 6. Aufl. § 779 Rn. 91; PG/Scheuch ZPO 5. Aufl. § 794 Rn. 28; Zöller/Stöber ZPO 30. Aufl. § 794 Rn. 15c; Musielak/Voit/Lackmann ZPO 12. Aufl. § 794 Rn. 24).
a) Es kann dahinstehen, ob nicht wegen des besonderen Beschleunigungsgrundsatzes (§§ 9, 61a ArbGG) im arbeitsgerichtlichen Verfahren generell, dh. auch bei einem ausschließlich auf ein gesetzliches Recht gestützten Rücktritt der ursprüngliche Prozess fortzusetzen ist (vgl. dazu BAG 5. August 1982 – 2 AZR 199/80 – zu B II 4 c der Gründe, BAGE 40, 17).
b) Zumindest der wirksame Rücktritt von einem zur Erledigung eines Kündigungsrechtsstreits geschlossenen Vergleich führt dazu, dass auch dessen prozessbeendende Wirkung entfällt (vgl. Bauer NZA 2002, 169, 171; Schaub/ Linck 16. Aufl. § 122 Rn. 39; Reinfelder NZA 2013, 62, 67; APS/Rolfs 4. Aufl. AufhebVtr Rn. 106). Die Aufhebung des durch die einvernehmliche Prozessbeendigung bewirkten Eintritts der Wirksamkeitsfiktion des § 7 KSchG wäre anderenfalls nicht möglich.
II. Auf der Basis der bisherigen Feststellungen durfte das Landesarbeitsgericht nicht annehmen, der Kündigungsschutzrechtsstreit sei durch den Vergleich vom 15. Februar 2012 beendet. Es hat nicht geprüft, ob dem Vergleich deshalb keine prozessbeendende Wirkung zukommt, weil er nach § 779 Abs. 1 iVm. § 139 BGB unwirksam ist. Dies ist, wie ausgeführt, nicht auszuschließen. Schon aus diesem Grund war die angefochtene Entscheidung aufzuheben. Den Parteien wird Gelegenheit zu ergänzendem Sachvortrag zu geben sein (§ 139 Abs. 2 ZPO). Ob bei Vergleichsschluss Streit über eine Verpflichtung zur „Rückübertragung” der Lizenz auf den Kläger bestand, ob dieser für diese Abrede an anderer Stelle nachgegeben hat, ob ggf. der Streit über eine solche Verpflichtung nicht entstanden wäre, wenn die Beteiligten die wahre Sachlage betreffend die Möglichkeit einer „Rückübertragung” gekannt hätten, und ob diese dann den Vergleich auch ohne die betreffende Abrede geschlossen hätten, ist bislang nicht festgestellt.
III. Sollte das Landesarbeitsgericht nach neuer Verhandlung zu dem Ergebnis kommen, der Vergleich vom 15. Februar 2012 sei nach § 779 Abs. 1 iVm. § 139 BGB wirksam, wird es zu beachten haben, dass seine Würdigung, ein gesetzliches Rücktrittsrecht des Klägers nach § 326 Abs. 5 BGB oder § 323 Abs. 1 BGB sei gem. § 323 Abs. 5 Satz 1 BGB ausgeschlossen, nicht ohne Rechtsfehler ist.
1. Unklar ist, ob das Landesarbeitsgericht angenommen hat, es habe sich bei dem Vergleich um einen gegenseitigen Vertrag iSd. §§ 320 ff. BGB gehandelt. Dafür spricht die Prüfung des gesetzlichen Rücktrittsrechts nach § 326 Abs. 5, § 323 BGB, dagegen spricht, dass es gemeint hat, in der Aufgabe des Arbeitsplatzes durch den Kläger liege keine Leistung iSd. § 241 Abs. 1 BGB. Träfe dies zu, wäre offen, weshalb ein gegenseitiger Vertrag vorgelegen haben sollte.
2. Bei richtiger Würdigung stellt der streitgegenständliche Prozessvergleich einen gegenseitigen Vertrag iSd. §§ 320 ff. BGB dar (so auch Bauer NZA 2002, 169, 171; Bauer/Haußmann BB 1996, 901; Besgen/Velten NZA-RR 2010, 561, 562; Schaub/Linck 16. Aufl. § 122 Rn. 39; Reinfelder NZA 2013, 62, 63; APS/Rolfs 4. Aufl. AufhebVtr Rn. 105; Kittner/Zwanziger/Deinert-Zwanziger 8. Aufl. § 149 Rn. 34; aA v. Puttkamer BB 1996, 1440 f.).
a) Ein Prozessvergleich ist nicht schon deshalb ein gegenseitiger Vertrag iSd. §§ 320 ff. BGB, weil er auf gegenseitigem Nachgeben beruht (BAG 27. August 2014 – 4 AZR 999/12 – Rn. 23, BAGE 149, 60; MüKoBGB/ Habersack 6. Aufl. § 779 Rn. 26; Staudinger/Marburger 2015 § 779 BGB Rn. 49; Palandt/Sprau 74. Aufl. § 779 BGB Rn. 2; Molitor Schuldrecht II 7. Aufl. S. 147; Kortstock in Nipperdey Lexikon Arbeitsrecht 26. Aufl. Rücktritt; v. Puttkamer BB 1996, 1440 f.; vgl. die Nachweise zur Gegenmeinung bei Schallow Der mangelhafte Prozeßvergleich S. 160). Die Aufgabe wechselseitiger „Prätentionen” und Rechtsstandpunkte erzeugt noch keine Leistungspflichten und stellt selbst keine „Leistung” im schuldrechtlichen Sinne dar. Sie beschreibt nur das Zustandekommen des Vergleichs (Bork Der Vergleich S. 151, 176). Entscheidend ist statt dessen der jeweilige Vergleichsinhalt. Zum gegenseitigen Vertrag wird ein Vergleich dann, wenn in ihm ein synallagmatischer Leistungsaustausch geregelt ist. Es müssen also entweder beiderseitige Leistungspflichten neu begründet werden (so Hofstetter BB 1963, 1459, 1460) oder es muss zumindest eine Partei durch den Vergleich eine Leistung unmittelbar erbringen, wofür sich die andere Partei zu einer Gegenleistung verpflichtet (vgl. Bork Der Vergleich S. 175).
b) Im Streitfall wurde durch den Vergleich vom 15. Februar 2012 jedenfalls die (Gegen-)Leistungspflicht der späteren Insolvenzschuldnerin zur Zahlung einer Abfindung neu begründet.
c) Der Kläger hat seine (Gegen-)Leistung unmittelbar mit dem Abschluss des Vergleichs als solchem erbracht. Auch ein solches Zusammenfallen von Leistungsversprechen und Erfüllung genügt für die Annahme eines gegenseitigen Vertrags (BGH 12. Dezember 1991 – IX ZR 178/91 – zu II 2 b der Gründe, BGHZ 116, 319; LAG Baden-Württemberg 17. Juni 2011 – 12 Sa 1/10 – zu I 3 b der Gründe; Staudinger/Marburger 2015 § 779 BGB Rn. 51; MüKoBGB/ Habersack 6. Aufl. § 779 Rn. 36; Palandt/Sprau 74. Aufl. § 779 BGB Rn. 11; Bork Der Vergleich S. 175; für eine analoge Anwendung der §§ 320 ff. BGB Medicus/Petersen Bürgerliches Recht 24. Aufl. Rn. 216 ff.). Leistung ist die Zuwendung eines wirklichen oder vermeintlichen Vorteils, der typischer-, wenn auch nicht notwendigerweise einen Vermögenswert hat (Palandt/Grüneberg 74. Aufl. § 241 BGB Rn. 4). Die geschuldete Leistung kann in einem Verhalten oder in der Herbeiführung eines Erfolgs liegen (MüKoBGB/Bachmann 6. Aufl. § 241 Rn. 18). Hier hat der Kläger der späteren Insolvenzschuldnerin dadurch einen Vorteil zugewendet, dass er sich mit ihr auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die Kündigung und auf eine Beendigung des Rechtsstreits geeinigt hat. Darin liegt nicht nur die Aufgabe einer Rechtsposition – der reklamierten Unwirksamkeit der Kündigung –, sondern mit der Einwilligung in die Beendigung eines Kündigungsrechtsstreits zugleich eine weiterreichende materiell-rechtliche „Zuwendung”. Die Abrede führt – sofern nicht die Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG ausnahmsweise noch nicht abgelaufen ist – zum Eintritt der Wirksamkeitsfiktion des § 7 KSchG. Dies wiederum ist für den Arbeitnehmer gleichbedeutend mit einem Verzicht auf weitere Ansprüche, die aus dem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses resultieren könnten. Unabhängig von der Frage, ob die Kündigung des Arbeitgebers objektiv rechtswirksam ist oder nicht, bewirkt das Einverständnis mit der Prozesserledigung, dass die Beendigungswirkung der Kündigung aus einem eigenständigen Grund – der gesetzlichen Fiktion des § 7 KSchG – Platz greift.
d) Die Einwilligung des Klägers in die Beendigung des Prozesses stand im Gegenseitigkeitsverhältnis jedenfalls mit der Verpflichtung der späteren Insolvenzschuldnerin zur Zahlung einer Abfindung. Der Arbeitgeber erklärt sich in Fällen wie diesen zur Zahlung einer gesetzlich nicht geschuldeten Abfindung typischerweise gerade und nur wegen der Beendigung des Rechtsstreits und der damit einhergehenden eigenständig begründeten Wirksamkeit der Kündigung bereit. Trotz ihrer Funktion als Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes (vgl. §§ 9, 10 KSchG) stellt die Abfindung deshalb (auch) eine Gegenleistung des Arbeitgebers für die Einwilligung des Arbeitnehmers in die Auflösung des Arbeitsverhältnisses dar (BAG 25. Juni 1987 – 2 AZR 504/86 – zu II 4 c der Gründe). Diese Vorstellung liegt im Übrigen auch § 1a KSchG zugrunde, dem zufolge der Arbeitnehmer im Zusammenhang mit einer auf dringende betriebliche Erfordernisse gestützten Kündigung Anspruch auf Zahlung einer Abfindung für den Fall hat, dass er die Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG verstreichen lässt, nachdem ihm der Arbeitgeber eben dafür die Abfindung in Aussicht gestellt hatte.
3. Ein gesetzliches Rücktrittsrecht des Klägers nach § 326 Abs. 5 BGB setzt ferner voraus, dass auch die Verpflichtung zur Rückübertragung der Lizenz im Gegenseitigkeitsverhältnis stand (vgl. MüKoBGB/Ernst 7. Aufl. § 326 Rn. 7; Palandt/Grüneberg 74. Aufl. § 326 BGB Rn. 2; Staudinger/Otto 2009 § 326 BGB Rn. C 4) und es der Arbeitgeberin iSv. § 275 Abs. 1 BGB unmöglich war, ihre Leistungspflicht zu erfüllen. Um beurteilen zu können, ob die Verpflichtung zur Rückübertragung der Lizenz im Gegenseitigkeitsverhältnis steht, bedarf es einer Auslegung des Vergleichs gem. §§ 133, 157 BGB (vgl. Staudinger/ Schwarze 2015 Vorbem. zu §§ 320 – 326 BGB Rn. 31). An ihr fehlt es bislang. Der Senat kann sie nicht selbst vornehmen. Nach §§ 133, 157 BGB sind Verträge – auch Prozessvergleiche – so auszulegen, wie die Parteien sie nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen mussten. Dabei ist zwar vom Wortlaut auszugehen. Zur Ermittlung des wirklichen Willens der Parteien sind jedoch auch die außerhalb der Vereinbarung liegenden Umstände einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen. Ebenso sind die bestehende Interessenlage und der mit dem Rechtsgeschäft verfolgte Zweck zu berücksichtigen (st. Rspr., vgl. nur BAG 10. Dezember 2014 – 10 AZR 63/14 – Rn. 21; 21. Januar 2014 – 3 AZR 362/11 – Rn. 57 mwN). Die für die Auslegung des Prozessvergleichs maßgeblichen Umstände des Vergleichsschlusses sind bislang nicht festgestellt. Dies gilt ebenso für die Tatsachen, aufgrund derer der Arbeitgeberin die Erfüllung ihrer Leistungspflicht ggf. unmöglich war. Insofern bedarf überdies der Klärung, welchen Inhalt genau die Pflicht zur „Rückübertragung” der Lizenz auf den Kläger nach dem Vergleich haben sollte.
4. Sollte die Verpflichtung der Arbeitgeberin nach Nr. 3 des Vergleichs nicht im Gegenseitigkeitsverhältnis gestanden haben oder sollte ihr die Erfüllung nicht iSv. § 275 Abs. 1 BGB unmöglich gewesen sein, kommt ein Rücktrittsrecht des Klägers nach § 323 Abs. 1 BGB in Betracht. Die Arbeitgeberin hätte dann iSv. § 323 Abs. 1 BGB nicht geleistet. Für einen Rücktritt nach § 323 Abs. 1 BGB ist es nicht erforderlich, dass eine im Gegenseitigkeitsverhältnis stehende Pflicht nicht erfüllt wurde (Palandt/Grüneberg 74. Aufl. § 323 BGB Rn. 1, 10; Bamberger/Roth/Grothe BGB 3. Aufl. Bd. 1 § 323 Rn. 4; NK-BGB Dauner-Lieb/Dubovitskaya BGB 2. Aufl. Bd. 2/1 § 323 Rn. 6; Jauernig/Stadler BGB 15. Aufl. § 323 Rn. 5a; Emmerich Das Recht der Leistungsstörungen § 19 II 8; vgl. auch BT-Drs. 14/6040 S. 183; aA MüKoBGB/Ernst 7. Aufl. § 323 Rn. 13; Canaris FS Kropholler S. 3, 5). Sofern nicht eine Fristsetzung durch den Kläger entbehrlich gewesen sein sollte, weil die Verweigerung der Leistung iSv. § 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB bereits ernsthaft und endgültig war, wären Feststellungen dazu zu treffen, ob der Kläger der Arbeitgeberin iSv. § 323 Abs. 1 BGB eine angemessene Frist zur Leistung bestimmt hat.
5. Für einen vertraglichen Ausschluss des gesetzlichen Rücktrittsrechts gibt es keine Anhaltspunkte. Diese müssten sich unmittelbar aus den Vereinbarungen im Vergleich selbst ergeben (vgl. Schaub/Linck 16. Aufl. § 122 Rn. 37; Kittner/Zwanziger/Deinert-Zwanziger 8. Aufl. § 149 Rn. 34; Reinfelder NZA 2013, 62, 63; Sperber BB 2012, 1034, 1036; Besgen/Velten NZA-RR 2010, 561, 562; Bauer/Haußmann BB 1996, 901 f.; aA LAG Köln 5. Januar 1996 – 4 Sa 909/94 – zu 3 b der Gründe; APS/Rolfs 4. Aufl. AufhebVtr Rn. 105; ders. in Preis Der Arbeitsvertrag 4. Aufl. II A 100 Rn. 34, 71; offengelassen in BAG 10. November 2011 – 6 AZR 357/10 – Rn. 19, BAGE 139, 376). Daran fehlt es. Die Interessenlage in einem Kündigungsschutzprozess und die Möglichkeit, sich den Widerruf des Vergleichs vorzubehalten, rechtfertigen für sich genommen nicht die Annahme, die Parteien wollten auch ein gesetzliches Rücktrittsrecht ausschließen. Ein Interesse daran hätte typischerweise ausschließlich der Arbeitgeber, weil in der Regel nur er seine Gegenleistung noch nicht mit dem Vergleichsschluss erbracht hat. Kommt er – und sei es unverschuldet – den eingegangenen Verpflichtungen nicht nach, hat der Arbeitnehmer regelmäßig kein Interesse am Fortbestand des Vergleichs. Etwas anderes folgt nicht schon daraus, dass der Arbeitnehmer – wie hier – einen Auflösungsantrag gestellt hat. Selbst wenn er damit zu erkennen gegeben hat, dass er an einer Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung interessiert ist, hat er in den betreffenden Vergleich allein zu den darin vereinbarten Konditionen eingewilligt. Dafür, dass die Beteiligten im Streitfall zumindest dann ein etwaiges gesetzliches Rücktrittsrecht des Klägers vertraglich hätten ausschließen wollen, wenn nur die Verpflichtung der Arbeitgeberin aus Nr. 3 des Vergleichs nicht erfüllt würde, gibt es keine Anhaltspunkte.
6. Ein – mögliches – Recht des Klägers zum Rücktritt vom gesamten Vergleich wäre weder nach § 323 Abs. 5 Satz 1 BGB noch nach § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB ausgeschlossen.
a) § 323 Abs. 5 Satz 1 BGB findet keine Anwendung. Zwar hatte die Arbeitgeberin nur eine Teilleistung bewirkt. Es käme für die Zulässigkeit eines Rücktritts vom gesamten Vergleich aber nicht darauf an, ob der Kläger iSd. § 323 Abs. 5 Satz 1 BGB ein Interesse an dieser Teilleistung hatte: Ist die Gegenleistung nicht ihrerseits teilbar, ist § 323 Abs. 5 Satz 1 BGB nicht anwendbar, erstreckt sich das Rücktrittsrecht vielmehr ohne Weiteres auf den gesamten Vertrag (BGH 16. Oktober 2009 – V ZR 203/08 – Rn. 17; Palandt/Grüneberg 74. Aufl. § 323 BGB Rn. 25). Das mit dem Teilrücktritt angestrebte Ergebnis einer Beschränkung „des Vertrags” auf den durchgeführten Teil lässt sich nicht erreichen, wenn nicht auch die Gegenleistung teilbar ist. Der Gläubiger kann seine – unteilbare – Leistung nicht auf einen Teil beschränken, der der Teilleistung des Schuldners entspricht (BGH 16. Oktober 2009 – V ZR 203/08 – aaO). So liegt der Fall hier. Die (Gegen-)Leistung des Klägers – die Einwilligung in die Beendigung des Arbeitsverhältnisses – ist unteilbar. Der Vergleich lässt sich daher nicht nur teilweise rückabwickeln.
b) Auch § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB stünde einem Rücktritt des Klägers vom gesamten Vergleich nicht entgegen.
aa) Nach dieser Vorschrift kann der Gläubiger bei einer nicht vertragsgemäßen Leistung dann nicht vom Vertrag zurücktreten, wenn die Pflichtverletzung „unerheblich” ist. Die Vorschrift bezieht sich auf den in § 323 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB geregelten Fall der Schlechtleistung (Staudinger/Schwarze 2015 § 323 BGB Rn. A 22). Die Nichterfüllung einer einzelnen von mehreren Leistungsverpflichtungen ist dagegen eine Teilleistung im Sinne von § 323 Abs. 5 Satz 1 BGB und nicht eine Schlechtleistung im Sinne von § 323 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB (zur Abgrenzung von Teil- und Schlechtleistung: Staudinger/ Schwarze 2015 § 323 BGB Rn. B 138, Rn. C 6 f.). Im Streitfall ginge es demnach um eine Teil-, nicht um eine Schlechtleistung.
bb) Auch eine entsprechende Anwendung von § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB schiede aus.
(1) Eine analoge Anwendung der Bestimmung wird für möglich gehalten, wenn eine nur unwesentliche Teilleistung unterblieben ist, die eine Rückabwicklung des Vertrags nicht „gebietet” (Soergel/Gsell 13. Aufl. § 323 BGB Rn. 192; Palandt/Grüneberg 74. Aufl. § 323 BGB Rn. 32; beschränkt auf die Nichterfüllung einer von mehreren Nebenleistungspflichten: Dauner-Lieb/Dubovitskaya 2. Aufl. Band 2/1 § 323 BGB Rn. 8; Bamberger/Roth/Grothe 2. Aufl. Band 1 § 323 BGB Rn. 4, 40; Jauernig/Stadler 15. Aufl. § 323 BGB Rn. 5a; aA MüKoBGB/Ernst 6. Aufl. § 323 Rn. 226, 240). Die gesetzlichen Gründe für einen Ausschluss des Rücktritts wegen einer nur unerheblichen Schlechtleistung nach § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB gälten auch für diesen Fall. Maßgeblich sei, ob das bei Schlecht- und Teilleistungen anzunehmende Rückabwicklungsinteresse des Gläubigers als so gering zu bewerten sei, dass dem Interesse am Bestand des Vertrags der Vorrang eingeräumt werden müsse. Letztlich sei § 323 Abs. 5 BGB eine Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Die Bestimmung solle eine unverhältnismäßige Reaktion – den Rücktritt von dem gesamten Vertrag – bei einer nur unerheblichen Pflichtverletzung verhindern.
(2) Es bedarf keiner Entscheidung, ob dem zu folgen ist. Im Streitfall fehlen Umstände, aufgrund derer die unterbliebene Teilleistung als so gering anzusehen wäre, dass das wegen der Unteilbarkeit der Gegenleistung grundsätzlich gegebene Interesse des Klägers am Rücktritt vom gesamten Vertrag hintanzutreten hätte. Im Gegenteil hat der Kläger geltend gemacht, der Wert, den die Lizenz für ihn bedeute, liege jedenfalls nicht unter dem der vereinbarten Abfindung.
7. Ein mögliches Rücktrittsrecht des Klägers wäre nicht schon dadurch ausgeschlossen, dass er seinen Anspruch zunächst im Wege der Zwangsvollstreckung oder gar durch eine entsprechende Leistungsklage zu realisieren versucht hat. Ein auf Vertrag gestütztes Leistungsverlangen des Gläubigers ist regelmäßig nicht zugleich als einseitiger Verzicht auf das gesetzliche Rücktrittsrecht zu verstehen und lässt dieses unberührt (Staudinger/Schwarze 2015 § 323 BGB Rn. D 7, F 9; vgl. auch Palandt/Grüneberg 74. Aufl. § 323 BGB Rn. 33).
IV. Sollte das Landesarbeitsgerichts zu dem Ergebnis kommen, die prozessbeendende Wirkung des Vergleichs vom 15. Februar 2012 sei entfallen, wird es die Zulässigkeit und Begründetheit der Sachanträge zu 2. und 3. zu prüfen haben.
Unterschriften
Kreft, Niemann, Rachor, Gans, Nielebock
Fundstellen
Haufe-Index 9163911 |
BAGE 2016, 20 |
BB 2016, 817 |
DB 2016, 7 |