Entscheidungsstichwort (Thema)
Befristung; Gemeinschaftsunterkunft für Asylsuchende
Leitsatz (redaktionell)
1. Auch ein Aushilfsarbeitsverhältnis im Sinne der SR 2y BAT setzt voraus, daß der Arbeitnehmer von vornherein zu dem Zweck eingestellt wird, einen vorübergehenden Bedarf an Arbeitskräften abzudecken, der nicht durch den normalen Betriebsablauf, sondern durch den Ausfall von Arbeitskräften oder einen zeitlich begrenzten zusätzlichen Arbeitsanfall begründet wird. Im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses müssen konkrete tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß die anfallende Arbeit in absehbarer Zeit wieder mit der normalen Belegschaftsstärke bewältigt werden kann.
2. Mißverständliche oder nach dem tariflichen Sprachgebrauch unzutreffende Bezeichnungen des Befristungsgrundes sind nach Nr 2 Abs 1 SR 2y BAT unschädlich, wenn sich ein übereinstimmender Wille der Vertragsparteien feststellen läßt. Sind sie sich über den tatsächlichen Befristungsgrund einig, so kann er abweichend von der im Arbeitsvertrag geäußerten Rechtsansicht der richtigen tariflichen Befristungsgrundform zugeordnet werden.
3. Protokollnotiz Nr 5 zu Nr 1 SR 2y BAT verwehrt dem Arbeitgeber nur die allgemeine Begründung, Aufgaben in Flüchtlingslagern seien von begrenzter Dauer. Die beiden anderen Befristungsgrundformen werden jedenfalls nicht ausgeschlossen.
4. Bei einem längerfristig gestiegenen, mit den vorhandenen Stammarbeitskräften nicht zu bewältigenden Arbeitskräftebedarf von nicht abzusehender Dauer besteht kein sachlicher Grund für die Befristung des Arbeitsvertrages mit den zusätzlich eingestellten Arbeitnehmern. Im Jahre 1989 war nicht damit zu rechnen, daß sich in absehbarer Zeit der Asylbewerberstrom und damit der Arbeitsanfall in einer Gemeinschaftsunterkunft für Asylsuchende verringern werde.
Normenkette
BAT SR 2; BAT SR 2y; BGB §§ 296, 615, 620 Abs. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsverhältnisses und über hiervon abhängige Vergütungsansprüche.
Das beklagte Land beschäftigte den Kläger aufgrund zweier befristeter Arbeitsverträge für die Zeit vom 2. November 1988 bis zum 1. Mai 1989 als Sachbearbeiter in der Außenstelle der Ausländerbehörde des Landrates des M -Kreises in S . Der Arbeitsvertrag vom 4. November 1988 enthielt u. a. folgende Regelungen:
"§ 1
Herr Mathias G wird ab 02.11.1988 eingestellt
1. als vollbeschäftiger Angestellter
...
4. auf bestimmte Zeit nach SR 2y BAT
...
4.3 als Aushilfsangestellter/zur Aushilfe wegen
Mehrarbeit durch erheblich gestiegene Zu-
gangszahlen in der HGU S
.
4.3.1 für die Zeit bis zum 31.12.1988.
§ 2
Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Bun-
des-Angestelltentarifvertrag (BAT) und den diesen
ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifver-
trägen in der für den Arbeitgeber geltenden Fas-
sung. Außerdem finden die für den Arbeitgeber je-
weils geltenden sonstigen Tarifverträge Anwen-
dung.
...
§ 4
Der Angestellte ist in der Vergütungsgruppe IV b
(i. B. vier b) der Anlage 1a/1b zum BAT eingrup-
piert (§ 22 Abs. 3 BAT).
..."
Die Dauer des Arbeitsverhältnisses wurde durch Änderungsvertrag vom 22. Dezember 1988 bis zum 1. Mai 1989 verlängert.
Am 19. April 1989 bot das Regierungspräsidium D dem Kläger den Abschluß eines weiteren befristeten Arbeitsvertrages bis zum 31. Dezember 1991 mit einer Entlohnung nach Vergütungsgruppe VI b BAT an. Dieses Angebot lehnte der Kläger ab. Am 23. Juni 1989 ging ihm eine außerordentliche Kündigung zu, die das beklagte Land vorsorglich für den Fall der Unwirksamkeit der vereinbarten Befristung ausgesprochen hatte. Die hiergegen gerichtete Kündigungsschutzklage ist Gegenstand eines weiteren Rechtsstreits. Vom 14. Januar 1990 bis 16. Februar 1990 beschäftigte das beklagte Land den Kläger im Rahmen einer sog. Prozeßbeschäftigung weiter, die einvernehmlich beendet wurde.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, daß die Befristung seines Arbeitsverhältnisses unwirksam sei. In § 2 des Arbeitsvertrages hätten die Parteien vereinbart, daß auf das Arbeitsverhältnis die SR 2y BAT einschließlich der Protokollnotizen anzuwenden seien. Nach der Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 SR 2y BAT bedürfe auch eine Befristung von sechs Monaten eines sachlichen Grundes, der jedoch gefehlt habe. Da zwischen den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bestehe, habe das beklagte Land ihm für die Zeit vom 2. Mai 1989 bis zum 13. Januar 1990 das Gehalt und die mit der Novembervergütung fällig gewordene Zuwendung zu zahlen.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
1. festzustellen, daß zwischen den Parteien ab
dem 2. November 1988 über den 1. Mai 1989 hin-
aus ein unbefristetes Arbeitsverhältnis be-
steht,
2. das beklagte Land zu verurteilen, an den Klä-
ger 31.091,54 DM brutto abzüglich der für die
Zeit vom 2. Mai 1989 bis 13. Januar 1990 er-
haltenen Arbeitslosenhilfe in Höhe von
7.099,60 DM zu zahlen,
3. das beklagte Land zu verurteilen, an den Klä-
ger 4 % Zinsen zu zahlen:
- aus dem sich aus 3.286,96 DM brutto er-
rechnenden monatlichen Nettobetrag jeweils
ab 15. Mai 1989, 15. Juni 1989, 15. Juli
1989, 15. August 1989, 15. September 1989,
15. Oktober 1989, 15. Dezember 1989,
- aus dem sich aus 6.573,92 DM brutto für
den Monat November 1989 errechnenden Net-
tobetrag seit 15. November 1989,
- aus dem sich aus 1.508,90 DM brutto er-
rechnenden Nettobetrag seit 15. Januar
1990.
Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat die Auffassung vertreten, die Befristung des Arbeitsverhältnisses sei wirksam. Im Arbeitsvertrag sei zwar auf die SR 2y BAT Bezug genommen worden. Dies führe aber nicht zur Anwendbarkeit der Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 SR 2y BAT. Diese Protokollnotiz verlange nur bei Zeitangestellten, nicht aber bei der davon zu unterscheidenden Befristungsgrundform der zeitweiligen Aushilfe einen sachlichen Grund für die Befristung. Der Kläger sei als Aushilfsangestellter eingestellt worden, und die Voraussetzungen eines Aushilfsarbeitsverhältnisses seien auch erfüllt. Selbst wenn die Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 SR 2y BAT anwendbar sei, bedürfe die Befristung keines sachlichen Grundes, weil die Befristungsdauer sechs Monate nicht überschritten habe und deshalb keine Bestandsschutzbestimmungen des Kündigungsschutzgesetzes umgangen werden könnten. Im übrigen liege auch ein sachlicher Grund für die Befristung vor. Der Bedarf an zusätzlichen Arbeitskräften in der Gemeinschaftsunterkunft S habe auf der deutlich gestiegenen Zahl von Asylsuchenden beruht. Der Asylbewerberzustrom aus allen Teilen der Welt sei außerordentlich schwankend. Die künftigen Zugangszahlen seien für das beklagte Land weder vorhersehbar noch beeinflußbar. In der Gemeinschaftsunterkunft sei ein Stamm von Angestellten in unbefristeten Arbeitsverhältnissen tätig, wobei ursprünglich von einem auf Dauer geschätzten Zugang von jährlich 5.000 Asylsuchenden in H ausgegangen worden sei. Sobald sich die steigende Zahl der Asylsuchenden gegenüber den Vorjahren verfestigt habe, seien auch mehr Stammbedienstete beschäftigt worden. Von 1983 bis 1990 hätten sich die Zahl der in der Gemeinschaftsunterkunft registrierten Asylsuchenden und die Zahl der dort Beschäftigten wie folgt entwickelt:
Asylsuchende Beamte Bedienstete Aushilfs-
in unbefriste- kräfte
ten Arbeits-
verhältnissen
1983 2.823 1 38 3
1984 5.062 1 38 0
1985 9.328 2 41 10
1986 12.895 3 58 5
1987 14.857 3 57 5
1988 28.074 5 59 20
1989 29.016 5 67 14
1990 Stand: 1.10.90 6 77 18
Da das Arbeitsverhältnis am 1. Mai 1990 geendet habe, stünden dem Kläger die geltend gemachten Zahlungsansprüche nicht zu.
Das Arbeitsgericht hat der Klage im vollen Umfang stattgegeben. Auf die Berufung des beklagten Landes hat das Landesarbeitsgericht mit Teilurteil vom 21. Februar 1991 die Feststellungsklage insoweit als unzulässig abgewiesen, als sich der Kläger auch gegen die im ersten Arbeitsvertrag vereinbarte Befristung gewandt hat. Im übrigen hat es, beschränkt auf die Zeit bis zum 23. Juni 1989 (Zugang der außerordentlichen Kündigung), die Berufung des beklagten Landes zurückgewiesen. Soweit sich die Klageanträge auf die Zeit nach dem 23. Juni 1989 beziehen, hat das Landesarbeitsgericht den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Kündigungsschutzprozesses 12 Sa 598/90 ausgesetzt. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt das beklagte Land seinen Antrag weiter, die den Zeitraum vom 2. Mai 1989 bis 23. Juni 1989 betreffende Klage in vollem Umfang abzuweisen. Der Kläger beantragt Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Soweit das Landesarbeitsgericht der Berufung des beklagten Landes stattgegeben und die Feststellungsklage als unzulässig abgewiesen hat, ist das Berufungsurteil rechtskräftig geworden. Soweit das Teilurteil vom 21. Februar 1991 Gegenstand des Revisionsverfahrens ist, hat das Landesarbeitsgericht jedenfalls im Ergebnis richtig entschieden.
I. Zumindest bis zum 23. Juni 1989 bestand zwischen den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis. Die vereinbarte Befristung ist unwirksam. Das Arbeitsverhältnis konnte nicht befristet werden, weil der Kläger nicht zur zeitweiligen Aushilfe beschäftigt wurde und keine sachlichen Gründe für eine Einstellung als Zeitangestellter vorlagen.
1. Nach § 2 des Arbeitsvertrages sind die Sonderregelungen des BAT für Zeitangestellte, Angestellte für Aufgaben von begrenzter Dauer und für Aushilfsangestellte (SR 2y) einschließlich der Protokollnotizen auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden. Eine der drei tariflichen Befristungsgrundformen ist die Einstellung zur Vertretung oder zeitweiligen Aushilfe (Nr. 1 Buchst. c SR 2y BAT). Die Parteien haben zwar in § 1 des Arbeitsvertrages vereinbart, daß der Kläger "als Aushilfsangestellter zur Aushilfe" tätig werden solle. Es kommt jedoch nicht darauf an, wie die Parteien das Arbeitsverhältnis bezeichnen. Entscheidend ist vielmehr, wie das Arbeitsverhältnis nach objektiven Kriterien einzuordnen ist.
2. Ein Aushilfsarbeitsverhältnis setzt nach der gängigen Begriffsbestimmung voraus, daß der Arbeitnehmer von vornherein zu dem Zweck eingestellt wird, einen vorübergehenden Bedarf an Arbeitskräften abzudecken, der nicht durch den normalen Betriebsablauf, sondern durch den Ausfall von Arbeitskräften oder einen zeitlich begrenzten zusätzlichen Arbeitsanfall begründet wird (BAG Urteil vom 12. Dezember 1985 - 2 AZR 9/85 - AP Nr. 96 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu I 2 der Gründe; ebenso die Literatur, vgl. u.a. Dieterich, AR-Blattei Aushilfsarbeitsverhältnis I A III 1; KR-Hillebrecht, 3. Aufl., § 622 BGB Rz 167; Knorr/Bichlmeier/Kremhelmer, Handbuch des Kündigungsrechts, 3. Aufl., Achtes Kapitel Rz 20; MünchKomm-Schwerdtner, BGB, 2. Aufl., § 622 Rz 54; Staudinger/Neumann, BGB, 12. Aufl., § 622 Rz 28; Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr, BAT, Stand Oktober 1992, Nr. 1 SR 2y BAT Rz 10). Verwenden die Tarifvertragsparteien einen Begriff, der in der Rechtsterminologie eine bestimmte Bedeutung hat, so ist in der Regel davon auszugehen, daß sie damit das meinten, was üblicherweise darunter verstanden wird (vgl. u.a. BAG Urteil vom 14. November 1957, BAGE 5, 338, 341 = AP Nr. 13 zu § 1 TVG Auslegung, zu 2 der Gründe; BAG Urteil vom 29. September 1976 - 4 AZR 381/75 - AP Nr. 2 zu § 1 TVG Tarifverträge: Papierindustrie; BAG Urteil vom 28. Januar 1977 - 5 AZR 145/76 - AP Nr. 1 zu § 1 TVG Tarifverträge: Ziegelindustrie, zu 2 der Gründe; BAGE 42, 272, 277 = AP Nr. 61 zu § 616 BGB; BAG Urteil vom 25. Februar 1987 - 4 AZR 209/86 - AP Nr. 16 zu § 1 TVG Tarifverträge: Einzelhandel). Weder aus dem Wortlaut der SR 2y BAT noch aus der Tarifgeschichte oder sonstigen Umständen ergeben sich Anhaltspunkte dafür, daß die Tarifvertragsparteien von der allgemein gebräuchlichen Definition der Aushilfe abweichen wollten und die bloße Unsicherheit über den künftigen Arbeitsanfall für ein Aushilfsarbeitsverhältnis ausreichen soll. Im Gegenteil: Nr. 1 Buchst. c SR 2y BAT spricht ausdrücklich von einer "zeitweiligen Aushilfe". Das Wort "zeitweilig" unterstreicht, daß Aushilfsarbeitsverhältnisse der Bewältigung eines lediglich vorübergehenden Mehrbedarfs dienen. Im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses müssen konkrete tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß die anfallende Arbeit in absehbarer Zeit wieder mit der normalen Belegschaftsstärke, im vorliegenden Fall mit den Stammarbeitskräften, bewältigt werden kann. Nach dem eigenen Vorbringen des beklagten Landes ist diese Voraussetzung nicht erfüllt.
3. Obwohl kein Aushilfsarbeitsverhältnis vorliegt, führt dies allein noch nicht zur Unwirksamkeit der Befristung. Die vereinbarte Befristung ist auch daraufhin zu überprüfen, ob sie den Anforderungen der übrigen tariflichen Befristungsgrundformen entspricht.
a) Nr. 2 Abs. 1 SR 2y BAT steht dem nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift ist im Arbeitsvertrag zu vereinbaren, ob der Angestellte als Zeitangestellter, als Angestellter für Aufgaben von begrenzter Dauer oder als Aushilfsangestellter eingestellt wird. Für diese Vereinbarung ist keine bestimmte Ausdrucksweise vorgeschrieben (ständige Rechtsprechung seit BAG Urteil vom 31. Oktober 1974 - 2 AZR 483/73 - AP Nr. 39 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu I 3 der Gründe; vgl. z.B. BAGE 60, 1, 6 = AP Nr. 125, aaO, zu III 2 der Gründe, m.w.N.; BAG Urteil vom 20. Februar 1991 - 7 AZR 81/90 - AP Nr. 137 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu II 1 a der Gründe). Auch mißverständliche und nach dem juristischen Sprachgebrauch unzutreffende Formulierungen sind unschädlich, wenn sich ein übereinstimmender Wille der Vertragspartner feststellen läßt. Sind sich die Parteien über den tatsächlichen Befristungsgrund einig, so kann er abweichend von der im Arbeitsvertrag geäußerten Rechtsansicht der richtigen tariflichen Befristungsgrundform zugeordnet werden. Dies entspricht dem Sinn und Zweck der Nr. 2 Abs. 1 SR 2y BAT. Diese der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit dienende Regelung will einem Streit der Parteien vorbeugen, welcher Grund für die Befristung maßgeblich war, die Parteien aber nicht an einer fehlerhaften tariflichen Bewertung des vereinbarten Befristungsgrundes festhalten.
b) In § 1 Nr. 4.3 des Arbeitsvertrages ist angegeben, daß der Kläger "wegen Mehrarbeit durch erheblich gestiegene Zugangszahlen in der HGU S " als Aushilfsangestellter beschäftigt werde. Aus dieser Formulierung konnte der Kläger den tatsächlichen Befristungsgrund hinreichend deutlich ersehen. Die Gerichte haben zu überprüfen, ob der vereinbarte tatsächliche Befristungsgrund einer anderen als der im Arbeitsvertrag angegebenen Befristungsgrundform zuzuordnen ist.
4. Der Kläger konnte jedoch auch nicht als Zeitangestellter (Nr. 1 Buchst. a SR 2y BAT) befristet beschäftigt werden. Nach der Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 SR 2y BAT dürfen Zeitangestellte nur eingestellt werden, wenn hierfür sachliche oder in der Person des Angestellten liegende Gründe vorliegen. Diesen Anforderungen genügt die vereinbarte Befristung nicht.
a) Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, daß nach der Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 SR 2y BAT auch bei Befristungen von sechs Monaten und weniger ein sachlicher Grund erforderlich ist. Damit ist das Landesarbeitsgericht der ständigen Rechtsprechung des Senats (seit BAGE 56, 155, 170 ff. = AP Nr. 1 zu § 1 BeschFG 1985, zu C II 1 b der Gründe) gefolgt. Die Argumentation des beklagten Landes gibt keinen Anlaß, diese Rechtsprechung zu ändern.
aa) Die Protokollnotiz Nr. 1 betrifft zwar die Nr. 1 SR 2y BAT, deren Überschrift "Geltungsbereich" lautet. Entgegen der Ansicht des beklagten Landes ergibt sich daraus aber nicht, daß diese Protokollnotiz keine Regelung über die Voraussetzungen zum Abschluß befristeter Arbeitsverträge enthält. Vielmehr soll sie nach ihrem eindeutigen Wortlaut ("Zeitangestellte dürfen nur eingestellt werden, wenn ...") die befristete Einstellung von Zeitangestellten einschränken. Sie enthält eine tarifliche Abschlußnorm (BAGE 58, 183, 191 = AP Nr. 4 zu § 1 BeschFG 1985, zu I 3 c bb der Gründe; BAG Urteil vom 15. März 1989 - 7 AZR 449/88 - AP Nr. 7, aaO, zu II 2 der Gründe und BAGE 64, 164, 167 = AP Nr. 12, aaO, zu I 2 der Gründe).
bb) Entgegen der Ansicht des beklagten Landes ist es unerheblich, daß die Tarifvertragsparteien ohne eigene Konkretisierung durch tarifliche Tatbestandsmerkmale oder Beispiele den von der Rechtsprechung entwickelten unbestimmten Rechtsbegriff des sachlichen Grundes übernommen haben, der von dem Zweck der gerichtlichen Befristungskontrolle geprägt wird, die Umgehung von zwingenden Bestandsschutzbestimmungen zu verhindern. Daraus kann nicht abgeleitet werden, daß die Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 SR 2y BAT nur deklaratorische Bedeutung hat. Der eindeutige Wortlaut und die Entstehungsgeschichte zeigen, daß die Tarifvertragsparteien eine eigenständige normative Regelung schaffen wollten. Wie der Senat bereits im Urteil vom 25. September 1987 (BAGE 56, 155, 170 ff. = AP Nr. 1 zu § 1 BeschFG 1985, zu C II 1 der Gründe) näher ausgeführt hat, handelt es sich um eine generalklauselartige Befristungsbeschränkung, die über die Grundsätze hinausgeht, die zum Zeitpunkt der Tarifverhandlungen von der Rechtsprechung erarbeitet worden waren. Die Tarifvertragsparteien fordern einen sachlichen oder in der Person des Angestellten liegenden Grund bereits bei der erstmaligen Befristung des Arbeitsverhältnisses, und zwar ausnahmslos und unabhängig davon, ob im Einzelfall durch die Befristung des Arbeitsverhältnisses zwingendes Kündigungsschutzrecht umgangen wird. Die tarifliche Befristungsbeschränkung galt zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens auch für die Fälle, in denen dem Arbeitnehmer z.B. wegen Nichterreichens der seinerzeit geltenden Altersgrenze von 20 Jahren (§ 1 Abs. 1 KSchG 1951) oder wegen Nichterfüllung der sechsmonatigen Wartezeit (§ 1 Abs. 1 KSchG) noch kein Kündigungsschutz zustand. An dieser tariflichen Erweiterung der Befristungskontrolle ändert es nichts, daß die Tarifvertragsparteien als Prüfungsmaßstab den von der Rechtsprechung verwandten Begriff des sachlichen Grundes übernommen haben.
cc) Ob sich Nr. 1 der Protokollnotiz zu Nr. 1 SR 2y BAT nur auf die tarifliche Befristungsgrundform des Zeitarbeitsvertrages bezieht, kann dahingestellt bleiben. Auch wenn man hiervon ausgeht, würde dies nicht dazu führen, daß lediglich bei Zeitangestellten, nicht aber bei Aushilfsangestellten und Angestellten für Aufgaben von begrenzter Dauer eine Befristungskontrolle unabhängig davon stattfände, ob die vereinbarte Befristungsdauer sich im Rahmen der sechsmonatigen Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG hält. Der Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) würde nicht verletzt. Bei Befristungen nach Nr. 1 Buchst. b und c SR 2y BAT ist stets zu prüfen, ob tatsächlich eine unter diese Bestimmungen fallende Tätigkeit vorliegt. Handelt es sich wirklich um Aufgaben von begrenzter Dauer oder um eine zeitweilige Aushilfe bis zu sechs Monaten, so liegt darin bereits der sachliche Grund für die Befristung.
b) Die von den Parteien und vom Landesarbeitsgericht erörterte Frage, ob auch die zeitweilige Aushilfe eine Zeitbefristung im Sinne der Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 SR 2y BAT sein kann (so der Kläger und das Landesarbeitsgericht) oder ob die drei Befristungsgrundformen einander ausschließen und die Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 SR 2y BAT nur für Zeitangestellte, nicht aber für Aushilfsangestellte gilt (so das beklagte Land), spielt im vorliegenden Fall schon deshalb keine Rolle, weil die Voraussetzungen eines Aushilfsarbeitsverhältnisses nicht vorliegen.
c) Nr. 5 der Protokollnotiz zu Nr. 1 SR 2y BAT verbietet nicht die Einstellung von Zeitangestellten für Flüchtlingslager. Nach dieser Protokollnotiz sind die Aufgaben der Flüchtlingslager (Auffangs- und Durchgangslager) keine Aufgaben von begrenzter Dauer im Sinne der SR 2y BAT. Aus dem Wortlaut und der systematischen Stellung dieser Bestimmung (Nr. 1 und 2 der Protokollnotiz regeln den Abschluß von Zeitverträgen, Nr. 3 bis 5 der Protokollnotiz den Abschluß von Arbeitsverträgen für Aufgaben von begrenzter Dauer) ergibt sich eindeutig, daß jedenfalls die beiden anderen Befristungsgrundformen nicht ausgeschlossen werden sollen. Dem Arbeitgeber ist nur die allgemeine Begründung, die Aufgaben in Flüchtlingslagern seien von begrenzter Dauer, verwehrt (Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, BAT, Stand August 1992, Nr. 1 SR 2y Erl. 9; Uttlinger/Breier/Kiefer, BAT, Stand Oktober 1992, Nr. 1 SR 2y Erl. b) zu 5).
d) Im vorliegenden Fall fehlt jedoch ein sachlicher Grund, der die befristete Einstellung des Klägers als Zeitangestellter rechtfertigt.
aa) Allein die Unsicherheit des Arbeitgebers, ob der Mehrbedarf an Arbeitskräften von Dauer sein oder demnächst wegfallen werde, reicht nicht aus. Die Unsicherheit der künftigen Entwicklung des Arbeitsanfalls und des Arbeitskräftebedarfs gehören grundsätzlich zum unternehmerischen Risiko des Arbeitgebers. Dies gilt auch für den öffentlichen Dienst (BAGE 54, 10, 18 = AP Nr. 110 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu II der Gründe). Der Arbeitgeber kann sich bei nicht oder nur schwer vorhersehbarem quantitativen Bedarf in der Regel nicht darauf berufen, mit befristeten Arbeitsverträgen könne er leichter und schneller auf Bedarfsschwankungen reagieren (BAGE 56, 241, 249 = AP Nr. 5 zu § 620 BGB Hochschule, zu II 3 b der Gründe; BAG Urteil vom 13. November 1991 - 7 AZR 31/91 - AP Nr. 60 zu § 611 BGB Abhängigkeit, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmt, zu V 1 der Gründe).
bb) Soll die Befristung auf einen vorübergehend erhöhten Arbeitsanfall gestützt werden, hängt die Wirksamkeit der Befristung von der voraussichtlichen künftigen Entwicklung ab, deren Beurteilung dem Arbeitgeber obliegt. Die bei jeder prognostischen Bewertung auftretenden Unsicherheiten als solche reichen nicht aus, dem Arbeitgeber einen der gerichtlichen Kontrolle nicht zugänglichen Ermessensspielraum zu eröffnen. Prognosen sind einer gerichtlichen Kontrolle nicht völlig entzogen. Sie enthalten ein Wahrscheinlichkeitsurteil, dessen Grundlagen ausgewiesen werden müssen (BAGE 32, 274, 283 = AP Nr. 56 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu IV 2 d der Gründe). Im vorliegenden Fall konnte das beklagte Land nach seinem eigenen Vorbringen nicht mit einiger Sicherheit voraussagen, daß die Asylbewerberzahlen in absehbarer Zeit sinken werden.
cc) Ob die Ungewißheit über den künftigen Arbeitsumfang unter besonderen Umständen eine Befristung des Arbeitsverhältnisses zu rechtfertigen vermag, kann dahingestellt bleiben. Allein der Umstand, daß eine sich aus der Art der Tätigkeit oder aus der Situation des Betriebs ergebende Ungewißheit vom Arbeitgeber nicht zu steuern ist, rechtfertigt den Abschluß befristeter Arbeitsverträge noch nicht. Zumindest muß der Grad der Ungewißheit verhältnismäßig groß sein (Wiedemann, Festschrift für Lange (1970), S. 395, 403; KR-Hillebrecht, 3. Aufl., § 620 BGB Rz 169). Die bloße Möglichkeit, daß Arbeitsanfall und Arbeitskräftebedarf irgendwann sinken könnten, genügt jedenfalls nicht.
Wie das beklagte Land selbst einräumt, ist Hauptursache des steigenden Asylbewerberzugangs das wirtschaftliche und soziale Gefälle zwischen den Wohlstandsländern einerseits und den Armutsländern andererseits. Diese Einschätzung teilt der Bundesinnenminister, der bei Vorlage der Asylbewerberstatistik für das Jahr 1990 ausdrücklich darauf hinwies, daß die weitere Zunahme des Asylbewerberzugangs gegenüber 1989 nicht überraschend gekommen sei. Da die weltweit zu verzeichnenden Flüchtlings- und Wanderungsbewegungen, erleichtert durch die modernen Massentransportmittel, bis nach Europa und in die Bundesrepublik Deutschland reichten, müsse künftige Flüchtlingspolitik nicht nur als innere Angelegenheit des Staates, sondern als weltweite Aufgabe zur Bekämpfung der Ursachen betrachtet werden (NVwZ 1991, 250). Begreift man die kontinuierlich wachsende Zahl von Asylsuchenden als Folge eines weltweiten Flüchtlings- und Wanderungsdrucks, so mußte bereits bei Abschluß des Arbeitsvertrages davon ausgegangen werden, daß die Flüchtlings- und Asylproblematik künftig noch zunehmen werde, zumindest aber im damaligen Ausmaß bestehen bleibe. Nichts deutete darauf hin, daß sich in absehbarer Zeit etwas Entscheidendes bei den Hauptursachen des Asylbewerberzustroms ändern werde, nämlich dem Wachstum der Weltbevölkerung, dem zunehmenden demographischen Ungleichgewicht zwischen Entwicklungs- und Industriestaaten, dem weltwirtschaftlichen Gefälle, der Ausbreitung politischer Konfliktherde und innerer Krisen der Dritten Welt sowie der Menschenrechtsverletzungen und Bürgerkriege (vgl. Hailbronner/Cordes, NVwZ 1990, 1139, 1140, unter Hinweis auf Hoffmann/Nowotny in Kälin-Moser, Migrationen aus der Dritten Welt - Ursachen und Wirkungen, S. 36). Im Jahre 1989 zeichneten sich auch weder innerstaatliche noch überstaatliche Maßnahmen zu einer wirksamen Eindämmung des Asylbewerberzustroms ab. Unter diesen Umständen gab es keinen sachlichen Grund für die Befristung des Arbeitsverhältnisses des Klägers.
5. Das beklagte Land kann aus den von ihm zitierten Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts nicht ableiten, daß im vorliegenden Fall der Abschluß eines befristeten Arbeitsvertrages gerechtfertigt war.
a) Das Urteil vom 26. Januar 1977 (- 5 AZR 796/75 - AP Nr. 13 zu § 611 BGB Lehrer, Dozenten) betraf einen freischaffenden Künstler auf dem Gebiet der Grafik, der an einer Volkshochschule nebenberuflich als Kursleiter für Grafik, Design, Fotografik und grafische Drucktechniken befristete Lehraufträge erhielt. Die Befristung seines Arbeitsverhältnisses bezog sich auf ein bestimmtes Projekt, nämlich eine konkrete Lehrveranstaltung. Da wegen der Abhängigkeit von den Wünschen der Hörer ungewiß war, ob derartige Kurse auch in Zukunft zustande kämen, hat das Bundesarbeitsgericht die lehrgangsbezogene Befristung gebilligt. Im vorliegenden Fall war der Kläger nicht im Rahmen einer zeitlich begrenzten Maßnahme beschäftigt, und es bestand auch keine gleich hohe Unsicherheit über den künftigen Arbeitskräftebedarf.
b) Im Urteil vom 12. Mai 1955 (- 2 AZR 23/54 - AP Nr. 2 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag) konnte das Bundesarbeitsgericht mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen der Vorinstanzen nicht abschließend entscheiden, ob ein Arbeitnehmer für die sich aus der landwirtschaftlichen Betriebszählung ergebenden Aufgaben befristet eingestellt werden konnte. Das Berufungsgericht wurde darauf hingewiesen, daß für die Prüfung, ob ein verständiger Behördenleiter bei Berücksichtigung der gesamten Umstände den Arbeitsvertrag befristet hätte, auch besonders hohe Schwankungen des Arbeitsanfalls beim Statistischen Bundesamt von Bedeutung seien. Dagegen unterlagen die Asylbewerberzahlen über Jahre hinweg keinen hohen Schwankungen mehr, sondern sind kontinuierlich gestiegen.
c) Im Urteil vom 27. Februar 1987 (BAGE 55, 104 = AP Nr. 112 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag) hat das Bundesarbeitsgericht die Befristung des Arbeitsvertrages mit einem Lehrer deshalb für gerechtfertigt erachtet, weil für seine Beschäftigung Haushaltsmittel nur für das Schuljahr 1983/1984 zur Verfügung standen. Sieht ein Haushaltsgesetzgeber vor, daß die infolge der vorübergehenden Beurlaubung ständigen Lehrpersonals frei werdenden Haushaltsmittel für die Einstellung von Hilfs- oder Aushilfslehrkräften zu verwenden sind, so kann diese haushaltsrechtliche Entscheidung die Befristung des Arbeitsvertrages mit den betreffenden Hilfs- oder Aushilfslehrkräften sachlich rechtfertigen. Eine entsprechende haushaltsrechtliche Vorgabe steht einer haushaltsrechtlichen Entscheidung gleich, durch die eine bestimmte Planstelle gestrichen oder nur für eine gewisse Zeit bewilligt wird und anschließend entfallen soll. Eine entsprechende haushaltsrechtliche Situation bestand jedoch im vorliegenden Fall nicht.
d) In den Urteilen vom 28. Mai 1986 (BAGE 52, 122 = AP Nr. 101 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag und BAGE 52, 133 = AP Nr. 102 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag), im Urteil vom 24. September 1986 (BAGE 53, 105 = AP Nr. 12 zu § 72 ArbGG 1979, zu II der Gründe) und in den nichtveröffentlichten Urteilen vom 8. Mai 1985 - 7 AZR 182 und 183/84 - befaßte sich das Bundesarbeitsgericht mit der befristeten Anstellung von Lehrkräften durch Volkshochschulen im Rahmen der Durchführung von Maßnahmen zur Vorbereitung und sozialen Eingliederung junger Ausländer (MBSE) und im Urteil vom 15. März 1989 (- 7 AZR 264/88 - AP Nr. 126 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag) mit der befristeten Anstellung einer Hauswirtschaftsmeisterin im Rahmen des Benachteiligtenprogramms des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft. Die Arbeitgeber nahmen eine von der Bundesanstalt für Arbeit jeweils befristet übertragene sozialstaatliche Sonderaufgabe von begrenzter Dauer wahr. Dabei waren die Arbeitgeber "gleichsam als Erfüllungsgehilfen" bei der Durchführung dieser Maßnahmen für die Bundesanstalt für Arbeit tätig. Vor allem der nur vorübergehende Charakter dieser Maßnahmen und die Einschränkung der personellen Planungskompetenz des Arbeitgebers rechtfertigten die Befristung. Dagegen ist die Betreuung der Asylsuchenden in der Gemeinschaftsunterkunft eine auf Dauer angelegte Aufgabe des beklagten Landes, das auch nicht "fremdbestimmt" tätig wird.
e) Sowohl im Urteil vom 10. Januar 1980 (BAGE 32, 274 = AP Nr. 56 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag) als auch im nicht veröffentlichten Urteil vom 16. Januar 1985 - 7 AZR 435/83 - setzte sich das Bundesarbeitsgericht mit der befristeten Einstellung von Lehrkräften ohne volle Lehrbefähigung zur Überbrückung eines Lehrermangels auseinander. In beiden Fällen hat das Bundesarbeitsgericht die Befristung für unwirksam erachtet. In diesen Urteilen ist die Wirksamkeit der Befristung davon abhängig gemacht worden, daß der Arbeitgeber aufgrund greifbarer Tatsachen mit einiger Sicherheit annehmen konnte, daß in nicht allzu ferner Zukunft der Lehrermangel behoben sein werde, der mit den befristet beschäftigten, nicht voll ausgebildeten Lehrkräften überbrückt werden sollte (BAGE 32, 274, 282 f. = AP Nr. 56, aaO, zu IV 2 d der Gründe, und Urteil vom 16. Januar 1985, n. v., zu II 2 c der Gründe).
f) Das Urteil vom 3. Dezember 1986 (BAGE 54, 10 = AP Nr. 110 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag) betrifft die befristete Einstellung von Lehrern zur Abdeckung eines Vertretungsbedarfs, der dadurch entstand, daß sich ein Teil der planmäßigen Lehrkräfte längerfristig zur Kinderbetreuung beurlauben ließ. Der Senat hat es in diesem Urteil (aaO, zu II der Gründe) als entscheidend angesehen, daß es sich um Vertretungsfälle gehandelt habe und es - im Gegensatz zum vorliegenden Fall - nicht darum gegangen sei, einen mit den vorhandenen Dauerarbeitskräften nicht abzutragenden zusätzlichen Arbeitsbedarf von ungewisser Dauer zu bewältigen.
g) Das Urteil vom 28. September 1988 (BAGE 60, 1 = AP Nr. 125 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag) beruhte auf haushaltsrechtlichen Erwägungen, die im vorliegenden Fall nicht zutreffen. Für diese Entscheidung war ausschlaggebend, daß die Beschäftigung einer Lehrerin im öffentlichen Schuldienst haushaltsrechtlich erst dadurch möglich wurde, daß durch die zeitlich begrenzte Bewilligung von Teilzeitbeschäftigung für vorhandene planmäßige Lehrkräfte entsprechende Haushaltsmittel frei wurden. Dies konnte wegen der nur vorübergehenden Verfügbarkeit dieser Mittel eine Befristung des Arbeitsverhältnisses mit der betreffenden Lehrkraft sachlich rechtfertigen.
h) Auch auf die Urteile des Bundesarbeitsgerichts vom 26. März 1957 (- 3 AZR 428/55 - AP Nr. 5 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag und - 3 AZR 608/54 - AP Nr. 29 zu § 1 KSchG), die sich mit der befristeten Einstellung von Ausschußmitgliedern in den Dienst des Bundesnotaufnahmeverfahrens befaßten, kann sich das beklagte Land nicht stützen. Inwieweit diese Urteile durch die Protokollnotiz Nr. 5 zu Nr. 1 SR 2y BAT überholt sind, kann dahingestellt bleiben. Für das Bundesarbeitsgericht waren damals zwei Gesichtspunkte entscheidend: Zum einen handelte es sich beim Notaufnahmeverfahren um eine zeitbedingte Aufgabe. Zum anderen hatte der Arbeitskräftebedarf der Dienststelle stark gewechselt. Dagegen ist die Betreuung von Asylsuchenden eine Daueraufgabe. Mit einem geringeren Zustrom von Asylsuchenden und einem Absinken des Arbeitskräftebedarfs in der Gemeinschaftsunterkunft war nicht zu rechnen.
II. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht nach § 615 BGB dem Kläger bis zum 23. Juni 1989 die geltend gemachten Gehaltsansprüche zugesprochen.
1. Das beklagte Land befand sich in Annahmeverzug. Nach § 296 BGB bedarf es nicht einmal eines wörtlichen Angebots der Leistung, wenn für die vom Gläubiger vorzunehmende Handlung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist und der Gläubiger die Handlung nicht rechtzeitig vornimmt. Der Arbeitgeber hat eine nach dem Kalender bestimmte Mitwirkungshandlung vorzunehmen, weil er dem Arbeitnehmer einen funktionsfähigen Arbeitsplatz zur Verfügung stellen und Arbeit zuweisen muß (ständige Rechtsprechung des Zweiten Senats seit dem Urteil vom 9. August 1984, BAGE 46, 234, 242 f. = AP Nr. 34 zu § 615 BGB, zu B II 5 b der Gründe).
2. Der Kläger hat auch nicht böswillig anderweitigen Erwerb unterlassen (§ 615 Satz 2 BGB). Abgesehen davon, daß nicht einmal das beklagte Land davon ausgeht, kann es dem Kläger nicht zum Vorwurf gemacht werden, daß er es ablehnte, mit dem beklagten Land einen weiteren befristeten Aushilfsarbeitsvertrag abzuschließen und die bisherige Tätigkeit gegen eine deutlich geringere Entlohnung auszuüben.
Dr. Seidensticker Richter Schliemann Kremhelmer
ist wegen einer Erkrankung
verhindert zu unterschreiben
Dr. Seidensticker
Neumann Nottelmann
Fundstellen
Haufe-Index 441127 |
DB 1993, 2599-2600 (LT1-4) |
JR 1993, 528 |
JR 1993, 528 (S) |
NZA 1993, 1081 |
NZA 1993, 1081-1085 (LT1-4) |
ZTR 1993, 426-427 (LT1-4) |
AP § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag (LT1-4), Nr 150 |
EzA § 620 BGB, Nr 117 (LT1-4) |
EzBAT, SR 2y BAT Nr 38 (LT1-4) |
PersV 1995, 513 (L) |